Das große Spiel
Kurzmeinung: Wird Powers jetzt ein zweiter Nathan Hill?
Da der neueste Roman von Richard Powers auf der Longlist des Man Booker Prize 2024 gelandet ist, musste ich den Roman unbedingt lesen, und das, obwohl ich eigentlich inzwischen genug von Richard Powers gelesen habe. Diese Aussage hat rein gar nichts mit Qualität zu tun, im Gegenteil, doch Powers ist eben immer nur Powers und ich kenne inzwischen seine unterhaltsame Art zu schreiben. Es gibt ja noch so viele andere Autoren zu entdecken. Und meine Zeit ist begrenzt.
Worum gehts?
Die Hauptrolle spielen zwei Männer, Rafi Young und Todd Keane, zwei Männer, die über eine lebenslange Hassliebe miteinander verbunden sind oder mit anderen Worten, durch einen lebenslangen Konkurrenzkampf. Der eine ist weiß, der andere schwarz, der eine ist aus reichem Haus, der andere stammt aus ärmlichen Verhältnissen. Einmal darf man raten, welcher wohin gehört. Damit hat Powers schon mal die Themen Rassismus und Klasse aufgegriffen. Nach anfänglichem Abtasten, Belauern und Bekämpfen entwickeln die Teenager untereinander eine enge Männerfreundschaft. Denn es verbindet sie viel. Beide sind intellektuelle Überflieger mit gemeinsamen Interessen, aber unterschiedlichen Schwerpunkten. Todd Keane ist von Anfang an fasziniert vom aufziehenden Computerzeitalter und wird nach und nach mit seinem Projekt „Playground“ ein eigenes milliardenschweres Imperium aufbauen. Auf dem Feld des Spielens messen sich die Freunde täglich, zuerst im Schach, dann im Go. Und im Entwickeln von neuen Spielideen ergänzen sie sich.
Powers streift einmal kurz die Thematik der Spielsucht. Dann hat er seiner pädagogischen Pflicht Genüge getan. Weiter geht es. Freilich ist die gesamte Geschichte auf dem Phänomen menschlichen Spieltriebs aufgebaut. Rafi Young aber, mit scheußlich vielen Komplexen behaftet, widmet sich schließlich der Literatur, dem Geist also und im speziellen der Lyrik, schließlich der Liebe und dann bricht er mit allem und isoliert sich. Während sein alter Freund Todd sich weiterhin mit der Entwicklung der Computerwelt und im Besondern der Entwicklung der Künstlichen Intelligenz verschreibt.
Zwischendurch wird die Leserschaft auf eine idyllische karibische Insel versetzt, auf der die Uhren noch anders ticken das heißt inzwischen wieder anders ticken, denn die Insel, Makatea genannt, ist vor zigJahren vom westlichen Kapitalismus verheert worden, seiner Bodenschätze beraubt und zerschlagen zurückgelassen worden. Die Heuschrecken ziehen weiter. Jetzt könnten sie eventuell zurückkehren. Es liegt ganz allein an den Makateanern.
Dem Raubbau an der Natur gehört Powers Herz in diesem Roman. Mit der Ozeanographin und Tiefseetaucherin Evelyn Beaulieu, die sich tapfer ihren Platz unter der männlich dominierten Wissenschaftsriege erkämpft (so süß), wirft Powers die Klimaerwärmung, die Ausbeutung und Verschmutzung des Meers in seine Roman-Waagschale. Es ist der uralte Konflikt der Menschheit, den Powers thematisiert: Profit oder Schutz der Umwelt. Auch hier darf man nur einmal raten, was die Oberhand gewinnen wird.
Der Kommentar und das Leseerlebnis:
Powers ist ein Meister der Figurenzeichnung. Das macht seinen Roman so amüsant. Die Freundschaft der beiden, sich schließlich auseinanderdividierenden Männer liest sich wie das besten Jugendbuch ever. Das weibliche Element, zwischen den beiden Männern befindlich, wird durch die Kunst symbolisiert. Ina Aroita eine bildende Künstlerin ist als das exotische Element definiert. Fremdheit und Exotik: Check! Erziehung darf nicht fehlen, idyllisches Inselleben, eine Lektion an Teilhabe an Demokratie – Politischer Input: check.
