Blütenschatten

Buchseite und Rezensionen zu 'Blütenschatten' von Annalena McAfee
4.75
4.8 von 5 (12 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Blütenschatten"

Eve – eine Künstlerin mit einem Faible für Blumen und junge Männer – bereitet in London eine große Museumsretrospektive vor. Aber ihr Leben ist in Aufruhr: Ihre Ehe steht vor dem Aus, ihre Tochter ist eine Enttäuschung, ihre größte Rivalin setzt ihr zu, und ihre Affäre mit dem weitaus jüngeren Luka ist so berauschend wie gefährlich. Doch Eve ist alles andere als ein zartes Pflänzchen.

Diskussionen zu "Blütenschatten"

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:336
EAN:9783257071139

Rezensionen zu "Blütenschatten"

  1. 4
    12. Aug 2021 

    Über eine Frau, die keine Kompromisse macht

    Eve Laing macht Kunst, die zu schön ist, um wahr zu sein. Die fiktive Künstlerin ist die Protagonistin des Romans "Blütenschatten" von Annalena Mcafee.

    Und wie ein Schatten streift Eve in diesem Roman durch London und verliert sich dabei in Erinnerungen an die letzten Monate, als zunächst ihr Leben noch in Ordnung schien: Erfolgreiche Künstlerin, Anfang 60, die sich in der Malerei und künstlerischen Installation von Blumen verwirklicht, langjährige Ehefrau eines weltweit erfolgreichen Architekten, Mutter einer Tochter. Mittlerweile ist sie sogar Großmutter eines Enkels.

    Jeder andere würde meinen, dass das Leben es bisher gut mit ihr gemeint hat. Doch Eve ist nicht jeder Andere. Sie, die als Künstlerin sehr erfolgreich ist, hat im privaten Bereich weniger Erfolg. Als Mutter hat sie versagt, als Ehefrau hat sie lediglich eine Rolle gespielt. Ihre langjährige Ehe mit Kristof ist zu einer Beziehung aus Gewohnheit geworden. Die Eheleute haben sich mit ihrem langweiligen Miteinander arrangiert. Jeder führt sein eigenes Leben, ohne sich für den anderen zu interessieren. Berührungspunkte bilden nur der gemeinsame Haushalt sowie gesellschaftliche Verpflichtungen. Eve fühlt sich als Frau nicht mehr von ihrem Mann beachtet. Sie stürzt sich in die Arbeit. Das Werk, an dem sie gerade arbeitet, soll die Krone ihres bisherigen Schaffens werden. Als bekannte Künstlerin kann sie sich auf die helfenden Hände vieler fleißiger Mitarbeiter verlassen. Einer davon ist Luka, nur halb so alt wie sie, der ihr aber diejenige Beachtung schenkt, die der Ehemann ihr verwehrt. Und Eve macht den entscheidenden Schritt, der ihrem bisherigen Leben eine Wende geben wird.

    "Sie wollte eine Spur hinterlassen und künftigen Generationen ein Gefühl für die zunehmend zerbrechliche Welt von heute vermitteln. Falls es überhaupt zukünftige Generationen geben sollte. Ihre Befürchtung, die Befürchtung aller Künstler ist, dass sie ungeachtet der Anstrengungen, die sie für ihre Mission und die monumentale Natur ihrer Werke aufwenden, niemanden interessieren."

    In diesem Roman dreht sich alles um Eve. Meiner bisherigen Beschreibung nach zu urteilen, könnte man in Eve eine Protagonistin sehen, die den Mut hat, ihr Leben zu ändern und somit zu neuem Selbstbewusstsein kommt. Dem ist jedoch nicht so. Denn Eve ist eine Anti-Heldin. Sie liebt nur einen Menschen, und das ist sie selbst. Sie hat sich schon immer selbst in den Mittelpunkt gestellt und geht über Leichen, um sich diesen Platz zu bewahren. Das haben auch Mitstreiterinnen aus Eves jungen Jahren und künstlerischen Anfängen zu spüren bekommen. Sie besitzt keinerlei Einfühlungsvermögen für die Empfindungen anderer Menschen. Schlimmer noch, sie blickt voller Verachtung auf ihre Mitmenschen. Gerade diejenigen, die erfolgreicher sein könnten als sie, können vor Eve nicht bestehen. Die Künstlerin lebt Neid und Missgunst in seiner intensivsten Form.

    Durch ihr mangelndes Einfühlungsvermögen, fehlt ihr auch Menschenkenntnis, so dass sie in anderen Menschen nur das sieht, was sie sehen möchte und sich somit ihre eigene Wirklichkeit schafft, dessen ewiges Zentrum sie und ihre Kunst sind.

    "Eve hatte schon immer Mühe gehabt, Menschen zu durchschauen, und deshalb überraschte die Kluft zwischen geäußerter Absicht und tatsächlichem Handeln sie unablässig aufs Neue."

    Blütenschatten ist ein Buch, in dem sich alles um Kunst, und zeitgenössischer Kunst im Besonderen, dreht. Die Sprache dieses Romans ist von Bezügen zu Künstlern und ihren Werken durchzogen, genauso wie der Schaffensprozess von Eves letztem großen Kunstwerk im Detail beschrieben wird. Man blickt der Künstlerin dabei förmlich über die Schulter und verliert sich in der schwelgerischen Farbenpracht, die die Autorin Annalena McAfee beschreibt. Gleichzeitig nimmt sich die Autorin den Kunstbetrieb vor. Mit einem bissigen Humor macht sie sich über die Dekadenz und Abgehobenheit der Szene lustig. Das macht Spaß und man wundert sich, woher die Autorin ihre Kenntnisse hat.

