Der Attentäter: Historischer Thriller
Ein echtes Leseerlebnis
Der Attentäter von Ulf Schiewe
Gleich vorweg möchte ich erwähnen, dass ich noch nie ein historisches Buch gelesen habe, dass mich so gefangen genommen hat. Meine geschichtlichen Kenntnisse beschränken sich in erster Linie auf das erlernte aus meiner Schulzeit. Ulf Schiewe schafft es mit seinem Werk dem Leser eine spannende Geschichte zu liefern, die nebenbei einen fundierten Einblick in das tragische Ereignis um das Attentat im Juni 1914 auf den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand.
Das Buch begleitet drei serbische Jungen auf ihrem Weg nach Sarajevo, wo sie den Thronfolger töten wollen. Sie sind krank, haben keine Perspektive, aber viele heroische Gedanken wurden ihnen eingeimpft, sie wollen etwas für Ihr Volk tun, ruhmreich sterben. Mich hat sehr verwundert, dass Ulf Schiewe es stellenweise schaffte, dass mir die Attentäter leid taten. Natürlich ist und bleibt die Tat unentschuldbar, aber dennoch merkt man an diesem Beispiel, dass es sehr einfach sein, junge Menschen zu beeinflussen, erst recht wenn keine positive Zukunft greifbar ist.
Der Thronfolger und seine Frau werden ebenfalls sehr eng in die Handlung eingebunden. Anekdoten aus dem Familienleben, so wie persönliche Vorlieben fließen genauso in die Geschichte mit ein, wie der politische Ablauf der damaligen Zeit.
Die Möglichkeit eines Attentats war bekannt, und auch dieser Strang der Handlung, um die Ermittlungen und das aufspüren der Attentäter nimmt einen hohen Stellenwert ein. Hier ist mir besonders die Figur des Major Rudolf Markovic ans Herz gewachsen.
Dieser historische Thriller ist, einmal zur Hand genommen, schnell gelesen, da er fesselnd und spannend aufgebaut ist. Die Informationen die man nebenher aufnimmt, überraschten mich teilweise sehr, da mir nur die spärlichen Eckdaten bekannt waren. Wahnsinn, dass der Autor es geschafft hat, aus einer Woche einen fast 500 Seiten starken Thriller zu konzipieren. Absolute Leseempfehlung!
"Dabei wird es ein schwerer Gang werden, ein Selbstmordkommando. Gewaltige Überwindung wird es kosten, darüber ist er sich im Klaren! Wer will schon sterben, auch wenn er ohnehin todgeweiht ist?" (Buchauszug)
Sarajevo Juni 1914:
Thronfolger Franz Ferdinand und seine Gemahlin Sophie besuchen die Stadt. Es gibt das Gerücht, das Attentäter einen Anschlag auf den Thronfolger planen. Major Rudi Markovic vom Geheimdienst versucht alles, um Näheres zu erfahren, um notfalls das Attentat zu verhindern, damit es zu keiner diplomatischen Katastrophe kommt. Nach dem gelungenen Militärmanöver, möchte der Thronfolger und seine Gattin, mit einem Korso kurz vor der Abreise, noch dem Volk zujubeln. Dabei kommt es zu einem Attentat das Gavrilo Princip und weitere Gefährten angezettelt haben.
Meine Meinung:
Das düstere Cover mit der blutbesudelten Uniformjacke passt sehr gut zu der historisch belegten Geschichte. Der Schreibstil ist informativ, bestens recherchiert, unterhaltsam und mitunter ein wenig langatmig. Die Ermordung des Thronfolgers Franz Ferdinand war mir vom Geschichtsunterricht schon ein wenig bekannt. Das bei diesem Attentat jedoch auch seine Gattin Sophie, Mutter dreier Kinder ums Leben kam, war mir nicht mehr bewusst. Ulf Schiewe, Autor mehrerer historischer Bücher hat hier durch seine gute Recherche und dem vielen Hintergrundwissen, die letzte Woche vor dem Attentat in einen realistisch, fiktionalen Roman ausgearbeitet. Die fiktive Figur von Major Rudi Markovic mit seinem extravaganten Privatleben wird hier sehr gut hinzugefügt. Ich konnte mir dabei gut vorstellen, dass es genauso geschehen sein könnte. Natürlich wissen die meisten, dass dieses Attentat nicht gut ausgegangen ist und es schlussendlich durch die Ermordung zum 1. Weltkrieg gekommen ist. Trotzdem fiebert man besonders mit der sympathischen, warmherzigen Herzogin Sophie mit. Insbesondere der Verlust der Eltern für ihre Kinder ging mir besonders nahe. Interessant jedoch waren besonders die drei Handlungsstränge zwischen Täter, Opfer und Ermittler, die hier abwechselnd in Erscheinung treten. Dadurch bekam ich zu spüren, warum und mit welcher Wut die Täter dieses Todeskommando überhaupt gemacht haben. Ebenfalls die Opfer die mir sehr viel näher gekommen, als ich es in jeglichem Geschichtsunterricht bisher erfahren hatte. Die cleveren Ermittler die unter Rudi Markovic zwar einen sehr gewieften, cleveren Mann hatten der jedoch leider, nicht gehört wurde. Ob es wohl daran lag, weil er Jude war? Man spürt zudem, wie naiv das Ganze damals ablief, das es zu solch verheerenden Fehlern kam. Heute würde sicher keiner mehr einen solchen Thronfolger unter diesen Bedingungen in einem Korso fahren lassen. Selbst wenn Herzog Franz Ferdinand vom eigenen Volk nicht gerade hochgeschätzt wurde, wirkte er auf mich recht menschlich und nicht unsympathisch. Besonders da er durch seine große Liebe zu Sophie und seinen Kindern hier auf mich viel sympathischer auftritt. Selbst die Täter der Mlada Bosna, die die Geheimorganisation Schwarze Hand angeworben hat und die gerade wegen ihrer Jugend hier ab und an ins Zweifeln kommen, lassen mich milde für sie stimmen. Sie konnten sich sicher nicht vorstellen, was das Ganze für Konsequenzen hatte. Der Epilog am Ende hat mich sehr gefreut, dazu die genaueren Anmerkungen des Autors, die noch sehr informativ waren. Trotz allem hat das Buch mitunter ein paar Längen, die man sicher hätte kürzen können, darum von mir 4 1/2 von 5 Sternen.