Powers ist unterhaltend bis in seine letzte Inselfigur hinein. Ich habe mich großartig amüsiert beim Großen Spiel bis zu seinem letzten Knalleffekt – der mich nicht so überrascht hat wie andere mir bekannte Leser. Schließlich bin ich bekennende Nathan-Hill-Leserin. Wir sind vorbereitet. Aber das ist mir alles zu Jugendbuchhaft, fast zu viel Försters Pucki (wer weiß, was ich damit meine, weiß es, wer nicht, der nicht).
Fazit: Das große Spiel von Powers ist alles, lustig, rührend, unterhaltsam, modern, es arbeitet viele Themen ein, leider nicht ab, ist romantisch, idyllisch, lieb, süß ! und nett – nur eines ist es nicht: große Literatur. Auf meine ManBookerListe wäre Powers mit diesem Roman nicht gekommen. Gelesen habe ich "Das Große Spiel" trotzdem sehr gern, denn man will ja nicht immer in den höheren Sphären kompliziert geschriebener Romane schweben. Dort ist die Luft sehr dünn.
Warum bekommt das Buch nur 3 Punkte, da es mir "gefallen" hat? Weil es sich mit dem Anspruch messen musste, ein Longlist Booker Roman zu sein.
Kategorie: Gute Unterhaltung: 5
Literarischer Anspruch: 2
Verlag: Penguin, 2024
Irgendwann im Jahr 2027: Die Menschen auf Makatea, einer kleinen Pazifikinsel, müssen sich entscheiden: Aus den USA gibt es das Angebot, aus dem verschlafenen Eiland eine Gesellschaft der Zukunft zu machen, eine schwimmende Stadt mit hochmodernem Hafen. Hoffnungen und Zweifel halten sich die Waage. Unter den Unentschlossenen befinden sich auch die über 90-jährige Meeresforscherin Evie Beaulieu, Künstlerin Ina Aroita und ihr Mann, der Literaturfreund Rafi Young, den einst eine tiefe Freundschaft mit dem mittlerweile steinreichen IT-Nerd Todd Keane verband. Währenddessen erinnert sich der demenzkranke Keane in den USA an diese Freundschaft und ihre Anfänge. Was hat die beiden Sonderlinge einst nur auseinandergebracht?
Über eine zerbrechende Männerfreundschaft, den Einfluss der Technik auf den Menschen und die unbändige Liebe zum Ozean schreibt Richard Powers in seinem neuesten Roman „Das große Spiel“, der in der Übersetzung aus dem Amerikanischen von Eva Bonné bei Penguin erschienen ist. Im Vergleich zum Vorgänger „Erstaunen“ also ein neuer Verlag, eine neue Übersetzerin, aber immer noch die große Lust des Erzählers Powers, so aktuelle und gesellschaftsrelevante Themen wie Umweltschutz und technischen Fortschritt zu vereinen. Während Makatea und seine Bewohner:innen für den Ozean und die Natur stehen, verkörpert Todd Keane die nahezu unbegrenzten Möglichkeiten der Computertechnologie inklusive Künstlicher Intelligenz.
Dabei wechselt sich Richard Powers in den einzelnen Erzählsträngen ab, wobei Todd Keane als Ich-Erzähler in einer Art Tagebuch auf sein bewegtes Leben zurückblickt, während Makatea von einem allwissenden Erzähler beobachtet wird. Verbindendes Element zwischen beiden Welten ist die Figur Rafi Young. Auf Makatea arbeitet er mittlerweile als Pädagoge in der Inselschule, einst schaffte er als schwarzer Junge den Aufstieg in die Eliteschulen der USA, wo er sich aufgrund der gemeinsamen Leidenschaft für Brettspiele mit Todd anfreundete.