    Fazit:

    Anfangs hatte ich Schwierigkeiten, in diesen Roman hineinzukommen. Diese schwellgerische und künstlerisch eingefärbte Sprache hat mich zunächst überfordert. Doch im Verlauf des Romans habe ich diese Detailliebe als stimmig zu diesem Künstlerroman wahrgenommen. Im Verlauf der Handlung entwickelt dieser Roman eine große Dynamik, was nicht zuletzt daran liegt, dass Eves Realität nach und nach in sich zusammenstürzt. Zurück bleibt nur Chaos und ein hochdramatisches Ende.

    Leseempfehlung!

    ©Renie

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  1. Falsches Spiel von und mit Eve Laing

    „Schon wieder ein Buch über Kunst? Hat er nicht vor kurzem erst eins gelesen?“ Nun, ich glaube, dass die Lektüre von „Blütenschatten“ von Annalena McAfee und „Tasso im Irrenhaus“ von Ingo Schulze innerhalb kürzester Zeit purer Zufall sind. Aber in der Tat habe ich dieses Jahr schon das ein oder andere Buch über „Kunst“ (im weitesten Sinne) gelesen. Nun gut…

    In „Blütenschatten“ folgt die geneigte Leserschaft der Erzählerin Eve Laing durch das vorweihnachtliche, nächtliche London. Wer jetzt an einen schnöden „Sightseeingtrip“ denkt – weit gefehlt :-). Denn während Eve läuft und fährt, geht sie in Gedanken durch ihr Leben. Nicht chronologisch, sondern in der Zeit hin- und herspringend.

    Dabei ist es das, woran man sich als Leser erst einmal gewöhnen muss und was die ersten 50 Seiten zunächst etwas „holprig“ und schwierig erscheinen lässt. Dann aber lässt die Geschichte um Eve, dessen Name bestimmt nicht zufällig gewählt wurde, einen nicht mehr los und man folgt nur zu gerne Eve´s Ausführungen über ihre Vergangenheit als Muse, Ehefrau, Mutter und Künstlerin.

    Denn hinter ihren zynisch-lakonischen Ausführungen steckt einiges an Diskussionspotenzial, was das Buch geradezu für Leserunden und –kreise prädestiniert. Die geneigte Leserschaft merkt schnell, dass die Erzählerin nicht so unschuldig ist, wie sie zunächst erscheint. Das wird vor allem im „Grande Finale“ deutlich, dem ein Schluss folgt, der den Leser sprachlos zurücklässt, da man zu keinem Zeitpunkt der Lektüre damit rechnet.

    Die Frau von Ian McEwan hat mit „Blütenschatten“ einen großartig komponierten (Künstler-)Roman geschrieben, der sprachlich zu den herausragenden Erscheinungen in diesem Jahr gehört und demnach nicht unter der Höchstnote bewertet werden kann *g*.

    5* und glasklare Leseempfehlung!

    ©kingofmusic

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  1. 5
    11. Jul 2021 

    Faszinierende Charakterstudie mit Witz und Spannung

    Die 60jährige Künstlerin Eve ist die Protagonistin in Annalena McAfees drittem Roman „Blütenschatten“. Der Leser begleitet sie auf ihren Streifzügen durch das nächtliche London, bei denen sie ihr Leben Revue passieren lässt.
    Ihre künstlerische Laufbahn beginnt als Kunststudentin im London der 1970er Jahre. Mit zwei Kommilitoninnen, Wanda und Mara, zieht es Eve in die wilde Kunstszene New Yorks. Mit Ehemann Kristof geht es ein paar Jahre später zurück nach London. Er entwickelt sich schon bald zu einem weltweit gefragten Star- Architekten; für das Ehepaar geht es finanziell und gesellschaftlich aufwärts.
    Obwohl sich Eve mittlerweile einen Namen gemacht hat mit ihren detailgetreuen Blumenportraits, wird sie in der Öffentlichkeit immer noch auf ihre ehemalige Rolle als Muse eines berühmten Künstlers reduziert. Nun plant sie eine große Ausstellung ihres künstlerischen Schaffens und dabei soll ihr neuestes Werk, eine Serie überdimensionaler Gemälde von Giftpflanzen, für die endgültige Anerkennung als große Künstlerin sorgen. Doch bei der Arbeit daran gerät ihr bisheriges Leben völlig aus den Fugen. Schuld daran ist ein junger Mann, der 30jährige Luka, der ihr als Assistent zur Seite steht und mit dem sie eine heftige Affäre beginnt. Für ihn verlässt sie ihren Ehemann und tauscht ein „ tableau mort, in dem sie wie erstarrt im Mausoleum ihres Ehebettes lag…“ gegen ein „ tableau vivant mit zerwühlten Laken und den reifen Früchten des Lebens mit Luka“ ein.
    Denn nicht nur ihr künstlerisches Schaffen wird beflügelt durch die Beziehung zu Luka, sondern auch ihre Libido. Für diesen Rausch opfert sie alles. „ Es dauerte ein ganzes Leben, um es aufzubauen, und nur eine Sekunde, um es zu zerstören. Familienleben. Das ging als Erstes flöten. Dann die Würde, und mit ihr der gute Ruf. Alles andere folgte in den Strudel. Nur ihre Arbeit ist geblieben.“
    Doch der Leser ahnt früh, dass Luka ein falsches Spiel treibt. Und die Geschichte steuert unausweichlich auf eine Katastrophe zu.
    Mit Eve hat die Autorin eine schillernde Frauenfigur geschaffen; eine Frau, die sich nur für ihre Kunst interessiert. Sie ist keineswegs eine Sympathieträgerin, im Gegenteil. Der Leser merkt auch bald, dass sie eine unzuverlässige Erzählerin ist. Denn Eve ist wahrhaftig nicht das Opfer, wie sie sich gerne darstellt, sondern sie versteht es sehr wohl, sich zu rächen und selbst auszuteilen. Dabei ist sie gnadenlos im Urteil über andere. Für ihre Tochter Nancy z.B., „ diese verwöhnte, spröde Tochter“, findet sie kein freundliches Wort. Überhaupt: „ Die meisten Kinder waren eine Enttäuschung.“
    Am stärksten verfolgt sie mit ihrer Häme ihre frühere Freundin Wanda, die als Performance- und Konzeptkünstlerin überall auf der Welt Erfolge feiert. „ …dass ihrer Meinung nach Wandas Erfolg auf einer Blendung der Kunstszene beruhte, ein Fall von des Kaisers neue Kleider, in dem auch die jubelnde Menschenmenge nackt war.“
    Doch so zynisch und abgebrüht Eve ihre Mitmenschen aburteilt, so blind für ihr eigenes Verhalten wird sie, als sie sich in Luka verliebt. Für ihn opfert sie ihren Stolz und ihre Selbstachtung.
    Das alles liest sich sehr unterhaltsam und vergnüglich. Die vielen bissigen Bemerkungen sorgen für Würze ( „ Die erste Eve hatte die säuselnden Argumente der Schlange gehört, sie abgewogen und ihre Entscheidung getroffen. Adam spielte dabei keine große Rolle. Auch er hatte sich als Langweiler entpuppt.“) . Sprachlich bewegt sich der Roman auf hohem Niveau. Die Autorin versteht es außerdem sehr gut, Spannung aufzubauen. Die Geschichte beginnt ruhig, doch nimmt im Verlauf immer mehr an Fahrt auf. Der Leser erwartet Schlimmes, doch das Ende übertrifft die Erwartungen.
    Überdies bietet das Buch einen interessanten Einblick in den Kunstbetrieb mit seinen Intrigen und Eitelkeiten. Anna-Lena McAfee hat sechs Jahre lang die Kunst - und Literaturbeilage des „ Guardian“ herausgegeben, sie kennt sich also aus.
    Eine faszinierende Charakterstudie, Spannung und Witz, einen bissigen Blick auf die Kunstszene, eine informative Stadtführung durch London - das alles bekommt der Leser mit diesem Roman. Unterhaltungsliteratur auf hohem Niveau!

