Der Angstmann: Kriminalroman

Buchseite und Rezensionen zu 'Der Angstmann: Kriminalroman' von Frank Goldammer
4.5
4.5 von 5 (8 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Der Angstmann: Kriminalroman"

Ein bedingungsloser Appell an Menschlichkeit und Gerechtigkeit.


Dresden, November 1944: Die Bevölkerung leidet unter den anhaltenden Kriegszuständen und den täglichen Entbehrungen. Flüchtlingsströme drängen in die Stadt. Bombenalarme gehören zum Alltag. Da wird Kriminalinspektor Max Heller zu einer grausam zugerichteten Frauenleiche geholt. Schnell geht das Gerücht um: Das war der Angstmann, der nachts durch die Ruinen schleicht. Heller gibt nichts auf das Gerede. Inmitten der Wirren des letzten Kriegswinters macht er sich auf die Suche nach einem brutalen Frauenmörder. Nicht nur sein linientreuer Vorgesetzter Rudolf Klepp legt Heller dabei Hindernisse in den Weg. Als im Februar 1945 die Stadt in einem beispiellosen Bombenhagel dem Erdboden gleich gemacht wird, hält man auch den Mörder für tot. Doch der Angstmann kehrt zurück ...

Format:Kindle Edition
Seiten:336
EAN:

Rezensionen zu "Der Angstmann: Kriminalroman"

  1. Dramatisch und atmosphärisch

    Der Angstmann geht um! In den dunklen Bombennächten Dresdens werden junge Frauen auf grausamste Weise ermordet und verstümmelt. Kriminalinspektor Max Heller hat bei seiner Suche nach dem unheimlichen Täter nicht nur mit den Schrecken und dem Chaos des Krieges zu kämpfen, sondern muss sich auch gegen die unmenschliche Befehle seines unzulänglichen Vorgesetzten durchsetzen.
    Frank Goldammer lässt mit diesem Band seinen Ermittler Max Heller zum ersten Mal auftreten. Der Schauplatz für einen Kriminalroman ist so ungewöhnlich wie düster und beklemmend. Das letzte Aufbäumen des Krieges, die entsetzliche Nazidiktion, der verheerende Bombenhagel auf Dresden. Dieses furchterregende Szenario hat Goldammer atmosphärisch und authentisch zu Papier gebracht. Die Szene, als Heller die Bombardierung und Feuersturm überlebt, geht tief. Heller, der schon den zweiten Weltkrieg überlebt hat und nun erneut traumatisiert wird, behält aber immer seine Menschlichkeit. Heller glaubt an nichts, außer an sich selbst. Selbst in Zeiten der absoluten Not zwischen all den schrecklichen Momenten, bleibt er integer, anständig. Auch als die Russen das zerstörte Dresden besetzen, folgt er unbeirrt, erhobenen Hauptes seinem moralischen Imperativ.
    Für mich ist dieser erste Band der stärkste aus der Reihe (Band 3 und 4 habe ich entgegen meiner Serienvorliebe zuerst gelesen). Frank Goldammer verbindet in seinem Roman historische Elemente mit einer rasant spannenden Kriminalhandlung. Mit seinen sehr plastischen Beschreibungen der Tat, der Opfer und der Verwüstung, aber auch mit enormer Empathie für seinen Ermittler zieht er den Leser in einen unbeschreiblichen Bann.

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  1. Ein Dresdner Kriminalist

    Schon einmal hat der Dresdner Frank Goldammer seine Heimatstadt als zerstörte Stadt beschrieben. Während aber FELDWEBEL sich durch eine (fast) menschenleere Stadt bewegte, und der Blogger hier den Weg ohne Stadtplan mitverfolgte, atemlos, stellt er nun fest, atemlos ist etwas Anderes. FELDWEBEL war Sience Fiction, war Fantasy, ein Genre, was Frank gern bediente…

    DER ANGSTMANN. Ich gebe zu, da war ein klein wenig Skepsis. Was habe ich hier in den Händen? Wirklich „nur“ einen Kriminalroman, oder ist da noch etwas, etwas, das nicht von dieser Welt ist, vorhanden? Wer oder was mordet sich da durch das von Flüchtlingen überfüllte Dresden Ende 1944, Anfang 1945?

