Der Schrei des toten Vogels

Buchseite und Rezensionen zu 'Der Schrei des toten Vogels' von Barry Eisler
3.5
3.5 von 5 (2 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Der Schrei des toten Vogels"

Die unnahbare Livia Lone ist Detective bei der Polizei von Seattle. Und sie ist gut. Richtig gut. Spezialisiert auf Sexualdelikte, mit einem unbestechlichen Blick für die schrecklichen Begierden der Täter. Was niemand von ihren Kollegen weiß: Als Kind wurde sie mit ihrer kleinen Schwester Nason von den Eltern verkauft und strandete in Amerika, missbraucht von den Menschenhändlern, die sie ins Land schmuggelten. Seit die Schwestern getrennt wurden, ist es Livias Mission, Nason zu finden. Nie, nie, nie vergisst sie dieses eine höchste Ziel, während sie als Polizistin Täter hinter Gitter bringt. Oder direkt unter die Erde …

Als sie endlich eine Spur hat, die sie zu den Männern führen könnte, die Nason und sie in ihrer Gewalt hatten, muss sie feststellen, dass sie es mit einem mächtigen Gegner zu tun hat. Sie hat keine andere Wahl: Wenn sie es mit ihm aufnehmen will, muss sie sich den Schrecken ihrer eigenen Vergangenheit stellen.

Autor:
Format:Kindle Ausgabe
Seiten:420
Verlag: Edition M
EAN:

Rezensionen zu "Der Schrei des toten Vogels"

  1. 4
    18. Feb 2023 

    Spannende Geschichte, schlechte Action-Darstellung

    Die beiden jungen Schwestern Labee und Nason, die Angehörige eines thailändischen Bergstammes, den Lahu, sind, werden von ihren Eltern an eine Bande von Menschenhändlern verkauft und in die USA verschleppt. Sie verbringen die Fahrt zusammen mit anderen Kindern in einem Container. In den Staaten angekommen, wird Labee von einem reichen Ehepaar aufgenommen und fortan Livia genannt. Nason hingegen verschwindet spurlos. Fest entschlossen, ihre Schwester zu finden, richtet Livia ihr gesamtes Leben auf dieses eine Ziel aus, auch wenn sie dafür zu fragwürdigen Mitteln greifen muss.

    Die Geschichte von Livia Lone wird auf zwei Zeitebenen erzählt: Kapitel, die mit "Damals" überschrieben sind, stellen ihren bisherigen Lebensweg von dem Moment an dar, in dem Labee und Nason entführt werden. Die übrigen Kapitel, die die Überschrift "Heute" tragen, erzählen unterdessen von Livias Suche nach Nason. Dieser erzählerische Aufbau gelingt sehr gut, auch weil die Gegenwart zum richtigen Zeitpunkt von der Vergangenheits-Erzähllinie eingeholt wird. Dadurch wird nachvollziehbarer, wie Livia auf ihr Ziel hinarbeitet, ohne sich in überflüssigen Details aus ihrer Jugend zu verlieren und die Geschichte wird schnell zu einem Page-Turner.

    Gleich zu Beginn des Buches werden zwei Kritikpunkte deutlich: Livias durchaus fragwürdige Methoden und die misslungene Darstellung physischer Gewalt.

    Denn wie das erste Kapitel zeigt, schreckt Livia nicht vor der Tötung von Menschen zurück, die sie als Gefährdung für andere Menschen ansieht. Diese Tatsache steht in krassem Widerspruch zu ihrem Beruf, denn Livia ist Polizistin. Sie lebt jedoch ihre Unzufriedenheit mit dem Umgang des Justizsystems mit Sexualstraftätern dadurch aus, dass sie Selbstjustiz übt. Dieser Ansatz wird aufgrund der Tatsache, dass die Geschichte ausschließlich aus ihrer Perspektive erzählt wird, jedoch zu keinem Zeitpunkt kritisch betrachtet. Auch Livia reflektiert höchstens in Ansätzen, tut jeden Zweifel aber gleich mit dem Argument ab, sie müsse alles für Nason tun. Zugutehalten muss man dem Buch jedoch, dass dieser charakterliche Makel Livias konsistent ist mit den Ereignissen, die in ihrer Vergangenheit stattgefunden haben. Dennoch wäre mehr kritische Auseinandersetzung wünschenswert gewesen und hätte die Figur der Livia noch glaubwürdiger gemacht.