Wer meine Lesegewohnheiten kennt, der weiß, dass historische Romane nicht unbedingt zu meinen bevorzugten Genres gehören. Thriller allerdings schon. So wagte ich es denn, zu diesem hochgelobten historischen Thriller zu greifen, der beide Genres vereint. Und sollte für meinen 'Mut' belohnt werden.
Die Geschichte ist bekannt: Franz Ferdinand, der Thronfoger Östereich-Ungarns, wurde in Sarajevo ermordet - und kurz darauf brach der Erste Weltkrieg aus. Das Attentat war nicht die Ursache für den Kriegsbeginn, aber sehr wohl der zündende Funke, der den Kriegstreibern einiger Nationen sehr zupass kam.
Doch um den Ersten Weltkrieg geht es hier nicht, sondern um das Attentat selbst und die sieben Tage davor. Erzählt wird dabei aus drei verschiedenen Perspektiven:
- der der Gruppe um die Attentäter, allen voran Gavrilo Princip, einem jungen Nationalisten, der letztlich den Mordanschlag auf Franz Ferdinand und seine Frau verübte
- der von Franz Ferdinand und seiner Ehefrau Sophie
- der von der fiktiven Figur Major Rudolf Markovic, der beim Geheimdienst arbeitet und fieberhaft versucht, das Attentat zu verhindern.
Gerade diese ständigen Perspektivwechsel machen die Erzählung ausgesprochen lebendig. So gewinnen alle Beteiligten nach und nach an Profil, man entdeckt die Menschen hinter den meist so anonymen Namen der Geschichtsbücher.
Der Einblick in das Familienleben des Thronfolgers beispielsweise lässt selbst die Aristokratie nicht unnahbar erscheinen - auch wenn Franz Ferdinand selbst wohl überall recht unbeliebt war aufgrund seines oft unbeherrschten Auftretens und seiner vollkommen übertriebenen Jagdleidenschaft. Aber auch die Attentäter selbst erhalten nachvollziehbare Biografien, die manches Verhalten wenn schon nicht tolerierbar, so doch zumindest eher verständlich erscheinen lassen. Parallelen zum verblendeten Fanatismus heutiger Selbstmord-Attentäter sind dabei nicht von der Hand zu weisen.
Die fiktive Figur des Major Rudolf Markovic bietet in dem reich mit Charakteren bestückten Roman wohl am ehesten die Möglichkeit einer Identifikation für den Leser. Sein Schicksal ist es denn auch, das einen bangen lässt, denn die Schicksale der anderen (ehemals realen) Personen sind ja hinlänglich bekannt. Eine gelungene Mischung aus Fakten und Fiktion ist Ulf Schiewe hier geglückt, wodurch trotz bekannten Ausgangs Spannung aufkommt und sich am Ende sogar noch steigert.
Dem Roman ist in jedem Absatz anzumerken, wie intensiv und sorgfältig hier recherchiert wurde - von den groben bekannten Fakten bis hin zu den ganz kleinen Details, die sehr zu einer authentischen Atmosphäre beitragen. Der Roman ist unterteilt in Abschnitte, die jeweils einen Tag umfassen. Eingefügt in die Ereignisse wurden dabei auch kurze Ausschnitte aus damaligen Zeitungsartikeln, die den Zeitgeist dieser unruhigen Epoche gut dokumentieren.
Das Buch lässt sich flüssig lesen, auch wenn mir gerade zu Beginn der Kopf rauchte von all den Namen - v.a. bei Serben und Bosniern. Aber zum besseren Überblick befindet sich am Ende des Buches sowohl ein Namensverzeichnis als auch ein Glossar, das die wesentlichen altertümlichen oder zumindest möglicherweise unbekannten Begriffe erläutert. Dies empfand ich als sehr hilfreich, ebenso wie die in die Klappbroschur eingedruckte historische Karte von Sarajevo.
Alles in allem kann ich abschließend nur sagen: So macht Geschichtsunterricht Spaß!
© Parden
Das Attentat am 28. Juni 1914 auf den österreichisch-ungarischen Thronfolger und seine Frau in Sarajevo war der Auslöser für den 1. Weltkrieg. Wie es dazu gekommen ist und insbesondere, was in der Woche zuvor passiert ist, schildert der historische Thriller "Der Attentäter" von Ulf Schiewe.
Der Autor, der schon einige historische Romane geschrieben hat, ist für seine akribische Recherchearbeit bekannt. Daher haben seine Bücher einen besonderen historischen Wert, sind sie doch so dicht wie es nur irgendwie geht an der Realität dran.
Auch in "Der Attentäter" findet sich wenig Fiktion, dafür umso mehr Tatsachen, die aber dennoch zu einem extrem spannenden Roman verknüpft sind.
Die weltpolitische Situation der Zeit vor dem 1. Weltkrieg legte nahe, dass die Machthaber auf ein kriegerisches Gerangel um die Neuverteilung der Machtpositionen in der Welt aus waren. Auf dem Balkan war die Hölle los. Die Europäer trieben die Osmanen vom Balkan, waren sich aber untereinander auch nicht grün. Das Volk der Serben fühlte sich von den Österreichern unterdrückt, was diese aber nicht wahrhaben wollten. Schließlich waren sie diejenigen, die erheblich zur Befreiung des Balkans beigetragen haben. Außerdem war der Balkan durch seine Nähe zu Europa und zum Meer strategisch reizvoll für die Russen. Daher war Österreich ein strategischer Störfaktor. Der Balkan war somit ein Pulverfass und es brauchte nur einen einzigen Funken, um die Explosion - sprich den ersten Weltkrieg - auszulösen. Und das war das Attentat eines Serben auf den österreichischen Thronfolger.
(An dieser Stelle entschuldige ich mich für meine rudimentären Geschichtskenntnisse. Aber so ungefähr wird es gewesen sein.)
Man beginnt "Der Attentäter" also mit dem Wissen, wie die Story ausgehen wird. Am Ende sterben Thronfolger Franz-Ferdinand und seine Frau Sophie im Kugelhagel des Attentäters Gavrilo Princip, Tatort: Sarajevo. Ulf Schiewe beantwortet jedoch mit seinem Roman die Frage, was in den Tagen vor dem Attentat passiert ist bzw. passiert sein könnte, wobei Spekulationen hier nur sehr wenig Raum haben.
Der Roman ist in 7 Kapitel sowie Prolog und Epilog aufgeteilt. Einem Countdown gleich behandelt jedes Kapitel einen Tag der Woche vor dem Attentat, angefangen mit Montag, dem 22. Juni 1914.
