Billy Summers

Rezensionen zu "Billy Summers"

  1. Sein letzter Coup

    Der Auftragskiller Billy Summers will noch einen letzten Job erledigen, bevor er sich zur Ruhe setzt. Nach wochenlangen Vorbereitungen gelingt ihm auch der tödliche Schuss. Doch seine Fluchtpläne geraten durcheinander, als er eine junge Frau vor drei Vergewaltigern rettet.

    So knapp zusammengefasst hört sich die Geschichte etwas lapidar an. Doch was Stephen King in seinem jüngsten Roman „Billy Summers“ erzählt, ist komplex und vielschichtig. Billy Summers hatte schon an vielen Fronten zu kämpfen. Schon in frühester Kindheit mit brutaler Gewalt konfrontiert wurde er später im Irakkrieg zum Scharfschützen ausgebildet. Billy folgt seinem eigenen moralischen Kompass, kann nur „böse Menschen“ töten, wohl wissend, dass ihn das genauso zu einem bösen Menschen macht. Seinen Auftraggebern gegenüber gibt er sich einfältig, dabei ist Billy intelligent und belesen. Bei seinen vielen Tarnidentitäten ist er leutselig, gut nachbarschaftlich, sehnt sich in seinem Innersten nach einem Zuhause, einer Familie. Als Billy auf Alice Maxwell trifft, kann er gar nicht anders, als der jungen Frau beizustehen. Er beginnt nach langer Zeit, sich wieder auf einen Menschen einzulassen, auch wenn ihn das angreifbar und verletzlich macht.

    Stephen King zeigt uns aber nicht nur einen Mann, der mit seinen inneren Dämonen umzugehen gelernt hat. Wir sehen auch ein Land, geprägt von den jüngeren historischen Ereignissen, Kriegen und politischen Emporkömmlingen. Wir sehen die kleinen Leute, die versuchen anständig über die Runden zu kommen, bekommen ein Alternativprogramm zum trump‘schen Morast geboten.

    In dieser Geschichte arbeitet Stephen King mit vielen kleinen Nebensträngen, bei jeder Episode spürt man die unglaubliche Liebe des Königs zum Schreiben. Wie viele Protagonisten früherer King-Romane Schriftsteller sind, darf sich auch Billy Summers in der schreibenden Zunft versuchen. So verarbeitet Billy viele seiner traumatischen Erfahrungen, er reflektiert, findet zu sich.

    „Wenn Noir ein Genre ist, dann ist ›Der letzte Coup‹ ein Subgenre. In derartigen Filmen geht der letzte Coup immer daneben.“

    Kings Genre war oft der Horrorroman. In „Billy Summers“ gibt es keine metaphysischen Monster, hier begegnen wir dem Bösen in Menschengestalt in vielen Facetten. Ich mag diesen gealterten, gereiften King, seine Weltanschauung und seinen präzisen Blick in unsere Abgründe. Billy Summers erledigt seinen letzten Coup. Ich hoffe stark, dass es für King noch lange nicht der letzte Coup war.

    Das ungekürzte Hörbuch wird wie immer grandios von David Nathan vorgelesen. Keine Sekunde der fast 20 Stunden war langweilig.

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