Das Schweigen brechen

Buchseite und Rezensionen zu 'Das Schweigen brechen' von Gisela Föllmi
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5 von 5 (2 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Das Schweigen brechen"

Format:Kindle Ausgabe
Seiten:276
EAN:

Rezensionen zu "Das Schweigen brechen"

  1. Überleben trotz schwerstem Kindesmissbrauch

    Gisela Föllmi hat die Hölle auf Erden erlebt.
    In „Das Schweigen brechen“ spricht sie offen und schonungslos über ihre in der Kindheit erlittenen Traumata. Über Jahre sexuell missbraucht, war sie seit ihrem 7. Lebensjahr massiver körperlicher und psychischer Gewalt in unterschiedlichen Facetten ausgeliefert. Dass ein Mensch, das überleben kann, grenzt für mich an ein Wunder und zeugt von einer enormen Lebenskraft. Es erfüllt mich mit Wut, dass die Täter:innen von damals nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden können.

    Lange hatte Gisela keinen Zugang zu ihren mit dem Missbrauch in Verbindung stehenden Erinnerungen. Als sie ihren inneren, fest verriegelten „Schlimme-Dinge-Schrank“ zum ersten Mal bemerkte, wurde ihr klar, dass sie dessen Inhalt genau würde betrachten müssen, um ihrem kleinen verletzten Kinder-Ich Gehör zu verschaffen und zu verstehen, was ihr all die Jahre angetan wurde. Der Text vermittelt sehr eindringlich die Anstrengungen, den Mut und die Kraft, die es bedeutet sich einer solchen Kindheit zu stellen. Missbrauch und Gewalt werden explizit beschrieben. Davon zu lesen überstieg meine Vorstellungskraft bei weitem - mit jeder Erinnerung dachte ich, dass ein Höhepunkt der Grausamkeit erreicht sei - doch es kam noch schlimmer. Beim Lesen standen mir die Haare zu Berge, mehr als einmal liefen mir Tränen über das Gesicht; je mehr Gisela ihr Schweigen brach, umso mehr fehlten mir die Worte. Ich halte dieses Buch für sehr wichtig, gerade auch weil Missbrauch nicht nur angedeutet, sondern explizit dargestellt wird. Dadurch ist mir erst die Dimension des Leides und die Situation, in der sich viele Kinder befinden, deutlich geworden. Ich hoffe sehr, dass dadurch meine Wahrnehmung geschärft ist und ich in der Lage sein werde besser zu erkennen, sollte ein Kind in meinem Umfeld Opfer von Missbrauch sein. Bitte lest dieses Buch, wenn ihr es euch zutraut! Die Erinnerungstexte, in denen detailliert sexuelle und andere Formen der Gewalt beschrieben sind, wurden grau hinterlegt, so dass die Entscheidung, diese Passagen zu lesen, bei dem/der Leser:in selbst liegt.

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  1. Einblick in die verletzte Seele eines Kindes

    "Der Schutz von Kindern vor Missbrauch und Gewalt ist eine unserer wichtigsten Aufgaben. Kinder können sich nicht zur Wehr setzen und leiden meist ein Leben lang unter den Folgen sexuellen Missbrauchs." (Dr. Christine Bergmann)
    Autorin Gisela Föllmi hat in diesem Buch ihre eigenen Lebenserfahrungen von Kindesmissbrauch und Misshandlungen aufgeschrieben. Wer allerdings Schwierigkeiten hat, über Gewalt bei Kindern zu lesen, der sollte lieber Abstand nehmen. Den sie beschönigt hier nichts, was man ihr als Kind wirklich angetan hat. Gisela ist gerade sieben Jahre alt, als sie das erste Mal durch ihren Stiefvater an dessen Arbeitskollegen angeboten wird. Diesem kann er momentan kein Gehalt zahlen und deshalb lässt er es zu, dass dieser Gisela sexuell berührt. Gisela, die ein gut erzogenes Kind ist, gehorcht dem Vater allerdings mit einem unguten Gefühl. Dass diesem Erlebnis viele weitere und noch schlimmere folgen werden, dazu noch mit anderen fremden Männern, ahnt sie da noch nicht. Allerdings am schwersten ist für Gisela, dass sie durch ihre Eltern nicht geschützt wird, im Gegenteil, sie vergehen sich ebenfalls an ihr. Als abhängiges Kind muss sie schweigen, sonst droht ihr Strafe in Form von Prügel oder Liebesentzug. Nach und nach nimmt dabei ihre Seele großen Schaden. Um das Ganze zu verkraften, steckt Gisela alles in den Schlimme-Dinge-Schrank. Dieser öffnet sich erst langsam, als sie 46 Jahre alt wird. Fortan erfährt Gisela, woher ihre ganzen Probleme in ihrem Leben kommen oder warum es ihr bei bestimmten Gerüchen, Begebenheiten oder Begegnungen oft nicht gut geht. Nun wird ihr nach und nach klar, warum sie sich mehrmals das Leben nehmen wollte, ihre Ehe zerbrach und sie keine Kinder bekam. Was Gisela erleben muss, ist so ungeheuerlich und unfassbar, dass es mir an manchen Stellen fast das Herz zerreißt. So kann ich dieses Buch nur lesen, weil ich immer wieder unterbrechen muss, um das Gelesene zu verdauen. Und trotzdem finde ich es wichtig, was die Autorin hier zu Papier gebracht hat. Es ist ein Zeugnis der kleinen Gisela, das sie hier niedergeschrieben hat. Den ihre Vergangenheit kann sie nur eintauchen, wenn sie die Finger auf die Tastatur legt. Dann schreibt ihr Innerstes nieder, was damals geschah. Dass sie beim Lesen danach oft selbst entsetzt ist, was sie da zu Papier gebracht hat, kann ich gut nachvollziehen. Wie viel Kraft es der Autorin abverlangt hat, dieses Buch zu schreiben, kann ich dabei nur erahnen. Die Traumen der Vergangenheit anzusprechen kostet wirklich viel Mut und Energie, doch sie tut es, um endlich ein besseres Leben führen zu können. Den ohne Offenbaren kann die Seele nicht heilen.

    Fazit:
    Ein Buch, das nicht nur der Autorin, sondern auch dem Leser alles abverlangt. Doch zu sehen, was aus der kleinen Gisela wird, hat mich neugierig gemacht. Es zeigt, wie grausam Eltern sein können. Schade nur, dass der Preis für dieses Buch viel zu hoch ist, so werden diese Erfahrungen nur von sehr wenigen gelesen werden. Trotzdem finde ich, dass es ein sehr wichtiges Buch ist, weil wir einen Einblick in die Seele eines verletzten Kindes blicken dürfen. Ein wirklich starkes Zeugnis von einer mutigen Frau erwartet den Leser.

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