Als Leser:in braucht man auf den gut 500 Seiten des Romans durchaus einen langen Atem, denn insbesondere die Freundschaft zwischen Rafi und Todd nimmt in den Rückblicken einen großen Raum ein. Zudem nervt sie mit der Zeit ein wenig, da das Verhältnis der beiden zueinander ständig von einer aufgesetzten Coolness der Figuren begleitet ist. Stärker ist „Das große Spiel“, wenn Richard Powers sich auf seine in jedem Moment spürbare Liebe zu der Natur, in diesem Fall insbesondere zum Ozean und seinen Bewohnern konzentriert. Wenn beispielsweise die Ozeanologin Evie mit riesigen Mantarochen um die Wette schwimmt oder sich Ina Aroita gemeinsam mit ihrer Tochter um den Plastikmüll im Magen eines verendeten Albatros kümmert, setzt der Roman auch sprachlich seine auffälligsten Akzente.
Wobei die eigentliche Sensation des Romans das Finale ist. Ohne zu viel verraten zu wollen, setzt Richard Powers auch in „Das große Spiel“ wie schon in „Erstaunen“ zu einem bemerkenswerten Schlussakkord an, ja, zu einem regelrechten Paukenschlag, der einen komplett aus der Bahn wirft. Hier erhält auch der Romantitel einen doppelten oder gar dreifachen Boden. Denn neben den Spielen von Todd und Rafi und dem Spiel von Evie Beaulieu mit den Tieren des Ozeans ist es eben auch Richard Powers, der ein großes Spiel mit der Leserschaft betreibt.
Auffällig ist zudem, dass auch Powers offenbar das ewige Leben oder die Umkehrung des Todes umtreibt. Denn wie schon in der „Morgenstern“-Reihe von Karl Ove Knausgard spielt auch in diesem Buch die Theorie des russischen Philosophen Nikolai Fjodorowitsch Fjodorow eine zentrale Rolle.
Insgesamt ist „Das große Spiel“ ein lesenswerter Roman zwischen Umweltschutz und Künstlicher Intelligenz, der zwar Längen aufweist, aber spätestens mit dem großartigen letzten Viertel die Leserschaft auf seine Seite ziehen sollte.
Das ruhig wirkende Cover in Blautönen zeigt dahin gleitende Rochen, quasi eine passende Hinführung zum Thema Ozean mit all ihren geheimnisvollen Vorkommnissen. Die Szenerien spielen in Chicago, Montreal und der Insel Makatea in Französisch-Polynesien. Das interessante Leben in verschiedenen Disziplinen von vier Hauptfiguren wird in mehreren Erzählsträngen nicht chronologisch beschrieben. Während die männlichen Figuren Rafi Young, der Literatur-Nerd und der visionäre Computer-Nerd Todd Keane über die Brettspiele Schach und Go an ihrer langjährigen tiefen Freundschaft zu zerbrechen drohen, dreht sich das Berufsleben der Taucherin Evelyne Beaulieu nicht nur um das geheimnisvolle Spiel der Riesenmantas in weltweiten tiefen Ozeanen. Die Künstlerin Ina Aroita verarbeitet unter anderem Strandgut zu gewaltigen Skulpturen. Die Kolonialgeschichte von Makatea gleitet mit ihren zweiundachtzig Bewohnern hinüber zu dem zukunftsorientierten Projekt Seasteading, über das demokratisch abgestimmt wird nach Einbeziehung der künstlichen Intelligenz von Profunda, einer interaktiven Plattform. Diese vier Menschen finden sich schließlich auf dieser Insel wieder, teils geplagt von Lewy-Körper-Demenz, teils immer noch neugierig auf die unverstandenen Verhaltensweisen vieler Meerestiere. Nicht nur die Schönheit der tierischen und pflanzlichen Unterwasserwelt in seiner farbenprächtigen Üppigkeit wird poetisch vorgestellt, auch naturwissenschaftliche Begriffe zur Meeresgeologie wie z.B. Kontinentalverschiebungstheorie oder Langmuir-Zirkulation fließen thematisch ein. Ethische Fragen zu künstlicher Intelligenz und unsere großen Probleme mit Umweltverschmutzung und Artensterben regen zum Nachdenken an.
