Der unschuldige Mörder

Buchseite und Rezensionen zu 'Der unschuldige Mörder' von Mattias Edvardsson
3.8
3.8 von 5 (5 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Der unschuldige Mörder"

Ein Mord ohne Leiche und ein fataler Schuldspruch – doch die wahre Geschichte wartet noch darauf, erzählt zu werden … Lund, Schweden: Vier Literaturstudenten treffen auf den gefeierten Autor Leo Stark. Schnell geraten sie in den Bann des manipulativen Schriftstellers, der sie gleichermaßen fasziniert wie abstößt. Doch eines Nachts verschwindet Stark spurlos. Und obwohl keine Leiche gefunden wird, spricht man den Studenten Adrian des Mordes schuldig. Jahre später beschließt dessen Freund Zack, ein Buch zu schreiben. Das Verbrechen von damals, für das Adrian acht Jahre ins Gefängnis musste, hat den Journalisten nie richtig losgelassen. Von Adrians Unschuld überzeugt, ist Zack fest entschlossen, die Wahrheit aufzudecken. Doch bei seinen Recherchen stößt er auf den Widerstand seiner ehemaligen Studienfreunde. Alle scheinen sie etwas vor Zack zu verbergen. Und dann taucht plötzlich Leo Starks Leiche auf …

Format:Broschiert
Seiten:464
Verlag: Limes Verlag
EAN:9783809026846

Rezensionen zu "Der unschuldige Mörder"

  1. Geschichten und ihre Erzähler

    Es ist keine gute Zeit für den knapp 30-Jährigen Zackarias, genannt Zack, Levin. Zuerst wird er von seiner Freundin verlassen, dann verliert noch seinen Job als Reporter bei einer Stockholmer Zeitung. Arbeitslos und ohne Verpflichtungen zieht er wieder zurück nach Südschweden ins Haus seiner Mutter. So beschließt er ein Buch zu schreiben über die ereignisreiche Vergangenheit seiner Studentenzeit, als sein Freund und Studienkollege Adrian wegen Mordes an dem Schriftsteller Leo Stark verurteilt wurde. Unschuldig, wie Zack behauptet, vor allem weil bis heute keine Leiche aufzufinden war,
    Mattias Edvardsson hat mich voriges Jahr mit dem Roman „Die Lüge“ beeindrucken können. Mit „Der unschuldige Mörder“ liegt nun sein Erstlingswerk vor. Es ist ein klassischer Spannungsroman, der sich auf zwei Zeitebenen abspielt. Einerseits erleben wir Zack und seine Studentenclique. Vier junge Literaturstudenten, alle auf dem Weg der Selbstfindung und Orientierung, beim Ausloten ihrer Talente und Neigungen, stehen einem übermächtigen Verführer, dem exzentrischen und manipulativen Schriftsteller Leo Stark gegenüber. Andererseits, auf der Gegenwartsebene, steht der Versuch, Zackarias, die Ereignisse von damals zusammenzusetzen. Alle auf die eine oder andere Weise gescheitert, ihre Ziele und Träume haben sich nicht immer verwirklicht.
    Mattias Edvardsson spielt mit den unterschiedlichen Handlungsbeben. Zacks Buch, der Roman im Roman, die Wirklichkeit, die Erinnerungen der Freunde, zeigen wie unterschiedlich Ereignisse wahrgenommen werden oder als wahr betrachtet werden können. Bis sich Stück für Stück ein ganz anderes Bild zusammensetzt. Das hat der Autor sehr gut drauf, noch nicht so perfekt, wie später in der „Lüge“, aber doch mit einem konstanten Spannungsbogen. Ich mochte Edvardssons gutes Gespür für seine Figuren. Vor allem die Person Leo Stark gelingt ihm richtig gut. Dieser Mann ist schlicht und einfach ein obsessiver, misogyner Zyniker mit toxischem Selbstbild, der ganz geschickt die Unerfahrenheit und den aufkeimenden Geltungswunsch der jungen Literaten zu seinen Zwecken ausnutzt. Hinter diesem seduktiven Charakter steht nichts weiter als der „Mythos vom Charisma“, wie es im Buch treffend formuliert wird.
    Vordergründig steht natürlich die Geschichte der vier jungen Menschen und die Bestrebungen Zacks, den Mordfall neu aufzurollen. Aber viel beeindruckender waren für mich die Betrachtungen des Autors zum Schreiben, für die er Leo zum Sprachrohr nimmt:
    "Der Schriftsteller lebt in jedem Text, und zugleich lebt der Text außerhalb seines Autors.....Belletristik soll nicht objektiv und sachlich sein, ganz im Gegenteil. Der Autor erlebt den Text, während er ihn schreibt."
    Zack schreibt ein Buch im Buch. Was Zack schreibt und was er denn nun tatsächlich erlebt hat? Folgt die Geschichte ihrem Erzähler oder umgekehrt? Lest das Buch, um das herauszufinden….

