Die Bestien von Belfast

Buchseite und Rezensionen zu 'Die Bestien von Belfast' von Sam Millar
4.65
4.7 von 5 (3 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Die Bestien von Belfast"

Sam Millar kennt Gewalt. Die, die er erfahren hat. Und die, die er verübt hat. Eine außergewöhnliche Krimiserie – von einem Autor mit einer Vergangenheit. 'Sie öffnete die Augen. Was sie sah, erfüllte sie mit Entsetzen. Ein Stück Knochen ragte wie ein bleiches Teleskop aus ihrem linken Bein. Stimmen schossen ihr wie Querschläger durch den Kopf. Sieh nach, ob sie tot ist. Machst du Witze? Klar ist die tot. Manisches Gelächter. Bestien. Schneid ihr die Kehle durch. Sicher ist sicher. Sie begann zu beten: Macht schnell.' Zwanzig Jahre danach: Karl Kane ist Privatermittler in Belfast. Als eine männliche Leiche im Stadtpark gefunden wird, erhält er den Auftrag, herauszufinden, warum der Mann sterben musste. Die Motive seines Auftraggebers sind undurchsichtig. Doch Kane braucht das Geld. Als noch mehr Menschen auf verstörende Weise ermordet werden, merkt er, dass er niemandem mehr trauen kann. Dann holt ihn die eigene Vergangenheit ein, und es wird kalt in Belfast – sehr kalt.

Autor:
Format:Broschiert
Seiten:288
EAN:9783855355105

Rezensionen zu "Die Bestien von Belfast"

  1. 5
    22. Sep 2016 

    Nichts für schwache Nerven

    Auf Whatchareadin hatten wir im Januar dieses Jahres eine Leserunde zu dem Buch "True Crime" von Sam Millar. Wer mal schauen möchte, folge diesem Link:

    http://whatchareadin.de/community/forums/truecrime/

    As Thriller hätte ich mir das Buch nicht gekauft. Ihr wisst, das ist nicht so mein Genre. Aber es hieß, Sam Millar nimmt an der Leserunde teil, bzw. Sebastian von http://stuffed-shelves.de/ hat sich bereit erklärt, zu übersetzen. Und das hat auch wunderbar geklappt. Zudem habe ich erfahren, dass das Buch weniger Thriller wäre und es quasi Sam Millars Lebensgeschichte ist. Autobiografisch? Das wäre dann schon wieder was für mich.
    Und ich hätte mich wahnsinnig geärgert, wenn ich nicht mitgemacht hätte. Denn das Buch in der Runde mit Gleichgesinnten zu lesen, hat einfach nur Spaß gemacht. Wenn es auch einen ernsten Hintergrund hat.
    Was mich geärgert hat, ist, dass ich damals keine Rezi dazu geschrieben habe. Ich war aus meinem Schreibtief noch nicht ganz wieder raus und so habe ich mir vorgenommen, das Buch in nicht allzu langer Zeit noch einmal zu lesen. Und dann berichte ich darüber. Aber vielleicht kommt vorher auch noch die Verfilmung des Buches. Denn Warner Bros. hat sich die Filmrechte gesichert.

    Heute möchte ich euch den 1. Teil einer Krimireihe um den Belfaster Privatermittler Karl Kane von Sam Millar vorstellen.

    Der Irish Herald meint:

    Leser mit hohem Blutdruck sollten um dieses Buch einen großen Bogen machen.

    Und man braucht wirklich schon von der ersten Seite an gute Nerven, um das erste Kapitel durchzuhalten.

    Drei Tatorte, drei Verbrechen, brutale Verbrechen. Und ich habe das Gefühl, Sam Millar hat sich beim Schreiben seines Buches die Hände gerieben und sich genüsslich vorgestellt, wie seine Leser eine Schnappatmung nach der anderen bekommen. Zumindest ging es mir so.

    Im Prolog sind wir in den 1970er Jahren. Irgendwo im üppigen Gras liegt eine junge Frau. Man hatte ihr Drogen und Alkohol eingeflößt, sie mit mehrenen Männern brutal vergewaltigt und misshandelt. Ein Bein ist gebrochen. Sie überlebt das Gnze nur, weil die Kerle denken, dass sie tot sei. Doch als diese weg waren, wurden wilde Hunde von dem Blut angezogen.

    Dann lernen wir Karl Kane kennen und erwischen ihn gerade dabei, wie er seinen Hintern behandelt. Hämorrhoiden. Hoffentlich nur dies und nichts Schlimmeres. Seine Sekretärin Naomi besorgt ihm einen Arzttermin und sorgt auch dafür, dass er ihn wahrnimmt. Sie haben also nicht nur ein sexuelles Verhältnis. Sie scheint ihn wirklich zu mögen.

