Die alltägliche Physik des Unglücks: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Die alltägliche Physik des Unglücks: Roman' von Marisha Pessl
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Inhaltsangabe zu "Die alltägliche Physik des Unglücks: Roman"

Diskussionen zu "Die alltägliche Physik des Unglücks: Roman"

Format:Taschenbuch
Seiten:720
EAN:9783596170739

Rezensionen zu "Die alltägliche Physik des Unglücks: Roman"

  1. Ein beeindruckendes Debüt, das einen völlig in seinen Bann zieht

    Die am 26. Oktober 1977 in Clarkston, Michigan geborene Autorin schloss ihr Studium der englischen Literatur an der Columbia University mit Magna-Cum-Laude ab und begann, neben ihrer Arbeit als Beraterin bei PwC mit dem Schreiben. Das vorliegende Debüt ist nach „Die amerikanische Nacht“ und „Niemalswelt“ mein dritter Roman von ihr.

    Inhalt (Klappentext): Blue hat den Blues. Ihr Vater, der Universitätsprofessor, zieht schon wieder um. Nie länger als ein Semester bleiben Tochter und Vater an einem Ort. Bald kennt Blue jedes College. Zum Glück hat sie die Bücher – ihre engsten Vertrauten. Und so hungrig wie sie Geschichten auf Papier verschlingt, so lustvoll stürzt sie sich ins pralle Leben: Charmant und witzig besticht sie als wandelndes Lexikon und lässt zugleich keine Wodkaflasche an sich vorbeiziehen. Jeder weiß, Blue ist besonders. Man liegt ihr zu Füßen. Und dann passiert ein mysteriöser Mord und ihr Leben gerät aus den Fugen. Ein Aufsehen erregender und temporeicher Roman und ein spannend komischer Streifzug quer durch die Sätze von Shakespeare bis Cary Grant.

    Meine Meinung: Da für mich „Die amerikanische Nacht“ ein absolutes Highlight gewesen war, stand das Debüt der Autorin schon lange auf meiner To-Do-Liste und nun – im Zuge einer LB-Challenge – konnte ich mich diesem Buch widmen.

    Was als Erstes dem Leser förmlich ins Auge sticht, ist: der Roman wimmelt (neben diversen Buch-Zitaten) nur so von Metaphern, hier meine Lieblingsstelle:

    Angesichts dieser Verwandlung kam sich Dad vermutlich vor, wie Van Gogh sich fühlen würde, wenn er an einem heißen Nachmittag in einen Sarasota Gift Shoppe wandern würde und neben den Baseballmützen und den Fun-in-the-Sun-Muschelfiguren seine geliebten Sonnenblumen auf zweihundert Strandbadetüchern sehen würde, als Sonderangebot für nur 9,99 Dollar.
    Bei jedem anderen Roman hätte ich wohl die Bemerkung fallen gelassen, dass die übermäßige Anzahl der Metaphern (dieses Stilmittel verpufft leider bei überstrapazierter Anwendung) dem Werk sehr stark geschadet habe, aber in diesem speziellen Fall – weil die Sprache einfach mein Herz entzückte – habe ich sie dennoch überaus gerne gelesen und oft darüber geschmunzelt.

    Was die Spannungskurve angeht, muss man sagen, dass das Werk sachte beginnt und erst ab der zweiten Hälfte an Fahrt aufnimmt. Die erste Hälfte ist aber dennoch nicht langweilig, weil die Autorin mit ihrer Sprache punkten kann. Am Ende entwickelt sich das Buch sogar zu einem kleinen Krimi (LB „shame on you“ für die mal wieder falsche Zuordnung ins Genre „Liebe“ OMG!?)

    Inhaltlich gefiel mir der Roman ebenso gut, v.a. wegen seiner Vielseitigkeit: im Kern geht es um die Beziehung einer Jugendlichen zu ihrem Akademiker-Vater (die sehr authentisch gezeichnet ist), aber darüber hinaus erhält man auch Antworten auf große und kleine Lebensfragen wie z.B. „Wird der Mensch vom Schicksal oder vom freien Willen determiniert?“ oder „Was ist ein Zeus-Komplex?“ (bzw. warum setzen sich manche Menschen der lebensgefährlichen Gefahr des Bergsteigens aus? – diese Frage hatte ich mir schon immer gestellt, nun weiß ich Bescheid!) oder „Warum lieben Amerikaner Happy Ends und können absolut nichts mit offenen Schlüssen anfangen?“ (die Antwort kann durchaus auch als Trost für diesen Roman aufgefasst werden, denn es bleiben einige Fragen offen, auch etwas, was mich normalerweise stören würde – da sitze ich mit den Amerikanern im gleichen Boot – aber auch in diesem Punkt konnte ich ein Auge zudrücken, weil es einfach zur restlichen Geschichte passte).

    Schließlich sollte man noch erwähnen, dass es im Buch sogar Abbildungen (die Zeichnungen der Heldin) gibt, die man allerdings für das Verständnis des Plots nicht benötigt. Ich würde empfehlen, zum Papierbuch zu greifen: 1. gibt es das Hörbuch nur in gekürzter Fassung und 2. wegen all der Abbildungen und Zitate und 3. weil man die tolle Sprache beim Lesen viel intensiver wahrnimmt.

    Fazit: Ein Roman, der einen immer tiefer in seinen Bann zieht, bis man das Buch nicht mehr aus den Händen legen kann (Durchhalten lohnt sich also allemal!). Für mich ein absolutes Jahreshighlight, das dazu führte, dass nun die Autorin endgültig zu meinen Favoriten gezählt werden kann. Unbedingt lesen!!

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