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  1. 4
    20. Jan 2020 

    Spannend erzählt

    Zack, der durch die neuen Medien seinen Job als Journalist bei einer Tageszeitung verloren hat, ist nun auf der Suche nach einer neuen Berufung. Zum Glück fallen ihm da die alten Studienfreunde vom Literaturstudium ein und diese ominöse Geschichte, die sie alle miteinander verbunden hat. Adrian wurde damals wegen Mordes an dem bekannten schwedischen Schriftsteller Leo Born verurteilt und saß viele Jahre im Gefängnis. Zack ist der Meinung, dass Adrian damals zu Unrecht verurteilt wurde, da die Leiche des Opfers ja nie gefunden wurde. Da liegt doch der Gedanke nahe, ein Buch über die damaligen Geschehnisse, unter Einbeziehung aller damals beteiligten Personen, zu schreiben und vielleicht kann man ja dabei sogar den Mordfall von damals aufklären.

    Merkwürdig, fast schon mysteriös wird es, als ausgerechnet zu Beginn der Recherchen und der Aufarbeitung der damaligen Geschehnisse die Leiche des damals vermissten Schriftstellers gefunden wird. Wie hängt das alles zusammen? Und warum können die Freunde von damals sich nicht so richtig erinnern? Seltsam ist auch, dass sich die Freunde von damals plötzlich gegenseitig beschuldigen Schuld am Tod von Leo Born zu sein. Was aber damals genau geschehen ist, sagt niemand. Natürlich ist auch die Polizei an der Aufarbeitung der Ereignisse interessiert und dann wird Zack verhaftet.

    Mir gefällt die Art wie dieses Buch geschrieben ist. Zwei Bücher in einem, oder vielmehr ein Buch im Anderen. Dadurch bewegen wir uns parallel in zwei Zeitebenen. Es macht Spaß auf diese Art die beiden Geschichten parallel zu lesen. Aus den Erinnerungen der damaligen Freunde entsteht ein Bild vom damaligen Geschehen. Es gab Momente, da war mir gerade Leo Born als Opfer extrem zuwider. Ich habe mich beim Lesen geschüttelt und gefragt, wie die jungen Leute sich damals so manipulieren ließen.

    Spannend erzählt hat mich dieses Buch gut unterhalten. Von mir gibt es eine Leseempfehlung und verdiente vier Lesesterne.

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  1. "Die Wahrheit muss ans Licht."