    Nun ein Sprung in Mitte der 60er Jahre. Hier ist ein kleiner Junge das Opfer.

    Und es folgen weitere Verbrechen. Bei einigen ist die Täterin eine Frau. Da überlege ich doch, ob das die Frau aus dem Prolog ist. Aber wie sollte sie das überlebt haben?

    Mit der Polizei hat Kane ein leidlich gutes Verhältnis, als Detektiv ist das von Vorteil. Und der Gerichtsmediziner Tom Hicks ist ein Freund aus Schultagen. Kane hat ihn damals vor Schlägertypen gerettet. Auch das hilft ihm bei seinem Job.

    Ob es noch mehr Tote gibt und ob sich mein Verdacht mit der Täterin bestätigt, das lest selbst.
    Doch Vorsicht: Dieser Krimi ist nichts für schwache Nerven. Aber wem er gefällt, kann noch Teil zwei (Die satten Toten) und drei (Die kalte Kralle) lesen.

    Teilen
  1. 4
    26. Mär 2016 

    Irischer hardboiled Krimi...

    Der erste Fall des Privatdetektivs Karl Kane beginnt mit einer Rückblende in das Jahr 1978, wo eine junge Frau schwer verletzt, mehrfach vergewaltigt und misshandelt in einem Steinbruch am Stadtrand von Belfast liegt, wo sie von einer Horde Jugendlicher zurückgelassen wurde in der Annahme, sie sei bereits tot. Die Szene endet damit, dass wilde Hunde den Blutgeruch wittern und sich langsam an die Sterbende heranpirschen...

    Im Belfast von heute bekommt Karl Kane, ein desillusionierter und verschuldeter Privatdetektiv, den Auftrag herauszufinden, wer der Tote ist, der im Stadtpark aufgefunden wurde - und weshalb er sterben musste. Kane beginnt zu ermitteln, doch als weitere Morde geschehen, erkennt er, dass er niemandem mehr trauen kann. Und schließlich steht er selbst im Fokus des Geschehens - in scheinbar aussichtsloser Position....

    "Kane ging zum Telefon und rief mit erstickter Stimme einen Krankenwagen. Die Adresse. Eine Schießerei. Mehr nicht. Es würde nichts bringen, wenn er mehr ins Detail ging. Nichts, außer Andeutungen und Fragen ohne Antworten. Er verließ das Haus und ging stur geradeaus, ohne zu wissen, ob geradeaus die richtige Richtung war. Die Dunkelheit wich langsam dem ersten Morgenlicht. Der Geruch des Todes saß ihm in den Kleidern. Er war dankbar für den kalten, beißenden Wind, der ihm ins Gesicht blies. Nicht weit von seinem Auto entfernt betete er zu Gott, an den er nicht glaubte, dass der Wagen anspringen möge. Wenn das Auto am Tatort gefunden wurde, war er am Ende. Nicht dass er nicht sowieso am Ende gewesen wäre..."

    Karl Kane erfüllt als Charakter alle Klischees eines hardboiled Detectives. Rauchen, saufen, spielen, harter Kerl mit trauriger Kindheit. Er hat eine illusionslose und zynische Sicht auf die Welt, nimmt wenig bis keine Rücksicht auf geltende Gesetzesnormen und lebt in ständigem Konflikt mit der Polizei. Trotz des Antihelden-Status ist er aber einer der wenigen, die noch menschlich erscheinen in dem Leben in Belfast, wo Korruption und Werteverfall alle gesellschaftlichen Ebenen durchdrungen haben und Gewalt an der Tagesordnung ist.

    Die Geschichte selbst lebt von Verwirrung. Unzählige Personen und fast ebenso viele Morde und andere Verbrechen werden hier präsentiert, wobei deren Schilderungen sehr bildhaft und nichts für Zartbesaitete sind. Erzählt wird weitestgehend chronologisch in kurzen Kapiteln, denen jeweils ein kurzes Zitat vorangestellt ist. Durchbrochen wird die Chronologie aber immer wieder auch durch Rückblenden in die Vergangenheit, was zusätzliche Verwirrung stiftet. Denn lange bleibt unklar, was wie und warum miteinander zusammenhängt - oder eben auch nicht. Und nicht alles wird hier restlos aufgelöst, so dass mir nun noch bleibt, mich auf den zweiten Band zu freuen.

    Ein düsterer und gnadenloser hardboiled Krimi, der nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern mit ausgestrecktem Mittelfinger geschrieben wurde. Eine Empfehlung für Liebhaber dieses Genres...

    © Parden

    Teilen
  1. Der Mann ist ja auch vom Fach...

