Der Gang vor die Hunde

Buchseite und Rezensionen zu 'Der Gang vor die Hunde' von Erich Kästner
5
5 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Der Gang vor die Hunde"

Format:Taschenbuch
Seiten:320
EAN:9783038820017

Rezensionen zu "Der Gang vor die Hunde"

  1. Unbedingt lesen

    Es ist nun über 30 Jahre her, dass ich als junger Germanistikstudent Erich Kästners "Fabian" zu einem meiner Lieblingsbücher erklärt habe. Nun ist die Urfassung erschienen, die damals einer verlagsinternen Zensur zum Opfer fiel.

    Doch zunächst zur Handlung. Kästner beschreibt einige Tage aus dem Leben des Germanisten und Werbefachmannes Jakob Fabian, Kästners alter Ego, wie einige Parallelen zu seinem Lebenslauf aufzeigen. Beide haben als Folge des Krieges ein Herzleiden, beide haben die Ausbildung zum Lehrer abgebrochen. Fabian ist ein Beobachter und ein "Moralist", der nicht wertet, aber dokumentiert. Das Nachtleben des Berlins der Weltwirtschaftskrise, die auf der Straße ausgekämpften politischen Auseinandersetzungen, Eifersüchteleien im Universitätsbetrieb und generelle Zeitbetrachtungen sind nur einige der Themen, derer sich dieser Roman annimmt. Gerade zu Mitleid erregend ist die Tatsache, dass Fabian gerade dann arbeitslos wird, als er Hoffnung auf ein wenig Glück im Privaten entwickelt. Doch seine Freundin verlässt ihn, um Karriere (über die Besetzungscouch) zu machen, wie überhaupt der Eindruck entsteht, dass sich irgendwie jeder auf seine Art prostituiert, ausgenommen der Moralist Fabian. Beruflich ohne Perspektive erfährt Fabian vom Selbstmord seines Freundes und verlässt daraufhin Berlin Richtung Heimat, wo er auf bezeichnende Art und Weise ums Leben kommt. Er stirbt beim unüberlegten Versuch, ein Kind aus einem Fluss zu retten, weil er nicht schwimmen kann.

    Schon die bisher bekannte Ausgabe des "Fabian" überzeugt durch glasklare Beschreibung der Endphase der Weimarer Republik. Ohne sich politisch eindeutig zu positionieren kritisiert Kästner totalitäre Ideologien, Militarismus und Spießbürgertum, was letztlich wohl dazu beitrug, dass seine Werke der Bücherverbrennung zum Opfer fielen und er selbst zeitweise einem Schreibverbot unterlag. "Der Gang vor die Hunde", so der Titel der Urfassung, ist durchaus doppeldeutig zu verstehen, so, wie es mit Fabian bergab geht, geht es auch mit der Gesellschaft. Die Unterschiede zwischen den beiden Fassungen sind nicht unbedingt gravierend, eher nuanciert. Dabei meine ich weniger die Stellen, die dem Vorwurf der Pornographie zum Opfer fielen, was aus heutiger Sicht eher läppisch wirkt, als solche, die die Zustandsbeschreibung der Gesellschaft verdeutlichen. Eingestreute Zeitungsmeldungen etwa machen den moralischen Verfall der Gesellschaft noch ein wenig deutlicher als es die bisher veröffentlichte Fassung tut. Andererseits scheint ein mir wichtiges Kapitel, die Beschreibung einer Redaktionssitzung, später hinzugekommen zu sein, welches für den Roman durchaus funktional ist. Am besten, man liest beide Fassungen, um den Roman vollends zu erfassen.

    "Der Gang vor die Hunde" liefert neben der Urfassung einen editorischen Anhang, sowie ein aufschlussreiches Nachwort des Herausgebers, insofern sei auch diese Fassung wärmstens empfohlen.

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