Die Sünden meiner Väter: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Die Sünden meiner Väter: Roman' von Liz Nugent
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Inhaltsangabe zu "Die Sünden meiner Väter: Roman"

Autor:
Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:240
EAN:9783785724798

Rezensionen zu "Die Sünden meiner Väter: Roman"

  1. Oliver wird entwirrt

    "Ich hätte eine stärkere Reaktion erwartet, als ich das erste Mal zuschlug."
    Oliver Ryan schlägt seine Ehefrau Alice tatsächlich nur einmal. Dann geht er, nach einem kurzen Telefongespräch mit seiner Nachbarin (und abgelegten Geliebten) Moya, erst mal in die nächste Kneipe und trinkt mehrere Brandys. Und als er Stunden später wieder nach Hause kommt, prügelt er Alice ins Koma.

    Wie es dazu gekommen ist, erzählt Liz Nugent in insgesamt 24 Kapiteln, deren jedes einen anderen Sprecher bzw. eine andere Sprecherin hat. Das erste Kapitel gehört Oliver, danach berichten die Nachbarin Moya, Alice' Jugendfreund Barney, weitere Freunde und Bekannte. Zum Teil gehen diese Berichte bis in Olivers Schulzeit zurück. Keiner der Berichtenden ist im Besitz der ganzen Wahrheit, aber jedes Kapitel fügt der Geschichte eine neue Facette hinzu, aus der man sich unschwer erlesen kann, was zu der Katastrophe geführt hat. Der Originaltitel "Unraveling Oliver", deutsch etwa "Oliver entwirren", trifft den Kern des Romans eigentlich besser als der deutsche Titel. Allerdings ist die biblische Anspielung auch passend: Oliver wächst im katholischen Milieu in Irland auf. Seine Mutter kennt er nicht, sein Vater sorgt lieblos und distanziert für ihn und schiebt ihn so früh wie möglich in ein Internat ab. Nach seinem Schulabschluss verdingt sich Oliver, gemeinsam mit ein paar ehemaligen Schulkameraden, als Erntehelfer auf einem Weingut in Frankreich. Diese Wendung bringt die Weinbäuerin Véronique und deren Familiengeschichte ins Spiel. Es kommen immer neue Einzelheiten hinzu und nach jedem Kapitel kann die Leserin aufs Neue spekulieren, auf welche Weise das Geschehen in die eingangs beschriebene Katastrophe geführt haben könnte.

    Wer mit aufmerksamem Auge Puzzlesteinchen sieht, die nicht ins Bild passen (und die kann man tatsächlich schon recht früh sehen), errät einige Zusammenhänge. Aber, das sei betont, eine ermittelnde Instanz gibt es in der Geschichte nicht. Wir lesen keine Detektivgeschichte. Die Ermittlungen sind uns anheimgestellt, und so bleibt es nicht aus, dass an einigen Stellen - besonders gegen Ende hin - die Schicksalsmächte (auch Zufall genannt) entscheidende Wendungen herbeiführen. Das ist ein wenig unbefriedigend. Und da wir schon beim Unbefriedigenden sind: Meiner Meinung nach mangelt es der ganzen Geschichte an Tiefe. Vieles ist sehr plakativ, und wenn wir auch mit einiger Mühe für fast jeden Charakter Verständnis entwickeln könnten, scheinen einige doch eher Typen als Menschen zu sein. Das Konzept der Mehrstimmigkeit legt Vergleiche zum Beispiel mit Colin Niel oder Claudia Piñeiro nahe, die in Personen- und Milieuschilderung um Längen besser abschneiden.

    Ich empfehle, das Buch als Krimi zum Mitraten zu lesen und sonst nicht allzu viel zu erwarten. Dann macht es Spaß.

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