Der Klavierspieler vom Gare du Nord

Buchseite und Rezensionen zu 'Der Klavierspieler vom Gare du Nord' von Gabriel Katz
3
3 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Der Klavierspieler vom Gare du Nord"

Diskussionen zu "Der Klavierspieler vom Gare du Nord"

Autor:
Format:Audio CD
Seiten:0
EAN:9783839817476

Rezensionen zu "Der Klavierspieler vom Gare du Nord"

  1. 3
    27. Sep 2021 

    Über Musik, die Brücken schafft...

    Der Junge aus der Pariser Vorstadt und der Direktor des Konservatoriums wären sich nie begegnet, stünde da nicht ein Klavier am Gare du Nord. Der 20-jährige Mathieu ist auf die schiefe Bahn geraten und hat nichts außer einem großen musikalischen Talent. Pierre dagegen hat alles, steckt aber in einer tiefen Lebenskrise. Das ungleiche Paar schließt einen Pakt: Pierre ermöglicht Mathieu die Teilnahme am renommiertesten Klavierwettbewerb des Landes. Wird Mathieu die Chance seines Lebens ergreifen? Und warum tut Pierre all das für ihn? (Klappentext)

    Ich habe außergewöhnlich lange für dieses Hörbuch benötigt (ungekürzte Ausgabe, 7 Stunden und 48 Minuten), weil ich es selten lang am Stück hören mochte und auch längere Pausen nicht als störend empfand. Dieser Roman, der die Geschichte zweiter sehr unterschiedlicher Menschen erzählt, plätschert eher bedächtig vor sich hin und lässt sich viel Zeit beim Erzählen. Dabei hat es lange gedauert, bis ich mit den beiden Hauptcharakteren etwas warm wurde.

    Da ist zum einen der alternde Pierre, der derzeitige Direktor des Pariser Konservatoriums, der sich allmählich auf das Ende seiner Karriere zubewegt und dessen Leben in festen, vermeintlich unverrückbaren Bahnen verläuft. Und zum anderen gibt es da den gerade einmal 20jährigen Mathieu, der in der Pariser Vorstadt lebt und sich und seine Mutter sowie seinen kleinen Bruder mittels Aushilfs-Jobs und kleinerer Diebstahle über Wasser zu halten versucht.

    Pierre ist nicht glücklich in seinem Leben, obwohl er Karriere gemacht hat und gesellschaftlich anerkannt ist. Weshalb er dennoch nicht glücklich ist, erfährt der/die Hörer:in erst spät in dem Roman. Tatsache ist aber, dass Pierre um seinen Posten kämpfen muss - die Neider stehen schon Schlange, um ihn von seinem Platz zu verdrängen, ein unbedingter Erfolg muss her, um die etwaigen Konkurrenten endlich wieder in ihre Schranken weisen zu können. Die derzeitigen Schüler des Konservatoriums sind zwar nicht schlecht, doch hat niemand von ihnen das gewisse Etwas, das eine herausragendes Talent erkennen lassen würde.

    Als Pierre eines Tages am Bahnhof Gare du Nord einen jungen Mann auf dem dort stehenden Klavier spielen hört, trifft ihn fast der Schlag. Einen derart berührenden Vortrag hat er lange nicht gehört, unbedingt will er diesen jungen Mann zu fassen kriegen. Doch der sprintet los, kaum dass sich Pierre ihm nähert - hat er doch allen Grund, vor Verfolgern auf der Hut zu sein. Die Polizei hätte ihn sicher nur zu gern in ihren Fängen...

    Doch schließlich treffen Pierre und Mathieu doch aufeinander, und es entspinnt sich eine verrückte Idee, bei der bis zum Schluss unklar bleibt, ob sie tatsächlich durchführbar ist. Pierre möchte den jungen Mann, der noch nicht einmal Noten lesen kann sondern rein nach Gehör spielt, als Geheimfavoriten am renommiertesten Klavierwettbewerb des Landes teilnehmen lassen. Mathieu selbst ist anfangs äußerst misstrauisch, was die Motivation Pierres anbelangt, und innerhalb des Konservatoriums gibt es selbstredend zahlreiche Widerstände gegen dieses Vorhaben.

    Die Begegnung der beiden so unterschiedlichen Menschen bewirkt in beider Leben einiges an Veränderung. Pierres Krusten beginnen aufzubrechen, und womöglich gibt es doch noch Möglichkeiten abseits der vermeintlich vorgegebenen Bahnen. Und Mathieu schaut zum ersten Mal über den Tellerrand seines Milieus hinaus, und auch wenn er sich weiterhin als Fremdkörper an dem so elitären Konservatorium wahrnimmt, beginnt er doch an sein Talent und an die damit verbundenen Möglichkeiten zu glauben. Doch gibt es wirklich eine dauerhafte Brücke zwischen diesen so unterschiedlichen Welten?

    Dies war für mich die spannendste Frage, doch leider blieb die Erzählung insgesamt in dieser Hinsicht für mein Empfinden zu sehr an der Oberfläche. Die Geschichte entwickelte sich nicht immer vorstellbar, aber andererseits wurden die teilweise märchenhaft anmutenden Eltemente auch nicht konsequent bedient. Ich mag es eigentlich, wenn sich zum Erzählen Zeit genommen wird, doch die damit meist verbundene Tiefe in der Erzählung sowie in der Charakterentwicklung kam mir hier dann leider doch zu kurz.

    Die beiden Erzähler (Elmar Börger als der alternde und gutsituierte Pierre, Oliver Siebeck als der junge Mathieu mit schlechtem Umgang) trugen ihre jeweiligen Rollen souverän vor und passten den Erzählfluss dem bedächtigen Tempo der Geschichte an. Dies trug sicherlich dazu bei, dass ich oft nicht lange bei der Stange bleiben konnte, sondern dass sich neben dem unaufgeregten Vortrag der beiden Sprecher meine Gedanken schnell in andere Richtungen selbständig machten.

    Alles in allem eine schöne Roman-Idee, von der ich mich jedoch gern hätte mehr bezaubern lassen.

    © Parden

    Teilen