    Wer mich kennt weiß, dass ich dem fantastischen Genre nicht übermäßig zugeneigt bin. Dem schreibenden Maler- und Lackiermeister dagegen schon. Wenige Seiten nach Beginn hatte ich die Befürchtung vergessen. Sie kam kurz wieder, verschwand aber auch schnell.

    „Wie viel ist ein Menschenleben wert, wenn die Welt in Trümmern liegt?
    Der erste Fall für Kriminalinspektor Max Heller.“ (dtv)

    Max Heller, Soldat des 1. Weltkrieges, nun Kriminalist in Dresden: Kriminalinspektor. Verheiratet. Zwei Söhne im Krieg. Leben sie noch? Parteilos. Organisationslos. Ein Ausnahmefall, weil die Kriminalpolizei doch in der Hand der sogenannten Schutzstaffel stand. Schwarz uniformiert sein Chef. Dienstgrad Obersturmbannführer.

    Heller scheint ein guter Ermittler zu sein. Vorsichtig. Überlegend. Gerufen zu einem grausigen Mord an einer Frau, weitere werden folgen. Besonders extrem einer, bei der das Opfer, dem die Organe förmlich freigelegt wurden, noch lebt… Langsam kommt er auf die Spur des ANGSTMANNES. So wird eine unheimliche Erscheinung von den Dresdnern genannt. Immer wieder wird Heller behindert von Klepp, dem Chef. Abkommandiert an den Stadtrand zur Koordinierung der Flüchtlingsströme aus dem Osten:

    „Als er das erste Mal hier im Flüchtlingslager war, war er entsetzt, was für ein Anblick sich ihm bot. Wie aus einer anderen Welt wirkten die Menschen, heimatlos, gejagt, desillusioniert, dreckig, auf die niedersten Instinkte reduziert, ihre Notdurft da verrichtend, wo sie gerade standen, immer vorangetrieben von dumpfer Angst und der Hoffnung, ein großes Übel gegen ein kleineres tauschen zu können.

    Und doch waren auch das Landsleute von ihnen, Deutsche, die Frauen mit ihren Kopftüchern genau wie die Männer in Fellstiefeln, zahnlos, halb verhungert, stumpf im Gesicht, ausdruckslos. Vor ihren Wagen hatten sie Klepper gespannt, die nur noch nicht wussten, dass sie tot waren, sonst wären sie auf der Stelle umgefallen.“ (Seite 49)

    Fernsehbilder von irgendwo auf der Welt von heute, verlegt an den Stadtrand von Elbflorenz. Noch hat Max Heller einen Ausweg, es ist erst der 18. Dezember 1944.

    „Jeden Abend verließ er diese Welt, um zurückzukehren in ein warmes Heim, mit einer warmen Mahlzeit. Tag für Tag mit einem schlimmeren Gefühl der Hoffnungslosigkeit, denn der Strom der Menschen riss nicht ab. Waren ein paar hundert abgefertigt und zu ihrem neuen Bestimmungsort losgeschickt, so kamen hunderte, tausende neue Flüchtlinge nach. Ihre Sprache wurde fremder und der Wille der Einheimischen, sie aufzunehmen, sie als Landsleute anzuerkennen, wurde schwächer und schwächer, denn sie waren Konkurrenten um die wenigen Lebensmittel, um den Wohnraum, um die Kleidung. Die Angst, selbst nicht genug zu bekommen, wurde dafür stärker…“ (Seite 50)

    Plötzlich soll er nachts auf Streife gehen. Die Luftschutzalarme berühren kaum. Bis jetzt flogen die Bomberverbände immer vorüber. Der ANGSTMANN macht auch dem Klepp zu schaffen.

