Die Birnen von Ribbeck

Buchseite und Rezensionen zu 'Die Birnen von Ribbeck' von Friedrich Christian Delius
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3 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Die Birnen von Ribbeck"

Format:Audio CD
Seiten:0
Verlag: Parlando
EAN:9783839871218

Rezensionen zu "Die Birnen von Ribbeck"

  1. 3
    11. Nov 2021 

    Die Geschichte eines Dorfes...

    Jeder kennt Fontanes Ballade "Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland". Der Birnbaum ist es, weshalb die Westberliner nach der Öffnung der Mauer in das Dorf Ribbeck einfallen und ungefragt einen neuen Birnbaum pflanzen wie eine Standarte in besetztes Gebiet. Sie bringen alles mit für ein Volksfest. Zu essen und zu trinken im Überfluss. Und feiern. Die Häuser werden auf ihren Wert hin taxiert und die Ribbecker nicht gefragt, wie es ihnen geht. Ein Bauer beobachtet das Treiben und erzählt die Geschichte des Dorfes, erzählt traurig und wütend an gegen den Geschichts- und Gedächtnisverlust.

    Fontanes Ballade hat das Dorf Ribbeck, vierzig Kilometer von Berlin gelegen, berühmt gemacht. Nach Öffnung der Mauer kommen Westberliner nach Ribbeck, um einen Birnbaum zu pflanzen und mit den Ribbeckern die neue deutsche Einheit zu feiern. Sie pflanzen den Baum direkt neben das Schloss des alten Ribbecks, das jetzt ein Pflegeheim ist, und sie fragen nicht nach der Vergangenheit.

    Auf dem Volksfest, wie es seit Jahrzehnten nicht mehr stattfand, mit Erbsensuppe, Freibier und Birnenschnaps aus dem Westen, verschafft sich ein Ribbecker Bauer Gehör. Zögernd zuerst und langsam erzählt er die Geschichte des Dorfes, das an der alten Heerstraße liegt, die Zeit des Dreißigjährigen Kriegs und die Feudalherrschaft, Nazidiktatur und Zweiter Weltkrieg, und die Etappen des Sozialismus bis zur Wende und dem katastrophalen Niedergang der Landwirtschaft heute. Er erzählt von den Herren im Dorf, dem letzten Ribbeck, der in das KZ Sachsenhausen kam, von der Roten Armee, den Parteibonzen und den Erben, die jetzt wieder das Dorf mit herrischen Schritten vermessen...

    Der Aufbau der Erzählung hat mich angesprochen: vorangestellt das berühmte Gedicht des birnenspendenden Ribbecks, danach der Monolog des immer betrunkener werdenden Bauern auf dem Volksfest anlässlich der Deutsch-Deutschen-Wiedervereinigung. Der Bauer erweist sich nicht nur als scharfer Beobachter der aktuellen Geschehnisse mit beinahe prophetischen Vorhersagen der Entwicklung (koloniale Übernahme des Ostens durch den Westen), sondern auch als genauer Kenner der Geschichte des Dorfes.

    Ganze Generationen von Ribbecks begleiteten das jeweilige Zeitgeschehen, und auch wenn der Letzte von ihnen wohl im KZ Sachsenhausen landete, leben die Ribbecks auch heute noch in den Genen der Dorfgemeinschaft weiter. Anhand der Geschehnisse in einem einzigen kleinen Dorf berichtet der Bauer von verschiedenen Kriegen und Machthabern - und zeigt dabei erstaunliche Parallelen auf.

    Weshalb ich hier nur drei Sterne vergebe, liegt am eher anstrengenden Schreibstil/Vortrag. Christian Brückner trägt die ungekürzte Ausgabe (120 Minuten) einem Monolog entsprechend recht monologisierend und ohne große Nuancen im Redefluss vor. Zusammen mit den oft langen Sätzen war das ein doch sehr anstrengendes Hörerlebnis, als flössen die Sätze alle ineinander, manchmal ohne Punkt und Komma. Die Konzentration fiel mir da doch oft schwer, so dass ich immer nur kurze Sequenzen hören konnte.

    Vermutlich ist hier das geschriebene Buch empfehlenswerter... Ein interessanter Text war es jedoch allemal.

    © Parden

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