Der Taucher

Buchseite und Rezensionen zu 'Der Taucher' von Mathijs Deen
4.65
4.7 von 5 (3 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Der Taucher"

In der deutschen Bucht stößt das niederländische Bergungsschiff »Freyja« auf der Suche nach einem Container überraschend auf ein seit 1950 verschollenes Wrack. Leider hat dies nicht nur Kupfer im Wert von einer Million Euro an Bord, an dem sich die Besatzung der »Freyja« gern diskret bereichert hätte, sondern auch eine Leiche: Ein toter Taucher ist mit Handschellen an das Wrack gekettet, knapp außer Reich-, doch nicht außer Sichtweite vor ihm die Schlüssel. Die Ermittlungen von Kommissar Liewe Cupido, gebürtiger Deutscher, aber auf Texel aufgewachsen und darum »der Holländer« genannt, führen von einem Tauchclub auf Terschelling über einen Wohnungseinbruch auf Föhr bis zu einem Familiendrama in Wilhelmshaven. Je näher Cupido dem Täter kommt, desto mehr wird er in einen Fall verwickelt, in dem Väter und Söhne versuchen, einander zu beschützen, bis zum Äußersten.

Autor:
Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:320
Verlag: mareverlag
EAN:9783866487017

Rezensionen zu "Der Taucher"

  1. Krimi mit Niveau

    Ein verschollenes Wrack aus den 50er-Jahren wird zufällig von einem niederländischen Bergungsschiff entdeckt. Die Ladung, Kupfer im Wert von einer Million Euro, würde die Mannschaft gern bergen. Wäre da nicht der tote Taucher, der in Handschellen am Wrack gekettet erstickt ist. Die Bundespolizei setzt Kommissar Liewe Cupido auf den Fall an, der durch seine niederländischen Wurzeln erste Ermittlungen in Terschelling bei einem Tauchclub durchführt. Spuren führen auch nach Föhr und Wilhelmshaven und decken nicht nur Hinweise zu diesem Fall auf.

    Mathijs Deen beweist im zweiten Fall des Ermittlers Liewe Cupido - der Holländer genannt -, dass der erste Band kein One-Crimi-Wonder gewesen ist. Gleich auf den ersten Seiten fühlt man sich an die Küste versetzt, blickt den Seeleute der "Freyja" über die Schulter und sieht einen Taucher, der mit Handschellen an ein Wrack tief auf dem Meeresgrund angekettet wurde. Die düstere See mit ihren Geheimnissen lässt einem einen Schauer über den Rücken laufen. Die Stimmung ist ruhig und die Spannung wird langsam, aber stetig aufgebaut. Vorkenntnisse aus dem ersten Teil sind nicht erforderlich. Einige Personen und Hund Vos finden ihren Weg auch in den zweiten Teil, werden aber ausreichend beschrieben.

    Passend zum Charakter des Ermittlers, der eine unglaubliche Ruhe ausstrahlt, werden besonders die kleinen Details hervorgehoben. Hier ermittelt kein Held und kein Selbstdarsteller, sondern Liewe Cupido, der am liebsten allein, eigenwillig und in seinem Tempo die Dinge angeht. Ich mag diese Figur sehr gern, weil es zeigt, dass man sich nicht verbiegen muss und bei sich bleiben kann, um ans Ziel zu kommen. Seine sehr ruhige, nicht gerade kommunikative Art wirkt auf viele beunruhigend und ungewöhnlich. Darin liegt seine Stärke: Er kann warten.

    Jeder Protagonist wirkt realistisch, glaubwürdig und passend zur Szene. Der Hafenmeister, der sich mehr für die Boote als für die Menschen interessiert. Der Insel-Polizist Snausbjard, der liebevoll und ein wenig schusselig seinen Inseljob versieht. Die Wracktaucher, die ihre Geheimnisse für sich behalten möchten und Jugendliche, die zwischen Schuld und Trotz schwanken.

    Interessant sind die Beschreibungen zum Thema Wracktauchen und den Schätzen, die heute noch das Meer verbirgt. Anhand der detaillierten und übersichtlichen Karte im Buchumschlag kann man Cupido bei seinen Ermittlungsfahrten begleiten. Ob mit dem Hubschrauber, dem Marineboot oder der Fähre, der Ermittler muss einige Kilometer zurücklegen, um erste Hinweise zu finden.