In Richard Powers richtet in seinem neuen Roman „Das große Spiel“ den Blick auf die technischen Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte aber auch wohin es in der nahen Zukunft gehen könnte. Dafür versammelt er verschiedene Protagonist:innen, deren Lebenswege nachgespürt werden und die letztlich alle zusammenführen. So geht es inhaltlich nicht nur um das große, durch den Menschen ausgelöste Artensterben vor allem in den Weltmeeren, sondern auch um die Entwicklung von Computertechnik bis hin zur KI.
Wer hier einen actiongeladenen Umweltthriller erwartet, wird eventuell enttäuscht werden, denn Powers konzentriert sich über viele hunderte Seiten hinweg hauptsächlich drauf, die einzelnen handelnden Personen des Romans vorzustellen. Bis man dann irgendwann merkt, dass es gar nicht um die Einführung von Figuren geht, sondern dass in diesem Roman der Weg das Ziel ist. Es geht um genau diese verschiedenen Lebensentwürfe und wie sie mit einander und mit dem Schicksal des Planeten verschränkt sind. Da haben wir den hochbegabten Todd Keane, der aus guten hause stammt und sich schon zu Schulzeiten mit dem ebenso hochbegabten Schwarzen Rafi Young anfreundet. Während das Programmieren Todds Steckenpferd ist, stellt dies bei Rafi das Schreiben, die Lyrik dar. Und da gibt es noch die Meeresbiologin Evie Beaulieu, welche schon als Kind tauchen lernt und sich in der Mitte des 20. Jahrhunderts als Frau in der Feldforschung behaupten muss. Sowie Ina Aroita, eine Künstlerin, welche schon immer auf Inseln lebte und deren Identität von den Vorfahren des Meeres geprägt ist.
All diese Leben sind miteinander verwoben. Immer wieder gibt uns Powers durch Rückblicke Hinweise, auf welche Art und Weise und letztlich können wir das Gesamtbild mit dem Clou der Geschichte erst zum Ende hin vollständig greifen. Diesen besagten Clou habe ich bezogen auf sein Auftauchen zwar erwartet, aber inhaltlich nicht vorhersehen können, was für mich ein massiver Pluspunkt des Buches ist. Wer schon viele Geschichten zum Thema KI gelesen hat, kann nur noch selten überrascht werden. Powers ist dies hier gelungen.
Des Weiteren eröffnet er ein unglaublich wissenswertes Themengebiet um die vielen Inseln mitten im Ozean von Französisch-Polynesien. Inseln mit all ihrer Natur und ihren Bewohnern, die von den französischen Eroberern bis weit in die 1960er Jahre hinein und bis heute ausgeraubt werden. Auf deren Atollen man meinte, Atomtests durchführen zu können. Speziell Makateas Phosphatvorkommen wurden rücksichtslos abgebaut und eine geschundene Insel hinterlassen. Auf dieser Insel spielt die „Gegenwartshandlung“, welche nur leicht in die Zukunft versetzt wurde. Man weiß schnell, dort wird es zum Showdown kommen. Und man wird nicht enttäuscht. Nur die Art des Showdowns ist wirklich eine Nummer für sich.
Insgesamt liest sich „Das große Spiel“ wirklich sehr süffig weg. Wenn man die knapp 510 Seite gelesen hat, wundert man sich, wie man durch sie hindurchgeflogen ist. Für mich gab es nur selten die ein oder andere Länge in den Geschichten. Letztlich fügte sich hier aber alles zusammen, sodass ich gern eine Leseempfehlung für den Roman ausspreche. Allein schon für die leicht verständliche Darstellung der Entwicklungsstufen von Künstlicher Intelligenz lohnt eine Lektüre, aber natürlich auch für das eindringliche Aufzeigen der menschlichen Zerstörungskraft und den Appell unseren Planeten mit all seinen Lebewesen nicht noch mehr zugrunde zu richten, sondern die Kehrtwende zu forcieren.
