Die Perfekten

Buchseite und Rezensionen zu 'Die Perfekten' von Caroline Brinkmann
4
4 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Die Perfekten"

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:608
EAN:9783846600498

Rezensionen zu "Die Perfekten"

  1. Sei perfekt. Sei gesegnet. Sei mehr als ein Mensch.

    "Die Perfekten" präsentiert dem Leser eine komplexe, gut durchdachte Zukunftsvision mit einem glaubhaften Gesellschaftssystem. Dabei bietet das Buch nicht nur eine starke junge Heldin und eine Handlung voller Spannung und Action, sondern es wirft auch interessante ethische Fragen auf. Obwohl unsere Wirklichkeit (noch) nicht dem entspricht, was hier beschrieben wird, kann man sich doch zumindest vorstellen, dass wir uns irgendwann dorthin entwickeln könnten – und das ist eine unbehagliche Vorstellung, die genau das erfüllt, was ich mir von einer guten Dystopie erwarte.

    Die Menschheit befindet sich in einer scheinbar unaufhaltsamen Entwicklung: einer Abwärtsspirale, in deren Verlauf das Genmaterial immer mehr Bedeutung erlangt und nicht nur den sozialen Status, sondern auch berufliche Möglichkeiten und sogar Grundrechte bestimmt und begrenzt.

    Die Menschen der untersten Klasse werden anhand ihrer Gene in Dreien, Zweien und Einsen unterteilt. Je schlechter die Einstufung, desto weniger Jahre darf ein Kind zum Beispiel zur Schule gehen. Eine Drei muss im Alter von nur 10 Jahren die Schule verlassen, weil es als Verschwendung angesehen wird, Ressourcen an einen so 'minderwertigen' Menschen zu verschwenden, die Einsen dagegen haben die Chance, eine höhere Schulbildung zu absolvieren und in die nächste gesellschaftliche Klasse aufzusteigen.

    Menschen, die gar nicht registriert sind (sogenannte 'Ghosts') sind vollkommen rechtlos, und zu denen gehört auch Rain, die Protagonistin des Buches.

    Über allem stehen die Gesegneten: wunderschöne, gesunde, starke und intelligente Supermenschen, die das Land regieren, gottgleich verehrt werden und im Luxus leben, während die Arbeiter in den ärmeren Zirkeln sich die Lunge verätzen, weil in den Fabriken keine Filteranlagen installiert sind.

    Rain muss nicht in tödlichen Spielen antreten, ganz im Gegenteil: war sie als Ghost eben noch Abschaum, gehört sie auf einmal zur obersten Elite: nicht nur zu den Perfekten, sondern sogar zu den Gesegneten. Wie ungerecht diese Gesellschaft ist, wie bodenlos die Kluft zwischen den normalen Menschen und den Gesegneten, sieht man gut an Rains Reaktionen auf ihre neue Umgebung.

    Sie ist eine wunderbare Heldin für junge Leserinnen: entschlossen, mutig, intelligent und selbstlos genug, um sich eine Veränderung ihrer Welt zu wünschen, auch wenn sie selber jetzt ein unbeschwertes Leben ohne Sorgen führen könnte. Dabei ist sie erfinderisch genug, um sich nicht einfach blindlings den Rebellen anzuschließen, die eine Veränderung durch Gewalt anstreben, sondern sich ihren eigenen Weg zu suchen.

    Ihr Gegenpart ist der junge Lark, der zwar zu den Einsen gehört, es aber dennoch sehr schwer hat. Seine kleine Schwester, die er über alles liebt, ist sehr krank, wurde deswegen als Drei eingestuft und benötigt teure Medikamente, die ihr aufgrund ihres Status' verweigert werden. Ich habe von Anfang an mit Lark mitgefühlt, denn er ist wirklich ein sehr anständiger Mensch, hat aber oft keine Wahl, als fatale Entscheidungen zu treffen, um seiner Schwester zu helfen.

    Es gibt auch eine ganze Reihe von interessanten Nebencharakteren, aber das würde den Rahmen dieser Rezension sprengen! Deswegen nur soviel: Mir hat gut gefallen, dass die Autorin sich traut, ihre Protagonisten auch mal gnadenlos scheitern oder wirklich schlimme Dinge tun zu lassen, weil sie schlicht keine andere Wahl haben. Das machte die Welt und ihre Charaktere für mich nur glaubhafter, und es brachte auch die Ungerechtigkeit des Systems umso deutlicher hervor.

    Eine Liebesgeschichte wird (zumindest bisher) nur angedeutet, und das ist in meinen Augen eine erfreuliche Abwechslung.

    Der Schreibstil ist locker und passend für ein Jugendbuch, baut aber durch bildliche Beschreibungen auch sehr gut Atmosphäre auf.

    Gegen Ende gingen mir manche Entwicklungen etwas zu schnell, aber abgesehen davon hat mich das Buch als originelle Dystopie, die sich auch gut für junge Leser eignet, überzeugt.

    Fazit:
    Bist du eine Eins, eine Zwei oder vielleicht nur eine Drei? Bist du womöglich perfekt, oder gar gesegnet?

    In der Zukunftsvision dieses Buches hängt das alleine von deinen Genen ab. Wird dein Erbmaterial als nicht gut genug erachtet, bleiben dir Dinge wie eine umfassende Schulbildung, Medizin oder ausreichende Ernährung verweigert. Schließlich streben die Gesegneten eine Welt an, in der Zweien und Dreien ausgestorben sind, ohne dass sich jemand die Finger schmutzig machen musste. Wohlstand, Bildung und gleiche Rechte für alle – die dann noch übrig sind.

    "Die Perfekten" ist eine Dystopie, die sicher Fans von "Die Tribute von Panem" oder "Die Bestimmung" ansprechen wird, ohne eine Kopie dieser beliebten Reihen zu sein. Ich fand die Protagonisten interessant und gut geschrieben, die Welt glaubhaft und die Spannung durchgehend hoch, insofern würde ich das Buch weiterempfehlen!

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