Der Zauberberg ruft! Die Boheme in Davos

Buchseite und Rezensionen zu 'Der Zauberberg ruft! Die Boheme in Davos' von Unda Hörner
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Inhaltsangabe zu "Der Zauberberg ruft! Die Boheme in Davos"

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Autor:
Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:144
EAN:9783869152578

Rezensionen zu "Der Zauberberg ruft! Die Boheme in Davos"

  1. Fieberkurve und Liegekur

    Autorin
    Unda Hörner (* 11. November 1961 in Kaiserslautern) ist eine deutsche Schriftstellerin. Sie lebt als freie Autorin, Herausgeberin, Journalistin und Übersetzerin in Berlin.

    Inhalt
    Der Luftkurort Davos steht im Mittelpunkt dieses schmalen Bändchens von 137 Seiten. Um die Wende des letzten Jahrhunderts gilt Davos als „Mekka“ wohlhabender, an Tuberkulose erkrankten Menschen. In Luxussanatorien, hoch auf dem Berg, fernab vom Tal der einfachen Leute, residiert in einer eigenen realitätsfernen Krankenwelt, eine geschlossene Gesellschaft aus ganz Europa. Davos lockt zu jener Zeit ebenso Schriftsteller und Künstler an. Es entsteht eine Mischung aus Dekadenz, Dramatik und oftmals die Sehnsucht nach dem Tod.
    Diese „mondän-morbide“ Welt beschreibt Thomas Mann in seinen Roman „Der Zauberberg“, der als Metapher für Davos steht.

    Sprache und Stil
    Unda Hörner beginnt mit Thomas Mann ihren Streifzug durch die damalige Literaturwelt. Anregend, unterhaltsam und informativ beschreibt sie in vier Kapiteln das Davoser Leben auf dem Berg, das 1874 mit dem Slogan: „Davos, das neue Mekka der Schwindsüchtigen“ wirbt.
    Im Jahre 1912 befindet sich Katja Mann im Davoser Waldsanatorium, um eine Lungenkrankheit auszuheilen. Die Eindrücke, die Thomas Mann aus seinen Besuchen aufnimmt, verarbeitet er in seinem weltbekannten Roman „Der Zauberberg“.

    Nach dieser Episode mit Thomas Mann folgen weitere, locker verbundene KünstlerInnen-Schicksale, die mit Davos verknüpft sind. Die komplizierte Liebesgeschichte mit Paul Éluard und Gala. Beide heiraten, später lernt Gala Salvador Dalí kennen und trennt sich von Éluard.

    Der Reigen setzt sich fort mit der tiefen, aber auch tragische Freundschaft zwischen dem deutschen Schriftsteller Klaus Mann und dem surrealistischen Dichter René Crevel.

    „Was Diplomaten auf politischer Ebene oder Redner am Pult der Davoser Hochschulkurse voranzubringen versuchten, nämlich die deutsch-französische Freundschaft zu kultivieren, auf dass es nie wieder zu einem Krieg zwischen den ›Erbfeinden‹ käme, sah Klaus Mann als Liebender in die Tat umgesetzt.“ (S. 82)

    Der Reigen schließt sich mit dem Dichter Klabund, alias Alfred Georg Hermann Henschke. Seine erste Reise nach Davos tritt der Dichter im Februar 1916 an, wo er in der Pension Stolzenfels am Davoser Höhenweg ein zweites Zuhause findet. Auch Klabund kann sich der Magie der Davoser Abgeschiedenheit nicht entziehen. Er schreibt seine Erzählung „Krankheit“. Sein Protagonist „Sylvester bewohnt in der Pension ‚Schönblick‘ am Wald, dicht vor dem Ausgang der Schatzalpbobbahn. Auch in dieser Erzählung wird wie im Zauberberg getanzt, gelacht, gesungen, gehustet und auf den Korridoren geküsst. Immer ist der Hauch des Todes zu spüren, ein Zauberberg „en miniature“.

    1923 heiratet er die Schauspielerin Carola Neher. Im Mai 1928 erkrankt er bei einem Italienaufenthalt an einer Lungenentzündung, die zusammen mit seiner nie ausgeheilten Tuberkulose lebensbedrohlich wird. Zur Behandlung bringt man ihn nach Davos, wo er kurz darauf am 14. August 1928 verstirbt. Carola Neher ist in der Sterbestunde bei ihrem Mann. Begraben wird er in Crossen; die Grabrede hält sein Freund Gottfried Benn.

    In einer gut verständlichen und flotten Sprache wird das Leben der Bohème in Davos geschildert. Unda Hörner hat gut recherchiert. Zwischen Krankenstation, Liegekuren und Röntgenlaboren vermittelt sie die Entstehung der Literatur der vier Schriftsteller wie bei einer Fieberkurve.

    In Davos entsteht eine besondere Kulturgeschichte, die nicht nur das Schreiben betrifft. Auch die Schicksale der Dichter sind eng mit Davos verbunden. Es ist eine Magie, die nicht nur Thomas Mann gefangen genommen hat. Thomas Mann, Paul Élurad, Renè Crevel und Klabund stehen nur stellvertretend für eine geschlossene Gesellschaft der damaligen Belle Époque.

    „Klabund ist tot“ (S. 131)

    Selbst über den Tod hinaus verliert Davos nicht die Anziehungskraft.

    Der schmale Band enthält historische Bilder, die den besonderen Flair Davos zusätzlich sichtbar machen. Ein Literaturverzeichnis runden das Buch ab.

    Fazit
    "Der Zauberberg ruft!" ist ein perfekter und kurzweiliger Einstieg in die Welt des Sanatoriumlebens in Davos. Weltberühmt ist „Der Zauberberg“ von Thomas Mann, der tiefer in die morbide Atmosphäre eintaucht. Aber auch bei Werken von Crevels und Klabund wird man fündig.

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