Die wärmste aller Farben

Buchseite und Rezensionen zu 'Die wärmste aller Farben' von Grégoire Delacourt
5
5 von 5 (2 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Die wärmste aller Farben"

Während die Gelbwesten-Proteste Frankreich in Atem halten, lebt der dreizehnjährige Geoffroy in einer imaginären Welt, die er nach Zahlen und Farben ordnet. Das sensible Wesen des besonderen Kindes überfordert seine Familie: Vater Pierre ist unfähig, mit ihm zu kommunizieren, und gefangen im eigenen Zorn; Mutter Louise versucht ihn zu beschützen und hofft vergeblich auf etwas Zärtlichkeit. Und seine Freundin Djamila, die sich von den Vorschriften der muslimischen Tradition unter Druck gesetzt fühlt, ist fasziniert von der unschuldigen Wahrnehmung des Jungen, die neue Perspektiven und Freiheiten eröffnet. Inmitten des gesellschaftlichen Aufruhrs prallen Wut, Träume und Verlangen aufeinander. Gibt es einen Ausweg aus all dem Chaos?

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:256
Verlag: Atlantik
EAN:9783455011715

Rezensionen zu "Die wärmste aller Farben"

  1. Harte Zeiten

    Klappentext:

    „Während die Gelbwesten-Proteste Frankreich in Atem halten, lebt der dreizehnjährige Geoffroy in einer imaginären Welt, die er nach Zahlen und Farben ordnet. Das sensible Wesen des besonderen Kindes überfordert seine Familie: Vater Pierre ist unfähig, mit ihm zu kommunizieren, und gefangen im eigenen Zorn; Mutter Louise versucht ihn zu beschützen und hofft vergeblich auf etwas Zärtlichkeit. Und seine Freundin Djamila, die sich von den Vorschriften der muslimischen Tradition unter Druck gesetzt fühlt, ist fasziniert von der unschuldigen Wahrnehmung des Jungen, die neue Perspektiven und Freiheiten eröffnet. Inmitten des gesellschaftlichen Aufruhrs prallen Wut, Träume und Verlangen aufeinander. Gibt es einen Ausweg aus all dem Chaos?“

    Wow! Das war ein Buch, welches mich tief gefesselt hat. Neben Protagonist Geoffroy erleben wir weitere Charaktere und dieses Geflecht baut sich wunderbar zart und stimmig auf, aber erstmal zu Geoffroy: Er ist besonders, er ist anders, er lebt in seiner Welt und schlussendlich beneidet man den Jungen um dieses „Glück“ ein bisschen, denn die Zeit, in der er real lebt, ist hart, böse und schädigt sogar das Land in dem sie leben. Die Gelbwesten wüten durch Frankreich und man fragt sich, genau wie die Protagonisten im Buch: Was soll werden? Wo kommt diese rechte Wut her und was treibt diese Fratzen an? Solche aktuellen Themen in einem Buch und in einer Geschichten zu verweben ist nicht einfach umzusetzen aber hier wurde es großartig eingebettet und gibt gerade Geoffroy einen gewissen Schutzschirm vor seiner Welt, denn nur seine Welt ist die, die zählt. Aber nicht nur das wütete durch die Buchseiten! Auch der Familienkonflikt ist derbe und hart. Die eine will ihr Kind schützen, der andere kommt erst gar nicht an ihn heran und dann ist da auch noch Djamila mit ihrer Religion und ihren eigenen Problemen.

    Ja diese Geschichte hat wahrlich viel Chaos und Konflikte inne aber genau die muss man erlesen, verstehen und sich selbst eine Meinung darauf bilden. Jeder Leser wird hier andere Gesichtspunkte haben und anders an die Themen heran gehen. Autor Grégoire Delacourt nimmt hier eine ganze Hand voll Themen auf und mischt sie durcheinander und dennoch lassen sie sich nicht komplett vermixen. Aber sie gehören auf gewisse Weise zusammen. Diese Geschichte ist eine gewisse Reflexion der aktuellen Zeit, Gesellschaftskritik aber auch Themen wie Liebe werden gekonnt erzählt.