Die Charaktere in diesem Roman sind größtenteils reale Personen, einige wenige sind fiktiv. Ein Personenverzeichnis am Ende des Buches gibt Auskunft darüber, welcher Charakter welchem Kreis zuzuordnen ist. Die Handlung wird aus wechselnden Perspektiven geschildert, allen voran die des Attentäters Gavrilo sowie seines Opfers Franz-Ferdinand, oder aber Markovic, der fiktive Major des österreichisch-ungarischen Geheimdienstes.
Trotzdem man weiß, dass der Ausgang dieser Geschichte unvermeidlich ist, ertappt man sich doch dabei, dass man völlig irrational auf eine Wendung in der Handlung hofft. Man zittert also mit den Charakteren und möchte sie manches Mal schütteln und sie in ihren Handlungsweisen beeinflussen können. Denn Ulf Schiewe macht deutlich, dass das Attentat auf das Thronfolger-Ehepaar auch eine Folge von Verkettungen blöder Zufälle und falscher Entscheidungen gewesen ist. Hätte der Zufall nicht geholfen, könnte man vermuten, dass die Geschichte anders ausgegangen wäre.
Besonders gut hat mir in diesem Roman die Schilderung des damaligen Zeitgeistes gefallen. Für mich war die Zeit vor dem 1. Weltkrieg nie wirklich greifbar. Viele Ereignisse und Zeitgenossen aus dieser Zeit waren mir lediglich voneinander losgelöst bekannt. Doch in "Die Attentäter" werden sie in einen Kontext gebracht. Das kann bspw. eine Berta von Suttner sein, Cousine der Frau des Thronfolgers und eine Figur in diesem Roman, die nur am Rande Erwähnung findet. Heutzutage ist Berta von Suttner vielen als Schriftstellerin und Friedensforscherin ein Begriff. In "Die Attentäter" wird deutlich, mit wieviel Widerstand die Dame zu kämpfen hatte und unter welchen schwierigen Verhältnissen sie ihren Standpunkt vertreten musste, was ihre Arbeit noch um einiges bemerkenswerter macht.
Genauso sind es auch die kleinen Dinge, die für den damaligen Zeitgeist stehen und dem Roman einen großen Charme verleihen. Mir war bspw. nicht bewusst, dass Mineralwasser in Glasflaschen damals eine aufsehenerregende Neuerung war und als Getränk den Reichen und Adeligen vorbehalten war. Es gibt also einige Aha-Erlebnisse in diesem Buch, die mir sehr viel Lesefreude bereitet haben.
Fazit:
Ein historischer Roman mit wenig Fiktion, dafür umso mehr Fakten, die zu einem hochkarätigen und spannenden Thriller verwoben sind.
Daher: Willst Du wissen, wie es früher war, lies einen Schiewe.
© Renie
Ulf Schiewe hat in seinem “historischen Thriller” „Der Attentäter“ Geschichte für mich wirklich erlebbar machen können und mir bei der Lektüre einen neuen, sehr lebendigen Zugang zu einem bekannten Stück Historie ermöglicht. Als studierte Historikerin habe ich immer etwas Probleme mit historischen Romanen, denn nie weiß man so richtig, auf wie dünnem Eis man sich befindet, was man nur glauben muss, was wirklich belegt ist. (Anmerkung: Was zugegebenermaßen auch auf vermeintlich wissenschaftliche Veröffentlichungen zutrifft). Hier habe ich mich wohlgefühlt, auf jeder Seite strahlt den Leser die Tiefe und Breite der Recherche des Autoren entgegen, und ich konnte mit einem guten Gefühl dem Geschehen folgen und daraus ein Verstehen der Umstände, Situationen und Gefühlslagen entwickeln.
Im Rahmen einer Leserunde von Whatchareadin konnte ich dieses Buch lesen und im Leserundenchat sogar mit dem Autor selbst diskutieren und drängende Fragen stellen.
Nun zum Geschehen: Was passiert? Der „Titelheld“ – „Der Attentäter“ – das ist Gavrilo Princip, der im Juni 1914 aus Motiven serbischen Nationalismus heraus nicht nur den österreichischen Thronfolger in Sarajewo erschoss, sondern auch den letztendlichen Anlass für den 1. Weltkrieg gegeben hat. Der also an diesem Tag, in dieser Sekunde einen erheblichen Einfluss auf die Geschichte unserer eigenen Ahnen und Familien nahm. Der Leser kann Gavrilo auf seinen Stationen über die letzten Tage vor dem geplanten Attentat genauso verfolgen wie das spätere Opfer – Erzherzog Franz Ferdinand. Die gesamte Lektüre über kann sich der Leser dabei sicher sein, dass das Attentat tatsächlich stattfinden wird, denn das ist Historie, die weit bekannt ist. Und dennoch: Der Leser erlebt, an wie vielen seidenen Fäden dieser Ausgang der Geschichte hing und wie oft das Geschehen noch hätte gestoppt und in eine ganz andere Richtung hätte verlaufen können. Gleichzeitig erlebt der Leser auch die Beschränktheit der Mittel insbesondere im Hinblick auf Kommunikation und Mobilität mit, die erheblichen Einfluss auf die Planung, die Gegenmaßnahmen und die Ausführung der Tat genommen hat.
Der Roman erzählt dabei keine Geschichte in historischem Gewand und mit einigen historischen Personen und historischem Ambiente. Nein, er erzählt in Romanform Historie, wie sie wirklich war (soweit rekonstruierbar). Er bleibt - wann immer möglich – sehr dokumentarisch und ergänzt das rekonstruierbare Geschehen nur in einigen Aspekten und Personen um Fiktives, um es verstehbarer und anschaulicher zu machen. Mich erinnerte diese Form des Romans an Fernsehformate, in denen wann immer möglich dokumentarische Filmschnipsel schwarz-weiß flimmernd über den Bildschirm geschickt werden und nur da, wo dieses dokumentarische Material nicht verfügbar ist, möglichst ähnlich aussehende und agierende Schauspieler dafür genutzt werden, historische Szenen möglichst getreu dem Geschehen nachzuspielen.
Mich hat diese Herangehensweise im Roman sehr überzeugt und ich würde mich immer wieder gern Ulf Schiewe lesend anvertrauen, um Einblick in andere Geschichten der Geschichte zu erhalten. 5 Sterne!
