Das Mädchen: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Das Mädchen: Roman' von Stephen King
2.5
2.5 von 5 (2 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Das Mädchen: Roman"

Um zehn Uhr sitzt Trisha noch im Auto ihrer Mutter. Um halb elf hat sie sich im Wald verirrt. Um elf Uhr versucht sie, sich nicht zu fürchten. Nicht daran zu denken, dass Leute, die sich verirren, vielleicht nie mehr zurückkehren. Hunger und Durst, Mücken und wilde Tiere, Einsamkeit und Dunkelheit – Trisha hat dem Grauen der Wälder wenig entgegenzusetzen. Und vor allem nicht dem, was sich aufgemacht hat, sie heimzusuchen …

Autor:
Format:Kindle Edition
Seiten:304
Verlag: Knaur eBook
EAN:

Rezensionen zu "Das Mädchen: Roman"

  1. Nigeria: vergessenes Land. Vergessene Frauen.

    Kurzmeinung: Nigeria ist aus dem Blick der Welt verschwunden. Das hat verheerende Auswirkungen.

    Properly speaking, ich habe noch nie etwas von Edna O’Brien gelesen. Ja, schlimmer noch, ihre Existenz war mir unbekannt. Dabei scheint sie eine Art Berühmtheit zu sein unter den Schriftstellern Irlands. Bahnbrechend sogar. Ihre Trilogie „Country Girls“ erlebte (einst - 1960) buchstäblich eine Bücherverbrennung. Zu viel Sex, vermute ich.

    Nun, entsprechend ihrem Ruf nimmt Edna O’Brian kein Blatt vor den Mund, wenn es um das Schicksal der nigerianischen Schülerinnen geht, die 2014 von Boko Haram verschleppt, ständig vergewaltigt, misshandelt, verkauft und gefangengehalten wurden und zum Großteil noch werden. Edna O’Brien hat längere Zeit vor Ort recherchiert und dem unermesslichen Leid dieser Frauen eine weitere Stimme gegeben.

    „Das Mädchen“ ist eine Kunstfigur. Und trotzdem authentisch. Maryam überlebt und es gelingt ihr die Flucht. Doch nach wochenlangem Fastverhungern und Angst endlich zuhause angekommen, wird sie nicht nur nicht mit offenen Armen aufgenommen, sondern man nimmt ihr auch noch das Kind weg, das sie geboren und gerettet hat.

    Zur näheren Erläuterung des Romanhintergrunds zitiere ich eine weitere Quelle:

    Die Journalistin Heike Hupertz schreibt am 20.11.2018 in der FAZ über die „Chibiok-Mädchen“ und die Zustände in Nigeria:

    „Dass nach wie vor im Norden Nigerias jedes Jahr Hunderte Mädchen verschleppt, mit „Kriegern“ zwangsverheiratet und immer wieder zu Selbstmordattentaten gezwungen werden, steht auf einem anderen, weniger prominenten Blatt. Es wird vermutet, dass sich nach wie vor Tausende Frauen in der Gewalt von Boko Haram (wörtliche Übersetzung: „Westliche Bildung ist eine Sünde“) befinden. Die Unterjochung und Vergewaltigung von Mädchen ist, genau wie die Abrichtung von Kindern als Terrorsoldaten, Teil der Bürgerkriegsstrategie der Islamisten. Seit 2009 forderte der Krieg mehr als 28 000 Tote. Drei Millionen Menschen sind auf der Flucht.“

    Die Kritik:

    Es ist richtig, diesen Menschen eine Stimme zu geben. Es ist richtig, die Gräueltaten islamischer Terrororganisationen an den Tag zu bringen und zu zeigen, wie hauptsächlich Frauen als Kriegsmaterial und Waffe missbraucht werden. Und doch ist bloßes Zeigen zu wenig und manchmal auch zu viel.

    Das Buch ist durchaus gut lesbar geschrieben. Man kann das Geschehen (gerade noch) aushalten. Dennoch ist es zum Teil voyeuristisch. Und man darf ebenso bezweifeln, dass diejenigen, die es lesen müssten, es je zur Hand nehmen.