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  1. Perfekt konstruierter Beziehungsroman im Künstlermilieu

    Eve Laing ist eine kompromisslose Künstlerin. Bereits vor Jahrzehnten machte sie Furore, einerseits mit ihren eigenen floralen Kunstwerken, andererseits als jugendliche Muse ihres alternden Professors, dessen Portrait Eve als halbnacktes „Mädchen mit Blume“ in unterwürfiger Pose zeigt. Noch heute bewegt diese Liaison die Gemüter, noch immer wird sie zum eigenen Leidwesen darauf angesprochen.

    In der Gegenwart durchstreift Eve das nächtliche London. Sie besucht verschiedene Orte, die mit ihrem Leben in Verbindung stehen. Sie schildert uns die Stadt mit ihrer Atmosphäre und ihren Veränderungen im Laufe der Jahrzehnte. Das aber ist nur stimmungsvolle Kulisse. Vordergründig gewährt uns Eve Einblick in wesentliche Stationen und Erlebnisse ihres Lebens als bildende Künstlerin. Sie tut das nicht chronologisch und selbstverständlich nicht objektiv. Anfänglich nimmt man sie als missverstandene, ausgegrenzte Frau wahr. Diese Sichtweise bekommt aber immer mehr Risse. Als Leser braucht man eine ganze Weile, bis man alle Eindrücke sortieren und evaluieren kann, was für ein äußerst positives Leseerlebnis sorgt.

    Eve ist heute um die 60 Jahre alt, war über 20 Jahre mit dem erfolgreichen Stararchitekten Kristof verheiratet, mit dem sie die gemeinsame, mittlerweile erwachsene Tochter Nancy hat. Offensichtlich hat sie ihre Ehe zugunsten ihres 30-jährigen Geliebten Luka aufgegeben, der auch in der Kunstbranche tätig ist und zunächst als Hilfskraft bei ihr anheuerte. Luka gibt Eve Auftrieb. Sie fühlt sich durch seine Leidenschaft nicht nur verjüngt, sondern noch einmal im großen Stil inspiriert, um ein neues einzigartiges Kunstwerk zu erschaffen, das an ihre alten Erfolge anknüpfen und ihr einen fulminanten Durchbruch bescheren wird. Wie besessen arbeitet sie an dem neuen Projekt, sie will es all ihren vermeintlichen Neidern nochmal zeigen.

    In ihren Rückblicken geht Eve schonungslos mit den Menschen ihres nahen Umfeldes um. Das betrifft natürlich den Ex-Mann, aber auch ihre Tochter: „Aber Nancy? Aus dem raffgierigen Kind war eine raffgierige Frau geworden, ein verhätscheltes Milleniumsgör mit Mission, eine selbsternannte Fürsprecherin der Verdammten dieser Erde.“ (S. 64)

    Ebenso bösartig spricht Eve von ihrer einstigen Studienfreundin Wanda, die sich offensichtlich mit Installationskunst einen internationalen Ruf erworben hat – völlig zu Unrecht natürlich, wenn es nach Eve geht. Überhaupt ist Wanda eine neidische, eifersüchtige, ich-bezogene Xanthippe, die schon immer alles getan hat, um Eve zu schaden. Als einzige Freundin aus den Zeiten der Kunstakademie ist nur Mara geblieben, zu deren Sohn Eve sogar Patentante ist. Doch auch diese Beziehung bekommt mit zunehmender Lektüre Risse.