    Da kristallisiert sich ein Tatverdächtiger heraus. Heller schießt, doch er kann entkommen. Es ist der 13. Februar 1945 und die hier folgenden Seiten sind von einer Eindringlichkeit, dass es einem sprachlos macht. Der Feuersturm, reduziert auf eine Person, auf Max Heller und wenige Begegnungen mit anderen Menschen, die Orientierungslosigkeit, die Hitze, das Gedröhn der Bomber… Heller findet zu seiner Frau, die kurz davor war, sich in ein Feuer zu stürzen, wie sie später erzählt.
    Nie las ich so von dieser Bombennacht.

    Doch die Angst vorm ANGSTMANN, die ist noch nicht vorbei. So endet der erste Teil.

    * * *

    16. Mai 1945. Der Krieg ist vorbei. Und der ehemalige Polizist ermittelt weiter. Ohne die Rote Armee geht nichts in der Stadt. Krach, Lärm, Schüsse, betrunkene Soldaten, Flüchtlinge, Vergewaltigungen, Verhaftungen aber auch Lebensmittel und der Aufbau einer Art Verwaltung, das bringt die Rote Armee. Anerkennung erwirbt er sich nach und nach von einem jungen sowjetischen Kommissar. Er kommt dem Mörder näher, gemeinsam mit Alexej Saizev. Gleich wird er ihn haben den ANGSTMANN, er weiß schon, wer er ist. Und doch: Ist er auch der Mörder der Frauen?

    * * *

    DER ANGSTMANN ist der erste Roman um einen Kriminalisten, der viel, eigentlich zu viel, für einen Menschen gesehen hat. Zwei Kriege. Zerstörung, Wiederaufbau. Vier verschiedene Deutschland. Sein einziger Knacks, das Trauma einer Verschüttung im ersten großen Krieg, es bricht hervor in der Bombennacht und immer wenn er ermittelnd in teils zerstörte Kellerräume muss. Ein aufrechter, ein sehr ehrlicher Mann. Ein Charakter, den die Krimilandschaft schon lange nicht mehr hervorgebracht hat.

    „Sind sie ein Nazi? Oder sind sie jetzt Kommunist?“ –
    „Ich bin Max Heller.“

    Frank Goldammer ist angekommen. Nicht nur auf unserem Blog. Nun erobert er sich die großen Verlage. Hier ist es erstmal der dtv. Wir wünschen ihm weitere solche Erfolge. Er hat es sich schreibend erarbeitet. Mit bereits vielen Büchern. Den Max Heller empfehle ich meiner und eurer Beobachtung. Frank wird mir, so wir uns im November auf der SCHRIFTGUT sehen, hoffentlich viele Fragen beantworten. Vorab kann man hier schon mal ein Interview nachlesen. Und die Schauplätze ansehen.

    https://litterae-artesque.blogspot.com/2016/10/goldammer-frank-der-angstmann.html

    © Bücherjunge

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  1. 3
    20. Okt 2017 

    Trügerisch

    Ende 1944 in den Kriegswirren geschieht in Dresden ein Mord an einer jungen Frau. Sie wurde übelst zugerichtet. Kommissar Max Heller übernimmt die Ermittlungen. Er ist einer der wenigen, die noch normale Polizeiarbeit ausführen dürfen. Wegen einer Verletzung aus dem ersten Weltkrieg ist er nicht kriegstauglich. Doch er und seine Frau sorgen sich außerordentlich um die beiden Söhne, die an der Front kämpfen. Durch die häufigen Bombenwarnungen werden die Untersuchungen ebenso behindert wie durch Hellers Chef, der den Fall unbedingt schnellsten gelöst haben will. Schließlich sollen bald auch noch die letzten jungen Männer eingezogen werden. Und die Verstorbene war mit einem Juden verheiratet gewesen. Da bietet der sich als Täter doch förmlich an.

    Kommissar Max Heller ermittelt in einer Extremsituation. Ende 1944 zeichnet sich schon ab, dass der Krieg nicht zu gewinnen ist, doch die sogenannten Herrenmenschen sind noch an der Macht. Und so müssen die, die sich eigentlich eine andere Welt wünschen, ausgesprochen vorsichtig sein in ihrem Verhalten. Ein Denunziant könnte überall lauern. Dass sein direkter Vorgesetzter unbedingt eine bestimmte Lösung haben möchte, macht es auch nicht leichter. Erst ein zweiter Mord führt dazu, dass zumindest weiter nach dem Täter gesucht werden kann. Doch nur schleppend geht es voran.