Der Autor lässt uns in diesem Buch an den Geschehnissen im Juni 1914 teilnehmen. Es geht um die Vorbereitung und letztlich um die Durchführung des Attentats auf Franz Ferdinand den österreich-ungarischen Thronfolger in Sarajevo.
Auch wenn man den Ausgang der Geschehnisse kennt, ist dieses Buch absolut spannend. Der Autor erzählt uns die Ereignisse beginnend sechs Tage vor dem Attentat. Hierbei lernen wir nicht die realen Attentäter, allen voran Gavrilo Princip sondern auch seine Mitstreiter, Unterstützer und Initiatoren des Attentats kennen. Aber es gibt auch die Gegenseite, Mitarbeiter des Geheimdienstes, die berechtigt ein Attentat befürchten und versuchen zu verhindern. Hier fällt besonders die Figur des Rudolf A. Markovic auf. Er lässt uns an seinen Gedanken und Plänen teilhaben, während wir in einem abwechselnd zweiten Erzählstrang von Princip und seinen Gedanken erfahren.
Spannend fand ich während des Lesens auch, dass es sehr viele Möglichkeiten gab, das Attentat zu verhindern. Es gab noch mehr Zufälle, bei denen den Attentätern nur durch Zufall die Flucht gelang. Viele dieser Ereignisse sind historisch belegt, andere hat der Autor glaubwürdig hinzugefügt.
Anschaulich und lesenswert wird der Thriller auch durch die kleinen privaten Episoden der Protagonisten. Ob es nun Szenen aus dem Eheleben zwischen Franz Ferdinand und Sophie sind, oder aber auch aus dem Leben der Attentäter. Gerade bei Ihnen wird deutlich, dass sie zum Einen ausgesucht wurden und zum Anderen, dadurch dass sie an TBC erkrankt waren, es in ihren Augen ein möglicher Weg war um in die Unsterblichkeit bzw. als Helden in die Geschichte einzugehen.
Mir hat dieses Buch außerordentlich gut gefallen. Nicht nur, dass ich sehr viel mehr über diesen geschichtlichen Zeitraum erfahren habe, sondern auch wie das Ganze in einen absolut spannenden Thriller verpackt wurde. Von mir gibt es eine unbedingte Leseempfehlung und verdiente fünf Lesesterne.
Am 28. Juni 1914 in Sarajevo starben der österreichische Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand und seine Frau Sophie bei einem Attentat. Die Kugeln des Mörders trafen sie in einem offenen Automobil, das sie an der neugierigen und jubelnden Menge vorbeiführte.
Dieses geschichtliche Ereignis hat die Welt verändert und jeder hat wohl schon im Geschichtsunterricht von diesem Attentat und seinen Auswirkungen gehört.
Ulf Schiewe hat daraus einen überaus fesselnden Thriller gemacht, der mit hohem Tempo und Spannung auf den Höhepunkt zusteuert.
In den einzelnen Kapiteln, die Datums-und Zeitangabe eine Chronologie des Geschehens bilden, führt er uns in das Leben des Vielvölkerstaats. Es gärt überall, serbische Separatisten, bosnische Muslime – fühlen sich nicht heimisch unter der österreichischen Krone. Zwar brachte die Verwaltung Fortschritt, Straßen wurden gebaut, Eisenbahnlinien durchziehen das Land, aber die Separatisten träumen von der Unabhängigkeit. Ganz besonders junge Menschen sind den Ideen zugewandt. So auch der spätere Mörder Gavrilo Princip, der ein romantisch verklärtes Weltbild hat und von der Revolution träumt. An Schwindsucht erkrankt, hat er nicht viel zu verlieren. Er und seine Mitstreiter sind also leicht zu verführen und sie erinnern mich daran, dass es auch in der Gegenwart genug Beispiele gibt, wie schnell junge Menschen instrumentalisiert werden können.
Aber wie die Politik Österreichs diese Strömungen in den Völkern ignoriert und wie dadurch erst die Pläne für einen Umsturz entstanden sind und wie Geheimdienste und Militär von solchen Plänen erfuhren, aber durch Engstirnigkeit, Überheblichkeit und Hybris, alles als Hirngespinste abtun, wird vom Autor mit minutiöser Genauigkeit erzählt. Dabei bleibt er ganz dicht an den historischen Ereignissen und alles, was er schreibt, ist belegt. Natürlich werden einige fiktive Figuren erdacht um eine Rahmenhandlung zu schaffen, die sich in die Geschehnisse nahtlos einfügen und für zusätzliche Spannung sorgen.
Ich hätte nicht gedacht, dass ein Spannungsroman gleichzeitig eine Geschichtsstunde sein kann und wurde mit Ulf Schiewes Buch eines Besseren belehrt. Toll geschrieben und absolut empfehlenswert.
Na, das (Jahr) geht ja schon gut los…Nach gerade mal 17 Tagen gibt es mit „Der Attentäter“ (einem historischen Thriller über das Attentat auf den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand und seine Frau Sophie am 28. Juni 1914 in Sarajevo) von Ulf Schiewe das erste Highlight.
Mit diesem Fazit enden eigentlich alle Meinungen in der vom Autor selbst begleiteten Leserunde.
Am 28. Juni 1914 erschütterte der Anschlag auf Franz Ferdinand in Sarajevo die ganze Welt und wurde schlussendlich zu einem der letzten Tropfen, die das (Pulver-)Fass zum überlaufen brachten und damit den Ersten Weltkrieg auslösten.
Da ich bisher zwar immer mal wieder etwas über den bzw. die Weltkriege gelesen habe, mir aber bestimmte Ereignisse, Verflechtungen etc. nicht geläufig waren und sind, habe ich mich sehr auf die (wie bereits erwähnt) vom Autor begleitete Leserunde gefreut und bin aufs angenehmste überrascht worden – nicht nur durch die zahlreichen Kommentare der Mitleserinnen, sondern auch durch die fundierten Kenntnisse und die akribische Recherchearbeit von Ulf Schiewe (als Archivar merkt man das *g*). Hier hat wirklich jeder von jedem profitiert!
In „Der Attentäter“ begleiten wir die an dem Attentat beteiligten jungen Männer von den Vorbereitungen des Attentats, ihren Ängsten und Zweifeln bis hin zum Attentat selbst. Dazwischen gibt es immer wieder Passagen, die den fiktiven Rahmen bilden sowie einen Blick in das Leben und die Gedanken von Franz Ferdinand und Sophie.