    Das Motiv für den Mord ist nicht leicht zu finden und erst nach und nach stellt sich ein Familiendrama in Wilhelmshaven als Puzzleteil heraus. Die Rückblenden, die zu Cupidos Familie führen, sind sehr fein und nebenbei erzählt. Sie zeigen aber, warum Cupido ein Einzelgänger mit schlechtem Schlaf und einer tragischen Vergangenheit ist. Ein wenig Melancholie legt sich über die Seiten, wenn Liewe etwas von sich preisgibt.

    "Und als der Schlaf ihn endlich überwältigt, kommt er nicht als Erlösung, sondern als Schatten, der am Fußende heraufwölkt, sich wie ein Schleier über das Bett ausbreitet und ihm die Luft nimmt."

    Am Ende wird es dann doch einmal brenzlig für den Ermittler, der all seine Ruhe über Bord wirft und die Tat im Alleingang klären will. Wenn es hektisch wird, gewinnt sein Bauchgefühl.

    Ich hoffe sehr, dass Liewe Cupido weiter ermitteln darf und es weitere Ermittlungen zwischen deutsch und niederländischer Küste geben wird. Für alle Krimiliebhaber, die das Meer, die Landschaften und die Menschen dort mögen.

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  1. 4
    29. Apr 2023 

    Novemberrau

    Kupfer für eine Millionen Euro, das klingt doch verlockend. Zwei niederländische Bergetaucher wollen den Schatz, der auf einem lange versunkenen Frachtschiff lagern soll, heben. Sie finden allerdings eine Leiche, die an dem Wrack festgekettet ist. Der BKA-Mitarbeiter Liewe Cupido, wird zu dem Fundort geschickt, um sich die Situation anzuschauen. Cupido, dessen Vater selbst Fischer war, hat Erfahrungen mit dem Tauchen und er stellt schnell fest, dass es sich bei dem Toten nicht um ein Unfallopfer handelt. Jan Matz, geschieden, zwei Söhne, war ein passionierter Taucher, der immer wieder Fundstücke von versunkenen Schiffen geborgen hat. Doch wem ist er nun zu nahe getreten?

    Beim zweiten Auftritt von Liewe Cupido stellt man mit Freude fest, dass die Hündin Vos noch an seiner Seite ist. Das Ermitteln wird ihm dadurch nicht leichter, denn zum Beispiel bei einem Tauchgang kann sie wirklich nur bis aufs Schiff mitkommen. Der verstorbene Taucher stellt Cupido und seine Kollegen und Kolleginnen erstmal vor ein Rätsel. Seine geschiedene Frau will eigentlich nichts mehr von ihm wissen, sein älterer Sohn scheint auf die schiefe Bahn geraten zu sein und der Jüngere ist noch zu jung. Eine Familie, die nicht gut funktioniert, aber ein Mordmotiv erschließt sich nicht.

    Wie schon im ersten Teil dieser Reihe, von der man gerne noch mehr lesen möchte, versteht es der Autor die Stimmung auf See perfekt wiederzugeben. Man spürt die schwanken Schiffsbohlen, die silbrig trübe Weite, die feuchte Kälte, die verschwiegenen Menschen, die mit wenigen Worten eine Menge ausdrücken können. Das Leid in Familien, die jemanden verloren haben. Auch Liewe gehört zu ihnen. Nein, er ist kein Vater, aber er ist ein Sohn, der einen Vater vermisst. Und wieder trifft Cupido auf fähige Kolleginnen und Kollegen, die die Ermittlungen voranbringen. Die Hündin Vos sorgt für etwas Leichtigkeit und viel Sympathie für Liewe, der sich des Tieres angenommen hat. Obwohl, eigentlich hat Vos ihn adoptiert. Der Fall entwickelt Fallstricke, mit denen nicht zu rechnen war. Dieser stimmungsvolle Kriminalroman fesselt bis zum Schluss und erscheint zu Recht auf der Krimi-Bestenliste April 2023.

