Des Kummers Nacht: Von der Heydens erster Fall

Buchseite und Rezensionen zu 'Des Kummers Nacht: Von der Heydens erster Fall' von Ralph Knobelsdorf
3.65
3.7 von 5 (3 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Des Kummers Nacht: Von der Heydens erster Fall"

Format:Broschiert
Seiten:624
Verlag: Lbbe
EAN:9783785727300

Rezensionen zu "Des Kummers Nacht: Von der Heydens erster Fall"

  1. BerlinKrimi

    Es sind immer wieder die Bücher über meine Stadt Berlin, die mich magisch anziehen. Dieses Mal reise ich in das Jahr 1855. Wilhelm von der Heyden ist Zeuge eines Unfalles, der sich gegenüber seines Hauses in Berlin Mitte ereignete. Eine junge Frau ist aus einem Fenster geflogen und hat sich an einem gusseisernen Zaun aufgespießt. Doch sie ist nicht einfach aus dem Fenster gefallen. Es war eine Explosion, die dazu führte. Wilhelm und sein guter Freund Johann eilen hinüber und stellen nur noch den Tod fest. Was hat die Explosion ausgelöst? War es eine Gasexplosion oder vielleicht eine Bombe?
    Wilhelm von der Heyden möchte in den Polizeidienst. Immerhin hat er schon einige Zeit Kriminalistik studiert. Sein Vater sieht ihn im gehobenen Dienst viel Geld verdienen, hat er sich doch selber gerade über das Ohr hauen lassen und viel Geld verloren. So freut Wilhelm sich, dass der Kriminalsekretär Vorweg ihn in seinen Ermittlungen einbezieht, ihm sogar eine Polizeimarke übergibt. Eine richtige Kriminalpolizei gibt es 1855 in Berlin noch nicht. Sie ist noch im Aufbau. Es ist alles noch recht mühsam. Wilhelm hat ein besonderes Auge, ihm entgeht nichts. Vieles, das dem normalen Menschen nicht auffällt, sieht der junge Mann sofort. Wilhelm hat ein fotografisches Gedächtnis (auch wenn man zu dieser Zeit noch nicht von so einem Gedächtnis sprach)
    Die Ermittlungen ziehen sich in die Länge. Vorweg und Wilhelm suchen in den polizeilichen Archiven, die erst im Aufbau sind. Der arrogante Oberpolizist Stieber ist den beiden Männern auch nicht wohlgesonnen. Aber das hält die Beiden nicht davon ab, sich weiter der Lösung des Falles zu nähern.
    Ich liebe Kriminalistische Bücher aus den Zeiten, als man noch nicht so maßlos viele technische Möglichkeiten hatte, die Täter zu überführen. Gaslaternen, nicht vorhandene Telefone, Nachrichten per Billett… Doch dieses Buch hat mich nicht überzeugt. Der Autor hat sich in den Erklärungen der Archive und der damaligen Polizeiarbeit so sehr verstrickt, dass der Geschichte ein Spannungsbogen fehlt. Wilhelm und Vorweg sind sympathische Figuren, hebt den Roman aber dadurch nicht heraus. Mir persönlich kam es vor, als hätte ich einen Vortrag über die Ermittlungen dieser Zeit erhalten. Schade. Es hätte so viel mehr sein können.
    Zum Titel fehlt mir bisher auch jeglicher Bezug
    Der Autor Ralph Knobelsdorf, studierte Philosophie, Jura und Geschichte mit dem Schwerpunkt Deutschland im 19. Jahrhundert. Die Webseite, passend zu dem Buch, ist sehr gut. Da erst habe ich so manchen Zusammenhang in dem Buch besser begriffen. Mein Tipp: Buch und Webseite gleichzeitig genießen und dann klappt es...

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  1. Rezension zu Des Kummers Nacht

    Berlin, 1855
    Wilhelm von der Heyden, der kurz vor dem Abschluss seines Studiums ist, wird Zeuge wie in der gegenüberliegenden Wohnung eine Explosion das Fenster zerstört und eine Frau leblos über dem Zaun hängt. Sofort eilt er mit seinem Freund Johann direkt an den Unglücksort um der Dame zu helfen. Als die Polizei auftaucht, geraten er und sein Freund kurz selbst in Verdacht, bis der Chef der Kriminalpolizei auftaucht. Dieser kennt Wilhelms Beobachtungsgabe und möchte ihn unbedingt für die Ermittlungsbehörden rekrutieren. Bei den Ermittlungen ist Fingerspitzengefühl gefragt, denn schon bald führen die Hinweise in die höchsten Kreise…

    Des Kummers Nacht ist der erste Fall um den jungen Wilhelm von der Heyden aus der Feder von Ralph Knobelsdorf.