Die minutiös versehenen Kapitelüberschriften vermitteln der geneigten Leserschaft den Eindruck „Ja, so hätte es sein können“ – doch Roman bleibt (eben nur) Roman. Wenn er allerdings (so wie in diesem Fall) trotz seiner Fiktionalität nachhaltig wirkendes reales Wissen vermittelt, ist die Form der Darstellung egal.
Abgerundet wird dieser Thriller durch ein kurzes, aber sehr informatives Nachwort des Autors, dass das Attentat noch einmal in einen geschichtlichen Kontext stellt sowie ein Glossar und ein Namensregister mit allen realen und fiktiven Personen.
Ein „Rundum Sorglos“-Paket also! Das war mein erster, aber definitiv nicht letzter Roman von Ulf Schiewe, den ich gelesen habe!
Volle 5* und eine glasklare Leseempfehlung!
©kingofmusic
Der Erste Weltkrieg – grausamer und nachhaltiger hätte das 20. Jahrhundert kaum beginnen können, ein Ereignis, das das ganze Jahrhundert prägen sollte. Die Gründe für den Ausbruch desselben waren mannigfaltig, doch gilt das Attentat auf den Thronfolger Österreich-Ungarns, Erzherzog Franz Ferdinand, und seine Gemahlin, Sophie, am 28. Juni 1914 in Sarajevo als dasjenige Ereignis, das diesen ersten industriell geführten Krieg letztlich ausbrechen ließ. In seinem 512-seitigen historischen Thriller „Der Attentäter“, erschienen im November 2019 bei Bastei Lübbe, lässt Ulf Schiewe die letzte Woche vor diesem Anschlag Revue passieren und nimmt Leserinnen und Leser mit auf eine spannende Reise.
Obgleich das Ende und der Höhepunkt dieser Woche bekannt sind, liest sich dieser Thriller von Anfang bis Ende hoch spannend, was vor allem der atmosphärisch dichten Erzählweise des Autors sowie seiner ausführlichen Recherche zu verdanken ist. Mit seinem klaren, schnörkellosen Schreibstil lässt sich das Buch zudem flüssig lesen, sodass man sich voll und ganz auf den Inhalt konzentrieren kann.
Geschildert werden die Ereignisse auf drei Ebenen: Zum einen ist da die Reise des Thronfolgerpaares, deren Höhepunkt der Aufenthalt in Sarajevo ist. Neben historisch belegten Fakten wie dem Besuch eines Manövers in Bosnien und in Sarajevo, erhalten die Leser/innen durch fiktive Szenen Einblicke in das Privatleben der kaiserlichen Familie, was dieser Leben einhaucht. Ein weiterer Erzählstrang erweckt die Attentäter selbst zum Leben. Von Führungspersönlichkeiten des serbischen Geheimbundes „Schwarze Hand“ rekrutiert, handelt es sich bei diesen um historisch belegte Personen, die aufgrund ihrer detaillierten und lebendigen Beschreibung trotz der grausamen Tat sehr menschlich erscheinen. Als größtenteils 19-Jährige sehen sie sich durch die österreichische Regierung und ihre eigene Krankheit veranlasst, ihrem Leben einen letzten Sinn zu geben und in die Annalen der Geschichte einzugehen. Dieses lässt ihre Tat auf der einen Seite nachvollziehbar erscheinen, wirft aber auch die Frage auf, ob sie sich über die (möglichen) Folgen derselben im Klaren waren. Nicht zuletzt zeigt ihre Geschichte auch Parallelen zu heutigen (Selbstmord-)Attentätern auf, was den historischen Ereignissen immerwährende Aktualität verleiht. Am meisten von der Historie entfernt sind schließlich die Schilderungen rund um die Vertreter der Staatsmacht. Mit Rudolf A. Markovic, Major beim österreichisch-ungarischen Geheimdienst in Sarajevo, hat Ulf Schiewe hier einen lebensnahen Protagonisten erschaffen, der zwar versucht, in die historischen Geschehnisse einzugreifen und mit historischen Persönlichkeiten glaubhaft interagiert, der es aber auch nicht schafft, den Lauf der Geschichte „umzuschreiben“. Nichtsdestotrotz stellt sich hier die Frage, ob das Attentat hätte verhindert werden können – wird der Regierung doch tatsächlich im Nachhinein vorgeworfen, nicht für ausreichende Sicherheitsmaßnahmen gesorgt zu haben. Gleichzeitig verdeutlichen diese Schilderungen, wie viele Zufälligkeiten und Verkettungen unglücklicher Umstände unsere Geschichte prägen – und geben dem Roman die letzte Würze.
Eingeteilt ist der Roman in sieben Kapitel, jedes einem Tag der Unglückswoche im Juni 1914 gewidmet. Jedem Kapitel sind, passend zum jeweiligen Tag, originale Zeitungsartikel vorangestellt, die teilweise einen Blick über das Erzählte hinauswerfen und für neue Denkanstöße sorgen. Gerahmt ist das Ganze von einem Prolog und einem Epilog. Anmerkungen des Autors, in denen das weitere Schicksal der Attentäter sowie Recherchenotizen erörtert werden, ein Glossar sowie ein Personenverzeichnis, in dem fiktive Charaktere extra gekennzeichnet sind, ergänzen das Werk. Eine Karte von Sarajevo in der Buchinnenklappe ermöglichen es, den Weg der Attentäter mitzugehen.
Insgesamt präsentiert Ulf Schiewe mit „Der Attentäter“ einen historischen Thriller, der überaus spannend zu lesen und ebenso lehrreich ist. Von mir gibt es eine 100%-ige Leseempfehlung – ohne Wenn und Aber.
Der Roman erzählt die Geschichte des Attentats auf den österreichisch-ungarischen Thronfolger Franz Ferdinand, das als Auslöser des 1.Weltkrieges gilt, äußerst packend und spannend. Betrachtet wird die Woche vor dem Attentat bis zum Tag, an dem der 1.Weltkrieg entfacht worden ist: 22.6.-28.6.1914. Schauplatz ist überwiegend Sarajevo, das Franz Ferdinand anlässlich eines Militärmanövers besuchen will und das, wie ganz Bosnien-Herzegowina, seit 1878 von Österreich-Ungarn annektiert ist.