    4,5 Sterne

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  1. 5
    17. Mär 2023 

    Ein Autor in seinem Element

    In seinem zweiten Roman aus der Krimi-Serie um den deutsch-holländischen Ermittler Liewe Cupido ist der niederländische Autor Mathijs Deen wieder ganz in seinem Element.
    Die Handlung spielt am bzw. im Wasser - Nordseewasser, um genau zu sein. Denn der Mord um den es in „Der Taucher“ geht und bei dessen Aufklärung Liewe Cupido die Behörden vor Ort unterstützen soll, hat in der Nordsee vor Amrum stattgefunden. Ein Taucher ist in der Meerestiefe bei den Arbeiten an einem alten Wrack auf grausame Weise umgebracht worden. Die Ermittlungen zu diesem Fall finden nun an Land, zu Wasser, im Wasser und in der Luft statt.
    Die Suche nach dem Mörder führt den deutsch-holländischen Ermittler durch das Küstengebiet von Dänemark, entlang der deutschen Nordseeküste mit ihren Inseln, bis hin in zu den westfriesischen Inseln der Niederlande. Übrigens zeigt eine eingedruckte Landkarte im Buchumschlag dieses Gebiet mit allen relevanten Schauplätzen dieses Romans.
    Cupidos Untersuchungen führen ihn in die Kreise der sogenannten Wracktaucher, die hobbymäßig oder aufgrund finanzieller Interessen in der Nordsee nach Wracks tauchen. Mit viel Glück waren diese Wracks bisher unentdeckt. Und man wundert sich, wie viele es davon gibt bzw. geben könnte. Durch diesen Roman erfahren wir, dass es bspw. Seekarten gibt, auf denen bereits entdeckte Wracks verzeichnet sind. Die unentdeckten liegen irgendwo dazwischen – so munkelt man. Die Wracktaucher gehen bei ihren Tauchgängen auf die Suche nach Schätzen jeglicher Art, bergen, was sich bergen lässt, bewahren diese Fundstücke als Souvenirs auf oder machen sie zu Geld. Der Tote war einer dieser Wracktaucher.
    Genau wie in Mathijs Deens erstem Roman über Liewe Cupido, erleben wir den Ermittler als schweigsamen, in sich gekehrten Zeitgenossen, der sich lieber von Menschen fernhält. Doch dieser Roman ist persönlicher als das vorangegangene Buch, denn Mathijs Deen gewährt dem Leser einen Blick in die Kindheit von Liewe Cupido sowie dessen Nähe zu seinem Vater. Dieser fuhr zur See und besaß ein eigenes Schiff. Als Liewe noch ein Kind war, kam sein Vater während eines Sturms ums Leben. Der vorliegende Fall um den Wracktaucher weckt Erinnerungen an damals und wirft plötzlich - Jahre später - Fragen zum Hergang des damaligen Unglücks auf. Cupido zeigt dadurch eine verletzliche Seite und damit Gefühle, die man bisher nicht von ihm gewohnt war. Und man glaubt es kaum, aber Cupido lässt sich auf "Zwischenmenscheleien" ein, wenn auch widerstrebend.
    Fazit
    Wieder einmal hat es Mathijs Deen geschafft, die Nordseeküste in den Mittelpunkt eines Romans zu stellen - natürlich neben seinem wortkargen Ermittler Liewe Cupido.
    Allein die Faszination, die diese Gegend in dem Roman „Der Taucher“ ausübt, wäre Grund genug, diesen Roman zu lesen. Mathijs Deen erzählt eben nicht von der Idylle eines beliebten Urlaubsziels, sondern stellt dem Leser eine Nordsee vor, die aufregend und fast schon exotisch ist. Den Gegenpol dazu stellt dabei sein unauffälliger und zurückhaltender Protagonist Liewe Cupido dar. Diese Kombination ist bemerkenswert, genauso bemerkenswert, wie das Thema „Wracktauchen“, das den Rahmen für diesen Kriminalfall bildet. Mathijs Deen verblüfft dabei mit Fakten. Das hat er in seinem ersten Roman „Der Holländer“ bereits getan, in dem es um Extrem-Wattwanderer ging. Mit dem Sujet „Wracktauchen“ hat der Leser wieder das Vergnügen, eine eigenwillige und hochinteressante Freizeitbeschäftigung kennenzulernen. Und man fragt sich, was die Nordsee diesbezüglich noch zu bieten hat. Ich bin gespannt, womit uns Mathijs Deen als nächstes überraschen wird.
    © Renie

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