Das Nest: Der Kopenhagen-Krimi

Buchseite und Rezensionen zu 'Das Nest: Der Kopenhagen-Krimi' von Katrine Engberg
4.2
4.2 von 5 (9 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Das Nest: Der Kopenhagen-Krimi"

Es ist ein sonniger Tag im April, als der 15-jährige Oscar verschwindet. Zunächst denkt man, er sei von zu Hause abgehauen. Doch es gibt Anzeichen, die auf Schlimmeres hindeuten. Als die Leiche eines jungen Mannes in einer Müllverbrennungsanlage entdeckt wird, beginnen Anette Werner und Jeppe Kørner mit ihren Ermittlungen. Sie betreten unterirdische Gänge und verlassene Inseln und stoßen dabei auf einsame Seelen und befremdliche Familiengeheimnisse.

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:416
Verlag:
EAN:9783257071733

Rezensionen zu "Das Nest: Der Kopenhagen-Krimi"

  1. Da stimmt etwas ganz und gar nicht....

    Es ist ein Tag im April, als in Kopenhagen der 15-jährige Oscar Dreyer-Hoff nicht von der Schule nach Hause kommt. Ein rätselhafter Brief gibt keine Anhaltspunkte über den Verbleib des Teenagers. Als weniger Tage später eine männliche Leiche in der Müllverbrennungsanlage geborgen wird, übernehmen Anette Werner und Jeppe Kørner die Ermittlungen.

    Das Nest ist nun schon der vierte Band in der Reihe um das Ermittlerduo Jeppe und Werner. Die dänische Schriftstellerin Katrine Engberg hat sich schon längst mit diesem Team in meine Leseherz geschrieben. Es sind keine hochgradig spannende Handlung, aber immer wird ein intelligenter Plot erzählt, nachvollziehbar und aktuell, sprachlich einwandfrei, atmosphärisch ohne sich in Grauslichkeiten zu verlieren.

    „Eine Wange der Leiche war zu erkennen. Sie war von Staub bedeckt und glich einer Statue, glatt und unbekümmert und sehr, sehr tot.“

    Sehr rasch bekommt man im vorliegenden Kriminalroman das Gefühl, dass in der Familie Dreyer-Hoff etwas nicht stimmt, man könnte sagen, da ist etwas faul in Dänemark. Die Familie als Nest der Geborgenheit steht hier auf dem Prüfstand und dieser Blick richtet sich auf alle Beteiligten.

    Was mich bei dieser Reihe überhaupt nicht stört, dass in den Nebenhandlungen auch sehr viel über die Ermittler zu erfahren ist. Wie sich Beruf, Familie, Beziehung oft nur mit Schwierigkeiten vereinbaren lässt, macht die beiden authentisch und das stärkt das Vertrauensverhältnis zu Anette und Jeppe. Ihre unterschiedliche Herangehensweise n den Fall macht die Ermittlungen und damit die Geschichte lebendig.

    „Ich halte nicht allzu viel von solchen Ratespielchen, Jeppesen, das weißt du. Bauchgefühle beweisen meist nur, dass man Hunger hat.“

    Für den Nachfolgeband Isola hat Katrine Engberg den dänischen Martha Prisen 2021 erhalten. Nachfolger! Das bedeutet, die Reihe ist noch nicht auserzählt, was mich ganz besonders freut.

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  1. 4
    27. Sep 2021 

    Wo ist Oscar?

    Es ist ein sonniger Tag im April, als der 15-jährige Oscar verschwindet. Zunächst denkt man, er sei von zu Hause abgehauen. Doch es gibt Anzeichen, die auf Schlimmeres hindeuten. Als die Leiche eines jungen Mannes in einer Müllverbrennungsanlage entdeckt wird, beginnen Anette Werner und Jeppe Kørner mit ihren Ermittlungen. Sie betreten unterirdische Gänge und verlassene Inseln und stoßen dabei auf einsame Seelen und befremdliche Familiengeheimnisse. (Klappentext)

    Erster Satz: „Am Montagmorgen erwachte Michael mit Halsschmerzen.“ (S. 7)

    Die Suche nach dem 15jährigen Oscar erweist sich als schwierig, weil es niemanden zu geben scheint, der den Ermittlern entscheidende Hinweise geben kann. Die Spurenlage ist unklar: abgehauen oder entführt? Der Leichenfund in einer Müllverbrennungsanlage lässt die Polizei schließlich alle Kräfte mobilisieren, doch Sackgassen gibt es reichlich. Der vierte Band um die Ermittler Jeppe Kørner und Anette Werner hat es also in sich...