    Es scheint seltsam unpassend, dass in Kriegszeiten auch „normale“ Verbrechen geschehen können. Man könnte meinen, das kann doch nicht sein. Durch Krieg, Hunger und Tod sollte genug Leid unter den Menschen sein, es dürfte nicht noch irgendwelche Verbrechen brauchen. Doch ein Mörder ruht nicht und bringt Unheil über die Stadt. Die Menschen haben Angst, umso mehr seit dieser Mörder umgeht. Man möchte sie hinein fühlen in die Welt der vielen Mitläufer und der wenigen Aufrechten, man möchte sie durchdringen die noch existierenden Verbindungen zwischen den noch Machthabern. Ein wenig fern bleibt die Szenerie und doch verfängt man sich im Geschehen. Gerade Dresden, die so sehr zerbombte Stadt, bildet eine berührenden Hintergrund für diesen Kriminalroman, mit dem ein neuer Ermittler vorgestellt wird.

    Max Heller bei seinem ersten Fall, der mit einer ganz anderen spannenden Ausgangssituation endet als zu erwarten gewesen wäre.
    3,5 Sterne

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  1. Ein Krimi mit Hintergrund

    Der Angstmann von Frank Goldammer

    Kriminalinspektor Max Heller muss sich im kargen Dresden des Jahres 1944 rumschlagen. Es sind schwere Zeiten....kaum Ressourcen, aber es passieren trotzdem Morde, die von vielen treuen Anhängern des Regimes klein gehalten werden, sie sehen höhere Ziele als wichtiger an. Das Reich soll sich um den Sieg kümmern, das ist oberste Priorität.
    Dies alles macht Heller sehr zu schaffen, der trotz des Krieges seinen Job gut machen möchte. Als die Krankenschwester Klara Bellmann aufgeschlitzt aufgefunden wird, kommen Heller Gerüchte vom Angstmann zu Ohren. Er tut dies zunächst als Spinnerei ab, doch als das nächste Opfer auftaucht, diesmal gehäutet, ist er sich dessen nicht mehr ganz so sicher. Doch die Wirren des Krieges bringen alles noch einmal durcheinander......

    Dieser Kriminalroman hat mir sehr gut gefallen. Es ist mal etwas anderes in dieser Zeit den Ermittlungen zu folgen. Ich als Leser bekam auch nebenher zum Kriminalroman einige geschichtliche Fakten, gespickt mit den unterschiedlichen Auffassungen der Protagonisten. Und gerade das gefiel mir persönlich am besten, der unterschwellige Hass Hellers gegen das Regime, gepaart mit dem Bewusstsein nichts erreichen zu können ohne an die Wand gestellt zu werden. Sehr gut wurde dies alles in Emotionen verpackt von Frank Goldammer, die einem fast das Gefühl gaben mittendrin im Dresden der damaligen Zeit zu sein. Generell würde ich sagen, dass der Krimi sich eine ebenbürtige Rolle mit der Geschichte des Krieges teilt. Als der Krieg zu Ende ist, geht zwar bald die Ermittlung weiter, doch die Seite nach dem Krieg ist ebenso sehr präsent. Das Schicksal Hellers, das seiner Frau und einiger weiterer Charaktere liegt dem Autor am Herzen, das gefiel mir. Ich bin gespannt, wie es im nächsten Teil weitergeht, der für das kommende Jahr geplant ist.

    Absolute Leseempfehlung!