4,5/5 Sterne
Zwei Jungs entdecken zusammen das unendliche Universum, dass ihnen ihre überdurchschnittliche Begabung eröffnet. Ihre soziale Herkunft könnte unterschiedlicher nicht sein, Todd, ein Weißbrot aus einer oberen Schicht, Ravi, ein schwarzer Junge aus prekären Verhältnissen und doch treffen sie in der besten Schule der Stadt aufeinander. Von da an beginnen ihre intellektuellen Reisen in das Reich des Geistes, Ravi in das Reich der Worte und ihrer Anordnung in Prosa und Poesie, Todd in das Reich von Bits und Bites.
Die dritte protagonistische Person des Buches ist Evelyn Beaulieu, eine bekannte und leidenschaftliche Ozeanografin, die lieber im Ozean unter Wasser, als an Land leben würde. Sie hat den Tanz des Oktopus gesehen, den niemand zu deuten weiß und sie hat im Laufe ihres langen Lebens noch mehr gesehen, nämlich die katastrophalen Veränderungen, die stattftinden.
Ehe der größte Teil des Planeten erkundet wurde, war er schon zerstört.
Der Autor schreibt aus der Überfülle seines Wissens, seines schon Gelesenen und schon erdachten, er kann alles zusammensetzen wie Steine aus dem Baukasten seines Gehirns und seines Wesens. Dies mag nicht für jeden auf den ersten Blick verständlich sein und trotzdem liest man gespannt seine Ideen, Erkenntnisse und Visionen verfolgend.
Ist die KI Segen oder Fluch, wird sie die Welt retten oder ihren Untergang beschleunigen, wird sie der Menschheit aus ihrer Misere heraushelfen, oder wird sie sie noch verschlimmern. Diese Frage bleibt.
Die Schöpfungsgeschichte aus einer Douai-Rheims-Bibel vom Jahre 1884 am Ende seines Buches, ist ein Geschenk des Autors an seine Leser.
Plötzlich ging alles ganz schnell…Die Seiten von „Das grosse Spiel“, dem neuen Machwerk von Richard Powers (in der Übersetzung von Eva Bonné, erschienen im Penguin Verlag) flogen dahin wie die oft skizzierten und erwähnten Mantarochen.
„Das grosse Spiel“ erzählt von vier Charakteren, deren Lebensläufe auf einer kleinen Insel im Südpazifik namens Makatea (die Insel gibt es wirklich), äh, zusammenlaufen. Alle lernt man im Laufe der 509 Seiten ausführlich kennen.
Da sind die Freunde Todd Keane und Rafi Young, die Ozeanologin Evelyne Beaulieu und Ina Aroita, eine Künstlerin, die mit Rafi verheiratet ist.
Auf Powers-typische einzigartige Art verwebt er die Geschichten der vier mit aktuellen, weltumfassenden Themen – hier sind es Umwelt- und Naturschutz sowie KI. An der ein oder anderen Stelle hat mich „Das grosse Spiel“ an das ebenfalls von Powers geschriebene „Schattenflucht“ erinnert.
Todd Keane, den die Leser:innen aus der Ich-Perspektive in einer Art Tagebuch bzw. Memoiren kennenlernen und der an der Lewy-Körper-Demenz leidet, erzählt neben seiner Lebensgeschichte auch die Geschichte seiner Freundschaft mit Rafi Young. Die beiden könnten nicht unterschiedlicher sein: Todd als Sprössling eines stinkreichen weißen Unternehmers geboren und Rafi, ein von seinem schwarzen Vater von klein auf auf Ehrgeiz gedrilltes Superhirn mit Vorliebe für Literatur, Schach und Go, lernen sich zufällig an der Schule kennen. Es folgen lange Jahre der Freundschaft, denen Funkstille und ein folgenschwerer Bruch folgt...Erst Jahre später treffen sie auf Makatea wieder aufeinander.
