Das Glück des Wolfes

Rezensionen zu "Das Glück des Wolfes"

  1. Liebevolle Einblicke in die Bergwelt mit ihren Bewohnern

    Die Gaststätte „Babettes Gastmahl“ im Bergdorf Fontana Fredda in der Region des Monte Rosa hat während der Skisaison Hochkonjunktur. Dort treffen sich neben den Wintersportlern aber auch einheimische Arbeiter, Förster und Bauern. Fausto ist ein versprengter Einzelgänger aus der Stadt, der die Bergwelt liebt. Schon immer hat er dort Zuflucht gesucht, nun hat er seine Zelte in Mailand offenbar abgebrochen und bei Babette als Koch angeheuert. Diese Arbeit macht ihm Spaß, er genießt die Anerkennung der Gäste. Nebenbei arbeitet er an einer Karriere als Schriftsteller, sein erstes Buch wurde bereits veröffentlicht. Fausto sucht ganz offensichtlich nach einem Neuanfang in seinem Leben. Die 13 Jahre jüngere Silvia arbeitet als Kellnerin in derselben Gaststätte. Auch sie legt eine Pause ein, hat den nächsten Sommer auf einer Berghütte fest geplant. Fausto und Silvia verstehen sich auf Anhieb, sie freunden sich an und langsam beginnt eine romantische Liebesgeschichte, die der Leser begleiten darf.

    Doch es werden noch viele weitere Geschichten aus dem Leben der kauzigen Bergbewohner erzählt, zu denen insbesondere Fausto eine immer intensivere Beziehung knüpft. So hat Santorso ehemals als Forstpolizist gearbeitet. Auch er lebt allein, tröstet sich regelmäßig mit zuviel Alkohol. Obwohl er heute im Ruhestand ist, zieht es ihn immer wieder in die Höhen, wo sein geschultes Auge Fauna und Flora beobachtet. Besondere Aufmerksamkeit widmet er den Spuren der Wölfe, die sich offensichtlich immer wieder im Revier herumtreiben. Nicht jeder sieht das freilich positiv, schließlich fallen dem versierten Jäger Weidetiere zum Opfer.

    Die Berglandschaft wird sehr bildlich beschrieben, sowohl in ihrer Schönheit als auch mit ihren Gefahren. Naturgewalten wie Sturm, Windbruch, plötzlicher Nebel oder Lawinen können manches Schicksal im Handumdrehen wenden. Vor ihnen sind nicht einmal Einheimische gefeit. In einzelnen Episoden erzählt dieses Buch fesselnd-realistisch über alltägliche, überraschende und tragische Ereignisse rund um Fontana Fredda.

    In einem Interview war zu lesen, dass Paolo Cognetti eigene Empfindungen und Erlebnisse in diesem Roman verarbeitet hat. Das spürt man. Der Autor verwendet eine sehr unaufgeregte und ruhige, fast poetische Sprache, die mich immer wieder aufs Neue begeistert. Durch Perspektivenwechsel lernt man jede Figur mit ihren Gedanken und in ihrer Komplexität kennen.

    Der Roman besteht aus 37 relativ kurzen Kapiteln. Viele davon kann man einzeln lesen, andere stehen in engem Zusammenhang. Das Buch wirkt absolut entschleunigend, es war für mich die perfekte Lektüre für ein paar Wintertage. Man schlägt es auf und fühlt sich schnell zu Hause in dieser kargen Berglandschaft, die der Autor mit so viel Ausdruck und Liebe zum Detail beschreiben kann. Faustos Leben folgt man mit Sympathie: als Schriftsteller hat er großen Bezug zur Literatur (der Name der Gaststätte ist nicht der einzige intertextuelle Bezug), seine Sinnsuche wird von poetischen Gedanken begleitet, die das Zeug haben, als Bonmots zitiert zu werden: „Etwas verschwindet und etwas anderes wird an seine Stelle treten. Das ist der Lauf der Welt. Nur haben wir immer Heimweh nach dem, was vorher war.“ Oder: „Gefühle sind getönte Brillengläser, sie täuschen die Augen.“

    Es steckt viel Weisheit in diesem kleinen Roman, dessen Titel man durchaus metaphorisch deuten kann. Cognetti versteht es, die Atmosphäre wunderbar zu transportieren. Man spürt seine Affinität zum Hochgebirge, zu den Einsiedlern und vom dörflichen Leben geprägten Menschen. Seine Landschaftsbeschreibungen sind einfach grandios. Man möchte sofort den Koffer packen und in die Berge reisen.

    Ich empfehle dieses Buch allen Lesern, die sich gemütlich mit einer guten Lektüre zurücklehnen wollen. Ein stimmungsvoller Roman, der zum Nachdenken anregt, eine große Lese-Empfehlung!