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  1. Eindrücklicher historischer Krimi

    ,,Der Angstmann“ spielt in Dresden in den Jahren 1944/45. Während die Dresdener vor allem im Winter unter den knapp bemessenen Lebensmittelrationen, der Armut und den täglichen Entbehrungen leidet, wird Kriminalinspektor Max Heller zu einer grausam zugerichteten Frauenleiche geholt. Da alle wehrtauglichen Männer an der Front sind, ist Heller auf sehr wenige Helfer angewiesen. Denn nicht nur sein linientreuer Vorgesetzter Klepp legt ihm dabei allerhand Hindernisse in den Weg. Heller weiß auch nicht, wem er in den Wirren dieser Zeit überhaupt trauen kann. Schon bald findet man eine weitere Frauenleiche, wieder grässlich in Szene gesetzt. Und schon geht das Gerücht um, dass der ,,Angstmann“ heulend nachts durch die Ruinen schleicht und sich seine Opfer sucht.
    Max Heller wird als sympathischer, ehrlicher und geradliniger Polizist dargestellt, der aber auch menschliche Schwächen zeigt. So stellt er sich z.B. nicht offen gegen seinen Vorgesetzten, er greift nicht in ein brutales Verhör ein, da ihm dazu der Mut fehlt und er sich und seine Frau Karin nicht in Gefahr bringen will.
    Sehr eindrücklich sind die Schilderungen der entbehrungsreichen Lebensumstände, die Sorge um die Söhne im Krieg, von denen seit Monaten jegliche Nachricht fehlt. Besonders das Inferno der Bombardierung Dresdens wird so authentisch und eindringlich beschrieben, dass man als Leser das Gefühl hat, hautnah dabei zu sein. Man sieht durch Hellers Augen die völlig zerstörte, fremd gewordene Stadt, die Kinder, die ihre Eltern suchen, den alten Mann, der mit einem Handwägelchen durch die Ruinen zieht...
    Der Kriminalfall selbst gerät dabei schon fast zur Nebensache. Doch der Angstmann hat den Bombenhagel überlebt und so sucht Heller, der von seinen Vorgesetzten nicht nur keine Unterstützung bekommt, sondern regelrecht schikaniert wird, den Täter alleine weiter. Dabei kann man Max Hellers Spürsinn nicht immer ganz schlüssig mitverfolgen, da er auf eigene Faust ermittelt und seine Erkenntnisse mit niemandem teilt, auch nicht mit dem Leser. Dennoch ist der Krimi sehr spannend und empfehlenswert.

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  1. Heller sucht den Angstmann

    Dresden im Winter 44, Elend, Not und Hunger, wohin man blickt. Kripomann Max Heller hat nur noch sehr unzulängliche Mittel die Ordnung aufrecht zu halten. Da wird die schlimm zugerichtete Leiche einer jungen Krankenschwester entdeckt, sein Vorgesetzter, ein strammer SS Mann, der noch unverdrossen an den Endsieg glaubt, hat in einem Juden den idealen Täter gefunden. Heller weiß, wie absurd, diese Theorie ist. Auch als die Leiche einer zweiten jungen Frau auftaucht, rituell wie ein Todesengel zugerichtet, hat SS Mann Klepp mit einem Fremdarbeiter gleich den passenden Täter an der Hand.
    Max Heller ist ziemlich allein, wem kann man in diesen Tagen noch trauen, eine abweichende Meinung wird schnell zu Wehrkraftzersetzung und Volksverhetzung, aber er will sich nicht verbiegen und sich mit diesen Fehlurteilen zufrieden geben.
    Beeindruckend war für mich, wie plastisch Dresden in den letzten Kriegsmonaten beschrieben wird. Faszinierend und beängstigend zugleich. Deutlicher als in einem Geschichtsbuch sind mir die Stimmungen und die Gefühle der gebeutelten Menschen geworden. Ob sie nun glühende Anhänger des Führers waren und an Endsieg und Wunderwaffe glaubten, oder schon resigniert auf das Ende warteten. Nur leise wurde vom aussichtslosen Kampf gesprochen, die Angst vor den Russen war allgegenwärtig und dabei stand die letzte Prüfung Dresdens noch bevor. Dieser Hintergrund macht diesen Kriminalroman außergewöhnlich. Die Figur Max Heller, der sich nicht verbiegen lassen will, nur seine Arbeit machen möchte, aber der die Flut der Flüchtlinge, den Hunger und die Kälte nicht ausblenden kann, ist wie ein Lichtblick. Dabei hat er gar nichts Heldenhaftes an sich. Er ist in seinen Ängsten und Zweifeln zutiefst menschlich beschrieben. In dieser Zeit schwindet die dünne Schicht der Zivilisation schnell und nicht nur die grauenvollen Morde sind beängstigend, auch die stillschweigende Meute der Mitläufer, die Unmenschlichkeit der Nazis, ihre Engstirnigkeit und Grausamkeit tragen zu seinem Gefühl der Hilflosigkeit bei.
    Ein toller Kriminalroman mit einem historischen Hintergrund, den ich für wichtig und aktueller denn je halte. Für mich ist dieser Autor eine Entdeckung unter den deutschen Kriminalschriftstellern.

