Die Stellung: Roman

Rezensionen zu "Die Stellung: Roman"

  1. 4
    19. Apr 2020 

    6 Personen und ein Buch

    so die Konstellation in Meg Wolitzers Roman "Die Stellung".
    Das Ehepaar Mellows bringt in den 1970er Jahren einen ungemein erfolgreichen Sexratgeber heraus, der in Anlehnung an das Kamasutra verschiedene mögliche oder auch (fast) unmögliche Stellungen erläutert und darstellt, mit denen ein Mann und eine Frau ihre sexuellen Begierden ausleben können. Für ihre 4 Kinder - 2 zu der Zeit noch im Kindes-, 2 im Jugendlichenalter - ist das alles andere als erbaulich. Wer möchte schon genauestens über das Sexleben seiner Eltern Bescheid wissen und vor allem auch wissen, dass alle Freunde und Eltern der Freunde das auch wissen. Das Buch ist also auf jeden Fall ein herausragendes und prägendes Kindheitserlebnis der 4 so unterschiedlichen Kinder.
    Meg Wolitzer setzt in ihrem Roman zu einer Zeit knapp 30 Jahre nach Erscheinen des Romans ein. Die Eltern Mellows haben sich längst getrennt. Die Kinder sind auf unterschiedliche Weise erwachsen geworden. Und nun ist eine Neu- und Jubiläumsausgabe des Sexratgebers geplant, angetrieben von der Mutter, nur widerwillig zugelassen vom Vater. Alte Wunden werden also sowohl bei Eltern als auch bei den Kindern wieder aufgerissen. In Rückblicken erzählt die Autorin, wie sich die Situation bei den einzelnen Beteiligten in den dazwischenliegenden Jahrzehnten entwickelt hat. Sie schafft damit ein sehr anschauliches und atmosphärisch überzeugendes Gesellschaftsbild der Clinton-USA genauso wie sie eine Familienstruktur abbildet, die die Verwurzelung in gemeinsamen Erfahrungen und die Abhängigkeiten der Beziehungen auf den Punkt zu bringen vermag.
    Sie schafft so einen ruhig packenden Familien- und Gesellschaftsroman. Wie schon in Romanen der Autorin zuvor fällt es mir auch hier schwer, zu beschreiben, warum mich der Roman sehr berühren und packen konnte. Die Autorin schafft es, auf sehr unspektakuläre Art und Weise Bilder, Situationen, Szenen in Worte zu fassen, die auf natürliche Art Geschehnisse und gesellschaftliche Tendenzen auf den Punkt zu bringen vermögen. Ich vergebe 4,5 Punkte und eine Leseempfehlung.

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