    "Eine Wange der Leiche war zu erkennen. Sie war von Staub bedeckt und glich einer Statue, glatt und unbekümmert und sehr, sehr tot." (S. 140)

    Erzählt wird der Roman – selbst der Diogenes Verlag nennt ihn weder Krimi noch Thriller – sehr langsam, verschachtelt, in ständigen Perspektivwechseln und durchzogen von leiser, vielschichtiger Melancholie. Es war schön, den bekannten Figuren wiederzubegegnen, doch würde ich nicht durch die vorherigen Bände etliche der beteiligten Charaktere bereits kennen, hätte mich das imposante Personenkarussell vermutlich wohl überfordert. Die Familie des verschwundenen Oscar, dessen Lehrer:innen, Mitarbeiter:innen der Mülldeponie, Kolleg:innen der Polizei, Freunde und Familien der Ermittler:innen und noch eine weitere Vielzahl an Beteiligten mehr – da heißt es zügig lesen, weil man sonst eindeutig den Überblick verlieren kann… Insgesamt lässt sich der Text aber sehr flüssig lesen, und die ständig wechselnden Perspektiven bei insgesamt jeweils kurzen Abschnitten erhöhen den Sog noch.

    In diesem Roman sind die am Fall und den dazugehörigen Umständen beteiligten Erwachsenen durchweg von einem gnadenlosen Egoismus befallen und nahezu jeder verhält sich merkwürdig und hat etwas zu verheimlichen, alle anderen einschließlich der Ermittler:innen leiden an einer Sinn- und/oder Lebenskrise. Etwas sehr viel, aber gerade dadurch spitzt sich alles nicht vorschnell auf eine:n Täter:in zu. Man kann sich schon die Frage stellen, in was für einer Welt Kinder und Jugendliche aufwachsen. Zumindest die hier auftretenden jungen Charaktere müssen jedenfalls schon längst jede Illusion verloren haben bzw. geraten nur zu leicht selbst in eine Schieflage. Ein sehr resignatives Gesellschaftsbild, das Katrine Engberg da zeichnet.

    Leider konnte mich diesmal die Ermittlungsarbeit selbst nicht so recht überzeugen. Sie lief doch sehr schleppend dahin, wichtige Fragen, die sich nahezu aufdrängten, wurden mehrfach nicht gestellt bzw. Befragungen gleich ganz weggelassen, und hätte es die alternde Krimiautorin Esther de Laurenti nicht gegeben, die bislang bereits bei allen vorherigen Kriminalfällen entscheidende Fakten beitragen konnte, wäre diesmal wohl einiges im Dunkeln geblieben.

    "Alle Beziehungen haben ihre Zeit. Und manchmal geht diese Zeit vor der Liebe zu Ende. So tut es wirklich weh." (S. 271)

    Das Privatleben der Ermittler Jeppe Kørner und Anette Werner nimmt hier für mein Empfinden doch (zu) viel Raum ein, da erschienen die Ermittlungen zeitweise zumindest eher zweitrangig. Jeppe steckt in einer Beziehungskrise – der Alltag mit Kollegin und alleinerziehender Mutter Sara gestaltet sich doch eher schwierig, Entscheidungen stehen an. Und Anette fühlt sich in ihrer Rolle als Ehefrau und Mutter einer kleinen Tochter nach wie vor unsicher, und plötzlich stellt sie alles in Frage, als sie im Rahmen der Ermittlungen auf einen Mann trifft, der sie magisch anzieht.

    Und doch habe ich auch diesen vierten Band der dänischen Reihe um Jeppe Kørner und Anette Werner wieder gerne gelesen. Katrine Engberg kann eben auch sehr eindringlich schreiben, so dass Mitfühlen (Hinterbliebene eines Opfers) und Mitekeln (Fundort und Pathologie) möglich sind. Auch das eigene Spekulieren beim Lesen kommt nicht zu kurz: was hängt wie zusammen, wer könnte welches Motiv haben und was verheimlicht wer? Andeutungen, Plot Twists und Sackgassen führen zusätzlich zu Verwirrungen. Reichlich Stoff zum Nachdenken also, was die Neugierde wach hält. Undurchsichtige Charaktere gibt es hier jedenfalls reichlich. Bis kurz vor dem Ende hatte ich keine Ahnung, worum es hier überhaupt geht. Und das fand ich gelungen. (Spoiler: mit dem Coverbild von Diogenes hat der komplette Fall überhaupt nichts zu tun, sehr merkwürdig…).

