Der Berg: Roman

Rezensionen zu "Der Berg: Roman"

  1. Feuerwacht

    Wieder ein Buch über eine Auszeit im Sommer, aber ohne Pathos, sondern mit grossem Ernst aber auch Gelassenheit geschrieben: jenes des kroatischen Autors Ivica Prtenjaca: Der Berg. Darin begeben wir uns in ein existentielles aber unaufgeregtes Drama nach einer Scheidung. Ein frustrierter Mitarbeiter eines Museums wird gekündigt und zieht sich, angeekelt von Kulturbetrieb und Privatleben, einen Sommer lang auf eine Insel in der Adria zurück, um dort auf einem Berg in einem schäbigen Unterstand Feuerwache zu halten. Daneben soll er an einem Text arbeiten In all dieser Einsamkeit wird er von einem altersschwachen Esel begleitet, der mit ihm auf den Kontrollgängen in der Natur unterwegs ist und letztendlich vor seinen Augen einen qualvollen Tod stirbt. Auch hier wieder (wie im Beat Sterchis Buch Capricho) Begegnungen eines Städters mit den Dorfbewohnern, doch verkommen hier die Menschen nicht wie bei Sterchlin zu schrulligem Inventar, sondern haben durchaus erschütternde Schicksale, die zum Teil tief im Krieg auf dem Balkan verwoben sind. Krieg ist hier nicht historischer Befund, sondern ernste und bedrohliche Gegenwart.
    Der Tod eines Menschen und der Tod eines Tieres: auch dies verstärkt den existentialistischen Zug dieses Stücks südosteuropäischer Literatur. Was als Flucht eines Intellektuellen aus der Stadt in die Einsamkeit eines Feuerwächters begonnen hat, wird als eine intensive Auseinandersetzung mit den Absurditäten aber auch der tiefen Ernsthaftigkeit des Lebens enden. Kein Capricho also, keine sommerliche Laune: sondern ein Stück Arbeit an den Absurditäten modernen Lebens, das sogar auf eine einsame Insel reicht. Dazu gehören auch Begegnungen mit Esoterikern, Touristen und Ausflüglern, die die Einsamkeit des vor dem Stadtleben Geflüchteten stören. Der Esel verendet, ein Hund läuft zu, Feuer bricht aber keines aus. Die Aussicht vom Berg auf das Meer ist grandios.
    Ein wenig klüger kehrt der Kulturarbeiter nach drei Monaten Auszeit und Entrückung in die Stadt zurück. Das Leben zieht dahin.

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