Die meisten Figuren des Romans sind historische, erfunden hat Schiewe:
"Major Markovic [österreichisch-ungarischer Geheimdienstoffizier], Hauptmann Simon [ebenfalls Geheimdienst] und die Bordellbesitzerin Svjetlana[...]. Ich brauche sie und ihre Handlungen, um dem Geschehen noch mehr Spannung und Würze einzuhauchen. In Wirklichkeit hat wohl niemand, weder die Polizei noch der Geheimdienst, geahnt, was an jenem schicksalhaften 28.Juni passieren würde - außer den Verschwörern und Drahtziehern des Attentats." (Anmerkungen des Autors, 497)
In mehreren Handlungssträngen, gewürzt mit authentischen Zeitungsberichten aus den Archiven, nähert man sich dem Unglückstag. Dabei erleben wir aus der Perspektive aller Beteiligten mit, wie sie die letzte Woche vor dem Attentat erlebt haben.
Zunächst die Attentäter selbst: Gavrilo Princip, 19 Jahre alt, sowie seine Freunde Trifko und Nedeljko, ebenfalls 19 Jahre alt, die als bosnische Serben den Thronfolger als Vertreter der Besatzungsmacht hassen und die alle an Tuberkulose erkrankt sind und für ihr Vaterland zu sterben bereit sind.
"Ja, das ist unser Todesurteil, denkt Gavrilo. Nicht die Schüsse, die sie in Sarajevo abfeuern werden, auch nicht die Zyanidkapseln, die Danilo für sie in seinem Rucksack aufbewahrt. Nein, es ist die Krankheit, dieser schleichende Tod, der sie befallen hat, das Blut, das sie sich aus der Lunge husten. Ohne die Schwindsucht säßen sie nicht auf diesem elenden Kahn. Vielleicht wäre dann alles anders." (163)
Das Zitat wirft die Frage auf, ob die gesellschaftlichen Umstände, die es nur den Reichen ermöglicht, die Tuberkulose zu besiegen, indem sie in Sanatorien reisen können, dazu führen, dass die Jugendlichen aus ärmlichen Verhältnissen, keine Chance mehr sehen und so den radikalen Entschluss fassen, für ihr Vaterland zu sterben.
Die Innensicht ermöglich so neue Einsichten.
Pavle, Mitglied der Schwarzen Hand, eines nationalistisch-serbischen Geheimbundes, fungiert als Schleuser, die Jungen über die Grenze bringt. Danilo Ilic ist ihr Ausbilder, Begleiter und "Aufpasser".
Im Hintergrund agieren "Dimitrijevic, Mitbegründer und Anführer der Schwarzen Hand, und Tankosic, zweiunddreißig Jahre alt, Major der serbischen Armee und ehemaliger Tschetnik im Kampf gegen die Osmanen" (13), der überzeugt ist, dass die Jungen trotz ihrer Jugend den Auftrag meistern werden:
"Ilic meint, Gavrilo ist lungenkrank und weiß, dass er nicht lange zu leben hat. - Ach, und deshalb ist es ihm egal, dass er dabei draufgeht? - Er will nicht abtreten, bevor er etwas Großes für Serbien getan hat." (17)
Auf österreichischer Seite spielt Potiorek eine entscheidende Rolle, der Landeschef von Bosnien-Herzegowina schlägt alle Warnungen zu einem möglichen Attentat in den Wind und schätzt die Zustimmung zur Monarchie in Sarajewo falsch ein.
"Sarajevo ist sicher. Die Bevölkerung freut sich auf den Besuch. Es ist eine Ehre für diese Stadt." (35)
"Feldzeugmeister Potiorek hat die Armee aus der Stadt verbannt. Wir sollen nicht als Besatzungsmacht auftreten, sagt er. Er will fröhliche Menschen auf den Straßen, die Eure Hoheit mit Begeisterung zujubeln, und keine Soldaten." (49)
Hinzu kommt das Franz Ferdinand ausgerechnet an einem nationalen Gedenktag der Serben in Sarajevo seinen Auftritt hat. Markovic sieht die Gefahr, die davon ausgeht.
"Ein Gutteil der Bevölkerung sieht in der Annexion durchaus einen Vorteil, besonders wirtschaftlicher Art. Nicht wenige, vor allem die bosnischen Serben, betrachten die Österreicher allerdings als Besatzer und Unterdrücker." (37)
Besonders interessant sind die Szenen, die den Thronfolger mit seiner Frau Sophie und den drei Kindern zeigen. Unbekannt dürfte den meisten sein, dass die beiden eine morganatische Ehe führten. Da Sophie von niederem adligen Stand ist, wird sie behandelt wie eine legitimierte Mätresse, die Nachkommen sind von der Thronfolge ausgeschlossen. Aber die beiden lieben sich und Franz Ferdinand hat jahrelang um diese Ehe gekämpft. Im Privaten erscheint er als liebevoller Ehemann und Vater, in der Öffentlichkeit und seinen Untergebenen gegenüber wirkt er jedoch oft cholerisch.
Sie hingegen ist durchweg sympathisch, will ihre Kinder zur Selbstständigkeit erziehen und freut sich auf den Auftritt in Sarajevo, da sie nur bei militärischen Manövern an der Seite ihres Mannes stehen darf. Bei offiziellen Anlässen in Wien ist ihr dies nicht erlaubt.
Im Verlauf der Handlung streben die einzelnen Handlungsstränge aufeinander zu. Die Attentäter nähern sich Sarajevo, das Schleusen über die Grenze ist unglaublich spannend beschrieben, während der Geheimdienst ihnen langsam auf die Spur kommt - zwar fiktiv, trotzdem spannend.
Der Thronfolger reist via Schiff Richtung Sarajevo, Sophie mit der Bahn zu ihrem luxuriösen Domizil, während die Attentäter in ihrem Unterschlupf immer wieder von Zweifeln geplagt werden. Die Innensicht aller Beteiligten ermöglicht den Leser*innen selbst die Attentäter als Menschen wahrzunehmen, ihre Motive nachzuvollziehen, auch wenn man letztlich kein Verständnis für ihre Tat aufbringen kann.
Ein sehr dichter Roman, vor allem die Schilderung des letzten Tages - den muss man zusammenhängend lesen. Die fiktiven Zeitangaben über den Kapiteln verstärken die Dichte der Ereignisse, nebenbei verleihen sie dem Geschehen wie auch die Zeitungsbericht zusätzlich Authentizität.
Besser als alle Geschichtsbücher und viel spannender, war der Tenor in der Leserunde, in der der Autor selbst unsere Fragen beantwortet hat.