    Eves Reflexionen sind herzerfrischend zynisch. Anfangs nimmt man Eve ihre latente Opferrolle noch ab. Doch dann wendet sich das Blatt, denn man spürt, dass nicht alles, was Eve berichtet, der Wahrheit entsprechen muss, dass es möglicherweise gegenläufige Perspektiven gibt. Diese Erkenntnis reift langsam, die Autorin sät die Zweifel kalkuliert und mit Bedacht, so dass der Spannungsfaden an keiner Stelle abreißt. Es macht Freude, Eve und ihren Ausführungen zu folgen, deren wertender Sarkasmus oft humorvolle Züge annimmt, aber auch tiefsinnige Gedanken zulässt: „Die Nachhaltigkeit von Beziehungen ist nicht erklärlich. Dasselbe gilt für ihre Lebensdauer, obwohl das Ergebnis immer gleich ist. Dem Untergang geweiht, so oder so. Für alle mit Ausdauer durch den Tod. Für die Schwächeren oder Mutigeren durch eine Scheidung, erst dann den Tod.“ (S. 76)

    „Blütenschatten“ ist ein ungemein gekonnt geschriebener Beziehungsroman, der realistische Einblicke in die Kunstszene rund um Kulturschaffende, Agenten, Kritiker, Mäzene und Musen bietet. Er hat mehrere Ebenen, die den Leser zum Mitdenken und Hinterfragen auffordern; denn nichts ist, wie es zunächst zu sein scheint. Die Handlung rund um die narzisstische Protagonistin Eve wird an keiner Stelle langweilig. Die Geschichte beginnt ruhig, nimmt immer mehr Fahrt auf, um in einem überraschenden, furiosen und dabei höchst stimmigen Finale zu enden. Sämtliche Charaktere wirken glaubwürdig, haben viele Facetten.

    Ein Roman, der perfekt konstruiert Unterhaltung auf hohem Niveau bietet. Sprachlich ist das Buch ein Genuss, was auch den Übersetzern pociao und Roberto de Hollanda zu verdanken ist. Ich bin sicher, dass Annalena McAfee mit diesem Roman breite Leserschichten begeistern wird. Von mir kann daher das Votum nur laute, deutliche 5 Sterne bedeuten. Dass ich die Autorin mit ihrem Werk im Auge behalte, versteht sich von selbst.

    Unbedingte Leseempfehlung!

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  1. Wo Licht ist, ist auch Schatten (jede Menge)!

    Als "brilliant und bissig" hat die Financial Times (London) diesen Roman klassifiziert. Das trifft es so gut, dass ich mir das Zitat hier ausborgen muss.

    Im Mittelpunkt des Romans steht die Künstlerin Eve. Sie blickt mit 60 Jahren auf eine erfolgreiche Karriere als Malerin von Blumenmotiven zurück und breitet gerade eine große Retrospektive ihres Werks vor. Es sollte noch einmal der ganz große Wurf werden; sie will es allen zeigen – ihren Konkurrentinnen, den Kritikern, ihrem Ehemann. Anlass genug, ihren Werdegang noch einmal zu beleuchten.

    Ich war anfangs geneigt zu vermuten, dass es sich hier um einen klassischen Künstlerroman handelt. Die Erzählung aus der Perspektive Eves, die durch die nächtlichen Straßen Londons wandelt und dabei auf ihr Leben zurückblickt, ist nicht ungewöhnlich. Es war auch interessant zu lesen, wie Eve als junge Kunststudentin als Muse eines berühmten Malers herhielt, sich in den wilden 70er Jahren in New York durchboxte und sich in allen Lebens- und Liebeslagen gegen ihre früheren Freundinnen Mara und Wanda durchsetzen musste. Mit Erfolg wie es schien. Jetzt, mit 60 Jahren, hat Eve offenbar den Gipfel ihrer Karriere erreicht.

    Nicht schlecht, aber auch nichts Besonderes, dachte ich zunächst. Doch nach und nach kamen mir Zweifel an der Selbstdarstellung Eves. Ihr auf Hochglanz poliertes Bild bekam Risse. Eve war keinesfalls nur das Opfer, als das sie sich gern selbst schildert. Zu den Zerwürfnissen mit Mara und Wanda hat sie wesentlich beigetragen, in dem sie ihren Freundinnen Ehemann bzw. Liebhaber ausspannte und ihre kalte Rache genoss. Außerdem hat Eve einen Hang zu (zu) jungen Männern. Luka, ihr letzter Liebhaber, war halb so alt wie sie und der Grund dafür, dass Eve ihre Ehe hinschmiss und ihrem Ehemann verließ. Fragt sich nur, ob Eve tatsächlich so erfolgreich ist, wie sie gern glauben macht. Auf die finanzielle Unterstützung ihres Ehemanns möchte sie ungern verzichten. Und welches Spiel spielt dieser Luka hier?

    Der Roman bewegt sich auf drei Zeitebenen. Äußerlich befindet Eve sich auf den Straßen Londons. Zu Beginn steht sie vor dem früheren ehelichen Wohnsitz in einem schicken und teuren Wohnviertel im Westen Londons und schaut durchs Fenster, wo ihr Exmann mit seiner neuen Geliebten den Abend verbringt. Auf dem Weg zurück zu ihrem Atelier im ärmlicheren Osten Londons denkt Eve über ihr aktuelles Projekt nach. Diese Rückschau wird wiederum durchbrochen von noch weiter zurückliegenden Erinnerungen Eves an den Beginn ihrer Karriere.

    Durch diese Erzähltechnik bekommt der Leser erst nach und nach das komplette Bild von Eves Werdegang und wahrem Charakter. Die unschönen Details kommen erst nach und nach ans Licht. Dadurch hat die Erzählung eine besondere Spannung, die mit einem herkömmlichen Künstlerroman nicht zu vergleichen ist. Zusätzlich erfährt man als Leser, aus der Perspektive Eves, einiges über die Künstlerszene, den Kulturbetrieb und Kunstkritiker. Werke und Ausstellungen werden eindrucksvoll beschrieben. Der Roman ist also äußert vielseitig und überrascht zudem mit einem fulminanten Schluss.

