Die Chance

Buchseite und Rezensionen zu 'Die Chance' von Stewart O'Nan
3.5
3.5 von 5 (2 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Die Chance"

Gemeinsam machen Marion und Art Fowler eine Pauschal-Busreise zu den Niagarafällen, wohin sie dreißig Jahre zuvor auch ihre Hochzeitsreise führte. Im Gepäck befindet sich ihr gesamtes Barvermögen, denn Art glaubt zu wissen, wie man beim Roulette gewinnen kann. Sie schmuggeln das Geld nach Kanada ein, wechseln es in Jetons und beziehen in einem Casino eine teure Hochzeitssuite, die sie sich leisten, weil es ja ohnehin egal ist. Arbeitslos und verschuldet, wie sie sind, haben sie nichts mehr zu verlieren. Das Haus, in dem ihre Kinder groß geworden sind, muss verkauft werden, ihre Ehe, von Seitensprüngen untergraben, steht vor dem Aus.
Also greifen sie nach dem letzten Strohhalm: tagsüber beim Sightseeing an den spektakulären Wasserfällen, vor allem aber abends, im Casino. Sie spielen am ersten Abend und am zweiten. Und setzen alles auf eine Karte.
Ein heiterer, sogar tröstlicher Roman über Zuversicht, Verzeihen und letzte Chancen, der eindringlich vor Augen führt, dass Liebe – wie das Leben selbst – mitunter ein Glücksspiel ist.

Format:Taschenbuch
Seiten:224
Verlag: Rowohlt Tb.
EAN:9783499258732

Rezensionen zu "Die Chance"

  1. An den Niagarafällen

    Kurzmeinung: Ich habe noch einige Romane von dem Autor auf Halde liegen ... muss ich das bereuen?

    Ein Ehepaar hat sich finanziell übernommen und zudem auseinandergelebt. Die erwachsenen Kinder sind aus dem Haus. Marion und Art Fowler haben beide Schuld an der finanziellen Misere, er, weil er Marion keinen Widerstand entgegensetzt, was sie auch immer will, sie, weil sie sich in keinster Weise um die finanzielle Situation kümmert noch irgendwelche Details wissen möchte à la „Behellige mich nicht mit den Niederungen des Lebens.“ In den Spielkasinos der Niagara Fälle wollen sie, laut Arts Plan, sich entweder sanieren oder Insolvenz anmelden. Die Ehe selbst ist nicht zu retten, denkt Marion, während Art sich durchaus noch Hoffnungen macht.

    Der Kommentar:
    Das Setting an den Niagarafällen, die Touristenattraktionen, die Wege, das Hotel, das alles nimmt viel Raum ein. Wer sich an den entsprechenden Orten schon einmal tummelte, wird vielleicht ein heimeliges und nostalgisches Gefühl des Wiedererkennens haben..
    Es dauert gefühlsmässig ewig bis der Roman zum Punkt kommt. Davor wird lang und breit über die Gefühlslage des Ehepaars gefaselt, wobei beide es nach all den Jahren noch immer nicht wagen, ehrlich miteinander zu reden. Sowohl Art wie Marion hatten vor Urzeiten einmal eine Affäre, beide haben miteinander weitergemacht, aber weder richtig verziehen noch das Geschehen aufgearbeitet.
    Die beiden Figuren Marion und Art haben mich leider genau so sehr gelangweilt wie das Setting. Ist das Buch kurzweilig? Es ist kurz, ja. Es ist auch nett geschrieben. Aber wie die beiden umeinander herumtanzen ist entsetzlich öde.
    Das Ende ist einigermassen spannend. Aber auch wiederum nicht so spannend, dass es das Buch wie eine Rakete nach oben katapultieren würde. Immerhin versucht diese reine Unterhaltungslektüre ein bisschen Tiefsinnigkeit. Was sehr gut herausgearbeitet ist, das ist die Gefühlslage von Art: zwischen Schicksalsergebenheit, Verzweiflung und Wahnsinn einerseits und der Entschlossenheit, alles auf eine Karte zu setzen. Wenn ich Lektor gewesen wäre, hätte ich darauf bestanden, dass sich das Ehepaar am Ende in die Niagarafälle stürzt - das hätte dem Roman Pep gegeben! Statt dessen. Rosarot.

    Fazit: Sehr amerikanisch Wem das Setting liegt, für den muss der Roman drei Sterne wert sein.

    Kategorie: gute Unterhaltung.
    Verlag: Rowohlt, 2014

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  1. 4
    21. Sep 2016 

    Wahrscheinlichkeiten

    Während der Immobilienkrise sind Art und Marion in Schwierigkeiten geraten. Beide haben ihren Job verloren, das Haus ist viel zu hoch belastet, als Ausweg bleiben nur noch Insolvenz und Scheidung. Bevor es soweit ist fahren die beiden zu einem letzten gemeinsamen Wochenende an die Niagara Fälle, dorthin wo sie ihre Hochzeitsreise vor dreißig Jahren verbracht haben. Ein letztes Mal noch wollen sie die Zeit zurückdrehen und unbeschwert sein. Wenigstens ihre Kinder sind versorgt, sie konnten ihnen das Studium ermöglichen, Art und Marion stehen jedoch vor dem aus. Doch sie haben einen Plan, mit dem letzten Bargeld, das sie zusammenkratzen konnten, wollen sie im Casino das große Geld gewinnen.

    Da stehen sie vor den Scherben ihres Lebens, ein viel zu großes Haus, mit Krediten finanziert, die sie kaum bedienen konnten. Reserven eingesetzt, die eigentlich für die Altersversorgung gedacht waren. Die Jobs verloren, Affären gehabt. Und nun kommt auch noch das Haus unter den Hammer, wahrscheinlich lässt es sich wenn überhaupt nur mit Verlust verkaufen. Genau genommen haben sich Marion und Art nicht mehr viel zu sagen. Dieses Wochenende ist der letzte Rettungsversuch. Tagsüber flanieren sie durch die touristischen Sehenswürdigkeiten und schwelgen in Erinnerungen und abends versuchen sie im Casino einen Gewinn herauszuschlagen.

    Jedem Kapitel ist eine Wahrscheinlichkeit vorangestellt, etwa wie groß die Wahrscheinlichkeit ist,dass ein Ehepaar seinen 25. Hochzeitstag erreicht (1:6). Das gilt wahrscheinlich für die USA. Irgendwie passt dann der Inhalt auch zu den Überschriften, die von Wahrscheinlichkeiten, auf die man nicht so viel Wert legt (Übelkeit im Urlaub), immer mehr zu solchen wechselt, die einem viel netter vorkommen (Frühstück im Bett). Und so geht es auch mit der Geschichte von Art und Marion, die sich zunächst mehr oder weniger anzicken und dann doch wieder annähern, je mehr Zeit sie in diesen gemeinsamen Tagen verbringen. Ob sie ihr Hab und Gut retten können, scheint immer unwichtiger zu werden je mehr sie es schaffen, die Zeit zu genießen. Mit klugen Worten unterbreitet Steward O’Nan das Angebot einen sehr positiven kleinen Roman lesen zu können. Ein Angebot, dass man unbedingt annehmen sollte.

    Welches die schönste Wahrscheinlichkeit ist, muss natürlich jeder selbst entscheiden. Aber schön ist es doch, dass die Wahrscheinlichkeit, dass am Morgen die Sonne aufgeht bei 1:1 (also 100%) liegt. Das ist doch mal was, auf das man sich verlassen kann.

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