    Vom Limes-Verlag beworben wird Mattias Edvardsson 464-seitiger Spannungsroman „Der unschuldige Mörder“ als „der neue packende Roman“ dieses Schweden. In Deutschland erschienen ist er jedoch erst im Anschluss an den Überraschungserfolg von „Die Lüge“ – im November 2019, also knapp drei Jahre nach der schwedischen Originalausgabe.
    Die Zeitungskrise macht auch vor Schweden nicht halt. Und sie trifft den 32-jährigen Zackarias Levin wie aus dem Nichts. Fortan ohne Lohn und Brot, besinnt er sich auf seine Wurzeln. In den Neunzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts studierte er in Lund „Literarisches Schreiben“. Nun ist es an der Zeit, das Gelernte anzuwenden. Sein Projekt: Er möchte das Verschwinden des Erfolgsschriftstellers Leo Stark zum Thema machen. Dieser hegte damals eine enge Beziehung zu Zackarias‘ Freundeskreis, bis er eines Tages spurlos verschwand. Zwar wurde seine Leiche nie gefunden, doch wurde Zacks Kommilitone Adrian wegen Mordes zu einer achtjährigen Haftstrafe verurteilt. Kaum macht sich der ambitionierte Autor an die Recherchen, taucht auch schon Stacks Leiche auf.
    In diesem Werk steht ein Verbrechen im Zentrum, das aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet wird. So wird das Geschehen, was mir sehr gut gefallen hat, auf zwei Ebenen geschildert. Zum einen sind da die Ereignisse in der Gegenwart, hier im Jahr 2008. Zack recherchiert die Hintergründe des Verbrechens, nimmt zu seinen früheren Bekannten Kontakt auf, lässt sie ihre Sicht der Dinge erzählen und wird schließlich in die aktuellen polizeilichen Ermittlungen, die sich im Anschluss an das Auffinden von Stacks Leichnam ergeben, involviert. Die zweite Ebene bildet der Roman, den Zack im Anschluss an seine Arbeit veröffentlich hat. Einzelne Kapitel desselben wechseln sich beständig mit der Gegenwart ab und greifen Recherchiertes auf, sodass sich aus beidem schließlich ein Gesamtbild ergibt. Durch die regelmäßigen Perspektivwechsel und das häppchenweise Präsentieren von Erkenntnissen, jede/r in diesem Roman scheint etwas zu verbergen zu haben, baut der Autor einen Spannungsbogen auf, der den Roman mit wechselnder Intensität latent durchzieht. Außerdem werden Leserinnen und Leser auf eine bestimmte Fährte geführt, die sich am Ende allerdings als falsch erweist, was das Ende des Romans wie eine Bombe einschlagen lässt. Insofern fühlte ich mich beim Lesen gut unterhalten. Leider werden jedoch am Ende nicht alle offenen Fragen geklärt, und die endgültige Aufklärung kommt recht plötzlich.
    Gerade die Schilderungen aus der Studienzeit beinhalten viele Informationen über den Prozess des Schreibens an sich, was mir recht gut gefallen hat: Ist Schreiben eher erlernbares Handwerk oder etwas, was man nur bedingt lernen kann? Welchen Umfang sollte ein gutes Buch haben? Wie gehe ich mit Sprache um? Was passiert bei einer Schreibkrise? Außerdem gewähren sie einen lebendigen Eindruck in die Studienzeit. Allerdings nehmen hier sexuelle bzw. Liebesbeziehungen einen m.E. zu großen Raum ein, was das Lesen teilweise doch sehr langatmig werden lässt – erstrecht wenn man sich am Ende resümiert, wie viele dieser Informationen für den Fortgang der Handlung wirklich von Bedeutung sind.
    Die Zahl der Charaktere ist überschaubar, und sie werden auch durchaus lebendig dargestellt; jedoch lassen sie eine innere Entwicklung missen. Selbst mit Anfang Dreißig verhalten sie sich kaum anders als in ihren Studienjahren. Insbesondere Zacks Verhältnis zu seiner Mutter, bei der er wegen seiner Arbeitslosigkeit wieder wohnt, erscheint mir sehr unreif. Aber auch der Bestsellerautor Leo Stark ist so exzentrisch dargestellt, dass ich seine Figur für eher unrealistisch halte und mir beim Lesen das eine oder andere Mal die Lust verging, mehr über ihn zu erfahren.
    Edvardssons Sprache ist insgesamt flüssig zu lesen; der „Roman im Roman“ liest sich stellenweise etwas „affektierter“, literarischer, was dem geschuldet ist, dass Zack versucht, das im Studium Erlernte umzusetzen, und die beiden Handlungsebenen auch sprachlich voneinander absetzt.
    Mit großen Erwartungen bin ich an diesen Roman herangegangen, konnte mich „Die Lüge“ doch im Großen und Ganzen überzeugen. „Der unschuldige Mörder“ indes konnte diese leider nicht erfüllen: Edvardsson thematisiert zu viele Nebensächlichkeiten, führt nicht alle losen Fäden zusammen, und auch den Figuren konnte ich nicht viel abgewinnen: ein Roman, der unterhält und den man lesen kann, aber eben nicht lesen muss.