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  1. Der Wolf in uns

    Rezension zum Buch!
    Klappentext:

    „Fausto und Silvia begegnen sich das erste Mal im Bergdorf Fontana Fredda. Gemeinsam erleben sie, wie der Winter sich über den kleinen Ort und seine Anwohner legt. Während Fausto die Stille fernab der Stadt genießt, ist Silvias Blick immer auf den höchsten Gipfel, den nächsten Gletscher gerichtet. Trotzdem sind sie einander nah und glücklich wie nie zuvor. Bis Fausto eines Tages beschließt, die Berge und damit auch Silvia hinter sich zu lassen. Doch zurück in der Stadt kreisen Faustos Gedanken noch immer um Silvia; um das Leben, das er sich so dringlich wünscht …“

    Paolo Cognetti hat hier „Das Glück des Wolfes“ verfasst. Seine Figuren Fausto und Silvia sind die Taktgeber, der Wolf darf aber auch nicht fehlen - egal ob wir in zu Gesicht bekommen oder nicht, der Wolf spielt hier auch als Metapher eine sehr große Rolle. Cognetti hat einen grandiosen Faible für Landschaftsbeschreibungen und so nimmt er uns auch hier mit in die Höhen und Tiefen der italienischen Gebirge, in die Welt der Gletscher, der Kälte, der Ruhe, der Stille…dem Ungewissen…kurzum: der Suche nach sich selbst. Fausto und Silvia sind zwei sehr deutlich beschriebene Charaktere. Mal bewusst mal unbewusst zeigt sie Cognetti uns auf und wir dürfen eines schnell feststellen: die beiden haben nunmal unterschiedliche Ansichten, unterschiedliche Denkweisen, Lebensweisen, Wünsche und Hoffnungen. Der eine Winter, der die beiden zusammen gebracht hat, hat vieles offenbart aber vieles auch unausgesprochen gelassen. Hier darf der Leser wieder herrlich zwischen den Zeilen stöbern und findet ihn, den Wolf. Der Wolf ist ein rastloser, ein Vagabund. Er benötigt sein Revier, aber nicht immer sein Rudel - er kommt zu Not auch allein durchs Leben, er ist Jäger und fängt sich das, was er braucht. Sie merken schon, egal ob bildhaft oder metapher-schwanger und poetisch erzählt, die Geschichte ist unheimlich nachdenklich, ruhig und so herrlich doppeldeutig von der Wortwahl. Ich liebe diese Art und Weise sehr und konnte ich sehr gut in der Geschichte abtauchen. Natürlich spielt hier die Liebe eine Rolle, aber nur bis zu einem gewissen Punkt und auch nicht zu überschwänglich. Aber fest steht: die Höhenluft trägt den Wolf in immer weitere, andere Gefilde…sie beflügelt ihre Besucher und macht den Kopf frei. Fausto gibt uns Lesern einen tieferen Einblick in seine Seele als Silvia. Man kann ihn verstehen, kann es nachvollziehen und einiges doch wieder nicht. Zerrissenheit tut sich auf….aber der Wolf in ihm, wird seinen Weg gehen, genau wie der von Silvia…

    Sehr poetisch, sehr ruhig und äußerst anspruchsvoll für die Leser, die sich die Mühe machen, hinter die Augen des Wolfes zu blicken…5 von 5 Sterne!

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  1. 3 Sterne für die Darbietung

    Covertext:

    „Fausto und Silvia begegnen sich das erste Mal im Bergdorf Fontana Fredda. Gemeinsam erleben sie, wie der Winter sich über den kleinen Ort legt. Mit Blick auf das Monte-Rosa-Massiv schaffen sie sich einen Zufluchtsort jenseits der restlichen Welt. Zurück in der Stadt erkennt Fausto, dass er in sein altes Leben nicht mehr passt. Und so eröffnet er Silvia seinen Plan. Vor der atemberaubenden Kulisse des italienischen Hochgebirges wirft der neue Roman des Bestsellerautors Paolo Cognetti die großen Fragen des Lebens auf. Eine poetische Liebesgeschichte auf den Gletschern Europas über das, was uns verbindet…“

    Das war mal wieder eine Geschichte, zu der ich sehr gern das Hörbuch neben dem Buch genießen wollte. Ich hatte sehr große Erwartungen an den Sprecher, denn die Geschichte ist ruhig, eigensinnig und ja, in seiner Wortwahl eben auch sehr doppeldeutig und da stellte sich mir die Frage, wie Sprecher Torben Kessler dies verpackt. Gleich noch vorweg: das Hörbuch war eine ungekürzte Lesung, über die ich sehr dankbar bin, denn wenn hier etwas gekürzt worden wäre, hätte die Geschichte den Zusammenhang verloren, hätte ihren Zauber verloren.

