Die Hauswaffe: Roman (Literatur-Preisträger)

Buchseite und Rezensionen zu 'Die Hauswaffe: Roman (Literatur-Preisträger)' von Nadine Gordimer
5
5 von 5 (2 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Die Hauswaffe: Roman (Literatur-Preisträger)"

Format:Taschenbuch
Seiten:312
Verlag: Piper Edition
EAN:9783492550130

Rezensionen zu "Die Hauswaffe: Roman (Literatur-Preisträger)"

  1. Die Eltern des Mörders

    Wie ergeht es Mutter und Vater, wenn ihr Sohn einen Menschen erschossen hat? Dieser Frage geht die südafrikanische Schriftstellerin und Literatur-Nobelpreis-Trägerin Nadine Gordimer im Buch ‚Die Hauswaffe‘ nach, das 1998 entstand.

    Es ist der Abend des 19. Januar 1996, als Duncan Lindgard (27J.) in seiner WG einen seiner Mitbewohner und ehemaligen Geliebten erschießt. Warum? Was war vorangegangen? War es die Rache für den Verrat, den Carl in der Nacht davor durch den Geschlechtsverkehr mit Natalie/Nastasja, Duncans Lebensgefährtin, verübt hatte?

    Das weiße Ehepaar Harald (50 J. und Direktor einer Versicherungsgesellschaft) und Claudia (47 J. und selbständige Ärztin) werden total aus ihrem gewohnten Lebensrhythmus gerissen: sie grübeln, ob ihr Verhalten in der Vergangenheit dem Sohn gegenüber zur Gewaltbereitschaft beigetragen hatte, ihre Bekannten / Freunde ziehen sich zurück, Kollegen begrüßen Harald ‚mit einem wortlos vereinbarten Schweigen‘, beide lassen ihre eigene Ehe-Historie Revue passieren.

    Auch dem Strafverteidiger Hamilton Motsamai, einem Schwarzen, stehen sie skeptisch gegenüber. Nein, rassistisch sind sie nicht, aber hat der Anwalt überhaupt die Befähigung und die Erfahrung, nachdem er erst wieder vier Jahre im Land ist - bedingt durch die politischen Gründe für seinen jahrelangen Aufenthalt im Ausland.

    Mich begeisterte diese Figur! Ich fand es einfach äußerst professionell (und es berührte mich auch sehr), wie Motsamai es schaffte, langsam ihr Vertrauen zu erringen. Wunderschön auch die Beschreibung der Einladung in seine große Familie.

    Nebenbei erfährt die Leserschaft von den Gepflogenheiten, eine Hauswaffe bereit liegen zu haben, damit Einbrüche und Überfälle abgewehrt werden können, von Grausamkeiten während der Apartheit, die im Namen des Staates begangen wurden und was Rassismus bedeutet.

    Ich fieberte mit, welches Strafmaß Duncan das Gericht verhängt – mit 7 Jahren (im besten Fall) und 12 Jahren (im ungünstigsten) ist zu rechnen - die Abschaffung der Todesstrafe wird zu dieser Zeit gerade vor dem Verfassungsgericht verhandelt.

    Mir gefiel die ruhige, sachliche und doch auch (mich) bewegende Art, mit der die Autorin diese Geschichte erzählte. 5 Sterne vergebe ich an diesen mich sehr beeindruckenden Roman mit seinen vielen psychologischen und auch philosophischen Momenten und wünsche ihm (auch nach über 20 Jahren) noch eine große Leserschar!

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  1. 5
    11. Mai 2022 

    Der Sohn als Täter - Lebensverändernd

    Das Leben eines älteren, gut situierten Ehepaares in Südafrika, sie Ärztin, er Versicherungsmanager, wird von einem Tag auf den anderen auf den Kopf gestellt, als sie erfahren müssen, dass ihr erwachsener Sohn eines Mordes angeklagt ist. Aus Unglauben angesichts dieses Vorwurfs muss sich die Erkenntnis ergeben, dass dieser Mord tatsächlich stattgefunden hat. Der Sohn ist der Täter eines Tötungsdeliktes, das von nun a das Leben auch der Eltern entscheidend bestimmen wird. Gewohnte Einstellungen, Beziehungen, Weltansichten müssen komplett neu geordnet werden. Die Post-Apartheitsgesellschaft, die bis dahin hinter die Mauern des behaglichen Zuhauses zurückgedrängt werden konnte, bestimmt nun das Leben und die Zukunft dieser Familie. Ein farbiger Anwalt bestimmt von nun an durch das Maß seines Fleißes und seines Geschicks, wie es mit dem Leben weitergehen wird. Alte Freunde und Bekannt begegnen dem Ehepaar auf ganz neue, veränderte Art und Weise und die politische Diskussion um die Abschaffung der Todesstrafe – bisher vielleicht von Ferne in der Zeitung etwas verfolgt – wird auf einmal zur existentielle Fragestellung.
    Nadine Gordimer schildert diese Situation rund um das veränderte Leben dieser Familie in einer ruhigen, abgeklärten und gleichwohl bewegenden Art und Weise. Auch wenn ein Verbrechen im Mittelpunkt des Romans steht und Dreh- und Angelpunkt der Handlung ist, handelt es sich hier nicht um einen Kriminalroman, sondern um ein gelungenes Portrait einer Gesellschaft im voranschreitenden Umbruch. Dieser Umbruch wird von Gordimer in dieser Handlung wie durch ein Brennglas konzentriert eingefangen und dargestellt. Große Literatur der Nobelpreisträgerin!

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