    Trotz einiger Ungereimtheiten und offenen Fragen am Ende runde ich die 3,5 Sterne, die ich hier eigentlich vergeben würde, gerne auf 4 Sterne auf. Da der Verlag das Buch als „Roman“ bezeichnet und nicht als Krimi oder Thriller, kann ich die diesmal etwas zu kurz kommende Ermittlungsarbeit verzeihen. Ich warte jedenfalls schon gespannt auf Band fünf!

    © Parden

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  1. Spannend und undurchsichtig

    Als der 15-jährige Oscar verschwindet, geht man zuerst davon aus, dass er von Zuhause abgehauen ist. Doch es gibt Anzeichen, dass etwas Schlimmeres passiert sein könnte. Dann wird die Leiche eines jungen Mannes in der Müllverbrennungsanlage gefunden. Handelt es sich um Oscar? Anette Werner und Jeppe Kørner beginnen zu ermitteln.

    Die Beschreibung dieses Krimis hat mich sehr angesprochen. Zudem kannte ich noch kein Buch dieser Autorin und war deshalb sehr gespannt.
    Der Schreibstil hat mir gut gefallen. Die Beschreibungen waren detailliert und erzeugten Bilder in meinem Kopf.
    Die Charaktere wurden interessant gestaltet und waren eigentlich alle undurchsichtig oder mysteriös. Das brachte meine Gedanken zum Rotieren. Von den beiden Ermittlern gab es auch private Einblicke, was ich stimmig und gut gewählt fand. 
    Am Anfang musste ich mich ein wenig zurecht finden, doch das ging relativ schnell und ich war im Geschehen drin. Der Plot war interessant durchdacht und spannend konstruiert, manchmal aber auch leicht verwirrend. Ich musste mich mehr als üblich konzentrieren, um den Überblick zu behalten. Ich war viel am Überlegen, was es mit dem Verschwinden auf sich haben könnte, was mit Oscar geschehen ist und was dahinter stecken könnte. Ich habe mir gedanklich die verschiedensten Konstellationen überlegt. Es gab einige interessante und überraschende Wendungen und Entwicklungen, die für Abwechslung und steigende Neugierde sorgten.
    Das Ende bot nochmal eine Überraschung, was mir sehr gut gefallen hat. Der Fall wurde schlüssig und nachvollziehbar aufgelöst.

    Ein spannender Krimi, der auch ein wenig bedrückend war. Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

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  1. Kein Hort der Geborgenheit

    Wenn ein fünfzehnjähriger Junge eine Nacht nicht heimkommt, ruft das normalerweise nicht sofort die Polizei auf den Plan. Oscar Dreyer-Hoff aber ist nicht irgendein Fünfzehnjähriger, sondern Sohn einer wohlhabenden Kunsthändlerfamilie, die schon mehrmals Drohbriefe erhalten hat. Und eine kryptische computergeschriebene Nachricht, in der von einem Mord und "Töten der Vergangenheit" die Rede ist, deutet zumindest an, dass Oscar nicht einfach weggelaufen ist. Die Suche beginnt; da Oscar nach eingehenden Hinweisen auf einem Boot gesehen wurde, bezieht die Polizei auch die um Kopenhagen liegenden Inseln mit ein. Dann plötzlich taucht in der hochmodernen Müllverbrennungsanlage von Kopenhagen ein toter junger Mann auf. Und bei der Obduktion gibt es ein paar Überraschungen ...