    Der Roman ist rundherum gelungen. Ich vergebe daher überzeugt fünf Sterne.

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  1. Dieser Roman hat es in sich

    Dieser Roman hat es in sich

    Annalena McAfee hat mit diesem Roman eine sehr interessante Protagonistin geschaffen. Obendrein bietet sie dem Leser einen spannenden Einblick in die Kunstwelt, die für mich bisher wenig reizvoll war. Die Autorin schaffte es, dass ich mich durchaus mit Interesse dem Thema gewidmet habe.

    Eve Laing lebt für die Kunst, sie ist und war schon immer ihr Lebenselexier. Um erfolgreich zu sein, scheute sie keine Mühen und warf alle Skrupel über Bord, wenn es darum ging ihre Ziele zu erreichen. Als ihre Tochter geboren wurde, lag ihre Hauptsorge darin, wie sie ihre Aufgaben als Mutter mit denen der Kunst vereinbaren könne.
    Bei dieser Einstellung liegt es nahe, dass sie zur Tochter nie ein gutes Verhältnis aufbauen konnte. Eve hat außerdem an allem etwas auszusetzen was ihre Tochter Nancy tut.
    Sympathisch ist Eve dem Leser daher nicht. Doch sie schafft es den Leser zu fesseln, man möchte erfahren wie sie es geschafft die Leute um sich herum zu manipulieren. Oder ist vieles von dem was wir über Eve erfahren vielleicht nur Schein?
    Aus dem Ruder läuft alles, als sie sich unsterblich in den jungen Künstler Luka verliebt. Sie setzt ohne Hemmungen ihre Ehe aufs Spiel, erliegt dem Charme des jungen Lover. Dieser macht sich bald unabkömmlich, arbeitet mit ihr gemeinsam an der neuen Ausstellung. Eve kreiert ein Poison Florilegium, eine interessante Darstellung giftiger Pflanzen.

    Die Autorin hat einen spannenden Roman über eine Frau verfasst, die ihr Leben vor dem Leser ausbreitet. Sie lässt Eve so sein wie sie ist, beschönigt nichts, lässt sie ihre egozentrische Art ausleben, teilt alle bissigen Gedanken mit. Sie zeigt aber ab und an auch eine verletzliche Seite an dieser Frau. Oder sind es am Ende Selbstzweifel?
    Mir wurde schnell klar, dass Eve nicht immer objektiv ist, sie sieht sich oft in einem anderen Licht, als ihr Umfeld. Der Leser leer schnell alles zu hinterfragen, was diese Frau berichtet.
    Das Ende ist sehr überraschend und hat mich wirklich positiv überrascht.
    Annalena McAffe konnte mich vollends überzeugen. Der bissige Stil ihrer Schöpfung hat Spaß gemacht, und ließ mich einen interessanten Blick in die Kunstszene werfen. Die Künstlerin Eve Laing und ihre Blumenkunst, wird mir sicher lange im Gedächtnis bleiben.

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  1. Kein zartes Pflänzchen

    Der Künstlerin Eve Laing (61) hat es die Natur angetan. Vor allem Blumen tauchen immer wieder in ihren Werken auf. Doch anders als bei früheren Weggefährten blieb ihr der große Ruhm verwehrt. Ihre Ehe mit dem zehn Jahre älteren Stararchitekten Kristof Axness, aus der ihre Tochter Nancy hervorgegangen ist, erfüllt Eve zudem schon seit Längerem nicht mehr. Deshalb will es die Künstlerin nun wissen: Sie bereitet eine große Retrospektive in London vor. Sie ahnt nicht, dass sie auf eine Katastrophe zusteuert...

    „Blütenschatten“ ist ein Roman von Annalena McAfee.

    Meine Meinung:
    Der Roman besteht aus 30 Kapiteln mit einer angenehmen Länge. Es gibt zwei Erzählebenen: Zum einen streifen wir im gegenwärtigen Strang mit Eve durch die Straßen von London, zum anderen halten wir mit ihr eine Rückschau auf ihr Leben, wobei die jüngere Vergangenheit dominiert. Erzählt wird somit einerseits im Präsens und andererseits im Präteritum, jeweils aus der Sicht von Eve. Beide Ebenen sind sehr gekonnt verknüpft.

    Dass sie vortrefflich mit Sprache umgehen kann, stellt die Autorin immer wieder unter Beweis. Zwar ist der Roman aufgrund seiner komplexen Syntax, vieler Fachtermini sowie Referenzen zu Kunstwerken und Künstlern nicht leicht lesbar. Das lässt den Schreibstil zunächst etwas prätentiös wirken. Allerdings gibt es immer wieder auch starke Sprachbilder, spitzzüngige Bemerkungen und scharfsinnige Formulierungen, nicht selten garniert mit zynischem Humor, zu entdecken.

    Mit Eve steht eine schwierige Protagonistin im Vordergrund. Sie ist verbittert, rachsüchtig, gehässig, egoistisch und eitel, was sie interessant, aber nicht gerade sympathisch erscheinen lässt. Man kann ihr zugute halten, dass sie durchaus auch selbstkritisch ist und viel reflektiert. Auch die weiteren Charaktere sind für mich keine Sympathieträger, machen aber ebenfalls einen lebensnahen Eindruck.