Klare Lese-Empfehlung!
Europa im Juni 1914: Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Der Thronfolger Österreich-Ungarns, Erzherzog Franz Ferdinand und seine Frau Sophie, werden zu einem Besuch in Sarajevo erwartet. Nach einem Militärmanöver wollen sie auch die Innenstadt besuchen. Doch auf dem Balkan brodelt es. Drei junge Serben, der 19-jährige Gavrilo Princip und seine beiden gleichaltrigen Kameraden, bereiten ein Attentat auf den Thronfolger vor, denn sie trachten ihm nach dem Leben. Dabei werden sie unterstützt von einer heimlich agierenden serbischen Organisation. Der Geheimdienst hat allerdings Wind von der Sache bekommen. Major Rudolf Markovic ist den Verschwörern auf der Spur und will das Attentat verhindern. Es beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit.
„Der Attentäter“ ist ein historischer Thriller von Ulf Schiewe.
Meine Meinung:
Das Buch besteht aus sieben Kapiteln – unterteilt in die Wochentage zwischen Montag, 22. Juni, und Sonntag, 28. Juni 1914. Zudem gibt es einen Pro- und einen Epilog. Erzählt wird im Präsens abwechselnd aus verschiedenen Perspektiven –aus der Sicht des Erzherzogs und seiner Frau, der der Attentäter, der eines Geheimdienstoffiziers und vieler weiterer Personen. Jeder dieser Abschnitte ist überschrieben mit einer genauen Uhrzeit und einem Ort. Diese einheitlichen Angaben machen die Orientierung leicht. Der Aufbau ist sinnvoll durchdacht und funktioniert gut.
Der Schreibstil ist schnörkellos, aber anschaulich und dank viel wörtlicher Rede lebhaft. Etwas störend sind nur zahlreiche Tipp- und Zeichenfehler.
Im Fokus stehen zweifelsohne Thronfolger Franz Ferdinand sowie die Gruppe der Attentäter, also Personen, die real existierten. Sie werden unter anderem ergänzt um den fiktiven Major Markovic, eine interessante und authentisch anmutende Figur. Die Gedanken- und Gefühlswelt der Akteure wird dabei sehr gut deutlich. Trotz der schnellen Perspektivwechsel kommt man den Personen nahe. Auffallend ist die Vielzahl an Charakteren. In Verbindung mit etlichen unbekannten Namen ist das zunächst etwas verwirrend. Ein Personenverzeichnis, das darüber Aufschluss gibt, welche Figuren rein fiktiv sind, hilft jedoch weiter.
Die historische Thematik hat meine Neugier auf den Roman geweckt. Gut gefällt mir, dass sich der Autor so nah an die tatsächlichen Begebenheiten hält und Fakten und Fiktion auf gelungene Weise verbindet. Die fundierte Recherche wird nicht nur im Nachwort („Anmerkungen des Autors“) deutlich, das die Handlung des Romans einordnet und mit weiteren Informationen ergänzt. Selbst wer mit dem Attentat und seinen Umständen bereits vertraut ist, hat die Möglichkeit, beim Lesen noch einiges zu lernen. Wer dagegen wenig Ahnung von dem historischen Geschehen hat, kann der Handlung ebenfalls gut folgen. Dazu trägt auch das sinnvolle Glossar bei.
Obwohl der Ausgang des Attentats hinreichend bekannt ist, wird die Lektüre nicht langweilig. Die Handlung ist dennoch fesselnd und gleichzeitig abwechslungs- und facettenreich. Auf annähernd 500 Seiten entstehen keine Längen.
Das Cover passt gut zum Inhalt. Auch der prägnante Titel ist treffend gewählt, wobei „Die Attentäter" vielleicht sogar noch besser formuliert wäre.
Mein Fazit:
„Der Attentäter“ von Ulf Schiewe ist ein auf historischen Begebenheiten basierender Thriller, der mich rundum überzeugen konnte. Nicht nur für Geschichtsfans eine unterhaltsame und interessante Lektüre.
Der österreichisch-ungarische Thronfolger soll im Juni 1914 in der Nähe von Sarajevo einem Manöver beiwohnen. Seine Frau Sophie begleitet ihn auf der Reise, denn es soll auch einen angenehmen Teil geben, während dessen er nicht auf seine geliebte Gattin verzichten möchte. In Sarajevo kursieren Gerüchte, dass Mitglieder der „Schwarzen Hand“, einer geheimen serbischen Terrororganisation, einen Anschlag auf das Thronfolger-Paar planen. Major Markovic vom österreichisch-ungarischen Geheimdienst versucht zum einen herauszufinden, ob an den Gerüchten etwas dran und falls ja, das Attentat zu verhindern. Gleichzeitig sind jedoch wenige Polizisten und andere Sicherheitsleute vor Ort, so das keine lückenlose Absicherung des hohen Besuches gewährleistet ist.
Aus Sicht von Thronfolger Franz Ferdinand und seiner Frau Sophie, der Sicherheitsdienste und der Attentäter wird über die Woche vor dem Attentat und über das Attentat berichtet. Die Gruppe von Attentätern hat die Tat ausgiebig geplant und geübt. Der Geheimdienst erfährt von den Plänen und seine alle Kraft des Apparates in Bewegung, um das Attentat zu verhindern und die mutmaßlichen Täter zu verhaften. Die glücklich verheirateten Thronfolger freuen sich auf die Reise wie auf einen Urlaub. Besonders Franz Ferdinand mag nicht glauben, dass ihnen jemand nach dem Leben trachten könnte.
Man glaubt gar nicht, dass ein historisch verbürgtes Ereignis zu einem so spannenden Roman führen kann. Von dem Attentat auf den Thronfolger weiß man aus dem Geschichtsunterricht und man erinnert sich, dass es als Auslöser für den ersten Weltkrieg genommen wurde. Dass mit Franz Ferdinand einer getötet wurde, der eher gegen einen Krieg war, ist schon eine bitterböse Ironie. In diesem historischen Roman wird das Thronfolger-Paar sehr menschlich und auch sympathisch dargestellt, nicht so herrschaftlich von oben herab, wie man sich es vielleicht vorstellt. Doch auch die Attentäter werden nicht als dumme Mörder beschrieben, sondern eher wie junge Menschen, denen eine schwere Krankheit, die Tuberkulose, die Zukunft genommen hat. Da sie eh nichts mehr zu verlieren hatten, haben sie sich der „Schwarzen Hand“ angeschlossen. Ein besonderes Spannungsmoment besteht darin, dass der Geheimdienst immer wieder knapp davor ist, das Attentat zu verhindern. Und so läuft die packende Handlung auf ihr bedauerlicherweise unausweichliches Finale hin. Ein toller Roman über ein geschichtliches Ereignis, das dem Leser so ungemein nahe gebracht wird.