    "Das Nest" ist der vierte Band der Kopenhagen-Krimiserie von Katrine Engberg, und wieder stehen die Ermittler Jeppe Kørner und Anette Werner im Mittelpunkt. Anette ist gerade aus dem Erziehungsurlaub in den Dienst zurückgekehrt, nachdem sich das Familienleben mit der kleinen Gudrun inzwischen gut eingespielt hat. Jeppe lebt dagegen nach einer gescheiterten Ehe in einer losen Verbindung mit seiner Kollegin Sara, hat aber zu ihren beiden Töchtern noch keinen rechten Zugang gefunden. Die privaten Nickligkeiten wechseln sich ab mit Szenen echter Ermittlungsarbeit: Oscars Familie wird vernommen, seine Freundin Iben, Lehrer und Verwandte. Fast jeder scheint ein Geheimnis zu haben: der Ingenieur Skytte, Ibens Vater, der sich zwischen den Aufgaben eines Single-Papas und der anspruchsvollen Arbeit in der Müllverbrennungsanlage aufreibt; die mittellose, eigensinnige Künstlerin Jenny; der eigenbrötlerische Fortmeister Mads, der allein mit Möwen und anderen Vögeln lebt und auf Anette starken Eindruck macht. Und am Rande kommt auch der lebensfrohen Rentnerin Esther eine besondere Rolle bei der Aufklärung des Falles zu.

    Katrine Engberg ist keine Autorin, die in aller Eile ihren Plot abhaspelt. Esthers Sorge um ihren kranken Mitbewohner Gregers, ihre Recherchen für eine Biographie, die sie schreiben will, Anettes Familienleben, Jeppes Diskussionen mit seiner bürgerlichen Mutter, ein Museumsbesuch und viele andere Einzelheiten werden ebenso eingehend geschildert wie das Geschehen um die Ermittlung selbst. Und schließlich sind die halbwüchsigen Kinder der betroffenen Familien - Oscars Freundin Iben Skytte, seine Schwester Essie und auch Oscar selbst - die eigentlichen Helden des Buches. Wo die Erwachsenen versagen, in ihre Lebenslügen verstrickt, bewahren ihre Kinder Integrität und Verantwortungsgefühl im besten Sinne. Vielleicht ist das die eigentliche Bedeutung des (ein wenig rätselhaften) deutschen Titels: Das Nest der bürgerlichen Familie ist kein Hort der Geborgenheit.

    Auch wenn nicht jede Einzelheit der Ermittlung nahtlos mit allem anderen zusammenpasst, bietet "Das Nest" gehobene Krimiunterhaltung, gut geschrieben (hin und wieder mit einem Schuss Humor) und zum Nachdenken anregend. Nicht zuletzt gefällt mir auch die Aufmachung der kleinen Krimibände von Katrine Engberg sehr gut, die kompakte Gestaltung mit feinem Papier und schönem Druckbild.

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  1. Absolute Leseempfehlung

    "Das Nest" ist nach "Glasflügel" der zweite Band aus der Reihe um Körner und Werner, den ich kenne. Es gibt noch zwei Vorgängerbände, die ich nicht kenne, was beim lesen aber überhaupt keine Probleme bereitete. Man bemerkt, dass es der Autorin wichtig ist ihre Figuren weiterzuentwickeln. Sie haben neben dem Beruf einen weiträumigeren Auftritt, man nimmt an den Sorgen und Nöten teil. In diesem Fall gefällt mir das sehr gut, da die Charaktere auf mich authentisch wirken. Engberg bedient sich hierbei nicht häufig vorkommender Klischees, wie ich es gerade bei Ermittlern oft erlebe. Kurz gesagt, es handelt sich um Menschen wie du und ich.

    Der Fall ist zwar spannend, doch diese wird nur langsam aufgebaut. In einer Müllverbrennungsanlage wird eine Leiche gefunden. Ist es der 15 jährige Oscar, der erst vor kurzem von seinen Eltern als vermisst gemeldet wurde? Die Eltern wurden in der Vergangenheit bereits mehrfach erpresst. Ein Brief, der im Haus gefunden wurde, lässt die Ermittler Jeppe Körner und Anette Werner Rätseln. Es scheint kein Erpresserbrief zu sein, und entpuppt sich als Zitat von Oscar Wilde und könnte als Abschiedsbrief gemeint sein.......Was bedrückte den Teenager, dass er sich das Leben nehmen wollte? Oder hat doch jemand anders den Jungen auf dem Gewissen?

