Die Sammlerin der verlorenen Wörter: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Die Sammlerin der verlorenen Wörter: Roman' von Pip Williams
4.65
4.7 von 5 (3 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Die Sammlerin der verlorenen Wörter: Roman"

Oxford, Ende des 19. Jahrhunderts. Esme wächst in einer Welt der Wörter auf. Unter dem Schreibtisch ihres Vaters, der als Lexikograph am ersten Oxford English Dictionary arbeitet, liest sie neugierig heruntergefallene Papiere auf. Nach und nach erkennt sie, was die männlichen Gelehrten oft achtlos verwerfen und nicht in das Wörterbuch aufnehmen: Es sind allesamt Begriffe, die Frauen betreffen. Entschlossen legt Esme ihre eigene Sammlung an, will die Wörter festhalten, die fern der Universität wirklich gesprochen werden. Sie stürzt sich ins Leben, findet Verbündete, entdeckt die Liebe und beginnt für die Rechte der Frauen zu kämpfen.

Autor:
Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:528
Verlag: Diana Verlag
EAN:9783453292635

Rezensionen zu "Die Sammlerin der verlorenen Wörter: Roman"

  1. 5
    14. Jul 2023 

    Devotion - Hingabe

    Noch bevor sie lesen kann darf Esme mit ins Scriptorium. Ihre Mutter ist schon verstorben und wird von ihrem Vater immer noch vermisst. Doch er unternimmt alles, damit es seiner kleinen Esme an nichts fehlt. Oft sitzt sie unter dem Schreibtisch und beobachtet die Schuhe ihres Vaters und seiner Kollegen. Diese arbeiten daran, das neue Oxford Englisch Dictionary zusammenzustellen. Eine schier unendliche Aufgabe, denn die Worte werden mit ihren unterschiedlichen Bedeutungen erklärt, ihre Herkunft erläutert und es werden Zitate als Beleg ihrer Existenz gegeben. So findet Esme schon früh zu den Wörtern, aber sie merkt auch, dass manche Wörter einfach verloren gehen.

    Ein Denkmal für ein Wörterbuch, welch ein schönes Thema, wenn man selbst den Wörtern und Worten verbunden ist. Einen großen Teil ihrer Kindheit verbringt Esme am Arbeitsplatz ihres Vaters, sie kennt die Männer, die über die Wörter bestimmen, die ins Dictionary dürfen. Es kann aber auch sein, dass ein Wort, welches auf seinem Belegzettel zu Boden fällt, in ihrer geheimen Truhe landet. Dort bewahrt Esme im Laufe ihres Lebens die verlorenen Wörter auf, aber auch Wörter, die sie selbst sucht, und Frauenwörter, die es wohl nie ins Wörterbuch schaffen werden. Esme hat ein behütetes Leben, aber um den Wechsel des 19. auf das 20. Jahrhundert bemerkt auch sie, wie sich die Welt ändert.

    Man möchte aufhören, wenn es am Schönsten ist. Immer langsamer wendet man die Seiten, weil man möchte, dass die Zeit für Esme stehen bleibt. Ihr Leben mit den Wörtern berührt und ihr Leben mit den Menschen macht manchmal traurig, ist manchmal lehrreich und machmal süß. Esme hätte viel mehr von der Süße des Lebens verdient. Doch ihre verlorenen Wörter werden überdauern, wenn vielleicht auch nicht in der Realität, so doch im Herzen der Leser. Vielleicht hat ja auch das eine oder andere Wort inzwischen auch ins ehemals so von Männern geprägte Oxford Englisch Dictionary geschafft. Die web.site des OED kann gerne empfohlen werden, ein Lesezeichen ist schnell gesetzt. Ein wunderbares Buch über eine beeindruckende Frau, eine ereignisreiche Zeit und eine Hommage an die Wörter. Einfach klasse.

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  1. 5
    09. Mai 2022 

    Frauenwörter

    Oxford, Ende des 19. Jahrhunderts. Harry Nicoll arbeitet als Lexikograph an der Erstellung des „Oxford English Dictionary“ mit. Da er nach dem Tod seiner Frau Tochter Esme allein großziehen muss, fühlt auch sie sich bald im Skriptorium, dem Arbeitsplatz ihres Vaters, zuhause. Nach und nach beginnt sie sich für das Sammeln von Wörtern zu interessieren, doch nicht jeder empfindet das für eine junge Frau als angebracht. So forscht Esme im Alleingang weiter und muss feststellen, dass eine Nicht-Aufnahme eines Begriffs in das Wörterbuch durchaus mehr bedeutet, als sie bisher geglaubt hat.

