Der Sturm: Thriller

Buchseite und Rezensionen zu 'Der Sturm: Thriller' von Jane Harper
3.75
3.8 von 5 (4 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Der Sturm: Thriller"

Ein Sturm hat Kiernans Lebens vor zwölf Jahren von einem Tag auf den anderen verändert: Ein Mädchen verschwand spurlos in der See, sein Bruder kam durch seine Schuld ums Leben. Als er nun in seinen Heimatort auf die australische Insel Tasmanien zurückkehrt, spürt er die Schuld noch immer. Nun aber hat er mit seiner Freundin Mia ein Kind und glaubt, die Vergangenheit hinter sich lassen zu können. Kurz nach seiner Rückkehr jedoch wird am Strand eine tote Frau gefunden – und plötzlich brechen alte Wunden wieder auf. Bald wird Kiernan klar, dass dieser Mord mit ihm zu tun hat – und mit all dem, was während des Sturms vor zwölf Jahren geschah und niemals wirklich ans Tageslicht kam.

Autor:
Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:396
EAN:9783352009686

Rezensionen zu "Der Sturm: Thriller"

  1. Die Überlebenden des Sturms

    Handlung

    Vor zwölf Jahren traf der junge Kiernan eine leichtsinnige Entscheidung, die dazu führte, dass zwei Menschen ums Leben kamen – einer davon war sein Bruder Finn. Auch ein Mädchen verschwand in jener Nacht, die die Menschen von Evelyn Bay niemals vergessen würden, spurlos und ward nie wieder gesehen.

    Nun kehrt Kiernan mit seiner Freundin Mia und der gemeinsamem kleinen Tochter Audrey zurück nach Evelyn Bay, um seine Eltern zu unterstützen und mit der Vergangenheit abzuschließen. Doch als eine Frau tot am Strand gefunden wird, steht er schnell wieder im Fokus der Aufmerksamkeit und muss erkennen, dass diese Vergangenheit lange Schatten wirft.

    Grundlegende Themen

    Jane Harpers Thriller sind subtile, leise Dramen, die sich langsam entwickeln, und meines Erachtens doch nie langweilig werden. Was wirklich geschehen ist, das wird in Rahmenhandlungen mit psychologischen Tiefgang verpackt – und ist im Grunde zweitrangig. Wichtig ist, was die Geschehnisse mit und aus den beteiligten Menschen machen, und da brilliert Harper mit leichter Hand und doch emotionaler Wucht.

    All das spielt sich an Schauplätzen ab, die mehr sind als nur pittoresker Hintergrund, die fast schon zu treibenden Kräften werden. In »Der Sturm« ist es die tosende Küste Tasmaniens, die Opfer fordert wie ein launischer Gott; die Flut ist eine unaufhaltsame, archaische Macht. Die Szenen, in denen Charaktere in jähem Schrecken erkennen müssen, dass sie sich in einem tödlichen Wettlauf mit der Flut befinden, lesen sich beklemmend, klaustrophobisch, legen sich wie ein Schraubstock um die Leser:innenbrust.

    Spannungsbogen

    Viel der Spannung in »Der Sturm« speist sich aus einem nie verheiltem Trauma; die tote Frau am Strand erweckt schlafende Dämonen zum Leben.

    Alte Wut, alter Hass, alte Schuldzuweisungen kochen hoch und verlangen danach, dass endlich alles ans Licht gezerrt wird, was damals Kiernan zur Last gelegt und nie näher hinterfragt wurde, auch nicht von ihm. All die Jahre hat sich die Schuld tiefer und tiefer in ihn hineingefressen, und nun muss er erkennen, dass es mehr als eine Wahrheit gibt – und dass Menschen in seinem Leben das wussten, aber schwiegen.

    Die Frage, wer die Frau am Strand getötet hat, trat für mich in den Hintergrund. Wie so oft in Jane Harpers Büchern, interessierten mich vor allem die menschlichen Abgründe, die psychologischen Verstrickungen und das Kaleidoskop der Wirklichkeiten. Hier ist nichts eindeutig, aber das Streben nach Eindeutigkeit treibt die Geschichte voran. Nein, die Spannung brennt nicht, sie schwelt – und doch konnte ich mich ihr nicht entziehen. Like a Slow Burn, leading us on and on and on…

    Charaktere

    Harper zeichnet ein Geflecht von zwischenmenschlichen Beziehungen, das zunehmend zum Fangnetz wird.Sie beschreibt die Charaktere ungemein authentisch und vielschichtig, mit all ihren Schwächen und Konflikten, ihrer gärenden Wut und ihrer geradezu shakespearschen Tragik. Da war kein einziger dabei, bei dem ich je anzweifelte, dass es einen Menschen wie diesen auch in der Realität geben könnte.