Die Geschichte der Ozeanologin Evelyne Beaulieu, deren Geschichte an das Leben von Dr. Sylvia Earle angelehnt ist, hat mich tief bewegt, zeigt sie doch das Leben im Ozean in schillernden Worten und Farben. Ein einzigartiges Plädoyer für den Schutz der Meere und seiner Bewohner!
Geschickt flicht Richard Powers die rasende Entwicklung von KI mit in die Handlung ein, lässt sowohl Zweifler als auch Befürworter „zu Wort kommen“ und schafft so in Verbindung mit dem Plädoyer zur Erhaltung der Ozeane und seiner einzigartigen Welt eine großartige Symbiose aus wissenschaftlichen und ökologischen Themen.
Ein wunderbarer Roman und mir 5* in der Bewertung wert.
©kingofmusic
Makatea gibt es wirklich
Das große Spiel ist schwierig zu bewerten, denn eine durchgehende Handlung gibt es nicht. Dafür wird den vier Hauptprotagonisten viel Aufmerksamkeit geschenkt.
Evelyn, die Taucherin, schreibt am Ende ein erfolgreiches Buch und die ganzen Fische muss ich mir noch anschauen. Viele Namen habe ich noch nie gehört. Sehr zu Herzen geht die Szene, wie ein in Netzresten verstrickter Riesenmanta Evelyn um Hilfe bittet und sich später bedankt. Bei Säugetieren habe ich schon öfter davon gehört, z. B. bei Bären. Aber bei Meeresbewohnern las ich davon zum ersten Mal.
Und endlich habe ich durch Evelyn ein Gedicht wiedergefunden, dass ich schon so lange gesucht hatte, wusste leider nicht, von wo und von wem es ist, auf Seite 333 „Ariels berühmter Gesang aus dem Sturm:
Fünf Faden tief dein Vater liegt, Sein Gebein ward zu Korallen, Zu Perlen seine Augenballen, Und vom Moder unbesiegt, Wandelt durch der Nymphen Macht Sich jeder Teil von ihm und glänzt in fremder Pracht.“
Die andere weibliche Protagonistin Ina ist eine typische Insulanerin. Sie sammelt Plastikmüll und fertigt Skulpturen daraus. Sie hat mit Rafi zusammen zwei elternlose Inselkinder adoptiert. Ob sie keine eigenen bekamen oder wollten, bleibt unerwähnt.
Rafi, Inas Mann, ist ein schwieriger, komplexbeladener Zeitgenosse. Er wurde von seinem Vater extrem indoktriniert: „Schwarze auf Erfolgskurs“. So funktioniert die Studienfreundschaft mit …
Todd, dem Weißen zwar anfangs, wird aber zunehmend von Rafi boykottiert. Zu Unrecht, wie ich finde. Und Todd wird extrem erfolgreicher Multimillionär oder -milliardär.
Rafi und Todd spielen in ihrer Studentenzeit viele Spiele, erst Schach, dann Go. Zu Go: „Es ist das älteste ununterbrochen gespielte Brettspiel der Welt. Milliarden von Menschen haben es gespielt. In China gehört es zu den vier Vierteln der persönlichen Weiterentwicklung. In Japan wird es staatlich subventioniert, als Weg zur Erleuchtung.“ (S. 180)
So ersinnt Todd (mit Rafis Ideen) ein digitales Spiel, was einschlägt wie eine Bombe. Und so schnell so viele User begeistert, dass die Teams nicht mehr hinterherkommen. Was das dann am Ende mit Makatea zu tun hat? Lest selbst.
Fazit: Der Roman liest sich sehr flüssig und man bleibt begeistert dran. Das Cover mit den Mantas passt zum Inhalt. Aber zum Schluss verstehe ich so Einiges nicht. Ob das dann Fehler vom Lektorat sind oder ist das Durcheinander so gewollt? Da passt m. E. der ganze Ablauf nicht – schade! Dafür ziehe ich 1,5 Sterne ab und runde ab auf drei Sterne. ***