    Die weiteren Ermittlungen werden vor allem dadurch spannend, dass sie so vielschichtig sind. Eine Leiche, ein Vermisster, mögliche Erpressung, Geheimnisse und falsche Eingebungen. Ich zum Beispiel habe lange eine Person verdächtigt, die mir suspekt vorkam, etwas mit dem ganzen zutun zu haben. Eine Fährte, die die Autorin mit Sicherheit absichtlich gelegt hat, denn was gibt es schlimmeres als ein Kriminalfall, der vorhersehbar ist. Und vorhersehbar ist die Auflösung keineswegs.

    Neben der Ermittlung konnte ich mich zurücklehnen und erleben wie Jeppe und seine Kollegin Sara, die noch nicht lange zusammen sind, ihre Beziehung führen. Ob sie den Spagat schaffen? Schließlich bringt Sara zwei Töchter mit in diese Beziehung.
    Anette ist nach der Schwangerschaft förmlich aufgeblüht. Die, sich nie etwas aus ihrem Äußeren gemacht hat, hat gewältig abgenommen und ein neues Bewusstsein für ihren Körper bekommen. Svend, ihr Mann, kümmert sich derweil rührend um die gemeinsame Tochter. Doch auch bei Anette kommt es in diesem Teil zu Zweifeln.
    Eine Person, die mir sehr am Herzen liegt ist Esther, die mit Jeppe befreundet ist, und mit dem älteren Gregers eine Wohnung teilt. Sie stößt immer auf wichtige Details für die Auflösung des Falls, wenn auch meist zufällig, und ist Jeppe auch oft in privaten Dingen eine gute Beraterin. Doch auch ihr Leben wird von Sorgen überschattet ihren kauzigen Mitbewohner betreffend.

    Alles in allem gab es für mich keinen Grund zu etwas zu beanstanden. Im Gegenteil ich spreche eine absolute Leseempfehlung aus!

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  1. Geheimnisvolle Familie sucht nach ihrem Sohn

    "Wenn du aufgeben willst, erinnere dich einfach daran, warum du schon so lange durchgehalten hast." (Pinterest)
    An einem warmen Apriltag wird der 15-jährige Oscar Dreyer-Hoff, Sohn eines Galeristen Ehepaars, vermisst. Eigentlich wollte er bei seiner Freundin Iben übernachten, doch dort ist er nie aufgetaucht. Als kurz darauf eine Leiche in der städtischen Müllverbrennungsanlage Amager Bakke gefunden wird, vermutet man, dass es sich um Oscar handelt. Jeppe Kørner und Anette Werner werden mit dem Fall betraut. Sie stoßen dabei auf seltsame Familien mit eigenartigen Erziehungsmethoden, abweisenden Teenagern und betrügerische Praktiken im Kunstbereich. Sie ermitteln in der Tiefe von Amager Bakke und in Gängen von verlassenen Inseln und Seeforts. Dabei stoßen sie auf kranke Seelen und verborgene Familiengeheimnisse.

    Meine Meinung:
    Band 4 der dänischen Ermittler Jeppe Kørner und Anette Werner aus Kopenhagen führt uns in eine recht merkwürdige Galeristenfamilie. Die Eltern Malin und Henrik Dreyer-Hoff wirken auf mich recht befremdlich und ich kann verstehen, das Jeppe erste Verdachtsmomente gegen die Eltern von Oscar hat. Seltsam ist allerdings ein Brief, den sie nach dem Verschwinden von Oscar vorfinden. Ist er entführt worden oder selbst verschwunden? Anderseits wirken auch Oscars Bruder und Freundin Iben ebenfalls angespannt auf mich und ich habe sofort das Gefühl, sie verbergen etwas. Überhaupt ist Iben recht aufmüpfig und bockig gegen ihren Vater und ich frage mich, was hat er getan? Der tote Lehrer aus der Müllhalde gibt den Ermittlern zudem weitere Rätsel auf. Hat er vielleicht was mit dem Verschwinden von Oscar zu tun oder hat ihn Oscar getötet und ist deshalb verschwunden? Sehr mysteriös fand ich außerdem, dass die Familie Dreyer-Hoff in einem Familienbett nächtigen. Erneut treffen wir diesmal wieder auf Jeppes alte Bekannte Literaturprofessorin und Hobbydetektivin Esther de Laurenti und ihren Mieter Gregers die zu dieser Reihe einfach dazu gehören. Dabei liefert Esther wieder einen entscheidenden Hinweis, die dem Fall eine ganz neue Wendung gibt. Die Beziehungen der Ermittler stecken gerade fest, Jeppe und Sara bekommt ihre ersten Risse. Anette sollte eigentlich glücklich sein, jetzt, wo sie ihr langersehntes Kind hat, doch stattdessen flirtet sie ausgerechnet mit dem Hafenarbeiter Mads Teigen. Viel Gespür, Lebenserfahrung und besonders Anettes Hartnäckigkeit ist es zu verdanken, dass der Fall vorangeht. Fantastisch gelingt es der Autorin diesmal wieder die Stärken, Schwächen und Fehler der einzelnen Charaktere hier wiederzugeben. Dadurch kommt man den einzelnen Personen menschlich näher, weil sie sehr realistisch wirken und man sich gut in sie hineinversetzen kann. Die detaillierte Beschreibung des Settings von Kopenhagen macht den Krimi zu einem weiteren Highlight. Allerdings bekommt das Buch zwischendrin schon ein paar Längen und der Fall verliert sich ein wenig im Privatleben der Charaktere, sodass es mir mit der Zeit etwas an Spannung fehlt. Witzige, hintergründige Dialoge, die Weiterentwicklung der Ermittler, dass sich befassen mit dem Altern und der Pubertät, stehen diesmal im Vordergrund des Geschehens. Für mich ein gelungener Kriminalfall, dem ich gerne 4 von 5 Sterne gebe.