„Ich danke Ihnen für die Besorgnis um unseren Thronfolger. Aber wegen ein paar Gerüchten können wir nicht die Reise absagen.“ (Zitat Seite 230)
Inhalt
Mlada Bosna ist eine serbisch-nationalistische Organisation junger bosnischer Serben, die mit allen Mitteln für ein vereinigtes Großserbien kämpfen. Auch der neunzehnjährige Gavrilo Princip und seine beiden gleichaltrigen Freunde Nedeljko und Trifko gehören zu dieser Vereinigung. Intensiv geschult und ausgebildet durch Mitglieder des serbischen Geheimbundes Schwarze Hand, bereiten sie ab März 1914 einen Anschlag auf das österreichische Thronfolgerpaar vor. Ausgerechnet am 28. Juni, dem serbischen Gedenktag an die Schlacht auf dem Amselfeld, werden Erzherzog Franz Ferdinand und seine Gattin Sophie Sarajevo besuchen. Immer wieder hört Major Rudolf Markovic vom österreichischen Geheimdienst Gerüchte über ein geplantes Attentat, doch ein Thronfolger lässt sich nicht durch Gerüchte beeinflussen. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt…
Thema und Genre
Dieser historische Thriller handelt von dem Anschlag am 28. Juni 1914 auf das österreichische Thronfolgerpaar, auf die politischen Zusammenhänge und die massiven Fehleinschätzungen, die dazu geführt haben, dass dieses Attentat nicht verhindert wurde.
Charaktere
Die historisch bekannten Personen, aus den Seiten der geschichtlichen Datensammlungen und Sachbücher in diese dichte Handlung der letzten Woche vor dem Attentat zurückgeholt, werden für den Leser zu handelnden, fühlenden, zweifelnden Menschen. Die Schilderung der Charaktere auf Grund von Quellen und intensiver Recherche ergibt ein neues, erweitertes Bild, in dem auch die Täter nicht automatisch die Bösen sind, sondern junge Idealisten, die glauben, das Beste für Serbien zu tun. Dazwischen schieben sich Wohlfühlszenen des Thronfolgerpaares, zuerst in der Familie, dann während der Reise, die auch Herzogin Sophie sichtlich genießt. Ergänzt werden die realen Personen durch einige fiktive Charaktere, die das Gesamtbild abrunden.
Handlung und Schreibstil
Ein Ereignis, das bereits ob seiner geschichtlichen Tragweite in zahlreichen Biografien, Sachbüchern und Dokumentationen geschildert und im Jahr 2014 nochmals intensiv diskutiert wurde. Ein Anschlag, bei dem Tatzeit, Täter, Opfer, Tathergang und Hintergründe bekannt sind, wir Leser wissen schon vorab, was passieren wird. Dennoch entwickelt der Autor aus diesen Tatsachen eine intensive, packende, neue Geschichte. Unterschiedliche Perspektiven, eine personale Erzählweise, die abwechselnd Gavrilo Princip und die Vorbereitungen des Attentats, Erzherzog Franz Ferdinand und die Reise, sowie Rudolf Markovic und seine Recherchen in den Mittelpunkt stellt, sowie die straffen Zeitangaben mit teilweise minütlich gleichzeitigen Geschehnissen machen aus diesem Roman der Fakten, vermischt mit etwas Fiktion, ein Leseerlebnis, das man am besten mit „Geschichte lebt“ beschreiben kann.
Fazit
Eine überzeugende Mischung aus Biografie und Roman, welche die Tage vor dem Attentat von Sarajevo und den Anschlag selbst facettenreich, straff und spannend schildert. Interessante, genau recherchierte Hintergrundinformationen ergänzen die packend und stimmig neu erzählte Geschichte.
Geschichte miterleben
Im Juni 1914 rumort es in Europa gewaltig und die Katastrophe des Ersten Weltkriegs bahnt sich an. Auch wenn vermutlich jeder weiß, wie es ausgeht, ist der historische Thriller des Autors Ulf Schiewe extrem spannend und auch für geschichtlich weniger Versierte sehr anschaulich und interessant zu lesen.
Die Reise des Thronfolger Österreich-Ungarns, Franz Ferdinand, nach Sarajevo, die er unternimmt, um einem Militärmanöver beizuwohnen, endet mit seinem Tod. Schon seit Wochen bereiten sich ein paar junge Serben darauf vor, ein Attentat auf den verhassten Herrscher zu verüben. Doch der Geheimdienst bekommt Hinweise und versucht, den Thronfolger zu schützen und den Tätern zuvorzukommen.
Geschickt vermischt Ulf Schiewe historische Fakten mit Fiktivem, was immer realistisch und authentisch wirkt. Interessant ist auch, dass den Attentätern viel Raum gegeben wird. Sie werden als junge Abenteurer vorgestellt, die aus politischen, aber auch sozialen und persönlichen Gründen an der geplanten Tat teilnehmen und praktisch nichts mehr zu verlieren haben. Im Mittelpunkt steht ,, Der Attentäter", der junge Gavrilo Princip, der spätere Todesschütze. Mit ihm lebt und fühlt der Leser eher mit, als dass er ihn als Täter verurteilt.
Eindrücklich wird auch gezeigt, wie die jungen Männer von ihren Hintermännern benutzt werden. Auch der Thronfolger selbst und seine Familie werden von einer sehr privaten und sympathischen Seite gezeigt. Damit werden vorrangig nicht die historischen Ereignisse in den Mittelpunkt gestellt, sondern die Menschen, die diese erleben und mitgestaltet haben. Für den Leser wird Geschichte so hautnah und packend erzählt.
Interessant dabei ist auch, wie viele Zufälle, Pannen, Missverständnisse, aber auch Unwillen oder Unvermögen, die Gefahr für den Thronfolger zu erkennen, letztendlich zu dem Anschlag geführt haben.
,,Der Attentäter" ist ein wirklich lesenswertes Buch, das die Bezeichnung ,,historischer Thriller" wirklich verdient.