Der Architekt des Sultans

Rezensionen zu "Der Architekt des Sultans"

  1. Der Architekt der Langeweile

    Beschreibung
    »Es ist einfacher, eine Brücke einzureißen, als eine zu bauen.« Istanbul im 16. Jahrhundert. Es ist die Blütezeit des Osmanischen Reichs, die Stadt das wimmelnde Zentrum des Orients, als Jahan auf einem Schiff im Hafen anlegt. Aus dem fernen Indien angereist, führt er einen weißen Elefanten mit sich, ein Geschenk seines Schahs für die Menagerie des Sultanspalasts.
    So beginnt ein episches Abenteuer, in dem sich der aus ärmlichen Verhältnissen stammende Junge plötzlich im Herzen des mächtigen Reichs wiederfindet, inmitten des Prunks und des Reichtums. Ihm begegnen hinterlistige Höflinge, falsche Freunde, Zigeuner, Tierbändiger und die schöne Prinzessin Mihrimah. Doch es ist die Begegnung mit dem Hofarchitekten Sinan -
    dem berühmtesten Baumeister der islamischen Welt -, welche Jahans Schicksal für immer verändern wird. Gemeinsam bauen sie Moscheen und Paläste, Mausoleen und Aquädukte, die alle Zeiten überdauern sollen. Doch hinter Jahans neuem Glück lauern Intrigen und Kriege, deren Zerstörungswut größer scheint als alles Bestreben, Neues zu schaffen.

    Meine Meinung
    Der Funke ist leider nicht übergesprungen. So könnte man es am besten zusammenfassen. Eigentlich war der Einstieg in das Buch, nicht unbedingt in die Geschichte, perfekt. Ich liebte das Setting, das Elif Shafak entworfen hatte. Istanbul im 16. Jahrhundert. Eine osmanische Metropole voller Trubel, ein Gewusel von Menschen unterschiedlichster Kulturen, ein potpurrie von Düften, manche gut, manche weniger und an fast jeder Ecke Prachtbauten. Nur leider lebt ein Buch nicht alleine von der Kulisse, sondern die Geschichte sollte im Vordergrund stehen und die Kulisse allenfalls unterstützend mitwirken. Hier hatte ich das Gefühl es war umgekehrt.
    Die Charaktere sind leider ebenfalls sehr blass geblieben, dies gilt für Sinan genauso, wie für Jahan. Mit Jahan hatte ich während des Lesens ein ganz spezielles Problem. Jahan kam als naiver, liebevoller Junge von Indien nach Istanbul. Obwohl sich die Geschichte über Jahrzehnte spannte, sah ich Jahan fast bis zum Ende als den kleinen naiven Burschen, wenngleich er schon über 90 Jahre alt war. Irgendwie war diese Person seltsam dramaturgisch entwickelt worden. Ganz zum Schluss, sozusagen beim Epilog sah ich ihm tatsächlich als alten Mann, aber da hätte ich ihn gerne wieder jünger gesehen (ich teile nur einen Ausschnitt eines hochliterarischen Satzes am Ende: … wie die Scheide über mein Messer gezogen…) Wer jetzt echt neugierig geworden ist, der kann entweder direkt auf die Seite 629 blättern, oder sich, wie ich, durchkämpfen.
    Die Rahmenhandlung an sich war in Ordnung, aber leider wurde sie immer wieder von kleinen Flankengeschichten, die zum Teil interessant waren, zum Teil weniger, unterbrochen. Ich denke deswegen war es schwierig eine Beziehung zu den Menschen aufzubauen. Gerade wenn man in einer Szene abgetaucht war, kam wieder eine Zwischenerzählung, die einen schroff aus dem Schauplatz herauszog. Weniger Unterbrechungen an anderen Stellen hätte ich besser gefunden. In der Beschreibung des Buches steht, es lauern überall Intrigen, Kriege und Zerstörungswut. Ja all dies gab es aber derart unaufgeregt distanziert erzählt, dass man es sofort wieder vergisst.
    Insgesamt hatte das Buch seine Längen und ich musste wirklich kämpfen. Ich meine knapp 650 Seiten sind schon außerhalb meiner Komfortzone, aber wenn es sich wie ein Kaugummi zieht, dann ist dies wahrlich kein Erlebnis. Ohne diese Unterbrechungen hätte dieses Buch wohl 300-400 Seiten gehabt und diese Anzahl wäre mehr als genug gewesen.
    Ich hätte gerne noch viel mehr über Jahan und Sinan erfahren, Dinge die die Personen greifbarer für mich gemacht hätten, stattdessen verhungerten Sie auf der Oberfläche. Eigentlich wollte ich bevor ich anfing diese Rezension schreiben drei Sterne vergeben, doch nach nochmaligen Durchlesens meiner Anmerkungen werden es leider nur zwei Sterne. Die drei Sterne wären auch nur wwegen der Kulisse gewesen, doch Istanbul im 16. Jahrhundert gab es schon und wurde nicht von der Autorin erfunden. Mal sehen, ob ich Elif Shafak nochmals eine Chance gebe. Vielleicht ein dünneres Buch.

