Der späte Ruhm der Mrs. Quinn
Das Buch war eine Empfehlung meiner Lieblingsbuchhändlerin, als ich auf der Suche nach einer schön erzählten Geschichte für die grauen Januartage war. Und es war ein absoluter Volltreffer! Ich habe dieses Buch so gerne gelesen. Es ist warmherzig, liebevoll und vor allem charmant geschrieben. Wie eine schöne, warme kuschelige Decke in Buchform.
Jenny und Bernie habe ich sofort ins Herz geschlossen. Zwei Protagonisten, die man einfach gern haben muss und von denen man sich ein bisschen wünscht, sie wären die eigenen Großeltern. Mit hat die Idee, dass Jenny sich mit ihren 77 Jahren zu einer TV-Backshow anmeldet sofort gefallen. Ich schaue solche Sendungen selbst sehr gerne und wie vor dem heimischen TV habe ich auf Jennys Weg durch die Sendung mit gefiebert.
Mit hat vor allem sehr gefallen, mit welchem Verständnis und Fingerspitzengefühl die Autorin Jennys Leben erzählt. Nicht nur die guten und heiteren Momente, sondern auch die dunklen und verzweifelten Zeiten. Es fiel mir sehr leicht mich in ihre Gefühlswelt hineinzuversetzen. Und so habe ich durchaus das ein oder andere Tränchen verdrückt, mich sehr für sie freuen können und habe im Geiste all die gebackenen Leckereien verputzt.
Ein für mich richtig gut gelungenes Buch und ein erstes Highlight in diesem Jahr.
Jenny Quinn ist bereits 77 Jahre alt und lebt gemeinsam mit ihrem Mann Bernard in einem Häuschen, nicht weit von London entfernt.
Gemeinsam genießen sie ihren Lebensabend und kümmern sich liebevoll um ihre Nichte sowie deren Familie. Eigene Kinder waren dem Ehepaar leider nicht vergönnt gewesen.
Dennoch könnte die ältere Dame mit ihrem Leben eigentlich ganz zufrieden sein. Wäre da nur nicht die nagende Unzufriedenheit nichts Bedeutendes im Leben erreicht zu haben. Wenn sie einmal stirbt, möchte Jenny allerdings der Welt etwas Bleibendes hinterlassen können. Etwas, das nur von ihr ist. Schließlich hat sie eine Chance dafür im Leben bereits verwirkt…
Aber vielleicht könnte ja Jennys größtes Talent, das Backen, dazu beitragen noch etwas „Großes“ zu bewirken. Die berühmte Fernsehshow „Das Backduell- Backen auf der Insel“ sucht nämlich für seine neue Staffel noch Kandidaten. Sollte also Jenny all ihren Mut zusammen nehmen und sich für die Sendung bewerben?
Doch wie so oft im Leben, kommt alles anders als geplant und als dann auch noch Bernard schwer erkrankt, weiß Jenny wo ihr Platz im Leben zu sein hat, oder?
Die Autorin Olivia Ford war lange Zeit im Unterhaltungsfernsehen tätig, bevor sie sich dem Schreiben von Büchern widmete. In ihrem Debütroman sieht man genau diese Erfahrungen in der Medienbranche „durchblitzen“. Dadurch wirken die jeweiligen Szenen natürlich noch anschaulicher und überzeugender. Olivia Ford lässt durch die Beschreibung dieser Abschnitte eine ganz eigene Atmosphäre entstehen. So fiebert man wie ein Zuschauer vor dem Fernsehen mit, wenn es darum geht wer den goldenen „Kochlöffel“ als nächstes gewinnen wird.
Zu der Backatmosphäre im Buch passen auch die Überschriften der einzelnen Kapitel. Diese sind nach Backwerken, wie z.B. Quiche Lorraine, Gestürzter Ananaskuchen oder Treacle Tart benannt.
Die Geschichte wird aus Jennys Perspektive heraus erzählt. Dabei vermischt sich die Gegenwart mit, vergangenen Erlebnissen, deren Auswirkungen bis in das aktuelle Geschehen hineinreichen.
Die einzelnen Stränge verbinden sich zum Ende hin somit, zu einem großen Ganzen. Das ist Frau Ford wirklich gut gelungen.