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  1. Subtile Spannung

    Als der Journalist Zackarias Levin im Jahr 2008 seinen Job bei der Zeitung verliert und sich dann auch noch seine Freundin von ihm trennt, versinkt er zunächst in Selbstmitleid und Alkohol. Er zieht zurück zu seiner Mutter, doch auch in der Provinz sieht es auf dem Arbeitsmarkt sehr schlecht aus. In der Heimat besinnt sich Zack auf seine Vergangenheit. Vor zwölf Jahren belegte er an der Universität Lund das Fach ,,Literarisches Schreiben". Zusammen mit seinen Kommilitonen erlebt er eine aufwühlende Zeit, die sowohl seine schriftstellerische als auch seine persönliche und emotionale Entwicklung nachhaltig beeinflussen sollte. Über die geheimnisvolle und sehr attraktive Dozentin Li Karpe lernen sie den berühmten, exzentrischen Literaturstar Leo Stark kennen. Doch dieser verschwindet plötzlich und Adrian, Zacks bester Freund und Mitstudent, wird des Mordes angeklagt. Dabei wurde die Leiche von Leo Stark niemals gefunden - und Adrian hat seine Unschuld immer beteuert.
    Zackarias versucht nun, die damaligen Ereignisse schreibend aufzuarbeiten. Nebenbei erhofft er sich, dass das Buch mit dem Titel ,,Der unschuldige Mörder" ihm literarischen Erfolg bescheren wird. Dazu beginnt er zu recherchieren und die Studienfreunde von damals aufzusuchen. Diese reagieren teils positiv, teils reserviert bis ablehnend auf sein Ansinnen. Und bald wird auch Zack klar, dass seine Erinnerungen sich nicht unbedingt mit denen seiner Kommilitonen decken. Jeder hat seine eigene Wahrheit. Auch der Leser wird immer unsicherer, was oder wem er denn nun glauben kann, da Zacks persönliche Erinnerungen sehr einseitig und subjektiv sind.
    Die Handlung wird abwechselnd auf zwei Zeitebenen, 2008 und 1996, erzählt, womit das Geschehen und die Motive der Beteiligten sich erst nach und nach erschließen. Das ist durchaus spannend, für Krimi- oder Thrillerfans aber wohl zu sehr in die Länge gezogen. Auch bleiben manche Fragen offen. Allerdings ist ,,Der unschuldige Mörder" trotz Titel und irreführendem Cover auch kein Krimi, sondern ein Roman. Sehr interessant fand ich die Reflexionen über das Schreiben, über die Wirkung von Literatur, aber auch die zunehmende Verunsicherung, wem man glauben oder trauen kann. Lässt man sich auf diese eher subtile Spannung ein, wird man mit einer interessanten Lektüre belohnt.

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  1. 4
    06. Jan 2020 

    Die Länge ist nicht entscheidend

    "'Dreihundertdreiundsiebzig Seiten. Die perfekte Länge für ein Buch.'"
    Diese und andere Weisheiten des Literaturbetriebs finden sich in Mattias Edvardsson Roman "Der unschuldige Mörder“.
    Mit 459 Seiten ist dieser Roman knapp an der Perfektion vorbei geschrappt. Aber da die Länge nicht immer entscheidend ist - wie unterschiedliche Lebenslagen beweisen - , bin ich mit diesem Roman dennoch in den Genuss einer richtig guten Lektüre gekommen.
    Der Titel dieses Romans lässt einen Kriminalroman vermuten, was jedoch nicht der Fall ist. Dieses Buch lässt sich der Belletristik zuordnen. Die Geschichte ist ein Roman über einen Roman. Eine Leiche gibt es schon. Nur, ob der Mörder zu Unrecht zur Rechenschaft gezogen wurde, wird sich noch herausstellen.