    Was mir am meisten fehlt im Roman selbst und woran eine Icherzählung zwangsläufig fast immer krankt, ist der Mangel an klaren Informationen und klaren Benennungen. Reine Romane können einfach nicht alles. Und ich stelle in Frage, dass dieser Roman irgendetwas bewirken kann. Im vorliegenden Falle hätte mir deshalb eine Mischung zwischen Dokumentation und Roman weitaus mehr zugesagt. Die Aktion „Bringbackourgirls“, meines Wissens u.a. von Michelle Obama initiiert, hat Druck auf die nigerianische Regierung ausgeübt und einige Hundert Frauen wurden frei. Was heißt hier „frei“? Dieses Buch aber wird nichts bewirken.

    Das ist das zweite, was mir sehr fehlt. Ausser der bloßen Schilderung des Grauens gibt es nichts, keine Reflexionen, keine Hintergründe, keine Ausblicke. Im Nachwort gibt es einen entsprechenden Beitrag. Davon hätte ich jedoch auch gerne etwas im Roman gelesen.

    Fazit: Bewegend erzähltes Grauen weiblicher Entführungsopfer in Nigeria als Icherzählung. Jedoch leistet die gewählte Romanform der Icherzählung zu wenig: Keine Aussenbetrachtung. Keine Stellungnahme. Keinen Kommentar. Keine politische Einbettung. Keine Bewertung. Keine Hintergründe. Abgesehen davon, dass man den Roman per se natürlich als Stellungnahme verstehen kann. Dennoch: zu wenig Einmischung für meinen Geschmack.

    Kategorie: Belletristik
    Verlag: Hoffmann und Campe, 2020

    Teilen
  1. 2
    28. Okt 2015 

    Viel harmloser als erwartet...

    Um zehn Uhr saß Trisha auf dem Rücksitz des Wagens ihrer Mutter. Um halb elf hatte sie sich im Wald verirrt. Um elf versuchte sie, sich nicht zu fürchten. Versuchte, nicht zu denken "Es ist schlimm, es ist sehr schlimm". Versuchte, nicht daran zu denken, dass manchmal Leute, die sich im Wald verirren, ernsthaft verletzt werden. Oder niemals wieder zurückkehren.

    Das Mädchen irrt durch die Wälder. Sie ist allein. Sie ist vom Weg abgekommen. Noch hat niemand bemerkt, dass sie verschwunden ist. Nur sie weiß, dass sie sich verirrt hat und keiner da ist, der sie beschützen kann - vor dem Hunger und dem Durst, vor den Mücken und den wilden Tieren, vor der Einsamkeit und der Dunkelheit. Aber vor allem nicht vor dem, was sich in den Wäldern aufgemacht hat, die Neunjährige heimzusuchen.
    Eine Basketballkappe, ein kleiner Walkman und die Erinnerung an die Gespräche mit ihrem Vater sind die einzige Ausrüstung, die Trisha mit sich führt. Mehr hat sie dem Grauen der Wälder nicht entgegenzusetzen. Und das ist sehr, sehr wenig...

    Hm, ehrlich gesagt, von einem King-Roman habe ich mir etwas anderes erwartet, kenne auch anderes.
    Klar spielt er hier mit der Urangst der Menschen, aber das Buch ist sehr baseball-lastig und manche Passagen ziehen sich sehr in die Länge. Für ein neunjähriges Mädchen ist Trisha auch mit einem erstaunlichen Wissen ausgestattet - natürlich will ich hier nicht zu sehr ins Detail gehen, aber die Neunjährigen, die ich kenne, wären damit wohl hoffnungslos überfordert.

    An manchen Stellen wurde es spannend, aber so richtig gruselig fand ich es nicht. Das Ende ist gelinde gesagt überraschend - ich fand es eher enttäuschend, da ich mit anderen Erwartungen an das Buch herangegangen bin.
    Irgendwie ist das ein Buch für King-Einsteiger, sehr bedächtig, sehr harmlos.

    Nur bedingt empfehlenswert.

    © Parden

    Teilen