Die Ungerächten

Buchseite und Rezensionen zu 'Die Ungerächten' von Volker Dützer
4.5
4.5 von 5 (2 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Die Ungerächten"

Format:Taschenbuch
Seiten:506
EAN:9783839200193

Rezensionen zu "Die Ungerächten"

  1. 5
    26. Feb 2022 

    Sehr interessanter Roman über die Nachkriegszeit in Deutschland

    April 1945. Das KZ Sachsenhausen wurde von Deutschen eilig geräumt; mehrere Tausend Häftlinge Richtung Nordwesten fortgeschleppt. Pawel Kowna überlebt den Todesmarsch und verspricht dem sterbenden Vater seinen Tod zu rächen.
    Den Kampf gegen die Naziverbrecher führt auch Hannah Bloch. Sie selbst hatte viel Glück und ist dem Tod in der Tötungsanstalt Hadamar entkommen. Aber ihre Mutter und ihr Geliebter wurden von Nazis ermordet. Auch Hannah will die gerechte Strafe für die Verbrecher.
    Während Pawel von der Rache besessen ist und immer skrupelloser wurde, versucht Hannah mit Hilfe der amerikanischen Besatzer die Kriegsverbrecher aufzuspüren und sie zur Rechenschaft zu ziehen. Später kreuzen sich die Wege der beiden Überlebenden und plötzlich wurde ihnen klar, dass die Rachegefühle stärker als das Vergessen sein können. Werden sie irgendwann ein normales Leben führen können?

    Der zweite Teil der Geschichte mit Hannah Bloch spielt in der Nachkriegszeit. Das Buch ist den Opfern der Naziregimes gewidmet. Es versetzte mich nach Deutschland, das von Hunger, Kälte und dem weiteren Kampf ums Überleben gezeichnet war. Damals fehlte es an allem, was man für den täglichen Gebrauch benötigte.
    Es war aber auch die Zeit des Wiederaufbaus und der Entnazifizierung, eine Zeit des Neuanfangs - sowohl für die Opfer wie auch für die Täter. Viele von den Opfern nahmen die Vergeltung in die eigenen Hände, spürten die Naziverbrecher auf, und entweder übergaben sie die Täter der Justiz oder sprachen eigene Urteile aus.
    So ist es auch in dieser schweren, kalten Zeit Hannah und Pawel ergangen. Die Stelle bei den Amerikanern kommt Hannah zugute, denn sie ermöglicht ihr nicht nur den Zugang zu allen Gütern des täglichen Lebens. Hier kann sie auch mit Hilfe der amerikanischen Behörde die Naziverbrecher jagen und dafür sorgen, dass sie vors Gericht gestellt werden.
    Pawel dagegen versinkt in seinen Rachegefühlen, übt Selbstjustiz aus und gerät in mehrere Konflikte, nicht nur mit dem geltenden Recht.
    Den Roman habe ich mit großem Interesse gelesen. Das Buch liefert realistische Bilder der Nachkriegszeit in Deutschland, erzählt über den schweren, manchmal abenteuerlichen Alltag und die unterschiedlichsten Menschen dieser Zeit. Manche von ihnen sind wie „braune Schatten der Vergangenheit“ (Zitat S.202), andere wiederum wurden von Überlebensschuld- und Rachegefühlen geplagt.
    Der Autor hat für seine Geschichte akribisch recherchiert und enthüllt hier einige Fakten und Details, über die man sonst nicht gerne spricht.
    Der Roman in einer lebendigen Sprache geschrieben ist ein wahrer Pageturner. Gerne empfehle ich diese hochinteressante Lektüre weiter.

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  1. 4
    19. Dez 2021 

    Die Fliegerin

    Immer noch sucht Hannah Bloch nach jenen, die ihr nach dem Leben trachteten. Gemeinsam mit Scott Young arbeitet sie im Jahr 1947 beim CIC und sucht nach Nazi-Verbrechern, um sie ihrer gerechten Strafe zuzuführen. Doch nun soll diese Aufgabe an die Deutschen übergeben werden und Hannah muss ihren Lebensunterhalt anders verdienen. Scott hat ihr ermöglicht, eine Ausbildung zur Pilotin zu machen. Er bietet ihr aber auch an, mit nach Amerika zu kommen. Hannah allerdings sieht ihre Aufgabe weiterhin darin, die Verbrecher zu finden, die viele ihrer Freunde grausam quälten und umbrachten.

    In diesem zweiten Band um Hannah Bloch, deren Leben die Nazis als unwert ansahen, wird sehr eindrücklich dargestellt, dass Hannah eine eine ganze Menge wert ist. Aufrecht versucht sie, die Nazi-Schergen aufzuspüren und den Behörden zu übergeben. Was dann passiert, ist schier unglaublich und hat mit einer echten Bestrafung wenig zu tun. Viel zu leicht kommen die Verbrecher davon. Da liegt der Gedanke an Rache nahe und als Hannah dem polnischen Überlebenden Pawel begegnet, erfährt sie, dass man die Sache auch anders angehen kann. Hannah gerät in eine Zwickmühle, soll sie die Verbrecher einem Gerichtsverfahren zuführen oder soll sie das Recht selbst in die Hand nehmen.

    Wenn man so liest, wie leicht die Nazi-Verbrecher nach dem Krieg teilweise davonkamen, möchte man mit den Zähen knirschen. Es kaum zu verstehen, wie es überhaupt zu diesem Regime kommen konnte und wieso so viele mitmachten. Da haben wahrscheinlich auch Fragen, die man älteren Verwandten gestellt hat, nicht weitergeholfen, wird doch diese Zeit nur mit sehr kargen Worten bedacht. Und so kann dieser Roman, der die Zeit kurz nach Kriegsende beschreibt, wenigstens einen Einblick gewähren. Man fühlt den Kampf der Opfer wie Hannah um Gerechtigkeit und man ist angeekelt von sich aalhaft durch die leider sehr weitmaschigen Netze der Justiz windenden Nazis, die nicht für ihre Verbrechen geradestehen. Gefesselt liest man von dem inneren Kampf der Opfer, die sich nach Vergeltung sehnen, aber doch überlegen müssen, ob es richtig sein kann, dass Recht in die eigenen Hände zu nehmen.
    Dieser packende historische Thriller erzählt mit authentischen Worten von den Opfern, denen viel mehr Worte gegönnt sein sollten.
    4,5 Sterne

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