Das Bildnis des Dorian Gray

Buchseite und Rezensionen zu 'Das Bildnis des Dorian Gray' von Oscar Wilde
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Inhaltsangabe zu "Das Bildnis des Dorian Gray"

Bei diesem Werk handelt es sich um eine urheberrechtsfreie Ausgabe.
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Autor:
Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:288
EAN:9783150114445

Rezensionen zu "Das Bildnis des Dorian Gray"

  1. Sind wir nicht alle ein bisschen Dorian?

    England, im späten 19. Jahrhundert: Für den Maler Basil Hallward ist der junge Dorian Gray nicht einfach nur ein Modell, das sich von ihm porträtieren lässt. Vielmehr erkennt Basil in ihm eine Art Muse, die ihn zu ungekannten Höchstleistungen antreibt. So ist es nicht verwunderlich, dass das Bildnis seine wohl beste Arbeit aller Zeiten wird. Und auch Dorian ist verliebt in sein Porträt und seine eigene Schönheit. In einem beseelten Moment äußert er den Wunsch, dass seine Schönheit und Jugend doch für alle Zeiten existieren und stattdessen das Bild altern möge. Ein faustgleicher Pakt ganz ohne Mephistopheles, aber mit ähnlich fatalen Folgen. Denn Dorian hat in diesem Moment offenbar seine Seele verkauft. Während sich nach einer unglücklich endenden Liebesbeziehung erste Falten im Porträt zeigen, erstrahlt Dorian im alten, jungen Glanz...

    Oscar Wildes einziger Roman aus dem Jahre 1891 sorgte seinerzeit nicht nur wegen der zahlreichen homoerotischen Anspielungen für einen Skandal. Der Ire wurde 1895 wegen "homosexueller Unzucht" zu zwei Jahren Haft mit Zwangsarbeit verurteilt. Verarmt und gebrochen starb er 1900 im Alter von nur 46 Jahren in Paris.

    "Das Bildnis des Dorian Gray" gilt als Klassiker der Weltliteratur. Seit 1901 wurde er über zwei Dutzend Mal ins Deutsche übertragen und vielfach neu aufgelegt. Braucht es also eine weitere Neuausgabe, noch dazu zu einem recht stattlichen Preis von 28 Euro? Unbedingt, wenn sie so kunstvoll illustriert ist, wie die jüngst bei Reclam erschienene Ausgabe in der Übersetzung von Ingrid Rein. Denn die Illustrationen der italienischen Zwillingsschwestern Anna und Elena Balbusso machen aus dem Buch fast schon ein eigenes Kunstwerk. Nur dass sich auf ihren Bildern glücklicherweise keine Spuren des Verfalls zeigen. Bereits das Cover deutet die Detailverliebtheit der erstmals auf dem deutschen Buchmarkt erscheinenden Künstlerinnen an. Für die Leserschaft lohnt es sich, den Blick schweifen zu lassen. Da blickt beispielsweise Edvard Munchs "Madonna" im Hintergrund gemeinsam mit Basil und seinem Freund Lord Henry Wotton, einer der wohl schillerndsten Figuren der Literaturgeschichte, auf Dorians Porträt. So kühn wie überraschend, wenn man bedenkt, dass die "Madonna" erst 1894/95 entstand - und damit vier Jahre jünger ist als Oscar Wildes Roman. Später bekommen die Bilder passend zur Geschichte nicht nur in den Farbtönen eine düsterere Note. Insgesamt entfalten die Bilder in Verbindung mit der Lektüre eine erstaunlich intensive Wirkung.

    Nun ist eine Buchrezension, die sich lediglich auf die Bilder aber nicht auf den Text bezieht, wohl keine vollständige. Deshalb der Hinweis, dass sich die Lektüre des Buches selbstverständlich auch seinetwegen lohnt. Wilde fabuliert so ausschweifend und manieriert, wie seine Figuren leben. Diese Ansammlung dekadenter Dandys, die ohne Rücksicht auf die Gefühle anderer oder auf Verluste, in der Regel nichts tut und sich täglichen Vergnügungen hingibt, ist schon ein ganz spezielles Ensemble. Und während der Titel-"Held" Dorian Gray auf immer dunklere Pfade gerät, scheint die Wurzel allen Übels doch seine Freundschaft zu dem oben bereits kurz erwähnten Lord Henry Wotton zu sein. Tatsächlich bleibt Wotton dadurch als eigentlicher Antiheld in Erinnerung - und als interessanteste Figur eines insgesamt schillernden Casts. Zudem weist "Das Bildnis des Dorian Gray", anders als bei Klassikern manchmal üblich, einen veritablen Spannungsbogen auf, der bisweilen an klassische Schauergeschichten erinnert. Und letztlich weist Reclam im Klappentext nicht zu Unrecht auf die Aktualität des Werks hin. In Zeiten zahlreicher Selbstdarstellungen und dem Streben nach Jugend und Schönheit, sind wir nicht vielleicht selbst eine Gesellschaft vieler kleiner Dorians?

    Die neue Reclam-Ausgabe von "Das Bildnis des Dorian Gray" ist eine hinreißend gelungene, die ich jedem ans Herz legen kann. Dem bibliophilen Bücherfreund, weil er mit ihr ein wirklich besonderes Kunstwerk seiner Sammlung hinzufügen kann. Dem Liebhaber des Romans, weil er mit den Illustrationen eine ganz neue Perspektive erhält. Und dem Erstleser ohnehin, weil es in naher Zukunft wohl keine annähernd so schöne Ausgabe wie diese geben wird.

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