Dreieinhalb Stunden: Wie entscheidest du dich?

Buchseite und Rezensionen zu 'Dreieinhalb Stunden: Wie entscheidest du dich?' von Robert Krause
4.5
4.5 von 5 (4 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Dreieinhalb Stunden: Wie entscheidest du dich?"

Die Entscheidung ihres Lebens: Sie haben dreieinhalb Stunden Zeit, sie zu fällen. Der Interzonenzug D-151 München–Berlin fährt am 13. August 1961 von München durch Bayern Richtung innerdeutscher Grenze. In ihm sitzen viele Menschen auf dem Weg zurück in ihre Heimat DDR. Noch wissen sie nicht, dass dieser Tag ihre Zukunft unwiderruflich verändern wird. Dann macht das Gerücht die Runde, dass Ulbricht an diesem Tag die Grenze schließen will – für immer. Dreieinhalb Stunden bis zum Grenzübertritt. Dreieinhalb Stunden bleiben den Passagieren, die Entscheidung ihres Lebens zu fällen: »Fahre ich zurück in die DDR oder steige ich noch vor der Grenze aus und lasse mein bisheriges Leben und meine Freunde und Familien hinter mir?«

Format:Audio CD
Seiten:0
Verlag:
EAN:9783839819296

Rezensionen zu "Dreieinhalb Stunden: Wie entscheidest du dich?"

  1. Wie würdest du dich entscheiden?

    Klappentext von der Verlagsseite

    Wie entscheidest du dich?

    Heute bauen sie die Mauer. Du sitzt im Zug zurück in die DDR. Bleibst du im Westen, oder fährst du nach Hause?

    13. August 1961, 8:10 Uhr. Pünktlich verlässt der Interzonenzug D-151 die bayrische Hauptstadt in Richtung Ost-Berlin. Die meisten Passagiere sind auf dem Weg zurück in ihre Heimat, die DDR. Plötzlich macht im Zug das Gerücht die Runde, dass die Grenze dichtgemacht wird – für immer. Unter den Reisenden sind Familien mit Kindern, eine Musikband, ein Kommissar, eine Spitzensportlerin. Sie alle haben ihre Vergangenheit, ihre Geheimnisse und ihre Sehnsüchte im Gepäck. Und jede und jeder Einzelne hat nun dreieinhalb Stunden Zeit, Halt für Halt, die Entscheidung des Lebens zu treffen: «Fahre ich zurück, oder steige ich vor der Grenze aus und beginne neu?» Die Zeit läuft.

    «Dreieinhalb Stunden» ist ein soghaft spannender Roman, der, angelehnt an den großen TV-Film, packend und emotional deutsch-deutsche Zeitgeschichte erzählt – und uns zugleich eine existenzielle Frage stellt: «Was würde ich machen, wenn ich innerhalb weniger Stunden die Entscheidung meines Lebens treffen müsste?»

    Autoreninfo von der Verlagsseite:

    Robert Krause wurde 1970 in Dresden geboren. Mit 19 Jahren floh er in die Bundesrepublik und studierte in München und Los Angeles Film. Heute arbeitet er erfolgreich als Regisseur und Drehbuchautor und ist Professor für kreatives Schreiben. Mit seiner Frau und seinen zwei Söhnen lebt er in Miesbach bei München. «Dreieinhalb Stunden» ist sein erster Roman.

    Erster Satz:

    Gerd hatte sich für ihren Jungfernflug die Theresienwiese ausgesucht.

    Meinung:

    Ein Roman über den Tag des Mauerbaus, hört sich spannend an und es war auch ein Roman, der mich gut unterhalten hat. Aufgefallen ist mir das Buch zunächst durch sein Cover mit dem prägenden Titel “Dreieinhalb Stunden. Wie entscheidest du dich?”, so ein Titel regt mich immer direkt zum Nachdenken an und der Klappentext hat dann sein Übriges getan. Das Buch musste einfach gelesen werden.

    Gut, die Handlung ist fiktiv, darüber klärt Robert Krause einen auf, aber wie er auch sagte, standen Menschen an jenem 13. August 1961 vor der Entscheidung gehe ich zurück oder bleibe ich im Westen? Den Menschen fiel die Entscheidung sowohl für die eine als auch für die andere Seite nicht leicht, dies merkt man auch den Charakteren der Handlung an. Man spürt ihren Zwiespalt und gerade dies fand ich sehr gut herausgearbeitet.

    Sei es der Flugingenieur mit seiner Familie; das alte Paar, welches eine Urne nach Dresden überführen will; der Mann, der heiraten will; die DDR-Rock-Gruppe, die ihren ersten Gig im Westen hatte oder die Trainerin mit ihrer Turnerin. Jede überlegt, einige haben mehr zu verlieren, andere können durch das Bleiben im Westen gewinnen.