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  1. Spitzenkrimi mit sehr realitätsnaher Kriegsgeschichte

    Inhalt:
    Es beginnt November 1944. Max Heller, Kriminalinspektor in Dresden, wird an einen Tatort gerufen und sieht sich mit einem brutalen Frauenmörder konfrontiert, der sein Unwesen im kriegsgebeutelten Dresden treibt. Nicht genug, dass ein Mythos eines heulenden Monsters, der schnell die Rolle des Frauenmörders zugedacht bekommt und zusätzlich die zerbombten Straßen unsicher macht, hat sein Vorgesetzter mehr wie ein Auge auf Max und will ihm einen Stolperstein nach dem anderen vor die Füße werfen, um ihm das Leben schwer zu machen und ihm Schwächen und das Sympathisieren mit dem „Feind“ nachzuweisen.
    Und die Kriegsgeschehnisse und Entbehrungen machen die Ermittlungen nicht einfacher, die Zustände spitzen sich zu und erschweren Max Heller eine korrekte Ermittlung und schüren auch die Angst bei seiner Frau, dass sie von ihrem Mann eines Tages getrennt werden könnte. Doch kann der gewissenhafte keine Wahl treffen, er muss seinen Instinkten folgen...
    Meine Meinung:
    2 in 1: Ein Spitzenkrimi verflochten mit sehr realitätsnaher Kriegsgeschichte
    Nie hätte ich damit gerechnet, was mich erwartet, als wir im Campus Libris uns entschlossen, gemeinsam in diese Geschichte einzutauchen. Erst recht nicht damit, dass einen beim Lesen das Kopfkino tatsächlich so etwas wie einen Tatsachenbericht inklusive spannendem Krimi liefert! Es dauerte gar nicht lange und ich begleitete Max Heller bei seinen Wegen durch das Kriegs-Dresden. Ich sah zerstörtes. Ich sah hungernde Kinder, Menschen, die unsagbare Dinge tun, um ihre Kinder zu ernähren, um Heizmaterial zu haben. Ich sah Menschen, die sich versteckten, weil sie Angst davor hatten, dass sie entdeckt, deportiert werden. Ja, es mag sein, dass es unzählige Bücher gibt, in denen diese Thematik mit Sicherheit auch behandelt wird. Es gibt auch Zeitzeugenberichte, die einem Gänsehaut und Tränen bescheren ob der Erlebnisse. Aber das hier, das ist ein Krimi! Da erwartet man nicht im Leben soviel Realismus. Und erst recht nicht, wenn man sich mit dem Autor mal ein wenig näher beschäftigt.
    Das Bild des Dresdens der Kriegsjahre ist so lebendig, so echt, so real, dass es einem wirklich eisekalt den Rücken runterläuft, wenn Max Heller uns Leser mitnimmt und diese doch sehr brutalen Morde aufklären will. Kooperation der Bevölkerung? Nicht so wirklich. Die Bevölkerung hat Gott weiß genug mit sich selbst und ihrem Überleben zu tun. Da hat man wirklich schnell Mitleid mit Max, wünscht ihm fast, dass er eine Zeitmaschine besteigen kann und in unsere Zeiten reisen könnte. Denn er ist so pfiffig wie so mancher Kommissar, den man aus Büchern, Serien oder Filmen kennt! Und sehr sympathisch! Man muss ihn mögen!
    Und verdreht die Augen, wenn sein Vorgesetzter, der sehr „linientreu“ ist ihm wieder mal nachstellt und mehr wie ein Haar in der Suppe finden will.
    Ein bisschen gruselig wird’s auch. Die Geräusche, die da des Nächtens durch die zerbombten Straßen Dresdens hallen, kann man wirklich fast hören! Aber ist das wirklich derjenige, der die Frauen bestialisch mordet? Mit Sicherheit verrate ich Euch jetzt nicht alles! Es wird auf alle Fälle spannend bis ziemlich zum Schluss!
    Schön zu wissen, dass dies nicht das erste und letzte Mal sein soll, dass Max uns mitnimmt auf Ermittlungstour! Lieber Frank Goldammer, dann lass uns bitte nicht allzu lange zappeln, bis wir zurückkönnen zu Max und eine Zeit erleben, die Du so unsagbar real dargestellt hast, als wärst Du dabei gewesen!
    Fazit:
    Das Doppelpack aus spannendem Kriminalfall im Dresden des 2. Weltkrieges und die dazugehörige Realdoku sorgt für Herzklopfen, Gruselmomente und Schrecken und ist gleichzeitig Krimiunterhaltung vom Feinsten!
    Bewertung:
    5 von 5 Nilpferden
    Danke an dtv für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!
    © Sabine Kettschau/Niliversum