    Inhaltlich hat mich der Roman zu Beginn nicht fesseln können, da die ausführliche Darstellung der Kunst viel Raum in der Geschichte einnimmt. Im weiteren Verlauf des Romans erschließt sich das jedoch und hat mich immer weniger gestört. Mehr noch. Die Persiflage auf die Kunstszene und ihre Auswüchse, die das Buch durchzieht, konnte mich amüsieren und begeistern. In diesem Punkt zeigt sich die fundierte Sachkenntnis der Autorin. Affären, Konkurrenzkampf, Betrug und weitere menschliche Abgründe sind weitere Zutaten der Geschichte. Sehr gerne gelesen habe ich auch den Streifzug Eves durchs nächtliche London, der mir die Stadt näher gebracht hat.

    Die Geschichte beginnt in einem ruhigen Tempo und ist zunächst sogar ein wenig langatmig. Das ändert sich jedoch bald, weil sich abzeichnet, dass Eves Leben eine dramatische Wendung genommen hat. Die Spannung wächst stetig. Der Roman entwickelt einen zunehmenden Lesesog und endet schließlich mit einem fulminanten Finale, das mich überraschen konnte und trotz aller Tragik sowohl absolut schlüssig als auch stimmig ist.

    Das reduzierte und verlagstypische Cover mit dem Frauenporträt passt vortrefflich zum Inhalt. Der deutsche Titel weicht zwar vom Original („Nightshade“) ab, ist aber ebenso eine gute Wahl.

    Mein Fazit:
    Mit „Blütenschatten“ hat mich Annalena McAfee in mehrfacher Hinsicht überzeugt. Ein durchweg empfehlenswerter Roman und ein Lesehighlight 2021!

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  1. 5
    04. Jul 2021 

    Fegefeuer der Eitelkeiten in der Londoner Kunstszene

    Eve ist eine Künstlerin voller Selbstzweifel und Minderwertigkeitsgefühlen. Sie hat es dennoch geschafft, Erfolg mit ihren Bildern, auf denen sie unscheinbare Blumen des Wegesrandes detailgetreu darstellt, zu haben und große und erfolgreiche Ausstellungen auszurichten. Wäre da nicht dieses ständig nagende Gefühl der eigenen Herabsetzung, dann könnte sie ein erfülltes und glückliches Leben führen.
    In dieser selbstzweiflerischen Stimmung begleiten wir Eve über die Hälfte des Buches bei ihren Streifzügen durch London, in denen sie ihrem Exmann und deren neuer Geliebter nachspioniert und andere Plätze ihrer künstlerischen Tätigkeit aufsucht. Es entsteht für den Leser ein lebendiger Einblick in verschiedene Londoner Viertel und deren Charakter und darüber hinaus erfährt der Leser auch so einiges über die Kunstszene in London mit allen ihren Eitelkeiten und Rivalitäten.
    Eve hat sich vor einigen Monaten von ihrem langjährigen Ehemann getrennt, mit dem sie eine recht gut funktionierende und dazu auch finanziell sehr auskömmliche Beziehung führte. Nur das künstlerische Interesse fehlte auf der anderen Seite und so blieb immer eine nicht zu übersehende Leerstelle in diesem Leben zu zweit. Eve beginnt eine Affäre mit einem viel jüngeren Angestellten in ihrem Atelier, Luka. Diese Affäre wird zu einer Beziehung, in der der sehr manipulativ agierende Luka die Fäden komplett in der Hand behält. Diese Beziehung führt auch zur Trennung vom Ehemann.
    Damit wird eine Reihe von Konsequenzen in Gang gesetzt, die das komplette Leben der Eve Laing nicht nur verändert, sondern auch an den Rand des Abgrunds bzw. darüber hinaus führt.
    Annalena McAfee schreibt diese Geschichte in ihrem Roman Blütenschatten mit einer sehr einnehmenden Ruhe und Tiefe. Die Wendungen der Geschichte sind – im Nachhinein betrachtet – für den Leser nachvollziehbar und glaubwürdig und doch sind sie ungemein überraschend und unerwartet, was die besondere Spannung des Romans ausmacht und den absolut berauschenden Showdown am Ende des Romans zu einem echten Leseerlebnis macht. Gepaart mit den Einblicken in die Londoner Kunstszene, die auch für Kunstlaien sehr viel Interessantes und Wissenswertes bereit hält sowie mit dem Londoner Flair, den das Buch verströmt, kann meine Bewertung nur mit 5 Sternen enden für einen einfach absolut lesenswerten Roman.

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  1. "Standbild, dann Rücklauf."

    Die Künstlerin Eve Laing wandelt durch das nächtliche London und besucht um die Weihnachtszeit das Haus, in dem sie noch vor neuen Monaten mit ihrem Mann Kristof, einem erfolgreichen Architekten, gelebt hat. Die 60-Jährige hat ihn jedoch für einen Jüngeren verlassen und reflektiert in dieser einen Nacht, in der die Geschichte spielt, über ihr Leben.
    "Es dauerte ein ganzes Leben, um es aufzubauen, und nur eine Sekunde, um es zu zerstören. Familienleben. Das ging als Erstes flöten. Dann die Würde, und mit ihr der gute Ruf. Alles andere folgte in dem Strudel. Nur ihre Arbeit ist geblieben. Der Junge fing ihren Blick ein und hielt ihn fest. Standbild, dann Rücklauf." (11)

    Bereits zu Beginn des Romans wird Eves derzeitige Situation beschrieben, doch wie es dazu gekommen ist und was die einzelnen Aussagen bedeuten, entfaltet sich, während sie selbst durch London läuft und immer wieder innehält (Standbild) und in Rückblicken (Rücklauf) an das zurückdenkt, was sie an diesen Punkt geführt hat, in dem sie gezwungen ist, loszulassen.