    Schreibstil

    Wie immer beeindruckte mich Jane Harper mit großartigen Landschaftsbildern und dichter, düsterer Atmosphäre. Alles ist geschickt getimt: In Dialogen, Rückblenden, Beschreibungen finden sich fein dosierte Hinweise; nach und nach setzt sich ein Bild der Hintergründe und verborgenen Wahrheiten zusammen. Und Schuld ist hier letztlich ein so kompliziertes wie leidvolles Geflecht, einfache Antworten sucht man vergeblich.

    Jane Harper ist keine Autorin für ungeduldige Leser:innen, ihr Stil ist einer der sorgfältigen Erkundung und Enthüllung. Doch die Geduld lohnt sich meines Empfindens.

    Fazit

    Wie bei Jane Harper üblich, ist auch »Der Sturm« eine subtile erzählte Geschichte des Unausgesprochenen und Angedeuteten. Wichtiger als die Aufklärung des Falls sind die menschlichen Dramen, die sich mal unterschwellig, mal ganz offensichtlich abspielen. Dementsprechend versteckt sich die Spannung zwischen den Zeilen und erfordert geduldiges, sorgfältiges Lesen.

    Das kann man mögen oder auch nicht – ich liebe es.

    Teilen
  1. Eher ein Stürmchen...

    Cover, Titel und Klappentext haben mich sehr angesprochen, weil sie einen spannenden Krimi in Verbindung mit Meer suggeriert haben. Das Meer spielt tatsächlich eine Hauptrolle in dem Roman, und der Autorin gelingt auch eine atmosphärisch dichte Beschreibung von Unwettern und Gefahren. Ebenso gut fängt sie die leicht miefige Atmosphäre einer Kleinstadt ein, in der jeder jeden kennt und neue Gesichter erst einmal skeptisch betrachtet werden. Auch die Konstruktion der Handlung hat mir gut gefallen: dass nämlich ein Mord verknüpft mit länger zurückliegenden Ereignissen, in die mehrere Personen schuldhaft verwickelt sind.

    Die Handlung fließt aber allzu ruhig dahin, ein Spannungsbogen setzt erst gegen Schluss ein. Die Fülle der Personen und vor allem ihre verwandtschaftlichen und biografischen Bezüge zueinander verwirren am Anfang. Dazu kommt, dass zu viele Details vorgeführt und langatmig beschrieben werden, auch wenn sie keinerlei Einfluss auf die Handlung haben. Manches ist unglaubwürdig, z. B. „obwohl er nie hier gewesen war, wusste Kieran, das alles ein wenig verstellt war. Die Kissen auf dem Sofa schienen nicht in ihrer üblichen Reihenfolge zu stehen „ (S. 172). Wie kann ich das feststellen, wenn ich noch nie in dem Zimmer war? Manche Handlungselemente erweisen sich als blindes Motiv, z. B. die Tatsache, dass der Bruder des Protagonisten für die Schwangerschaft eines Mädchens verantwortlich war. Das Ende, die Entdeckung des Mörders, kommt wie ein plötzlicher Show down und recht unmotiviert, auch wenn es, zugegeben, natürlich sehr praktisch ist, wenn sich der Mörder am Ende selber offenbart und seine Taten erläutert. Ohne dass ein Bezug zu den laufenden polizeilichen Ermittlungen zu erkennen gewesen ist.

    Sprachliche Ungenauigkeiten wirken störend. Das Kreischen von Möwen wird kommentiert mit „So etwas habe ich noch nie gesehen“ (S. 246), oder auch Holprigkeiten wie „Er ging ... langsam..., doch seine Muskeln übernahmen sofort das Kommando“ (S. 142). Manche Wendungen sind einfach deplatziert; vielleicht Übersetzungsfehler?

    Ein spannender Plot, dessen Möglichkeiten kaum genutzt werden.

    Teilen
  1. Und - der Kreis schließt sich ?!

    Und, der Kreis schließt sich?!

    "Der Sturm" - der neue Roman von Jane Harper.
    Die Autorin wurde 1980 in Manchester geboren und lebt seit geraumer Zeit in Melbourne/ Australien.
    Die ausgebildete Journalistin arbeitete in ihrem Beruf bevor sie, mit der Entwicklung von Romanen begann.
    Für ihren Debutroman: "HItze" hat sie unteranderem den "Gold Dagger" Preis gewonnen.

    Zum Inhalt:
    Nach einem schrecklichem Unglück in seiner Vergangenheit, hat sich Kieran nach 12 Jahren, entschlossen in seine Heimat ,Tasmanien zurückzukehren.
    Sein Bruder war damals durch seine Schuld ums Leben gekommen, - ein Mädchen war verschwunden.
    Noch heute wiegt die Last schwer auf Kieran.
    Kurz nachdem er wieder im Ort ist, wird eine weibliche Leiche gefunden.
    Die Ermittlungen brechen alte Wunden auf und vermitteln ihm die Sicherheit, dass die Tat mit ihm zusammenhängen muss.
    Covergestaltung:
    Die schäumende Gisch am Strand fällt mir sofort ins Auge.
    Das Coverbild passt sehr gut zu der Umgebung und dem Geschehen dieses Thrillers.