    In ihrem Debütroman „Die Sammlerin der verlorenen Wörter“ erzählt Pip Williams – basierend auf historischen Fakten und Dokumenten - die Entstehungsgeschichte des berühmten Lexikons. Der Fokus liegt dabei jedoch auf einem ganz bestimmten Blickwinkel: dem der Frauen, die an dieser Meisterleistung beteiligt waren. Stellvertretend verfolgen wir dabei das Leben von Protagonistin Esme zwischen 1887 und 1915, die auch als Ich-Erzählerin fungiert; nur auf den letzten 20 Seiten wechselt die Perspektive. Was anderswo geschieht, wird geschickt durch Briefe vermittelt.

    Neben dem offensichtlichen Thema der Sprache, geht es hier vor allem um die Stellung der Frau in der Gesellschaft. Sie leisteten einen großen Anteil der Arbeit am Wörterbuch, wurden aber kaum oder gar nicht entlohnt. Nach Beginn des ersten Weltkrieges nahm dieser Anteil nur noch zu, obwohl selbst dann noch Männer dem Engagement entgegenstanden. Parallel zur Entstehung des Wörterbuchs verläuft die Erstarkung der Frauenbewegung, die schließlich 1928 zur Einführung des Wahlrechts für Frauen führte.

    Es steht außer Frage, dass Pip Williams mit ihrem Roman ein außergewöhnliches und wichtiges Debüt gelungen ist. Besonders spannend war es für mich, die Arbeit am „Oxford English Dictionary“ und den Kampf der Suffragetten durch Esmes Perspektive zu erleben. Leider kamen dann noch viele weitere Handlungssegmente und damit Themen hinzu: der Erste Weltkrieg, Liebe, Mutterschaft, Klassenunterschiede usw. Hier hätte ich mir einen deutlicheren Fokus gewünscht und auch mit den Entscheidungen, die die Autorin für ihre Figur trifft, war ich nicht immer einverstanden, vor allem was den Schluss betrifft. Dennoch hat mich der Roman sehr berührt und der Mai beginnt so definitiv mit einem Highlight.

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  1. Auf den Spuren der Wörter und ihrer Bedeutung...

    Ein Buch über die Entstehung und Bedeutung von Wörtern, das klingt nach perfekter Unterhaltung für Leseratten, oder?

    In der Geschichte geht es um Esme, deren Vater Lexikograph ist. Da sie keine Mutter mehr hat, verbringt sie viel Zeit bei ihrem Vater und seiner Arbeit. Die Faszination für Wörter wächst, doch haben sie dieselbe Bedeutung für Männer und Frauen oder gibt es da Unterschiede?

    Die Geschichte braucht ein wenig, um so richtig in die Gänge zu kommen, daher sollte man sich davon nicht direkt abschrecken lassen. Der Stil der Autorin hat etwas Ruhiges und Geerdetes an sich, daran muss man sich erst einmal gewöhnen. Hat man die ersten 150 Seiten geschafft, lässt einen der Roman dann auch wirklich nicht mehr los.

    Gut gefallen haben mir die zahlreichen Erklärungen zu Wörtern und ihrer Bedeutung und vor allem, dass dies im englischen Original geschieht und dann auch nochmal übersetzt auftaucht.

    Für die Figuren brauchte ich etwas Zeit, um mich in sie einzufühlen. Bei Esme hat man mit der Zeit wirklich gemerkt, dass das weibliche Pendant in ihrem Leben fehlt. Zum Glück gibt es Lizzie, ein Dienstmädchen, die immer an ihrer Seite ist. Ich mochte Lizzie als Charakter ungemein, da sie so fürsorglich ist und obwohl der Altersunterschied zwischen beiden Mädchen nicht sonderlich groß ist, strahlte Lizzie etwas enorm Mütterliches aus.

    Mich hat wirklich sehr erstaunt wie aufwendig es gewesen ist all die Worte zusammenzutragen, um dann ein mehrbändiges Wörterbuch zu erstellen. Irgendwie hatte ich mir das einfacher vorgestellt und daher sehr gut, dass der Roman hier für erhellende Momente sorgt.

    Zudem mochte ich, dass auch die Frauenrechtsbewegung beleuchtet wird und was Wörter in diesem Zusammenhang für eine Bedeutung haben. Es wurde in der Geschichte doch sehr deutlich wie eingeschränkt die Entwicklung für Frauen war, um sich zu bilden und mitbestimmen zu können.

    Fazit: Ein Roman, der etwas braucht eh er dann mit Emotionen und Charme überzeugen kann. Ich habe mich gut unterhalten gefühlt und Neues dazu gelernt und spreche daher gern eine Empfehlung aus. Klasse!

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