Der Dieb

Rezensionen zu "Der Dieb"

  1. 4
    25. Nov 2015 

    Wärme

    In den belebten Straßen Tokios wandert er umher. Mit flinken Fingern erleichtert er die Reichen um Geld meist, die Geldbörsen, die er in seinen Besitz gebracht hat, wirft er in Postkästen. Mit Glück erhalten ihre Eigentümer sie zurück. Er lebt in den Tag, er lebt nicht schlecht, er verschwindet in der Masse, er wird nicht gefasst. Doch er wird angreifbar als er beginnt einem kleinen Jungen zu helfen. In der Vergangenheit war sein Leben nicht immer so leicht und selbstbestimmt. Da gibt es einen dunklen Punkt und eine Geschichte, die er erzählt bekommen hat.

    Ein seltsames kleines Büchlein haben wir hier. Ein Dieb, der zufrieden ist mit seinem Leben, ein Leben allerdings, das er anderen nicht zumuten möchte. Ein Dieb, der feststellen muss, dass Freiheit für ihn eine leere Worthülse ist. Er gaukelt sich vor, dass er die Wahl hat. Doch eigentlich kann er sich nur zwischen Pest und Cholera entscheiden. Sein Leben scheint wie ferngesteuert, so wie festgestellt wurde, dass Entscheidungen, die wir meinen mit unserem freien Willen zu treffen, sich in bestimmten Gehirnregionen schon abzeichnen bevor wir uns ihrer bewusst werden. Kann ein kleiner Dieb einen freien Willen haben oder wird über sein Leben entschieden bevor ihm klar wird, was mit ihm geschehen wird.

    Zunächst eher ruhig beginnt dieser von der Kritik gelobte Roman. Man weiß nicht recht, ob einem dieser Protagonist sympathisch werden kann. Schließlich ist er ein Dieb, der sich auf Kosten anderer durchschlägt. Nun, er klaut von den Reichen, aber Diebstahl bleibt es dennoch. Sein Umgang mit dem kleinen Jungen lässt ihn schließlich sehr menschlich wirken. Für das Kind nimmt er eine Art Vaterstellung ein und er versucht, dem Jungen eine Zukunft zu geben. Und so bewirkt hier die Wärme, die den Dieb beim Klauen durchströmt, wie ein warmer Sonnenstrahl im Dasein des Jungen. In dem Moment, in dem die Handlung ihre ruhigen Bahnen verlässt, wird es plötzlich so spannend, dass die Augen nur so über die Buchstaben fliegen. So heftig sie Spannung wird, so schnell ist das Buch dann abgeschlossen, mit einer Entscheidung, die nicht der Dieb getroffen hat und mit einer Hoffnung.

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