Frankreich in einer nicht allzu fernen Zukunft mit einer kapitalistisch orientierten, populistischen Rechtsregierung, der eine dominante Präsidentin vorsteht. Das Land ist heruntergewirtschaftet. Der Staat kann seine Pflichtaufgaben kaum noch erfüllen, das Staatswesen ist komplett marode. Krankenhäuser sind überfüllt, Sozialfürsorge existiert nur rudimentär, die Schere zwischen Arm und Reich klafft weit auseinander, niedrige Löhne und Renten lassen um die nackte Existenz bangen. Der Rechtsstaat wurde von einem Polizei – und Überwachungsstaat abgelöst.
Der Roman fußt auf drei mehr oder weniger parallel erzählten Biografien. (1) Die alleinerziehende Lehrerin Sabrina hadert mit ihrem Beruf. Die Kinder werden immer unmotivierter und ihre Eltern immer anspruchsvoller, das Gehalt ist mager, die pädagogischen Anforderungen hoch. Hinzu kommen private Schwierigkeiten, die Sabrina in eine Krise stürzen. In dieser psychisch angespannten Situation verhält sie sich einem Schüler gegenüber unangemessen. (2) Paul, Anfang 30, hat einst Literaturwissenschaft studiert. Mangels adäquater Anstellung verdingt er sich bei seinen Eltern wohnend als Gelegenheitsarbeiter und Metzger. Er muss um seinen Job bangen. (3) Sein Freund Aurélien bewirtschaftet einen landwirtschaftlichen Biobetrieb. Discounter und Großagrarbetriebe machen ihm das Leben schwer, er kämpft ums Überleben. Diese drei Lebensläufe verbindet die große Unzufriedenheit mit dem System. Es braucht im Grunde nur einen Funken, um das Fass zum Überlaufen zu bringen.
Diese Zündung geht von einem die Hauptstadt schockierenden Selbstmord aus: Der Student Enzo Brunet zündet sich selbst an und verbrennt jämmerlich. Vor seinem Tod hat er weitere virtuelle Feuer gelegt. In einem Brandvideo, das sich in Windeseile verbreitet, klagt er seine stadtbekannten Peiniger aus guter Familie öffentlich an. Ein Skandal, der die Menschen in Bewegung und auf die Straße bringt, um gegen die miserablen Bedingungen der einfachen Leute zu demonstrieren. Die Lage eskaliert.
Im Verlauf des Romans lernen wir das Lebensumfeld der Protagonisten und ihren Werdegang kennen, der vor sozialen Ungerechtigkeiten nur so strotzt. Dazwischen Sequenzen einer ignoranten, selbstherrlichen Präsidentin, die versucht, mit rigiden Maßnahmen das Schlimmste zu verhindern und ihre Herrschaft zu verteidigen. Die Positionen sind klar verteilt, die Figuren wirken wie Rollenträger oder Scherenschnitte, man kommt ihnen nicht wirklich nahe. Die massive Kapitalismuskritik ist unüberhörbar.
Die einzelnen persönlichen Schicksale werden durchaus nachvollziehbar geschildert. Nebenfiguren komplettieren das Bild. Messinas sachlich nüchterner Sprachstil hat etwas Einnehmendes, mitunter tauchen auch sehr nachdenklich stimmende Passagen auf. Doch leider wird der Text regelmäßig mit politischen Botschaften durchbrochen, die sich für mich nicht organisch einfügen und sich wie ein Manifest lesen. Es dominiert dabei Schwarz-Weiß-Malerei, in der offenbar aktuelle Schieflagen im Nachbarland plakativ überzogen dargestellt werden. Mir war es der Wut und Überspitzung definitiv zu viel.
Möglicherweise bin ich mit falschen Erwartungen an den Roman herangegangen. Er liest sich flüssig und weist mit seinen 170 Seiten auch keine Längen auf. Freunde politisch engagierter Literatur kommen vielleicht eher auf ihre Kosten.