    Ein Autor mit Vergangenheit also… schon alleine die war Grund genug zu sagen “Das muss ich lesen!” Warum? Ganz einfach. Millar hat tatsächlich eine sehr bewegte Vergangenheit. Als Teenager Mitglied der IRA, in den späten 70ern deswegen im Knast gesessen. Guter Start. In den 90ern in die USA ausgewandert, dort an einem der schwersten Raubüberfälle der Geschichte beteiligt gewesen. Über 7 Millionen Dollar erbeutet, geschnappt worden, wieder im Bau gelandet. Schließlich zurück nach Irland ausgeliefert worden, die Reststrafe dort abgesessen und dann angefangen, Krimis zu schreiben. Interesse geweckt? Dachte ich mir! Und sorry Willy, es ist doch wieder ein Buch geworden.

    Analog zu seiner Vergangenheit macht Sam Millar auch in seinem Debüt-Werk “Die Bestien von Belfast” keine Gefangenen, sondern schmeißt den Leser direkt in eine knüppelharte Auftaktszene. Keine Figureneinführung, nur fiese Gewalt, bei der man sich zunächst fragt “Ist das sein Ernst?”. Danach geht er es aber ruhiger an und beginnt einen Spannungsbogen aufzubauen, der konstant nach oben geht und den Leser in die düstere Welt des Privatdetektivs Karl Kane mitnimmt. Man wird auf zwei verschiedene Handlungsstränge geführt, die zwar offensichtlich miteinander verwoben sind, bei denen aber lange Zeit unklar bleibt, welche genaue Verbindung sie nun miteinander haben. Ein Rezept, welches natürlich funktioniert, da die Neugier geweckt und immer weiter genährt wird. Wendungsreich ist “Die Bestien von Belfast” zwar nicht unbedingt, bietet zumindest zum Finale hin aber einen Plottwist, der unvorhersehbar und doch zugleich so offensichtlich gewesen ist, dass einem auf der einen Seite der Kiefer überrascht auf die Tischkante knallt, man sich auf der anderen aber zugleich mit der flachen Hand gegen die Stirn schlagen will, weil man es nicht hat kommen sehen. Gut!

    Die Figuren sind dabei ein absolutes Zugpferd. Hauptakteur Karl Kane ist kein Held im klassischen Sinn, sondern sehr schön im von mir sehr geschätzten Hard Boiled-Stil aufgebaut. Eigentlich ein sarkastischer Loser mit permanenten Geldproblemen, auf der anderen Seite aber auch irgendwie total sympathisch. Auch die Nebenfiguren sind gut gezeichnet, verblassen aber gegenüber dem Serienhelden etwas, auch wenn ich hinsichtlich der bisher zwei erschienenen Nachfolger recht sicher bin, dem einen oder anderen noch einmal über den Weg zu laufen. Nachvollziehbar und logisch in ihren Handlungsweisen sind sie zumindest alle, was bei einem Roman wie “Die Bestien von Belfast” ja auch letztlich schon die halbe Miete ist.

    Auch vom Stil her ist Sam Millar überraschend gut. Natürlich ist seine persönliche Vergangenheit ein ziemliches Zugpferd für den Buchverkauf, auf der anderen Seite sagt sie aber auch überhaupt nichts darüber aus, ob schriftstellerisches Talent in ihm steckt. Hier kann man ganz klar Entwarnung geben. Millar kann was. Seine Schreibe ist knapp und prägnant auf den Punkt, mit einer gehörigen Portion sarkastischem und zynischen Humor. Er scheut sich auch nicht, die Gewaltkeule zu schwingen, wenn es sein muss, driftet dabei aber nicht in die selbstzweckhafte Brutalität ab, der Roman wird von allen anderen Aspekten sehr viel mehr getragen als von den heftigen Passagen. Sehr gelungen auch die Übersetzung von Joachim Körber – aber das war ja fast schon zu erwarten.

    Fazit:

    Sam Millars “Die Bestien von Belfast” war genau mein Ding. Ein bis zum Schluss undurchsichtiger Krimi mit einem dubiosen Privatermittler in der Hauptrolle, der seine große Klappe nur mit äußerster Mühe in den Griff kriegt. Und auch nur, wenn es gar nicht mehr anders geht. Spannend von Anfang bis Ende und getragen von eine dreckigen, rotzigen Atmosphäre war der Roman ein sehr unterhaltsames Werk und hat zudem unter Beweis gestellt, dass der Autor nicht nur auf Grund seiner Vergangenheit einen Blick ins Buch verdient hat. Die beiden Nachfolger sind mittlerweile schon bei mir eingezogen.

    Teilen