Der Kaffeedieb: Roman

Rezensionen zu "Der Kaffeedieb: Roman"

  1. Ein Abenteuer mit kleinen Längen

    Obediah Chalon, ein junger Engländer hat die falsche Religion für das Land. Das kostete ihn seine Familie und seinen gesamten Besitz. Seine Wege, wieder zu Reichtum zu kommen, sind gewitzt, aber nicht immer im Sinne der Obrigkeit. Er ist ein Spieler, den das Risiko reizt. Deshalb nimmt er ein Angebot der Ostindien Kompagnie an, dass ihn aus dem Schuldhaus bringt und ein Abenteuer verspricht. Er ist ein Kind der grade beginnenden Aufklärung, wissbegierig, interessiert an all den neuen Wissenschaften und ihren Entdeckungen. Er wechselt Briefe quer durch Europa, für ihn ist dies das soziale Netzwerk seiner Zeit.
    Die Kompagnie möchte das Monopol der Osmanen auf Kaffee brechen, deshalb wollen sie aus dem gut geschützten Gebiet Kaffeepflanzen stehlen lassen und Obediah scheint der geeignete Mann.
    Mit fast unerschöpflichen Mitteln ausgestattet, schart er eine illustre Schar von Spezialisten um sich, - die jeder auf seinem Gebiet- zum Gelingen beitragen sollen. Nur ein sprichwörtlicher Meisterdieb fehlt noch in der Runde und es ist die erste große Hürde, die die Truppe meistern muss, um Louis de Bourbon, ein Sohn linkerhand des Sonnenkönigs, aus schwer bewachter Festungshaft zu befreien.
    Doch als das Treiben bleibt nicht unbemerkt. Absolutistische Herrscher haben immer panische Angst vor Umstürzen und ihr Spitzelnetz überzieht das ganze Land, so auch in Frankreich, wo Obediah und sein Trupp von Polignac, einem Geheimagenten des Königs, bald minutiös ausspioniert wird. Es ist ein Witz, dass Polignac vieles erkennt, aber total falsche Schlüsse daraus zieht. Die Briefe, die er mit dem Sonnenkönig und mit Roussignol, einem Dechiffrierspezialisten wechselt, haben einen ganz eigenen unverwechselbaren Ton.
    Diese ganzen Vorbereitungen, die ganzen Planungen, die alle Bereiche der Wissenschaften abdecken, ob Mechanik, Optik oder physikalische Experimente, nehmen einen breiten Teil ein. Der Autor hat dabei wunderbare Recherchearbeit geleistet und lässt uns, die Leser an seinen Erkenntnissen teilhaben. Es gibt kaum einen Abschnitt ohne wissenschaftliche, geschichtliche oder kulturgeschichtliche Einschübe. Auch viele versteckte Zitate sind witzig.
    Allerdings, das traf zumindest für mich zu, beginnt diese ausgebreitete Gelehrsamkeit manchmal zu ermüden. Vielleicht ist Tom Hillenbrand der Versuchung erlegen, jedes historische Detail seiner Recherchen noch in seinen Roman zu packen. Manchmal ist weniger eben mehr! Auch das Tempo lässt in Laufe der Handlung nach, es gelingt dem Autor nicht immer, die Spannung über die ganzen Kapitel hochzuhalten. Aber das ist wohl Jammern auf hohem Niveau, denn mehr finde ich wirklich nicht anzumerken.

    Die Sprache ist gelungen, der Wechsel zum Tonfall der einzelnen Protagonisten ebenso. Mit seinen Personal deckt Hillenbrand auch alle Bereiche ab, den Wissenschaftler, den alten Militär, den Spitzbuben, die kokette Kokotte usw. Das Buch ist ein historischer Abenteuerroman, der wunderbar das „Mantel-und-Degen“ Genre abwandelt, es ist auf höchstem Niveau unterhaltsam.
    Und ganz zum Schluss, darf es auch noch ein romantisch-blumiges Ende geben, ohne das zu viel dechiffriert wird.

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