Eine wütende Dystopie aus Frankreich
Frankreich in einer nicht allzu fernen Zukunft mit einer kapitalistisch orientierten, populistischen Rechtsregierung, der eine dominante Präsidentin vorsteht. Das Land ist heruntergewirtschaftet. Der Staat kann seine Pflichtaufgaben kaum noch erfüllen, das Staatswesen ist komplett marode. Krankenhäuser sind überfüllt, Sozialfürsorge existiert nur rudimentär, die Schere zwischen Arm und Reich klafft weit auseinander, niedrige Löhne und Renten lassen um die nackte Existenz bangen. Der Rechtsstaat wurde von einem Polizei – und Überwachungsstaat abgelöst.
Der Roman fußt auf drei mehr oder weniger parallel erzählten Biografien. (1) Die alleinerziehende Lehrerin Sabrina hadert mit ihrem Beruf. Die Kinder werden immer unmotivierter und ihre Eltern immer anspruchsvoller, das Gehalt ist mager, die pädagogischen Anforderungen hoch. Hinzu kommen private Schwierigkeiten, die Sabrina in eine Krise stürzen. In dieser psychisch angespannten Situation verhält sie sich einem Schüler gegenüber unangemessen. (2) Paul, Anfang 30, hat einst Literaturwissenschaft studiert. Mangels adäquater Anstellung verdingt er sich bei seinen Eltern wohnend als Gelegenheitsarbeiter und Metzger. Er muss um seinen Job bangen. (3) Sein Freund Aurélien bewirtschaftet einen landwirtschaftlichen Biobetrieb. Discounter und Großagrarbetriebe machen ihm das Leben schwer, er kämpft ums Überleben. Diese drei Lebensläufe verbindet die große Unzufriedenheit mit dem System. Es braucht im Grunde nur einen Funken, um das Fass zum Überlaufen zu bringen.
Diese Zündung geht von einem die Hauptstadt schockierenden Selbstmord aus: Der Student Enzo Brunet zündet sich selbst an und verbrennt jämmerlich. Vor seinem Tod hat er weitere virtuelle Feuer gelegt. In einem Brandvideo, das sich in Windeseile verbreitet, klagt er seine stadtbekannten Peiniger aus guter Familie öffentlich an. Ein Skandal, der die Menschen in Bewegung und auf die Straße bringt, um gegen die miserablen Bedingungen der einfachen Leute zu demonstrieren. Die Lage eskaliert.
Im Verlauf des Romans lernen wir das Lebensumfeld der Protagonisten und ihren Werdegang kennen, der vor sozialen Ungerechtigkeiten nur so strotzt. Dazwischen Sequenzen einer ignoranten, selbstherrlichen Präsidentin, die versucht, mit rigiden Maßnahmen das Schlimmste zu verhindern und ihre Herrschaft zu verteidigen. Die Positionen sind klar verteilt, die Figuren wirken wie Rollenträger oder Scherenschnitte, man kommt ihnen nicht wirklich nahe. Die massive Kapitalismuskritik ist unüberhörbar.
Die einzelnen persönlichen Schicksale werden durchaus nachvollziehbar geschildert. Nebenfiguren komplettieren das Bild. Messinas sachlich nüchterner Sprachstil hat etwas Einnehmendes, mitunter tauchen auch sehr nachdenklich stimmende Passagen auf. Doch leider wird der Text regelmäßig mit politischen Botschaften durchbrochen, die sich für mich nicht organisch einfügen und sich wie ein Manifest lesen. Es dominiert dabei Schwarz-Weiß-Malerei, in der offenbar aktuelle Schieflagen im Nachbarland plakativ überzogen dargestellt werden. Mir war es der Wut und Überspitzung definitiv zu viel.
Möglicherweise bin ich mit falschen Erwartungen an den Roman herangegangen. Er liest sich flüssig und weist mit seinen 170 Seiten auch keine Längen auf. Freunde politisch engagierter Literatur kommen vielleicht eher auf ihre Kosten.