    Zum Inhalt der Geschichte will ich hier gar nicht weiter eingehen, denn das habe ich bereits beim Printexemplar ausführlich mit 5 von 5 Sternen getan, hier geht es mir nur nochmal um den Sprecher und die Art der Einspielung. Sprecher Torben Kessler ist gut, dennoch fand ich seine Stimme und seine Ausdrucksweise manchmal etwas lahm, der Geschichte nicht so ganz entsprechend. Er verschluckt manche Betonungen und auch der italienische Hauch, der Akzent fehlt mir einfach. Dadurch ging der Zauber der Geschichte ein wenig verloren. Ja, die Geschichte ist ruhig und bedächtige, aber dennoch darf hier ruhig ein wenig mehr unheil-schwangere Stimmung mitschwingen, ein wenig mehr Mysthik, ein wenig mehr…Wolf…denn der fehlt hier ein wenig, obwohl er in der Geschichte ein große Stellung bewusst unbewusst einnimmt.

    Ich vergebe 3 von 5 Sterne für die Interpretation.

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  1. Die Stille der Berge

    In seinem neuen Roman „Das Glück des Wolfes“ ist die grandiose Bergwelt des Aostatals Hintergrund und Hauptsache zugleich.

    Fausto und Silvias Wege kreuzen sich in dem kleinen Bergdorf Fontana Fredda in der winterlichen Skisaison. Beide sind Suchende, die sich neu orientieren wollen. Fausta langjährige Beziehung scheiterte, die Wohnung in Mailand steht zum Verkauf und die Sehnsucht nach Stille hat ihn in seine geliebte Bergwelt getrieben. Silvia scheint familiäre Probleme zu haben, aber das wird eigentlich nie richtig thematisiert und treibt noch ein wenig ziellos in die Zukunft. Auch sie liebt die Herausforderung der alpinen Welt.

    Wie immer hat mich die poetische Sprache und wunderbare Beschreibung einer grandiosen Bergwelt begeistert. Vor dieser Kulisse scheinen die Menschen mit ihren Nöten fast unscheinbar. Trotzdem hätte ich gern mehr über die Schicksale der Protagonisten erfahren. Es gibt durchaus interessante Persönlichkeiten in diesem Buch, die es wert gewesen wären, sie ein wenig in den Vordergrund zu stellen. Zum Beispiel der knorrig-knurrige Pistenraupenfahrer Santorso und die Wirtin Babette, in deren Lokal Fausto und Silvia als Saisonkräfte arbeiten. Doch menschliche Schicksale streift Cognetti nur oder lässt allenfalls zwischen den Zeilen etwas aus ihrem Leben durchschimmern.

    Aber der Stil des Autors, voller Poesie und Sprachmelodie hat mich wieder sehr begeistert. Wenn er einen Gipfelanstieg beschreibt, war ich gedanklich mit auf dem Weg. Habe die Luft, die Kälte, das Eis gespürt und wunderbare Bilder im Kopf. Dabei gibt es nicht einen Hauch von Kitsch oder Naturüberhöhung. Er verschweigt nicht die Gefahren des Tourismus auf die fragile Landschaft oder die harten Lebens-und Arbeitsbedingungen der Bewohner.

    Hätte Cognetti seinen Protagonisten ein wenig mehr Raum gegeben, hätte ich den kurzen Roman noch intensiver gefunden.

    Die Covergestaltung finde ich sehr gelungen.

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  1. Ein Meister der Naturbeschreibungen

    Paolo Cognetti ist für mich der Meister der Naturbeschreibungen. Vor allem die schroffe Bergwelt des Aostatales haben es dem italienischen Autor angetan. Kein Wunder, stammt er doch aus dem nahegelegenen Mailand, und verbringt regelmäßig seine Sommer in den Bergen.

    Nachdem ich letztes Jahr seinen autobiografischen Roman Acht Berge mit Begeisterung verschlungen habe, eines der besten Bücher die ich bisher gelesen habe, und ein wohltuender Leseorgasmus, freute ich mich umso mehr auf seinen neuen Roman Das Glück des Wolfes.

    Die Geschichte spielt in einem kleinen Bergdorf namens Fontana Fredda. Fausto und Silvia, zwei Menschen die aus unterschiedlichen Gründen aus der Stadt fliehen, begegnen sich in den kargen Bergen das erste Mal. Beide sind dort oben in der kleinen Ortschaft gestrandet, unschlüssig wie ihr weiteres Leben aussehen wird. Sie gönnen sich eine Auszeit und überwintern in Fontana Fredda und lernen das harte Leben in den Bergen, aber auch die speziellen Einwohner der Region, kennen. Obwohl es sie an denselben Ort verschlagen hat und sie sich auf Anhieb sympathisch finden, sind sie auf der Suche nach unterschiedlichen Dingen. Fausto ist auf der Suche nach Ruhe und Stille und Silvia auf der Suche nach dem nächsten hohen Gipfel, trotzdem sind sie gemeinsam glücklich.