Zudem beschreibt die Autorin ihre Protagonisten sowohl ausführlich als auch anschaulich. Schnell hat man bestimmte Vorstellungen der einzelnen Personen im Kopf, die persönlichen Favoriten sind schnell gewählt.
Nur Jenny, die Hauptprotagonistin, konnte ich ganz schwer einschätzen. Auch ihr Verhalten blieb mir
bisweilen ein Rätsel. Weshalb immer diese Geheimniskrämerei?
Fazit:
Ein unterhaltsamer Debütroman, mit einigen Überraschungsmomenten.
Berührende Geschichte, die Appetit macht
Cover:
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Das Titelbild hätte man auch gut für ein Backbuch verwenden können. Es vermittelt das zentrale Thema Liebe zum Backen. Und dennoch geht es hier um noch mehr: Liebe allgemein, Familiengeheimnisse und die oft schwere Position alleinstehender Frauen in den 1970er Jahren.
Inhalt:
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Jennifer Quinn ist seit über 60 Jahren glücklich mit ihrem Ehemann Bernhard verheiratet. Die Ehe blieb leider kinderlos, doch sie haben ein enges Verhältnis zu ihrer Nichte Poppy und deren Eltern. Jennifers Leidenschaft ist das Backen, das sie ihr Leben lang begleitet. Während sich ihr Mann gut im Alter eingerichtet hat, möchte sie sich noch einmal einen Traum verwirklichen und bewirbt sich in einem TV-Backwettbewerb. Als sie angenommen wird, gewinnt sie neue Freunde und neue Möglichkeiten. Doch auch ein lang gehegtes Geheimnis dringt dadurch immer mehr an die Oberfläche. Wird es ihr neues Leben und sogar ihre Ehe zerstören?
Mein Eindruck:
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"Es ist schon seltsam, dachte Jennifer bei sich, wie Rezepte die Menschen überleben, die sie aufgeschrieben haben, und wie sie dabei diese Menschen in gewisser Weise wieder zum Leben erwecken, als würde ein winziges Stück ihrer Seele in den Anweisungen weiter bestehen."
Die Handlung ist abwechselnd in zwei Zeitebenen geschrieben: Gegenwart und Vergangenheit. Dadurch fiebert der Leser zum einen beim Backwettbewerb mit, zum anderen löst sich das Geheimnis von Jennifer Quinn, aus deren Perspektive alles beschrieben wird, nur stückweise. Das war ein Aspekt, weswegen ich das Buch schwer aus der Hand legen konnte. Ich wollte wissen, was hinter dem Geheimnis steckt und ertappte mich gleichzeitig beim Daumendrücken im Wettbewerb.
Des Weiteren gefiel mir der Schreibstil sehr gut. Die Autorin konnte treffend die Umstände und Gefühle der jeweiligen Zeit widerspiegeln. Ich habe mir einige Zitate notiert, die mir sehr gut gefielen.
"Als sie hinauf in den dunkler werdenden Himmel blickte, vermisste sie Bernard schmerzlich. Sie hatte einmal gelesen, dass das Tragische an der Monogamie die Tatsache war, dass man sich nie wieder verlieben konnte, aber das stimmte nicht. Im Laufe der Jahrzehnte hatte sie sich immer und immer wieder neu in den Mann an ihrer Seite verliebt."
Zudem hat mich die Liebe zwischen Jennifer und Bernhard sehr berührt. Das gegenseitige Vertrauen und die Hingabe zueinander sowie die Fähigkeit des Vergebens haben mir sehr imponiert. An einigen Stellen hatte ich auch Tränen in den Augen.
Anfangs dachte ich, dass die Geschichte sehr vorhersehbar sei, doch sie überraschte mich mit einigen Wendungen und driftete trotz einiger gefühlvoller Momente für meinen Geschmack nie ins Kitschige ab. Das Ende fühlte sich rund an. Man sollte diesen Roman jedoch mit gefülltem Magen lesen, denn die detailreichen Beschreibungen der gebackenen Leckereien lassen einem das Wasser im Munde zusammenlaufen. Schade, dass es keine Rezepte zum Nachbacken gab. Die hätte ich mir am Ende des Buches gewünscht!
Fazit:
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Warmherzig und klug geschriebener Debütroman über das Backen, die Liebe und dass man auch im Alter sein Leben noch positiv verändern kann.