Der letzte Granatapfel

Buchseite und Rezensionen zu 'Der letzte Granatapfel' von Bachtyar Ali
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Inhaltsangabe zu "Der letzte Granatapfel"

Autor:
Format:Kindle Ausgabe
Seiten:341
Verlag: Unionsverlag
EAN:

Rezensionen zu "Der letzte Granatapfel"

  1. Ergreifend schön und unendlich traurig

    „In jener Nacht, als ich nun wider Erwarten zurückkehrte, wusste ich nicht, wo mein Saryasi sich befand. Ich wusste noch nicht, dass wir zwei uns in einer anderen Art von Wüste verlieren würden. In einer Wüste, die weder meine war noch seine.“ (Zitat Seite 15)

    Inhalt
    „Was immer bleiben wird: Ein Mann kommt aus der Wüste und verirrt sich auf einem Schiff voll mit Flüchtlingen auf dem Meer.“ (Zitat Seite 342) Dieser Mann heißt Muzafari Subdham und war ein bekanntes Mitglied der Peschmerga, als er in Gefangenschaft geriet. Einundzwanzig Jahre lang lebte er in einem einsamen Gefängnis mitten in der Wüste und mit den Jahren wurden alle seine Erinnerungen zu Sand, nur eine blieb, die Erinnerung an seinen Sohn Saryasi Subdhan, der damals erst einige Tage alt war. Als Muzafari freigelassen wird, macht er sich auf die Suche nach seinem verschollenen Sohn. Von Geheimnis zu Geheimnis, von Geschichte zu Geschichte führt ihn seine Reise durch ein Land, das sich in diesen langen Jahren völlig verändert hat und ihm fremd geworden ist.

    Thema und Genre
    Im Mittelpunkt dieser Geschichte stehen zwei Granatapfelbäume, die alle Figuren der Geschichte miteinander verbinden, und drei Granatäpfel aus Glas. Ein Thema ist die Suche in vielen Facetten, die Suche nach Liebe, Freiheit, Freundschaft, nach den eigenen Zielen und Träumen, und die Suche eines Vaters nach seinem Sohn. Es geht um das Schicksal der Menschen in einem von Bruderkriegen, Aufständen und Gewalt beherrschten Land. Es sind vor allem die Kinder und die jungen Menschen, denen Kriege die Träume und die Zukunft nehmen. „Ich war aus der Vergangenheit gekommen und nun verbunden mit allen, die keine Zukunft hatten.“ (Zitat Seite 177)

    Charaktere
    Muzafari Subdham könnte nach seiner Gefangenschaft ein freies, zurückgezogenes Leben führen, doch die Frage, was in jener Nacht vor einundzwanzig Jahren wirklich geschehen ist, treibt ihn an, er muss seinen Sohn finden. Immer wieder trifft er auf seiner Suche Menschen, die ihm Schritt für Schritt weiterhelfen, die ihm jenen Teil der Ereignisse schildern, den sie kennen. Der Autor entwickelt seine Figuren einfühlsam, mit viel Empathie begründet er ihre Stärken und Schwächen, die Motive für ihr Verhalten.

    Erzählform und Sprache
    Muzafari Subdham erzählt diese Geschichte während der Tage und Nächte, die er mit Flüchtlingen in einem Boot auf dem Mittelmeer verbringt. Es sind viele verschiedene Geschichten und Einzelschicksale, die zu unterschiedlichen Zeiten und an unterschiedlichen Orten stattfinden, die schließlich doch alle eine miteinander verschlungene Einheit bilden. „Ist nicht jede Geschichte ein kleiner Bach, der in einen See fließt und am Ende als Fluss mit Tausenden anderer Geschichten in den Ozean mündet.“ (Zitat Seite 277) Die Erzählsprache des Autors ist tief beeindruckend, ausdrucksstark und bildintensiv.

    Fazit
    Es ist eine Geschichte voll Poesie, Symbolen, Mythenmotiven und der Magie orientalischer Märchen. Doch so wie der magische Granatapfelbaum gleichzeitig auf dem Boden des Reiches der Realität und des Reiches der Träume steht, so erzählt auch hier dieselbe Geschichte von der grausamen Realität der Kriege und der Schicksale der davon betroffenen Menschen. Das macht diesen eindringlichen Roman zeitlos aktuell in einer Zeit, wo die Politik und die Medien begonnen haben, Kriege gegeneinander abzuwägen, und die Nähe zu Europa die Wichtigkeit bestimmt. Eine Geschichte gegen das Vergessen, gegen das Wegschauen, die Geschichte einer Suche, ergreifend schön und unendlich traurig zugleich.

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