Bissle Spätzle, Habibi?

Rezensionen zu "Bissle Spätzle, Habibi?"

  1. Dating für Muslime

    Cover:
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    Das Titelbild passt gut zu einem Liebesroman: Das Liebespaar steht eng aneinander vor der Kulisse eines marokkanischen Tor- oder Fensterbogens. Auch von den Farben her mutet das Cover etwas orientalisch an.

    Inhalt:
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    Amaya ist in Deutschland geboren, gerade 30 Jahre alt geworden und immer noch Single. Ihre Eltern sind marokkanische Einwanderer, die jedoch sehr viel Wert auf Integration legen. Und sie sind Muslime, wenn auch eher modern eingestellt. Dennoch liegt es ihnen am Herzen, dass Amaya, so wie ihr jüngerer Bruder Mounir und die Schwester Meryem bald einen Ehepartner finden und zwar einen Muslim! Amaya, die bisher heimlich nur Verabredungen mit "Almans" hatte, lässt sich zu einer Anmeldung bei der Dating-App "Minder" überreden: Tinder für Muslime.
    Die Erstauswahl übernimmt ihre Mutter und auf den ersten Blick scheint sie auch gut zu sein. Doch dann trifft Amaya unverhofft auf Daniel, der ihr den Kopf verdreht und sie so annimmt, wie sie ist. Doch wie soll sie das ihrer Familie beibringen?

    Mein Eindruck:
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    Am Anfang plätscherte der Roman für mich so dahin. Es passierte nicht viel, Amaya beschreibt aus ihrer Sicht ihr Familien- und Berufsleben. Dabei werden kaum Klischees ausgelassen, angefangen davon, ob Muslime Alkohol trinken, alle muslimische Frauen Kopftuch tragen usw. Amaya ist zudem Schauspielerin. Die Berufswahl führte dazu, dass sie zunächst von ihrem Vater aus der Familie verstoßen wurde. Dieses Detail ist wichtig, da es den Hintergrund bildet, warum sie trotz einer Versöhnung nach vier Jahren sich nicht traut, ihren Eltern Daniel vorzustellen. Sie hat Angst, erneut ausgestoßen zu werden. In Rückblenden ohne genaue zeitliche Einordnung wird immer wieder das Geschehen aus der Vergangenheit von Amaya erzählt. Das hat mich anfangs verwirrt und den roten Faden verlieren lassen. Nach und nach reihen sich die Puzzlestücke jedoch aneinander. Je mehr sich Amaya in ihr Lügenkonstrukt bezüglich ihrer neuen Beziehung gegenüber ihrer Familie verstrickt, desto rasanter und amüsanter wird der Roman. Dennoch hätte man meiner Ansicht nach einiges straffen können, vor allem die Wiederholungen hätte man weglassen können. Zum einen werden alle Klischees aus der Showbranche bedient und immer wieder darauf verwiesen. Die Serie, in der Amaya eine Rolle hat, heißt "Turm der Liebe" und ist offensichtlich eine Anspielung auf eine ähnlich lautende ARD-Serie. Gutaussehende Machoschauspieler sind natürlich homosexuell, und beliebte Schauspieler müssen in der Serie sterben, um vielleicht später wiederzukehren als böse Zwillingsschwester o. Ä..
    Amayas Befürchtungen gegenüber ihrer Familie konnte ich leider nicht wirklich mitfühlen. Obwohl oder vielleicht weil ihre Ängste und Gedanken sich immer wiederholten, hatte ich zwischendurch das Gefühl, sie zu schütteln, damit sie endlich aufwacht und zu ihrem Leben steht.
    Zwar hatte ich das Buch in wenigen Zügen gelesen, weil ich wissen wollte, wie es ausgeht und weil es anspruchslos zu lesen war. Es hat mich aber nicht emotional mitgerissen, denn dazu wirkten die Charaktere und ihre Gefühle einfach nicht authentisch auf mich. Es war alles etwas übertrieben.

    Fazit:
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    Humorvoller Liebesroman für zwischendurch - spielt mit Klischees über Muslime, TV- und Showbranche und Dating allgemein

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  1. Anders als erwartet

    Von 'Bissle Spätzle, Habibi' hatte ich bissle was anderes erwartet. Das bunte Cover, die Illustration und das mit Liebe gestaltete Buch (z.B. ist im hinteren Umschlag eine kleine Biografie jedes Hauptcharakters) versprechen lustiges. Erwartet habe ich eine lustig-leichte interkulturelle Lovestory. Bekommen habe ich wesentlich mehr Tiefe, Herz und Denkanstöße.