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  1. Die Liebe zur Architektur als Sinn des Lebens

    Die Autorin Elif Shafak entführt uns sprach-gewaltig in das Jahr 1574, nach Istanbul und dort in den Palast des Sultans. Jahan, die Hauptperson dieses geschichtsträchtigen Romans, ist ein 12-jähriger Junge, ein Elefantenführer. Mit ihm zusammen in den Prachtbau gekommen, ist sein Elefant Chota, der Jahan über Jahrzehnte hinweg ein beständiger und verlässlicher Gefährte werden soll.

    Eines Nachts, als die meisten im Herrschaftshaus bereits schlafen, wird es unruhig. In der Dunkelheit ertönt das grimmige Knurren eines der Kaspischen Tiger. Auch die anderen exotischen Tiere benehmen sich anders als sonst. Jahan schleicht sich in den Hof um den Grund dafür herauszufinden. Was ist es, das die Tiere so nervös macht? Verbotener weise dringt er tiefer in den Besitz ein, da macht er einen erschreckenden Fund … so startet Elif Shafak ihre Geschichte, die um die historische Person, dem Meister Sinan, dem Hofarchitekten und größten osmanischen Baumeisters, gesponnen ist. Mit seinen vier Schülern ist er mit seinem nächsten Auftrag beschäftigt, dem Entwurf eines Hamam, ein Dampfbad für den Palast des Sultans. Einer dieser Schüler wird Jahan sein, der von da an seinen Weg als Bauzeichner und Elefantenführer gehen wird.

    Istanbul, war zu der Zeit die Hauptstadt eines riesigen Reiches, das von Ungarn bis Bagdad und Algerien reichte. Das Osmanische Reich war am Gipfel seiner Macht, was sich in einer Vielzahl von imposanten Palästen und Moscheen eben jenes Architekten, Sinan, widerspiegelte. Istanbul eine schillernde, schnell wachsende Stadt, mit seinen Bewohnern aus vielen verschiedenen Nationalitäten und Religionen – dies alles verbindet die Autorin in ihrem faszinierenden und fesselnden Roman.

    Ein wunderbares Buch, eindringlich und ausdrucksstark geschrieben. Schon der Prolog, in dem der dann bereits 98-jährige Jahan, sich in wieder seiner Heimat Indien befindend auf sein Leben zurückblickt, ist nahezu philosophisch. Sätze wie ”Könnte ich nur in der Rückschau behaupten, ich hätte ebenso sehr zu lieben gelernt wie das Lernen geliebt!” gehen buchstäblich unter die Haut.
    Elif Shafak schafft es, dass beim Lesen ein Film vor unserem inneren Auge abläuft, so farbenfroh und deutlich schildert sie das Leben in der damaligen Zeit. Die Geschichte um Jahan lässt uns eintauchen in eine märchenhafte Welt, doch das wahre Leben in 1001 Nacht ist eher erschreckend und birgt zahllose, dunkle Geheimnisse.
    Gerne möchte ich dieses Buch weiter empfehlen und vergebe ihm fünf von fünf Sternen.

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