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  1. Eine undurchsichtige Geschichte

    Der fünfzehnjährige Oscar Dreyer-Hoff ist verschwunden. Er wollte bei seiner Freundin Iben übernachten, ist aber dort nicht aufgetaucht. Nur eine kryptische Nachricht haben die Eltern gefunden. Wurde Oscar entführt? Oder ist er einfach abgehauen? Als eine Leiche in der Müllverbrennungsanlage auftaucht, sind auch Jeppe Kørner und Anette Werner besorgt. Handelt es sich um Oscar?
    Dies war mein erstes Buch von Katrine Engberg, obwohl dies bereits der vierte Band der Reihe ist. Mir fiel es am Anfang etwas schwer, mich in die Geschichte hineinzufinden. Aber zunehmend packte mich die Geschichte, denn es war doch alles ziemlich undurchsichtig.
    Die Personen waren alle sehr seltsam oder hatten Probleme. Das fing mit Oscars Familie an. Malin und Hendrik Dreyer-Hoff haben ein Auktionshaus für Kunst und Antiquitäten. Das Verhältnis zu ihren Kindern schien mir merkwürdig distanziert, obwohl ihnen Nähe wichtig war. Prozessingenieur Kasper Skytte, der beim Fund der Leiche dabei war, scheint auch einige Geheimnisse zu haben. Außerdem hat er ein massives Alkoholproblem, was auch seine Beziehung zu Tochter Iben belastet. Die Eltern scheinen alle nicht besonders viel über ihre Kinder zu wissen. Spuren führen auch nach Trekoner, eine Insel mit einem Fort, wo Mads Teigen lebt und arbeitet. Auch er scheint etwas zu verbergen. Es gibt also genügend Verdächtige. Aber auch die Ermittler haben ihre Probleme. Anette ist eigentlich glücklich mit ihrer kleinen Familie, aber sie fühlt sich von Mads angezogen und spielt ein gefährliches Spiel. Jeppes Beziehung mit Sara Saidani läuft auch nicht ganz rund. Sara hat zwei Töchter, aber Jeppe weiß nicht genau, wie er sich den Mädchen gegenüber verhalten soll.
    Ich wurde beim Lesen immer verwirrter und hatte den Eindruck, dass es auch Jeppe und Anette so erging. Ihre Ermittlungen kommen nicht so recht von der Stelle. Erst eine zufällige Entdeckung von Esther de Laurenti, die Jeppe wieder einmal unterstützt, bringt Schwung in die Sache.
    Es gibt zwar immer neue Wendungen, aber diese zusammen zu bringen, ist nicht so einfach. Am Ende klärt sich alles schlüssig, ist aber auch ziemlich erschreckend.
    Es ist eine vielschichtige und spannende Geschichte, bei der einige Leute Dreck am Stecken haben.