    Um es gleich vorweg zu nehmen, dieser Roman reicht leider nicht an die Qualität von Acht Berge heran. Die Beschreibung der Natur und der Atmosphäre in den Bergen und vor allem der wunderbar poetische Schreibstil sind auch in diesem Buch vorhanden, doch zwei wesentliche Punkte fehlen: Emotion und Tiefe. Neben Fausto und Silvia gibt es noch weitere wichtige Figuren, wie den eigenbrötlerischen Gebirgler Santorso oder die Gaststättenbetreiberin Babette. Jede der Figuren hätte es verdient, dass man näher auf sie eingeht. Ich hätte mir gewünscht viel, viel mehr von diesem Menschen zu erfahren. Paolo Cognetti hat sich dazu entschieden, uns die Personen nicht vollends vorzustellen, viele Fragen aus deren Vergangenheit, aber auch aus der romanhaften Gegenwart, bleiben leider unbeantwortet. Zugegeben es handelt sich um Kritik auf hohem Niveau, aber im Gegensatz zu Acht Berge fehlte mir etwas. Vielleicht ist es aber auch nicht fair diese beiden Bücher zu vergleichen, da sein erster Roman autobiografisch veranlagt war und dieser scheinbar nicht.

    Ich bin etwas enttäuscht darüber, dass dieser Roman so kurz gehalten wurde. Die Figuren und die Berge hätten sich mehr Raum und Tiefe verdient. Dieses Buch hätte gut und gerne 200-300 Seiten dicker ausfallen dürfen und ich bin mir sicher, Langeweile wäre dennoch nicht entstanden.

    Paolo Cognetti ist dennoch ein grandioser Autor, der mich mit seiner Darstellung der Bergwelt nun schon zum zweiten Mal ins italienische Aostatal versetzt hat.

    Ich möchte hier aber noch einen ganz anderen wesentlichen Punkt ansprechen, nämlich die hervorragende Übersetzung von Christiane Burkhardt, die es immer wieder schafft, den speziellen Schreibstil der Autoren ins Deutsche literarisch zu übersetzen. Unter anderem übersetzte Christiane Burkhardt die Bücher von Pieter Webeling, einem holländischen Autor, der die ebenfalls grandiosen Bücher Das Lachen und der Tod und Die Stunde des Schmetterlings geschrieben hat. Diese zwei Bücher gehören auch zu meinen Lieblingsbüchern und sind absolute Lesehighlights. Ich spreche weder italienisch noch holländisch, aber wie man an diesen drei Büchern erkennen kann ist die Übersetzung ein ganz wesentlicher Bestandteil eines guten Buches.

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  1. Die majestätischen Berge und die schroffe Natur

    Dies ist mein erster Roman des Autors Paolo Cognetti. Aufgrund des Klappentextes hatte ich etwas anderes erwartet. Hier geht es im Wesentlichen nicht um das Suchen und Finden der Personen, sondern um die Berge. Die Berge sind schon seit ewigen Zeiten da und werden immer noch da sein, wenn es die Menschen aus dieser Geschichte nicht mehr gibt.
    In das kleine Bergdorf Fontana Fredda fallen im Winter die Touristen ein. Die Restaurantbesitzerin Babette benötigt dann Hilfe und so arbeiten der Schriftsteller Fausto in der Küche und die junge Silvia als Bedienung. Beide haben sie etwas hinter sich gelassen und wissen noch nicht so recht, wie es nach der Saison weitergehen soll. Silvia will sich einen Traum erfüllen und eine Weile auf einer Schutzhütte hoch in den Bergen arbeiten. Die beiden kommen sich schnell näher, doch als der Sommer anbricht trennen sie sich wieder.
    Ich bin ein wenig Zweigespalten bei diesem Roman. Beeindruckt hat mich der Autor mit seinen bildhaften und fast poetischen Beschreibungen der rauen, aber imposanten Natur. Bei den Personen war er wesentlich zurückhaltender. Was er uns über sie erzählt, wird ziemlich sachlich, fast schon distanziert erzählt. Wir lernen nicht nur Fausto und Silvia kennen, sondern begegnen in kurzen Episoden den Dorfbewohnern und anderen Personen. Durch diese Szenen blieben mir die Personen fremd. Das Leben in den Bergen ist hart und macht die Menschen wohl so eigenbrötlerisch und abweisend.
    Wir erfahren wenig über die Vorgeschichte der Protagonisten und auch am Ende bleibt vieles offen. Doch eines ist gewiss: Die Faszination der Berge bleibt.
    Ein interessanter Roman, auf den man sich einlassen muss.

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