    Wilhelm von der Heyden ist ein junger Student aus gutem Hause, der Zeuge eines Bombenanschlags wird, bei dem eine Frau getötet wird. Er und sein Freund Johann werden direkt in die Ermittlungen hineingezogen, denn der Chef der Kriminalpolizei sucht dringend talentierte junge Männer für seine Einheit. Wilhelm ist ein sympathischer Charakter, dem man wirklich gerne durch die Geschichte folgt.

    Auch die meisten anderen Charaktere werden gut beschrieben, so dass man als Leser ein gutes Bild von Ihnen bekommt. Vor allem Kriminalinspektor Vorweg, der die Ermittlungen führt, ist ein interessanter Charakter, ein wirklich fähiger Mann, der neuen Ermittlungsmethoden aufgeschlossen ist, dabei aber immer ein wenig undurchsichtig bleibt, und man ihn als Leser sympathisch findet, denn er hat das Herz am richtigen Fleck, ihn aber da er sich oft bedeckt hält schwer zu fassen ist.

    Auch wenn es sich um einen historischen Krimi handelt, empfand ich es eher als historischen Roman mit Krimianteil, denn man bekommt einen wirklich guten Einblick in die obere Gesellschaft und des Lebens in Berlin um 1855. Auch wird die Polizei und ihre unterschiedlichen Tätigkeiten und Behörden ausführlich behandelt, und man merkt wie sehr doch alles noch in den Kinderschuhen steckt, aber sich langsam entwickelt und wie die unterschiedlichen Abteilungen oftmals so gar nicht miteinander kooperieren. Auch werden auch einige historische Persönlichkeiten miteingebaut, wie zum Otto von Bismarck, der hier noch am Anfang seiner Karriere steht.

    Der Fall selbst ist verzwickt und für Heyder und Vorweg nicht leicht zu lösen, denn lange sind die Zusammenhänge nicht klar. Die Auflösung empfand ich ein klein wenig unbefriedigend, der Fall wird gelöst, aber so einige Fragen und Verwicklungen bleiben offen was für Heyder ein Ansporn ist, dies nicht auf sich beruhen zu lassen und was den Leser natürlich neugierig macht auf einen weiteren Teil.

    Wer noch mehr über die verschiedenen Persönlichkeiten und die Zeit wissen möchte, kann wunderbar in dem doch recht ausführlichen Nachwort stöbern.

    Mein Fazit:

    Ein interessanter historischer Kriminalroman, der vor allem durch seine Charaktere und die gelungene Beschreibung des historischen Berlins von 1855 besticht.

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  1. Preußen-Krimi

    „Des Kummers Nacht“ schickt in den Leser zurück in die Mitte des 19. Jahrhunderts. In Berlin werden die beiden Studenten Wilhelm von der Heyden und Johann Schmidt Zeugen einer Explosion im Nachbarhaus. Als sie zu Hilfe eilen, finden sie eine Tote, die von der Wucht der Sprengladung aus dem Fenster geschleudert wurde. Wilhelm, der über einen fotografischen Blick verfügt, fallen einige Ungereimtheiten auf.

    Nachdem Wilhelm erst unter Verdacht gerät, dann später den leitenden Kriminalisten überzeugen kann, bietet der ihm eine Stelle bei der Polizei an. Die noch junge Kriminalpolizei soll personell und qualitativ aufgerüstet werden. Eine Arbeit, die Wilhelm reizt, aber von den Eltern als unter seinem Stand angesehen wird. Als Sohn eines Junkers kommt doch nur der höhere Staatsdienst in Frage.

    An diesem Krimi hat mich fast alles überzeugt. Die Schilderung des historischen Hintergrunds, der Blick auf Berlin in dieser Zeit und vor allem die Einblicke in preußisches Beamtentum und Politik. Deshalb habe ich das Buch mehr als geschichtlichen Roman und weniger als Krimi gelesen. Denn bei all diesen wissenswerten und interessanten Abhandlungen kam mir der Krimi Plot fast ein wenig zu kurz.

    Mir gefiel das Auftauchen der historischen Persönlichkeiten, sogar Bismarck, der noch am Anfang seiner Karriere steht, bekommt seinen Auftritt. Die Einordnung der realen Personen und Ereignisse werden durch das ausführliche Nachwort erleichtert. So habe ich aus diesem Kriminalroman viel gelernt.

    Die Figuren werden in ihrem geschichtlichen Kontext gezeichnet, die verschiedenen Stände waren noch sehr ausgeprägt und es ist schon ein Unterschied, ob man zum Adel, zu den Gutsbesitzern oder zum Bürgertum gezählt wird.

    Auch wenn ich „zu wenig“ Krimi anführte: der Plot war sehr stimmig entwickelt und jeder Entwicklungsschritt bis zur Auflösung sehr logisch.

    Dazu hat mich der Sprachstil des Autors überzeugt, der in den Dialogen den Ton der Zeit trifft und sich immer mal auch ein Augenzwinkern erlaubt.

    Der Untertitel „von der Heydens erster Fall“ lässt mich schon auf die Fortsetzung hoffen.

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