    Abla Alaoui lässt die Leser:innen Fliege an der Wand spielen und wirft einen durch ihren Schreibstil mitten in die Gefühlswelt ihrer Protagonistin Amaya. Was es persönlich in der Familie und mit Außenstehenden heißt, in Deutschland einen Migrationshintergrund zu haben, schält sie wie eine Zwiebel immer weiter auf. Die Rückblenden in Amayas Vergangenheit machen deutlich, warum sie handelt wie sie es tut und tragen somit die Handlung, die eigentlich vorhersehbar ist. Aber dadurch stört das gar nicht, man entwickelt tiefe Gefühle für die Charaktere. Wie hier über Kultur gesprochen wird ist tief berührend und kann viele Vorurteile brechen denke ich. In ihre Geschichte hat Abla sehr viele Beschreibungen von Hamburg eingefügt, die sehr genau sind. Ich habe selbst in HH gewohnt und kenne deshalb alle angesprochen Orte und kann mir so das Setting besser vorstellen. Wenn man sich in Hamburg allerdings nicht auskennt, Stelle ich mir das etwas anstrengend vor.

    Zu den Charakteren: So viele likable Charaktere hatte ich lange nicht mehr in einem Buch. Amaya ist von tollen Menschen umgeben, die genauso plastisch gezeichnet wurden wie sie selbst. Man wünscht sich fast schon, sie im eigenen Leben zu kennen. Vor allem Clara als beste Freundin hat es mir da angetan. Sie unterstützt nicht nur Amaya, sondern hat auch eine respektvolle Beziehung zu deren Eltern, die sehr realistisch scheint. Auch die Beziehung zwischen ihr und Daniel fühlt sich für einen Liebesroman sehr echt und realistisch an. Erst ab der Mitte habe ich mich kurz gefragt, ob sie Autorin nicht ein bisschen zu sehr auf Amayas Zerrissenheit herumreitet, das hat sich aber auch schnell wieder gelegt.

    Ein Buch was mir sehr gut gefallen hat und das ich allen empfehle, die interkulturelle Beziehungen in ihrem Leben kennen oder einfach Mal in eine andere Gedankenwelt abtauchen wollen.

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  1. 4
    20. Feb 2023 

    Romantischer Balanceakt zwischen zwei Kulturen

    Nach eher mittelmäßigen Erfahrungen mit deutschen Männern und zusätzlich bedingt durch den dringenden Wunsch ihrer Eltern nach einem muslimischen Schwiegersohn ist Amaya endlich bereit dazu, sich auf einer muslimischen Dating-App umzusehen. Der perfekte Kandidat ist schnell gefunden, aber natürlich schlägt das Schicksal ihr ein Schnäppchen – in Form eines äußerst charmanten Schwaben.
    Abla Alaoui, die selbst marokkanische Wurzeln hat und auch beruflich Ähnlichkeiten mit der Protagonistin aufweist, hat hier eine wunderbar amüsante, aber auch gleichzeitig nachdenklich machende Geschichte zum Balanceakt zwischen zwei Kulturen zu Papier gebracht. Ich fand schon den Klappentext sehr interessant, aber auch die Umsetzung hat mich sehr gut unterhalten. Die Spannungen zwischen ihrer Herkunft und den familiären Idealvorstellungen auf der einen Seite und ihrem Beruf als Schauspielerin und ihren persönlichen Träumen auf der anderen Seite waren wirklich toll beschrieben, so dass man sehr nah an den Gedanken von Amaya dran war.
    Neben Amayas bunter und liebenswerter Verwandtschaft, fand ich auch Daniel und seine schwäbische Familie unheimlich sympathisch, und man drückt ihm definitiv die Daumen, dass er und Amaya zusammen glücklich werden. Ich gebe allerdings zu, dass ich das Versteckspiel von Amaya nach einiger Zeit etwas anstrengend und nur noch bedingt nachvollziehbar fand. Das war so schade, weil die Geschichte an anderen Stellen wirklich die perfekte Mischung hatte.
    Alles in allem fand ich das Buch erfrischend anders und auch in jedem Fall lesenswert. Wer Lust auf eine romantische Geschichte vor dem Hintergrund zweier Kulturen hat, ist hier genau richtig.

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