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  1. 4
    24. Aug 2021 

    Die Familie

    Der 15jährige Oscar ist nach der Schule nicht heimgekommen. Seine Eltern nahmen an, er übernachte bei einer Freundin und so ist wertvolle Zeit verloren gegangen, bevor sie ihn als vermisst gemeldet haben. Jeppe Kørner und Anette Werner werden mit der Organisation der Suche betraut. Sie befragen die Eltern, Geschwister und die Freundin, bei der Oscar eigentlich übernachten wollte. Doch fließen die Informationen zunächst spärlich. Dann wird eine männliche Leiche in einer Müllverbrennungsanlage gefunden. Und ausgerechnet der Vater von Oscars Freundin Iben informiert die Polizei. Nun wird fieberhaft ermittelt. Es gilt herauszufinden, um wen es sich bei dem Toten handelt.

    In ihrem vierten Fall müssen Anette und Jeppe einiges aushalten. Das rätselhafte Verschwinden des Jungen zerrt an ihren Nerven, zumal die Nachforschungen nicht so voran gehen. Und auch im privaten Bereich scheinen sich Probleme oder gar Umbrüche anzudeuten. Natürlich muss das Private zurückstehen, es heißt, dass bei verschwundenen Kindern die ersten Stunden und Tage am Wichtigsten sind, soll noch Hoffnung bestehen, den Jugendlichen lebend zu finden. Wieso aber arbeiten die Verwandten nicht aus ganzem Herzen mit der Polizei zusammen? Die beiden Beamten begeben sich in eine Welt, die ihnen fremd erscheint.

    Bei ihrem vierten Auftritt sind Jeppe und Anette schon alte Bekannte, auf die man sich freut. Zwar müssen sie im Privaten mit einigen Problemen kämpfen und im Beruflichen bewegen sie sich auf unsicherem Terrain, aber der Fall ist spannend und in seinen Verwicklungen toll konstruiert. Beim Miträtseln liegt man regelmäßig falsch. Die Auflösung erwartet man nicht und was zu dem hauptsächlichen Handlungsstrang noch hinzukommt, macht einen betroffen. Man blickt in eine fremde Welt, die vielleicht nicht ganz so komprimiert, aber grundsätzlich schon so existieren kann. Man ist gefesselt und gleichzeitig etwas konsterniert, ob der Spuren, die sich auftun. Ein lesenswerter Kriminalroman aus einer Reihe, die unbedingt empfohlen werden kann.

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  1. Familienbande

    Als der 15jährige Oscar nicht nach Hause kommt, sieht es eher nach freiwilligem Verschwinden, als nach einem Verbrechen aus. Doch eine seltsame Nachricht, die im Elternhaus gefunden wird, macht Jeppe Kørner und Kollegin Anette Werner misstrauisch. Auch scheinen Oscars Eltern ein besonderes Familienleben zu führen. Als dann in einer Müllverbrennungsanlage die Leiche eines jungen Mannes gefunden wird, rollen die Ermittlungen an.

    Jeppes gute Freundin Esther di Laurentis arbeitet an einer Biografie über eine bekannte Anthropologin und deren Forschung über Trauerrituale. Als sie nach Bildern für ihre Arbeit im Netz sucht, stößt sie auf eine verstörende Fotografie.

    Der neue Krimi von Katrine Engberg ist wieder ein faszinierendes Buch. Der Plot ist unglaublich spannend, vielschichtig und raffiniert. Sie seziert sehr gekonnt die Fassade der Familie Dreyer-Hoff und zu sehen, wie sie bröckelt, die Risse in der Wohlanständigkeit immer breiter werden, habe ich mit großem Vergnügen gelesen.

    „Das Nest“ mochte ich nicht mehr aus der Hand legen, genau wie es mir mit den früheren Büchern der Autorin ging. Engberg ist eine Meisterin, wenn es darum geht, die Spannung sehr subtil aufzubauen und den Leser in ihre Geschichte zu ziehen. Zwischendurch blitzt immer wieder ihr Humor auf und auch das trägt sehr zur Unterhaltung bei.

    Ich habe es auch sehr genossen, mit Esther und Gregor zwei Figuren aus früheren Geschichten wieder zu treffen, wobei es Esther sogar gelingt, der Ermittlung eine entscheidende Wendung zu geben.

    Bis zum hochdramatischen Finale hat mich das Buch in Atem gehalten und das ergibt eine 5 Sterne-Empfehlung.

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