    Darum geht's:
    Protagonist Zack hat seinen Job als Journalist bei einer Stockholmer Boulevardzeitung verloren. Momentan weiß er nicht so recht, wie er zukünftig seine Brötchen verdienen soll. Auf jeden Fall hat er jetzt viel Zeit und entschließt sich, ein Buch zu schreiben. Da er in jungen Jahren einen Kurs an der Universität in Lund in Literarischem Schreiben belegt hat, hat er das Handwerkszeug, einen Bestseller zu produzieren. Ob er auch das Talent hat, sei dahingestellt. Zumindest hat er eine Geschichte, die es wert ist, ein Bestseller zu werden. Es ist eine Geschichte, die das Leben geschrieben hat. Die Vorlage liefern Ereignisse aus Zacks Studienzeit.
    In seinem Kurs an der Uni begegnete er Adrian, Fredrik und Betty. Die Vier verbrachten viel Zeit miteinander. Zu diesem Kleeblatt gesellte sich kurz darauf noch Li Karpe, die Dozentin des Kurses. Li war zu dieser Zeit in Schweden als Lyrikschriftstellerin erfolgreich. Der charismatischen und schönen Frau lag der schwedische Literaturbetrieb zu Füßen. Zu den Bewunderern gehörte auch Adrian, der sich fürchterlich in Li verguckt hat und seinem Objekt der Begierde in dem Uni-Kurs nah sein wollte.
    Li machte die vier Studenten mit dem Schriftsteller Leo Stark bekannt, für den sie Muse, Kindermädchen und Sexobjekt war. Keine Ahnung, warum eine Frau wie Li es mit diesem Menschen aushält. Leo Stark war menschlich gesehen ein Kotzbrocken, der sich und seine schriftstellerischen Fähigkeiten als Mittelpunkt des Universums ansah. Seine Skrupellosigkeit, Hang zur Gewalt sowie seine Unberechenbarkeit machten das Zusammensein mit ihm zu einem Ritt auf einem Pulverfass. Nicht nur für Li, sondern auch für alle anderen, die mit Stark zu tun hatten. Eines Tages verschwindet der Schriftsteller spurlos. Alles deutet darauf hin, dass Stark ermordet wurde. In einem Indizienprozess wird Lis Verehrer Adrian für schuldig befunden, für Leo Starks Verschwinden verantwortlich zu sein. Adrian wird zu 8 Jahren Haft verurteilt.
    Dies bildet also die Vorlage zu dem Roman, den Zack jetzt schreiben will. Denn er ist davon überzeugt, dass Adrian seinerzeit unschuldig verurteilt wurde. Damit er diesen Roman schreiben kann, benötigt er die Unterstützung von seinen drei Freunden aus der Studentenzeit: Adrian, der mittlerweile aus der Haft entlassen ist und zurückgezogen in der Abgeschiedenheit wohnt, um seine Wunden zu lecken und zu vergessen. Fredrik, der mittlerweile Verleger eines unabhängigen Verlages ist. Und Betty, die schwer depressiv und soziophob ist, so dass sie nur noch sehr wenige Menschen in ihr Leben lässt.
    Die Handlung zu „Der unschuldige Mörder“ von Mattias Edvardsson findet auf zwei Ebenen statt: Zum Einen wird der Schaffensprozess um Zacks Roman beschrieben. Zack zieht zu seiner Mutter nach Lund, sucht seine alten Studienkollegen auf und befragt diese zu den damaligen Geschehnissen. Sie sind mehr oder weniger von seiner Idee angetan, den Fall um das Verschwinden von Leo Stark nochmal aufzuarbeiten.
    Die zweite Handlungsebene bilden die Kapitel von Zacks Roman, ebenfalls mit dem Titel „Der unschuldige Mörder“. Die Handlung wechselt zwischen den beiden Ebenen hin und her. Da Zacks Roman auf den eigenen Erinnerungen bzw. denen seiner Studienkollegen basieren, ist es sehr schwierig, Fiktion und Realität auseinanderzuhalten. Zumal man häufig den Eindruck hat, dass sich die Protagonisten bei dem Wahrheitsgehalt ihrer Erinnerungen sehr viel Interpretationsspielraum lassen.
    Die Frage nach der Unschuld von Adrian bzw. nach dem möglichen Mörder von Leo Stark bleibt bis zum Ende offen. Zuviele falsche Spuren, die der Autor ausgelegt hat und den Leser somit auf falsche Fährten führt. Erst mit den letzten Seiten erfährt man, wer Leo Stark um die Ecke gebracht hat.
    Sprachlich ist dieser Roman unspektakulär und liest sich sehr geschmeidig. Hier liegt der Fokus eindeutig auf der Handlung.
    Da Mattias Edvardsson seine Geschichte im Schriftstellertum und schwedischem Literaturbetrieb ansiedelt, kommen gerade Leser, die ein Faible für diese bibliophile Welt haben, voll auf ihre Kosten. Kaum ein Thema aus diesem Bereich, das nicht angesprochen wird. Hier sind ein paar Beispiele:
    Literatur als Handwerk: Kann man Schreiben lernen?
    Kann heutzutage jeder einen Bestseller schreiben, wenn nur das Thema stimmt?
    Wieviel Biografie eines Autors steckt in seinem Roman?
    Muss man den Autor als Mensch mögen, um seine Bücher lesen zu können?
    Und natürlich die Frage nach der perfekten Seitenanzahl eines Buchs.

    Der Plot, einen Roman über einen Roman zu schreiben, hat für mich den großen Reiz an diesem Buch ausgemacht. Die Umsetzung dieses Plots hat Edvardsson hervorragend gemeistert. Allerdings gab es in diesem Roman nur einen sehr geringen Spannungsbogen, der auch durch kleine Andeutungen, die man großzügig als Cliffhanger bezeichnen könnte, nicht angehoben wurde. Dennoch habe ich dieses Buch sehr gern gelesen, was vermutlich an meiner Affinität zum Literaturbetrieb liegt.

    © Renie

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