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  1. Der Angstmann geht um

    Dresden im Winter 1944, der Krieg neigt sich langsam dem Ende zu, auch wenn es die Bevölkerung noch nicht weiß. Kriminalinspektor Max Heller wird zu einer schwer zugerichteten Leiche gerufen, die zwei Jungs in einem Bootshaus gefunden haben. Die Leiche wurde drapiert wie Jesus am Kreuz und schnell reden alle vom Angstmann der in Dresden zur Zeit umgehe und Frauen ermordet. Komische Laute und eigenartiges Lachen und Geräusche mag man gehört haben, behaupten die Leute. Aber Max Heller sieht das als Fantasie der Bevölkerung an, für ihn steckt ein Mensch hinter diesen Gräueltaten. Und das Morden geht weiter, immer schrecklicher zugerichtete Frauen werden gefunden und Heller versucht alles um den Täter zu fassen. Doch dann kommt es zum Bombenhagel Anfang 1945 und in jener Nacht verfolgt Heller den Täter, kann ihn aber nicht fassen um kommt mit viel Glück dem Bombardement davon. Das kann nicht mal der Angstmann überlebt haben denkt er sich, aber er sollte sich täuschen. Den unter russischer Besatzung kommt es wieder zu einem Leichenfund.

    Meine Meinung:
    Frank Goldammer ist mit seinem Debütroman ein gelungener Krimi mit einer Mischung aus Spannung, Historie und Kriminalfall gelungen. Selten habe ich mich so in ein Buch hineinversetzt gefühlt wie in diesem Roman. Der spannende und flüssige Schreibstil des Autors, lässt einen das Buch kaum mehr zur Seite legen. Auch wenn gegen Mitte des Buches mehr die Bombardierung Dresdens eine Rolle spielt, habe ich mich trotzdem gut unterhalten gefühlt. Allein die Beschreibung von Dresden nach dieser Nacht, die Hilflosigkeit der Menschen hat mich tief beeindruckt. Chapeau Frank Goldammer er hat hier eine gute recherchierte Story zu Papier gebracht und ich bin mir sicher wir werden noch viel von ihm lesen. Das Cover und die Aufmachung des Buches haben mir ebenfalls gut gefallen, die dunklen Farben passen zur Nachkriegszeit. Allerdings würde ich jedem ängstlichen empfehlen dieses Buch nicht Nachts zu lesen, den sie werden den Atem des Angstmannes im Nacken spüren!!! Mich jedenfalls hat es ab und zu geschaudert. Von mir ganz klar 5 von 5 Sterne für diesen grandiosen Roman.

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