    Erzählt wird ausschließlich aus ihrer Sicht, allerdings in der Sie-Form, so dass die Distanz gewahrt bleibt, die auch dadurch entsteht, dass Eve sich als recht unsympathische Figur präsentiert. Gemeinsam mit zwei "Freundinnen", Mara und Wanda, hat sie in London die Kunstakademie besucht und anschließend Ende der 70er/Anfang der 80er Jahre in New York gelebt. Den Begriff "Freundinnen" müsste man allerdings ersetzen durch "Feindinnen". Das, was sich die drei gegenseitig aus Missgunst und Neid angetan, haben, ist bitterböse.

    Eves Gedanken kreisen

    1. Um ihre Tochter Nancy

    "Was erwartete ihre Tochter denn, dieses liberale Dummchen mit ihrer Glutenunverträglichkeit und ihrer Schwachsinnstoleranz?" (63)

    - von der sie enttäuscht ist, die sie verachtet und mit der sie den Kontakt abgebrochen hat.

    2. Um ihre Beziehung zu Florian Kis

    Bekannt wurde Eve durch ein Porträt "Mädchen mit Blume", das der angesagte Künstler und ihr Lehrer Florian Kis von ihr gemalt hat und das sie in einer unterwürfigen Pose, nackt zu den Füßen des Malers zeigt. Dass er sie sexuell ausgenutzt und als dessen Muse galt, nagt immer noch an ihr.

    "Und was war mit Florian Kis? Nun ja, daran arbeitete sie sich heute noch ab." (45)

    "Nachdem sie sich endgültig von Florian losgeeist hatte, taumelte sie von einem Abenteuer, zuweilen auch einem Missgeschick ins nächste, doch damals gab es in Eves Liebesleben keine langen Schatten." (53).

    3. Um ihre eigene Kunst und damit verwoben ihre Konkurrenz zu Wanda Wilson

    Nur die "Blütenschatten" interessieren sie, denn als Künstlerin hat sie sich einen Namen durch ihr Werk "Underground Florilegium" gemacht.

    "Darin hatte sie auf Harry Becks klassischer Tube-Map aus den 1030er Jahren die Namen der Stationen mit ihren botanischen Bildern ersetzt." (31)

    Allerdings glaubt sie ihre "florale" Kunst erfahre nicht die notwendige Wertschätzung und der Neid auf die inzwischen erfolgreiche Performance-Künstlerin Wanda, die ihr Elend theatralisch zu inszenieren versteht, frisst sie auf. Die narzisstische Persönlichkeitsstörung, die Eve Wanda attestiert, trifft ebenso auf sie selbst zu.

    Alles muss sich um sie und ihre Kunst drehen, so ist sie geschmeichelt, dass ihr neuester Assistent Luka, der 30 Jahre jünger ist als sie, sich ernsthaft für sie zu interessieren scheint.

    4. Um Luka und ihre Arbeit am Poison Florilegium

    Die zynische Eve lässt sich mit Haut und Haaren auf diesen jungen Mann ein, der es vermag ihre Leidenschaft neu zu entfachen und ihre Arbeit zu beflügeln.

    Die jüngste Vergangenheit nimmt den größten Raum des Romans ein und dieser Teil der Geschichte entfaltet trotz der akribischen Beschreibung der Arbeitsweise der Künstlerin einen Sog, dem man nur schwerlich widerstehen kann und gipfelt in einem furiosen Finale.

    Zu Beginn erscheint die Sprache Eves manieriert, wie eine der Mitleserinnen der Leserunde es treffend beschrieben hat, doch ist dies nur ein Stilmittel, das Eve treffend charakterisiert. Teilweise ist die dezidierte Beschreibung der künstlerischen Arbeit etwas langatmig, doch die sich steigernde Geschichte um Eve und Luka überwiegt eindeutig - und der Schluss ist wirklich genial, der die Bemerkung auf dem Buchrücken, Eve sei kein zartes Pflänzchen, sondern eine kompromisslose Künstlerin, die ihre Passion über alles stelle, eindrucksvoll bestätigt.

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  1. Sehr gelungen: Das Leben selbst ist Kunst.

    Die Autorin weiß Bescheid. Sie war Feuilletonredakteurin bei der Financial Times und gab einige Jahre lang die Literaturbeilage des Guardians heraus. Sie kennt sich aus im Kunst- und Literaturbetrieb. Was liegt näher als darüber zu schreiben?

    Aus ihrem Erfahrungsschatz heraus gestaltet MacAfee ihre Protagonistin Eve Laing, die seit ihrer Kindheit eine kreative Ader hat, sich im Folgenden ganz der Kunst verschreibt und ihr Leben als Kunstwerk auffasst:

    Zitat:
    „Wir erhalten alle die Mittel, um unser Leben in ein Kunstwerk zu verwandeln. Was wir daraus machen, bleibt uns überlassen: ein Meisterwerk aus Licht und Schatten wie Goya? Einen Kupferstich von sagenhafter Komplexität wie Dürer? Oder ein rasch in eine Toilettenwand geritztes Grafitto? Du hast die Wahl.“

    Doch der Kunstbetrieb ist nicht anders als auch der Literaturbetrieb, ein elitärer Club mit ganz eigenen Gesetzen. Da wird mit hartenBandagen gekämpft; es gibt gibt einen undurchschaubaren Beziehungsklüngel, Protegees und Intrigen; unternehmerische Interessen spielen genau so eine Rolle wie der Zeitgeist. Wer den Zeitgeist bedient, ist angesagt. Wer ernsthafte Kunst macht, nämlich die, die sich nicht darum schert, wie sie sich verkauft, sondern wie sie ist, weil sie sein muss, wie sie ist, hat mitunter das Nachsehen. Es stellt sich auch die Frage, wer kann es sich leisten, sich der Kunst zu verschreiben, welcher Künstler kann von seiner Kunst leben und welche Kompromisse muss er machen. Sich verbiegen? Denn es gibt immer auch ums Geld. Und um den Nachruhm. Um Ehrgeiz. Künstler sind … halt auch nur Menschen.