    Vollkommen misslungen ist leider die Darstellung der Nahkampfszenen. Die Erzählung verrennt sich zu oft in viel zu langen und komplizierten Beschreibungen verschiedener Kampftechniken und verwendet dabei Namen bestimmter Positionen aus Kampfsportarten, die einem durchschnittlichen Leser nicht bekannt sein dürften, ohne sie jedoch in wirklich bildlicher Weise zu erklären. Glücklicherweise nimmt die Häufigkeit dieser Szenen jedoch im Verlauf des Buches deutlich ab.

    Hingewiesen sei auch darauf, dass die Gewaltdarstellungen in diesem Buch recht explizit ausfallen. Auch sexualisierte Gewalt wird teilweise in Einzelheiten beschrieben. Dies ist zwar erforderlich, um die Motive der handelnden Personen aufzuzeigen, dürfte für einige Leser jedoch verstörend sein.

    Insgesamt kann eine Empfehlung für dieses Buch ausgesprochen werden, wenn man bereit ist, über die misslungene Darstellung der Kampfszenen hinwegzusehen und keine Probleme mit expliziter Gewalt hat. Barry Eisler hat eine zwar nicht perfekte, aber doch in weiten Teilen sympathische, tiefgründige und nachvollziehbare Hauptfigur erschaffen, die Lust darauf macht, auch die übrigen Bände der Livia Lone-Reihe zu lesen.

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  1. 3
    15. Mai 2019 

    Kleiner Vogel

    Die Eltern von Labee und Nason sind arm. Sie leben in den Bergregionen Thailands. Trotz der Armut hält Labee immer zu ihrer kleinen Schwester. Als die beiden Mädchen irgendwann von Fremden abgeholt werden, können sie nicht sofort ahnen, was ihnen blüht. Eine lange Schiffsreise in einem Container führt Labee schließlich nach Amerika. Von einem offensichtlich wohlhabenden Paar wird sie adoptiert und wird nun Livia genannt. Ihre Schwester Nason jedoch bleibt verschwunden. Auch noch während sie heranwächst, muss Livia einiges ertragen. Doch nie verlässt sie der Gedanke an ihre Schwester. Nach dem Schulabschluss beginnt Livia eine Laufbahn bei der Polizei.

    Menschenhandel und Sexualdelikte sind die Verbrechen, die Livia mit allem Einsatz versucht, aufzuklären. Die, welche solche üblen Taten begehen, sind in ihren Augen die übelsten Verbrecher. Kaum noch haben sie eine Daseinsberechtigung. Geprägt von ihrer Herkunft, versucht Livia alles, um die Monster vor Gericht zu bringen und den Opfern zu einem besseren Leben zu verhelfen. Viele der Opfer stehen für Livia anstelle der Schwester, deren Schicksal unbekannt ist. Gerade darin verbirgt sich doch die vage Hoffnung, ihr kleiner Vogel, ihre kleine Schwester könnte noch am Leben sein. Livia wird die Suche nie aufgeben und so muss sie den Kampf gegen die Dämonen der Vergangenheit aufnehmen.

    Einige Schilderungen in diesem ersten Roman um Livia Lone Thriller können für manche Leser schwer zu ertragen sein. Auch muss dahingestellt bleiben, ob man es gutheißen möchte, wie weit Livia geht, um die Monster auszuschalten. Ausgesprochen spannend ist dagegen ihre Suche nach ihrer Schwester und ihr eigenes tragisches Schicksal berührt. Wie verwerflich Menschenhandel in jeder Form und besonders wenn Kinder betroffen sind, wird eindeutig klar. In Rückblenden erfährt man von dem Weg nach Amerika und Livias Jugend bei den Adoptiveltern. Dies und der in der Gegenwart angesiedelte Teil der Handlung bildet einen ergreifenden Spannungsbogen. Livia Lones komplexe Persönlichkeit weckt trotz der Beschädigungen, die sie in früher Jugend erfahren musste, große Sympathie.

    3,5 Sterne

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