Das Licht der Welt: Historischer Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Das Licht der Welt: Historischer Roman' von Daniel Wolf
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Inhaltsangabe zu "Das Licht der Welt: Historischer Roman"

In seiner Heimat tobt ein brutaler Krieg. Er kämpft für Frieden und Wohlstand. Doch er hat einen mächtigen Feind, der alles daransetzt, ihn zu vernichten.


Varennes-Saint-Jacques im Jahre des Herrn 1218: Eine Stadt, drei Menschen, drei Schicksale. Der Buchmaler Rémy Fleury träumt von einer Schule, in der jedermann lesen und schreiben lernen kann. Sein Vater Michel, Bürgermeister von Varennes, will seine Heimat zu Frieden und Wohlstand führen, während in Lothringen Krieg herrscht. Die junge Patrizierin Philippine ist in ihrer Vergangenheit gefangen und trifft eine folgenschwere Entscheidung. Sie alle eint der Wunsch nach einer besseren Zukunft, doch ihre Feinde lassen nichts unversucht, sie aufzuhalten. Besonders der ehrgeizige Ratsherr Anseau Lefèvre hat geschworen, die Familie Fleury zu vernichten. Niemand ahnt, dass Lefèvre selbst ein grausiges Geheimnis hegt ...






Autor:
Format:MP3 CD
Seiten:0
EAN:9783844514124

Rezensionen zu "Das Licht der Welt: Historischer Roman"

  1. Die Welt des Mittelalters großartig inszeniert

    Im Jahre des Herrn 1218 bemüht sich Michel Fleury, Bürgermeister der Stadt Varennes-Saint-Jacques, die kriegerischen Auseinandersetzungen in Lothringen durch geschickte Verhandlungstaktiken zu beenden. Dabei gelingt es ihm, für seine Heimatstadt große Vorteile herauszuschlagen.
    Michels Sohn, der Buchmaler Rémy Fleury, legt sich mit der Kirche an, als er die erste weltliche Schreibwerkstatt in Varennes einrichtet. Für seinen Traum, eine städtische Schule zu gründen, muss er es nicht nur mit der Geistlichkeit, sondern auch mit den Ratsherren aufnehmen. In ernsthafte Schwierigkeiten bringt ihn aber erst seine verbotene Liebe zur geheimnisvollen Patrizierin Philippine.
    Trotz ihres Engagements für das Wohl der Stadt, erwachsen den Fleurys nicht nur in den eigenen Reihen ernstzunehmende Gegner, auch die Stadtrepublik Metz beobachtet den Aufstieg Varennes mit wachsendem Unmut.

    Mit dem zweiten Band der Fleury-Serie hat Daniel Wolf abermals einen monumentalen Roman vorgelegt, der seinem Vorgängerband in nichts nachsteht, ihn an dramatischen Ereignissen sogar noch übertrifft. Auf 1152 Seiten erstreckt sich die Geschichte über die Jahre von 1214 - 1248.
    Vor allem die männlichen Protagonisten haben mich mit ihren unterschiedlichen, glaubwürdigen Charakteren völlig überzeugt, da sie allesamt nicht als unbesiegbare, furchtlose Helden, sondern als Menschen aus Fleisch und Blut mit ihren Sorgen, Nöten, Talenten und Abneigungen dargestellt werden. Selbst den schlimmsten Bösewicht, den Ratsherren und Wucherer Anseau Lefévre packt immer wieder quälende Angst vor dem Fegefeuer. Der Autor versucht im Verlaufe der Handlung zu erklären, welche Ursache der Verschlagenheit und Grausamkeit Lefévres zugrunde liegen, wie er sie sogar mit geistlicher Hilfe ernsthaft zu bekämpfen versucht, und seinen Dämonen doch immer wieder unterliegt.
    Größere Probleme hatte ich mit der Darstellung der Frauen, die mir in ihrer Denk- und Handlungsweise beinahe zu modern vorkamen. Es war für mich nur schwer vorstellbar, dass die Frau des Bürgermeisters, Isabelle Fleury, weite Handelsreisen unternimmt, ein schon für Männer gefährliches und anstrengendes Vorhaben. Im Nachwort schreibt Daniel Wolf jedoch, dass oft übersehen wird, dass Frauen jener Epoche gerade im Warenhandel zu Reichtum und Einfluss aufsteigen, und auch als Verheiratete die Geschäfte ihres Mannes führen konnten. Isabelle Fleury verdankt ihre Existenz also real existierenden Vorbildern wie etwa Agnes Praun aus Nürnberg oder der überaus erfolgreichen Gewürzhändlerin Greta zom Barde aus Köln. Allerdings wird nicht verraten, ob diese Damen tatsächlich auf Ochsenkarren durch die Lande ziehend ihren Geschäften nachgingen, wie Isabelle es tat.
    So plausibel diese Erklärung auch sein mag, auf Rémys Geliebte Philippine lässt sie sich nicht anwenden. Die reiche Patrizierin bewegt sich völlig unbefangen wie eine moderne Frau, und kaum ein Familienmitglied scheint jemals über ihren Aufenthaltsort unterrichtet zu sein.
    Ebenfalls unrealistisch mutet der Umgang mit Büchern an. Für mich ist unvorstellbar, dass man sie im dargestellten Zeitraum in der Tasche mit sich trug, um im Gastraum einer Herberge darin zu lesen, oder sie auf dem Markt ganz nebenbei erwerben konnte. Dafür waren sie wohl zu kostbar und wurden gewiss sorgfältiger behandelt.
    Immer wieder habe ich mich während der Lektüre auch gefragt, ob man sich im Mittelalter zum Abschied tatsächlich einen schönen Tag wünschte, so wie das heute üblich ist. Ob nicht "geht mit Gott" oder "behüte euch Gott" passender gewesen wäre?
    Meiner laienhaften Meinung nach werden im Roman die mittelalterliche Städtestruktur und die Wirtschaft, sowie das Aufkommen von Schulen und Schreibwerkstätten sehr gut beschrieben. Selbst die geschilderten Experimente mit dem erst einige Jahrzehnte später militärisch genutzten "Donnerkraut" fügen sich glaubwürdig ins Geschehen ein. Wie damals ein Strafgerichtsprozess ablief, wird im Roman mehrfach geschildert, und zeigt sehr gut, wie hilflos die Gerichte mitunter waren, Verbrecher zu überführen. Entgegen der landläufigen Meinung wurde die Folter als Werkzeug der Rechtsfindung im Hochmittelalter kaum angewandt. Die "peinliche Befragung" kam um 1250 auf; nördlich der Alpen gar erst um 1320, wie im Anhang zu lesen ist.
    Die wenigen Kritikpunkte, die ich anzumerken habe, können meiner Begeisterung insgesamt jedoch keinen Abbruch tun. Der Autor hat großartig recherchiert und versteht mitreißend zu erzählen. Der Handlungsbogen, der sich immerhin über 30 Jahre erstreckt, bleibt abwechslungsreich, dynamisch und spannend. Die Ideen und Handlungsweisen der Protagonisten waren für mich keineswegs vorhersehbar, nicht immer ist alles gelungen oder hat sich anders entwickelt als geplant.
    Für all die Mühe, für soviel Fantasie und sorgfältige Arbeit gibt es meinerseits nur höchste Anerkennung in Form der vollen Punktezahl und einer unbedingten Leseempfehlung.

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