    In der DDR wartet ein Vater auf die Rückkehr seiner Tochter. Eine Lokführerin muss entscheiden, wie sie handelt, wenn sie den Interzonenzug an der Grenze abholt. Aber wie entscheiden sich die Menschen im Zug und die Menschen in der DDR?

    “Dreieinhalb Stunden” von Robert Krause zeigt die ganze Bandbreite des Tages, auch die Politik in der DDR mit dem Machtapparat in Berlin, den Vorgehen im Westen, die Entscheidung der Lokführer in der DDR. Die Entscheidungen des Machtapparats werden immer mit Einschüben gekennzeichnet, in denen über den Fortschritt des Mauerbaus berichtet wird. Erst denkt man gut, gibt einen guten zeitlichen Einblick der Situation, aber schnell wird einem die Verbindung zum Interzonenzug D 151 aus München deutlich.

    Robert Krause hat ein Stück Zeitgeschichte aufgegriffen und spart dabei auch nicht mit den Unterschieden zwischen der noch jungen Bundesrepublik und der DDR auf. Auf der einen Seite der wirtschaftliche Aufschwung, auf der anderen Seite die Freiheit der Frau zu arbeiten, Kinderbetreuung und unbeschwertes Leben für Homosexuelle. Ohne Kritik zu äußern, bringt er neben diesen Unterschieden auch noch das Recht auf freie Meinungsäußerung im Westen und der Überwachung durch die Staatssicherheit im Osten unter. Dabei ist er nie wertend, sondern fügt diese nahtlos in die Handlungen und Dialoge seiner Charaktere ein.

    Sprachlich ist das Buch leicht zu lesen. Durch die kurzen Kapitel, die manchmal nicht mehr als eine Seite sind, fliegt man geradeso durch das Buch. Dank den Überschriften der Kapitel mit der erzählenden Person sowie Orts- und Zeitangabe erfolgt, hatte ich einen guten Überblick und es wurde Spannung aufgebaut, je mehr die Zeit verstrich und je näher man an die Grenze kam.

    Fazit

    “Dreieinhalb Stunden” von Robert Krause ist ein leicht zu lesender Roman über den Tag des Mauerbaus, der seinen Schwerpunkt stärker auf die persönliche Auseinandersetzung mit der Entscheidung, bleibe ich oder gehe ich zurück, legt, als auf die Geschichte des Mauerbaus.

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  1. Eine Entscheidung unter Zeitdruck

    Sehr unterschiedliche Menschen sitzen im August 1961 im Interzonenzug D-151 von München nach Ostberlin. Dann macht ein Gerücht die Runde, das besagt, dass die Grenze zwischen Ost und West geschlossen wird. Diese Menschen im Zug haben ihre Träume und Pläne, Ihre Vergangenheit und ihre Geheimnisse. Nun müssen sie eine Entscheidung treffen, eine Entscheidung, die ihr künftiges Leben bestimmt und nicht korrigiert werden kann. Wie werden sie sich entscheiden? Sie haben nur dreieinhalb Stunden. Steigen sie aus und beginnen ein neues Leben? Oder fahren sie zurück?
    Dieser Roman, der an den TV-Film angelehnt ist, lässt uns teilhaben an den Gedanken und Gefühlen der Reisenden. In den recht kurzen Kapiteln wechseln immer wieder die Perspektiven. Es ist spannend sich in die Situation der Menschen hineinzuversetzen, weiß man doch aus heutiger Sicht, was ihre unter Druck getroffene Entscheidung bedeutet.
    Diese Personen, die wir in ihren Überlegungen begleiten sind das Ehepaar Ernst und Anna, die die Urne von Annas Bruder in München geholt haben, der gerne in Dresden zur Ruhe gebettet werden wollte. Sie haben ein defektes Kofferradio in ihrem Gepäck. Anna würde gerne in den Zug umsteigen, der zurückfährt. Dann sind da noch Gerd und Marlis mit ihren Kindern Elke und Willi. Der Vater von Marlis ist Offizier bei der Berliner Volkspolizei und hat so manches angedeutet. Soll sie das ihrem Mann nun erzählen? Sie ist überzeugt, dass Gerd dann aussteigen würde. Aber auch Carla und ihre Bandkollegen machen sich Gedanken, ebenso wie die Sportlerin mit ihrer Trainerin oder der Kommissar.
    Man mag sich gar nicht vorstellen, wie es wäre, wenn man selbst in diesem Zug gesessen hätte und sich hätte fragen müssen: „Was mache ich nun?“
    Es ist ein packender und bewegender Roman, den ich nur empfehlen kann.