    Mein persönlicher Eindruck:
    Ich hatte wirklich hohe Erwartungen an diesen Thriller, welcher in Insider-Kreisen schon sehr gelobt wurde.

    Erzählstil, Logik, Spannung, Finale

    Der wirklich gute, flüssiglesbare Erzählstil beeindruckt mich.
    Die Autorin berichtet von den Geschehen in 2 Zeitlinien, die sorgsam und gut verständlich präsentiert werden.
    Den emotionalen & gedanklichen Herausforderungen unseres Hauptprotagonisten, widmet sie viel Sorgfalt.
    Die deutsche Übersetzung ist gut gelungen & nur wenige Ausdrücke oder Redewendungen erscheinen etwas "holprig".
    Da der Roman dem "Thriller-Genre" zugeordnet beworben wurde, habe ich auch dem Einsatz von Spannungsbögen oder Cliffhangern besondere Aufmerksamkeit, zuteil werden lassen:
    In der Geschichte sind gewöhnliche Spannungsbögen nicht eingestreut worden.
    Die empfundene, psychische Anspannung des Hauptprotagonisten - das sind die Emotionen, welche auf den Leser "überspringen". Cliffhanger in dem eigentlichen Sinne, wurden nicht verwand.

    Zusammenfassung:
    Ein sehr detailliert erzählter Roman, welcher in seiner schriftstellerischen "Machart" mich an große Autoren*innen wie z.Bsp. Charlotte Link, erinnern.
    Die erwartete allgemeine Spannung und Nervenkitzel hat sich bei mir leider nicht eingestellt.
    Fazit: Ein sorgfältig aufgebauter Roman, der sich mit den Fragen von Schuld, Sühne, Kreislauf des Schicksals und dem Lauf des Lebens befasst.
    Lesefans von Charlotte Link oder Tana French werden an diesem psychologisch tiefen Roman, Gefallen finden.
    Hier wird das Leseerlebnis durch ausreichend Raum für eigene Überlegungen, aufgewertet.
    Ich vergebe 3,5* Lesesterne weil der Roman meinen Ansprüchen an einen Thriller nicht gerecht werden konnte.

    Deutsche Übersetzung: Matthias Frings
    ISDN: 978-3-352-00968-6
    Veröffentlichung: 20.09.2022
    Verlag: Rütten und Loenig
    Seitenzahl: 369
    Formate: elektr. & Hardcover mit Schutzumschlag

    Vielen Dank für das elektronische Leseexem

    Teilen
  1. Leben mit Schuldgefühlen

    Kiernan Elliott kommt mit seiner Freundin Mia und der kleinen Tochter Audrey zurück in seinen Heimatort Evelyn Bay auf Tasmanien, um seiner Mutter beim Umzug zu helfen, denn sein Vater ist an Demenz erkrankt. Wirklich wohl fühlt sich Kiernan nicht, denn zwölf Jahre zuvor starb sein Bruder Finn und Kiernan ist voller Trauer und Schuldgefühle. Wenig später wird am Strand die junge Kunststudentin Bronte Laidler tot aufgefunden, die für einige Monate in den Ort kam und im Surf and Turf kellnerte. Alte Wunden brechen auf, dabei will niemand in dem kleinen Ort, dass die Geschehnisse von damals nochmals aufgerührt werden. Doch der aktuelle Fall muss aufgeklärt werden und Detective Inspector Sue Pendlebury aus Hobart sowie Sergeant Chris Renn stellen eine Menge Fragen.
    Ich mag die Bücher von Jane Harper und auch dieser Roman hat mich wirklich gepackt, aber als Thriller würde ich dieses Buch nicht unbedingt bezeichnen, denn es geht doch eher ruhig zu. Die Atmosphäre in dem kleinen Ort Evelyn Bay ist sehr gut eingefangen. Im Sommer gibt es zwar eine Menge Touristen dort, doch nun sind die Einheimischen unter sich.
    Die Charaktere sind wunderbar und authentisch gezeichnet. Im dem kleinen Ort kennt jeder jeden und ist über alles informiert. Die Bewohner stehen zusammen und können sich nicht vorstellen, dass einer von ihnen etwas Böses getan hat. Dass bei dem Sturm vor zwölf Jahren ein Mädchen verschwand und Kiernans Bruder und sein Freund zu Tode kamen, war zwar schmerzhaft und ist es immer noch, doch man hat zusammengestanden und nicht weiter nachgefragt, warum das passiert ist. Fast jeder scheint aber auch etwas zu verbergen oder seine wahren Gefühle unter Verschluss zu halten. Doch wie lange kann das gutgehen?
    Es ist ein intensiver und dramatischer Roman, der mich von Anfang an gefesselt hat. Ich wollte wissen, was vor zwölf Jahren passiert ist und warum eine junge Frau, die mit dem Geschehen von damals nichts zu tun hat, sterben musste. Ein empfehlenswerter Spannungsroman.

    Teilen