Der andere Ort: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Der andere Ort: Roman' von Rachel Cusk
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Inhaltsangabe zu "Der andere Ort: Roman"

Autor:
Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:205
EAN:9783518430187

Rezensionen zu "Der andere Ort: Roman"

  1. Auseinandersetzung in der Abgeschiedenheit

    Ich habe dieses Buch zweimal gelesen, einmal auf Deutsch und einmal auf Englisch - nicht weil ich es unfassbar gut finde, sondern weil ich seinem Geheimnis auf die Spur kommen möchte, denn dieser Roman bleibt, trotz seiner Anlage als Brief (?) an ihren Bekannten (?) Jeffers, distanziert, abwehrend, schwer fassbar und so spröde wie die Marschen, in denen er spielt.

    Die Erzählerin ohne Namen lebt mit ihrem (vermutlich) 2. Mann Tony in der Abgeschiedenheit, erhält Besuch von ihrer erwachsenen Tochter Justine und deren Freund Kurt und lädt sich einen prominenten Gast ein, den Maler L, in dessen Werk sie eine Verbindung zu sich spürt. L kommt in Begleitung der leicht glamourösen Brett und bezieht das "Second Place" - leider, leider unfassbar ungünstig mit dem deutschen "Der andere Ort" übersetzt. In dieser Fehlübersetzung liegt für mich die Crux der deutschen Übersetzung, denn "Second Place", wie die Originalausgabe heißt, beinhaltet Konnotationen, die "Der andere Ort" mit noch so viel gutem Willen nie bekommen wird, wie eben die Implikation des "nur" zweiten Platzes, des weniger wichtigen, weniger bedeutungsvollen usw.

    Da das zentrale Thema dieses Romans Rivalität ist, die Abneigung, das gegenseitige Austesten von L und der Erzählerin geht der deutschen Ausgabe auch ihr leitendes Motiv verloren - sehr bedauerlich, da der Roman mit seinen fast philosophisch anmutenden Selbstreflexionen der Erzählerin und seinen kleinen psychologischen Einlassungen phasenweise sehr komplex und kryptisch daherkommt und der Leser sicherlich für eine gewisse Hilfestellung durch den Titel dankbar gewesen wäre. Letztlich ist der Roman ein Kampf zwischen L und der Erzählerin, bei dem sich das Kräfteverhältnis immer wieder leicht verschiebt, in dem es zu einer sehr nachhallenden umgekehrten Hochzeitsanspielung kommt und am Ende nur einer siegen kann. Gleichzeitig ist es der Versuch einer schonungslos anmutenden Sicht auf sich selbst, deren Authentizität aber schon dadurch angezweifelt werden muss, dass die Erzählerin Jeffers gegenüber sich auch auf eine ganz bestimmte Art darstellen möchte. Zahlreiche Passagen erfordern mehrfaches Lesen und selbst dann ist nicht immer klar, was die Erzählerin wirklich ausdrücken möchte - das mag ein Hinweis darauf sein, dass sie sich selbst nicht versteht und erkennt, auf jeden Fall wirkt es wie ein absichtlich gesetztes Charakterisierungsmittel.

    Insgesamt ist das Buch durchaus lesenswert, vollkommen überzeugt hat es mich jedoch nicht - zu beladen und dabei zu wenig menschlich waren mir die Figuren.

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