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  1. 4
    20. Jul 2021 

    Stunden der Entscheidung

    Fährt der Interzonenzug von München nach Berlin am 13.August 1961 zum letzten Mal? Viele der Fahrgäste wollen in ihre ostdeutsche Heimat. Doch das Gerücht läuft durch den Zug wie ein Lauffeuer. „Sie bauen eine Mauer.“ Sollte dies der Wahrheit entsprechen, wäre es die vorerst letzte Chance im Westen zu bleiben. Wie wäre das für das Ehepaar mit zwei Kindern? Oder für die Mitglieder einer Band, die im Osten nichtmal ihren eigentlichen Namen führen dürfen? Wie würde die Ostdeutsche Lokführerin entscheiden, die den Zug hinter der Grenze im Westen übernimmt, um nach Berlin weiterzufahren?

    Verschiedenste Charaktere treffen in diesem Zug aufeinander. Jung und alt, gesetzt oder im Aufbruch. Risse gehen teilweise durch die Familien und es ist fraglich, ob man trotz der Risse zusammenhalten wird. Und man kann sich auch fragen, ob in der DDR wirklich alles schlechter ist. Möglicherweise ist der Sozialismus in einigen Bereichen fortschrittlicher als der Westen, der an althergebrachte Werte anknüpfte. Kann man also die Augen verschließen und auf die Freiheit verzichten, die im Einzelnen vielleicht garnicht so groß ist? Die Reisenden stehen unerwartet vor diesem Dilemma und sie haben nur wenig Zeit, um eine Entscheidung zu treffen. In etwas über drei Stunden werden sie die Grenze erreichen und im Zug bleiben oder aussteigen.

    Am 13.August jährt sich der Bau der Berliner Mauer zum sechzigsten Mal. Aus diesem Anlass wird es einen TV-Film geben, der sich mit dieser Zugfahrt beschäftigt. Der Autor dieses Romans hat gemeinsam mit Beate Fraunholz auch das Drehbuch zu dem Film verfasst. Das erklärt vermutlich die szenischen Beschreibungen in kurzen Kapiteln, die dem Roman ein schnelles Tempo verleihen. Man ist dadurch auch sehr nah an den handelnden Personen, was einem einen eindringlichen Eindruck verschafft, wie diese Zugfahrt wohl abgelaufen sein könnte. Vielleicht kann man sich nicht in jeden gleich gut hineinversetzen, doch insgesamt ist man gepackt und berührt von den Schicksalen der Reisenden. Ein mitreißendes Buch, das sich relativ schnell inhalieren lässt und neugierig auf den Film macht.

    4,5 Sterne

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  1. Lebendige Geschichte

    Diese Situation mag man sich gar nicht vorstellen. Da fährt ein Zug von München nach Ostberlin, du weißt, sie bauen eine Mauer und wenn du bis ans Ziel fährst, kommst du nie wieder zurück. In dreieinhalb Stunden ist die Grenze dicht. Osten oder Westen, wo möchtest du leben? Im Interzonenzug D-151 schlägt die Nachricht über den Mauerbau ein wie eine Bombe.

    In kürzester Zeit muss eine Lebensentscheidung gefällt werden, das ist nicht leicht. Gerd brennt dafür, Flugzeuge zu bauen, was in der DDR nicht sehr weit oben auf der Prioritätenliste steht. Seine Frau Marlis glaubt noch immer, dass das sozialistische System ein besseres Leben für alle bewirken kann und möchte sich dafür einsetzen. Was machen sie jetzt? Sollen sie sich trennen? Müssen sie sich trennen? Was wird aus den Kindern?

    Hier lernt man so einige Menschen kennen und begleitet sie bei dieser schicksalhaften Entscheidung. Sehr lebendig zeichnet Robert Krause einen ganzen Strauß Personal, Lebenswege, die sich kreuzen, die verbunden sind, mal mehr und mal weniger, deren Vergangenheit und Familiengeschichten.
    Man wird sofort hineingezogen in dieses Katastrophenszenario, ist ganz nah dran und leidet mit. Die Perspektiven wechseln ständig und sind kunstvoll verknüpft. Man könnte sich über das ein oder andere Bisschen zu viel an Dramatik streiten, das sollen andere tun. :-)

    Dieses Buch zeigt einem, wie unfassbar spannend deutsche Geschichte sein kann und führt einem vor Augen, dass selbst in einem zivilisierten, wohlgeordneten Land absurde Entscheidungen zum Tragen kommen können. Wie kann man nur ein Land durch eine Mauer abriegeln?

    Der Bau der Berliner Mauer ist heute zum Glück kein Thema mehr, aber auf jeden Fall ein Ereignis, das nicht in Vergessenheit geraten sollte. Dazu liefert dieses Buch einen wertvollen Beitrag, es ist fesselnd und erschütternd, lebendige Geschichte.

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