Das Jahr der Flut

Inhaltsangabe zu "Das Jahr der Flut"
In diesem Jahr feiert Margaret Atwood ihren siebzigsten Geburtstag und legt einen Roman vor, der nicht nur einmal mehr ihren klaren Verstand offenbart, die Vielschichtigkeit und Lebendigkeit ihrer Erzählkunst, ihre tiefe Menschenkenntnis, sondern auch eine jugendliche Kühnheit, der man nur mit Staunen und Bewunderung begegnen kann. Hoch auf den Dächern der Stadt, dem Himmel am nächsten, liegt das Paradies. Seine Bewohner nähren sich von Gemüse, Früchten und Honig und kultivieren ihren Garten Eden, den sie dem Waste Land einer Stadt jenseits der drohenden Klimakatastrophe abgetrotzt haben. Die junge, kämpferische Toby findet Zuflucht in dieser Gemeinschaft der „Gärtner Gottes", nachdem sie durch die Maschen der Gesellschaft gefallen ist, die von einer rigiden, militärisch organisierten Wirtschaftsorganisation regiert wird. Hier trifft sie auf Ren, die spätere Trapeztänzerin, auf die anarchische Amanda und Jimmy, der zu ihnen allen in einer ganz speziellen Beziehung steht. Großenteils aus Tobys Perspektive erzählt Margaret Atwood von einer Welt, in der die globalisierte Wirtschaft die Exekutive übernommen hat, in der die Forschung lediglich ökonomischer Kontrolle unterworfen ist. Ihr berühmter Report der Magd, mit dem Atwood zum ersten Mal ihr waches poli - tisches Gespür für die unterschwelligen und gefährlichen Entwicklungen der Welt unter Beweis stellte, wurde ein halbes Jahrhundert nach Orwells 1984 zum Kultbuch einer ganzen Generation. Im Jahr der Flut entwirft Atwood aufs Neue eine Zukunft, deren Realität weniger fern liegt, als wir uns womöglich eingestehen möchten. Doch fest steht: Dieser Erzählerin folgt man mit größtem Vergnügen, wohin sie will, auch bis ans Ende unserer Welt.



Prophetisch!
Was ich von einer ordentlichen Pandemie erwarte? Mord, Totschlag, Panik, Chaos, Misstrauen...! Dass es auch leisere Töne gibt, schleichendere Entwicklungen, nun, das erleben wir nun hautnah mit und können es auch im 2. Band der MaddaAddam-Trilogie erfahren.
Die Gottesgärtner in dieser Geschichte nennen sie die "wasserlose Flut", die kommen wird. Und ihre Ermahnungen, sich oft die Hände zu waschen, mindestens 7 mal am Tag und jeden zu meiden, der niest (S. 106 ), dann, ja dann frage ich mich, wie prophetisch ist dieses Buch und wieviel Fiktion wird wahr?
Die Gesellschaft hat sich weit vorher schon gespalten. Umweltkatastrophen und Klimawandel haben die Menschen in Gruppen geteilt, die jede auf ihre Weise versucht, dem Leben möglichst viel abzugewinnen. Die einen sehen ihr persönliches Glück im Konsum und kosmetischen Operationen, ein Versprechen, auf ewig jung zu bleiben. Die anderen leben hemmungslos ihre Begierden aus, geraten mit dem Gesetz in Konflikt und "dienen" zur Strafe noch als lebende Objekte in Kampfarenen für ein Brot- und Spiele-für-das-Volk-Programm. Wieder andere versuchen mit der Wissenschaft, die Gene von Pflanzen und Tieren so zu verändern, dass eine neue Welt entsteht. Ist das auch auf Menschen anwendbar? (Die Antwort ist im Buch.) Und dann gibt es noch die diversen Gruppierungen, die versuchen mit der restlichen Natur im Einklang zu leben, sie zu verstehen und sich auf das vorzubereiten, was kommen wird.
So auch die Gottesgärtner in diesem zweiten Band. Toby und Ren erzählen in Rückblenden wie sie zu den Gottesgärtnern gekommen sind und auch wieder gehen mussten, mit welchen Menschen sie ein Stück ihres Weges gegangen sind und sie doch wieder verloren haben. Wir lernen das Leben innerhalb dieser Gemeinschaft kennen und auch das Leben außerhalb. Toby und Ren sind es auch, die unfreiwillig in die Isolation gegangen sind und deshalb die plötzliche, wasserlose Flut überlebt haben. (Hat das nicht schreckliche Parallelen zur Quarantäne?)
Und nach der Flut? Die gengespleißten Kreaturen haben überlebt und es scheint auch noch ein paar Menschen zu geben. Hier knüpft der Band an den ersten an, wir treffen Jimmy wieder, der auf einem Baum bei den blauen Menschen lebt.
Atwoods ausgeprägte Phantasie für Zukünftiges, bleibt doch pragmatisch in den menschlichen Beziehungskisten. Mit feinem Gespür lotet sie Fehler und Sehnsüchte aus und schafft doch eine ungeheuerliche Welt, die Parallelen zu unserer aufweist. Ist es der erhobene Zeigefinger, oder doch der gutmeinende Rat, der hier zum Zuge kommt? In diesen Zeiten aber mindestens ein Stein des Denkanstoßes!
Teilen