    Eve Laing, das ist die, die ernsthafte Kunst macht, die sich ganz ihrer Profession verschreibt und sich aufopfert, sie hat einen schweren Stand. Ganz anders ihre langjährige Konkurrentin, die Performancekünstlerin Wanda Wilson.

    Der Kommentar:
    Wie Annalena McAffe ihre Leser Einsicht in die Kunstwelt aus der Sicht der promiskuitiven Eve Laing, Blumenkünsterlin, nehmen läßt, das hat Stil und Klasse. Sie läßt uns an Konkurrenzschlachten teilnehmen, nimmt uns mit hinein in den Entstehungsprozeß eines Kunstwerks, erfindet außerordentliche Ausstellungen, man weiß nicht, ob man lachen oder weinen soll, Wahnsinn oder Kunst? Provokation oder Schabernack? Was ist eigentlich Kunst?

    Auf launige Weise führt uns die Autorin in der Kunstwelt herum und zieht uns am Nasenring durch eine spektakuläre Ausstellung und ja, durch den Roman. Geht man Annalena McAffee auf den Leim?

    Fazit: Ein Roman über die Kunstwelt, den ich von Herzen empfehlen kann. Launig mit vielen Innenansichten.

    Kategorie: Super gute Unterhaltung
    Verlag: Diogenes, 2021

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  1. Ein Abendspaziergang mit Folgen...

    Mich hat die Thematik des Romans angesprochen, weshalb ich ihn unbedingt lesen wollte. Und was soll ich sagen: Ich wurde immer tiefer in den Strudel der Ereignisse hineingezogen.

    In der Geschichte geht es um die Künstlerin Eve, die gerade einen Abendspaziergang macht und ihr bisheriges Leben Revue passieren lässt. Hat sie alles richtig gemacht oder eher gänzlich falsch? Hätte sie noch die Kurve bekommen? Hat ihr die schicksalhafte Begegnung mit Luka Glück oder Leid gebracht?

    Die große Stärke der Autorin ist zum einen die Sprache, denn sie weiß wie man den Leser mit Worten umgarnt. Sie hat eine so tolle bildhafte Art zu schildern, dass man alles direkt vor Augen hat. Zum anderen führt sie den Leser gekonnt in die Irre und man merkt es selbst erst ganz zum Schluss und bleibt atemlos zurück.

    Eve als Hauptfigur ist alles andere als leicht. Ich würde sie eher als sperrigen und schwierigen Charakter bezeichnen und dennoch mochte ich sie. Man kann nicht immer lieb und nett sein, um etwas im Leben zu erreichen und genau das spiegelt sie wider.

    Luka als der junge Verführer hatte es schon in sich. Er weiß genau was er tut und ich wüsste nicht, ob ich ihm nicht auch in die Falle getappt wäre. So ein sympathischer Kerl denkt man sich zu Beginn, doch dann muss man schnell lernen, dass der Schein nicht unbedingt den Tatsachen entspricht.

    Richtig interessant fand ich zudem, dass man am Schaffensprozess eines Kunstwerkes teilnimmt. Nie im Leben hätte ich gedacht, dass das so abläuft und wie viel Zeit bestimmte Prozesse einnehmen können.

    Der Roman hat mich in menschliche Abgründe blicken lassen und mich immens fasziniert. Auch Tage nach der Lektüre musste ich immer wieder an das Erzählte denken.

    Fazit: Wer die Härte des Lebens spüren möchte, der sollte zu diesem Buch greifen. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung. Klasse!

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  1. Gift und Galle

    Klappentext:
    „Eve – eine Künstlerin mit einem Faible für Blumen und junge Männer – bereitet in London eine große Museumsretrospektive vor. Aber ihr Leben ist in Aufruhr: Ihre Ehe steht vor dem Aus, ihre Tochter ist eine Enttäuschung, ihre größte Rivalin setzt ihr zu, und ihre Affäre mit dem weitaus jüngeren Luka ist so berauschend wie gefährlich. Doch Eve ist alles andere als ein zartes Pflänzchen.“

    Annalena McAfee hat mit ihrem Roman „Blütenschatten“ mir eine wahrlich besondere Leseerfahrung beschert. Mit ihrer Figur Eve hat sie eine Künstlerin erschaffen, die nicht nur das typische künstlerische Verhalten an den Tag legt, nein, sie ist bissig, giftig und einfach nur verrückt. Deswegen liest sich aber dieser Roman nicht auch so, sondern er ist feinsinnig abgestimmt und die Wortwahl treffen getroffen. Wie sonst soll man so einer Person „Raum“ geben, wenn nicht so?! Nicht nur das ihre Ehe ein Scherbenhaufen ist, auch ihre Liebelei mit Luca ist alles andere als normal. McAfee‘s Ausdruck und auch ihre emotionalen Einblicke in Eve‘s Leben sind berührend, aufwühlend aber lösen auch Wut beim lesen aus....Eve ist bzw. kann ein Miststück sein, wenn sie will, und sie will oft. Hier spiel Sarkasmus, Ehrlichkeit und Vertrauen eine ganz große Rolle. Die Findung zu sich selbst und das Abwerfen der Maskerade. Die Sprachmelodie ist hier und da ein wenig poetisch, werden aber schnell durch Eve wieder auf den Boden der Tatsachen geholt. Genau diese Gegensätze sind wirklich wunderbar verpackt und McAfee hat somit ein lesenswertes Werk geschaffen bei dem man zum Schluss nicht weiß, ob man es gut oder schlecht finden soll, denn Eve‘s Gift spritzt selbst nach beenden des Buches noch daraus, so nachhallend ist es. 4 von 5 Sterne von mir!

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