    Ein besonderes Buch mit besonderem Inhalt und genau deshalb gibt es 5 von 5 Sterne!

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  1. Facettenreich, eindringlich, poetisch

    „Er lebt in einer Welt, in der wir beide, du und ich, unseren Platz haben. Einer Welt der Bäume und des Winds, der klugen Worte, einer Welt, in der Wut, Gewalt, das Böse nicht existieren.“ (Zitat Pos. 897)

    Inhalt
    Geoffrey Delatte lebt in seiner eigenen Welt, in die er sich zurückzieht, weil ihm der Lärm und die Einflüsse um ihn herum zu viel werden. Seine Mutter Louise liebt ihn, versucht ihn zu verstehen, seine eigene, präzise Ordnung, sein Weltbild aus Zahlen und aus Farben, seine Liebe zur Natur. Sein Vater Pierre war, als die Welt noch in Ordnung war, Maschinenführer in einer Papierfabrik, dann wurde er arbeitslos, bekam eine Teilstelle als Nachtwächter. Als die Gelbwestenproteste beginnen, ist Pierre Delatte dabei. Sein stiller Sohn Geoffrey ist in der Schule ein gemobbter Außenseiter, bis sich eines Tages in der Pause die zwei Jahre ältere Djamila neben ihn setzt und Geoffreys Leben sich für immer verändert. Ihre Freizeit verbringen sie im Wald des alten Einzelgängers Hagop Haytayan, wo Geoffrey Djamila die Natur erklärt, ein stiller, magischer Ort, doch kann er die drei Außenseiter vor der Realität dieser Tage schützen?

    Thema und Genre
    Dieser Roman ist vielseitig, es ist ein Familienroman, Gesellschaftsroman, Coming-of-Age-Roman. Themen sind Ausgrenzung, ASS, Migration, Radikalisierung, Sozialkritik aber auch Freundschaft, die stille Schönheit der Natur und die Liebe.

    Charaktere
    Geoffrey ist dreizehn Jahre alt und lebt seit seiner Geburt in seiner eigenen, genau geordneten Welt. Man müsste nur zuhören, um ihn zu verstehen, und die zwei Jahre ältere Djamila und der alte Hagop Haytayan hören ihm zu. Der Autor zeichnet seine Figuren mit Empathie, auch die zornigen Gelbwesten, erklärt ihre Hintergründe, zeigt ihnen aber auch neue Möglichkeiten, lässt ihnen eine Wahl in ihren Entscheidungen.

    Handlung und Schreibstil
    Diese Geschichte ist ein Zeitbild von Frankreich und Paris während der intensiven Phase der zornigen Gelbwesten-Proteste. „Siebzehn Jahre später streifte sich die Verzweiflung neongelbe Warnwesten über. Jetzt bemerkte man sie schon von Weitem.“ (Zitat Pos. 149) Einfühlsam schildert der Autor die Hintergründe, seine Figuren stehen für Schicksale, die keine Einzelschicksale sind. Er erzählt das Leben seiner Hauptprotagonisten chronologisch, parallel, denn die Ereignisse finden gleichzeitig statt. In dieser Welt der Radikalisierung in alle Richtungen und Aufstände finden wir eine zweite, kleine Welt, leise und poetisch durch die Liebe zur Natur und das tiefe Verständnis zwischen drei Menschen, alle eine Form von Außenseitern. Der Autor ist ein wunderbarer Erzähler, dessen Sprache beeindruckt. Jedes Kapitel trägt als Überschrift eine bestimmte Farbe, die auch den Inhalt widerspiegelt.

    Fazit
    Eine facettenreiche, gesellschaftskritische, aktuelle Geschichte, einfühlsam, eindringlich und poetisch erzählt.

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