Aus dem Schatten des Vergessens

Buchseite und Rezensionen zu 'Aus dem Schatten des Vergessens' von Martin Michaud
4.5
4.5 von 5 (2 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Aus dem Schatten des Vergessens"

Montreal, heute: Am Tag vor Weihnachten wird Judith Harper, eine renommierte Psychologin, auf grausame Weise umgebracht. Zur gleichen Zeit verschwindet Nathan Lawson, ein angesehener Anwalt, nachdem er in Panik Dokumente auf einem Friedhof vergraben hat. Wenig später stürzt sich ein Obdachloser von einem Wolkenkratzer. Im Mantel des Obdachlosen: die Brieftaschen von Harper und Lawson. Als Sergent-Détective Victor Lessard, der selbst ein Getriebener ist, gemeinsam mit seiner Partnerin Jacinthe Taillon die Ermittlungen aufnimmt, wird den beiden eine verstörende Aufnahme zugespielt, auf der die Stimme von Lee Harvey Oswald zu hören ist, dem Mann, der einst J. F. Kennedy erschoss und der jetzt aus dem Grab zu ihnen spricht. Lessard und Taillon stehen vor einem Fall, der sie in die dunkelsten Abgründe sowohl der menschlichen Seele als auch der amerikanischen Geschichte führt.

Format:Broschiert
Seiten:640
EAN:9783455010077

Rezensionen zu "Aus dem Schatten des Vergessens"

  1. “I didn’t shoot anybody, no sir!”

    Montreal, Kanada: Nur wenige Tage vor Weihnachten begeht ein obdachloser Mann Selbstmord, eine renommierte Professorin und Psychiaterin wird ermordet aufgefunden und ein Anwalt verschwindet. Bemerkenswert ist, dass bei dem Selbstmörder die Brieftaschen der beiden anderen gefunden wurden. Dessen letzte Worte:

    „Ich hätte auch gern Erinnerungen.“

    Je me souviens - Ich erinnere mich ist der Originaltitel des Kriminalromans Aus dem Schatten des Vergessens frankokanadischen Schriftstellers Martin Michaud.

    Was ich hier gelesen habe, hat mich von den ersten Seiten an angefixt. Dieser Kriminalroman hat unglaublich viele Facetten, ist sprachlich und vom Aufbau sehr komplex. Michaud verschlingt die gegenwärtige Handlung mit Rückblicken auf unterschiedlichen Zeitebenen. Sein Protagonist, der Sergent-Detective Victor Lessard, trägt diverse Geschichten aus seiner Vergangenheit mit sich herum. Seine Partnerin Jacinthe ist eine Urgewalt von Polizistin, laut, ungehobelt und kongeniale Ergänzung zu Lessard.
    Michaud führt einen sehr weiten Bogen von den aktuellen Ermittlungen über die Unabhängigkeitsbestrebungen der kanadischen Provinz Québec in den 1980er Jahren bis zur Ermordung des amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy im Jahr 1963.

    “I didn’t shoot anybody, no sir!”

    Wie die Worte Lee Harvey Oswalds im Zusammenhang mit dem brutalen Mord an der Psychiaterin und dem zunächst vermissten und später auch getöteten Anwalt stehen, befeuert die Verschwörungstheorien rund um das Attentat auf Kennedy. In seinem Nachwort zu diesem Kriminalroman schreibt Michaud über die dichterische Freiheit sich über historische und politische Realität hinwegzusetzen und die Aufgabe sich vorzustellen, was alles möglich sein könnte.
    Das macht Michaud großartig, nachvollziehbar und plausibel. Das Buch entwickelt einen Sog, dem ich mich einfach nicht entziehen konnte.

    (Dieser Roman, den Michaud schon im Jahr 2012 geschrieben hat, wird in deutscher Übersetzung als Band 1 der Serie Lessard angeboten. Das stimmt nur bedingt, weil es im französischen Original und mittlerweile auch englischer Übersetzung die beiden 2010 und 2011 erschienen Vorgänger gibt. Wer also die Vorgeschichte zu Victor Lessard lesen will muss wohl auf die Ausgaben in nichtdeutscher Sprache zurückgreifen.)

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  1. 4
    05. Jun 2021 

    Crime Montreal

    Sergent-Detective Victor Lessard und seine Partnerin Jacinthe Taillon übernehmen. Eine bekannte Psychologin wurde tot aufgefunden, wobei zunächst unerklärlich ist, wie sie genau umgekommen ist. Der angesehene Anwalt Nathan Lawson wird beinahe zur selben Zeit vermisst. Und damit nicht genug, ein Obdachloser stürzt sich von einem Hochhaus. Hinweise deuten darauf hin, dass er der Täter sein könnte. Doch irgendwie passt nichts richtig zusammen und Lessard beginnt tiefer zu graben. Besonders die wenigen Halbseligkeiten des Wohnungslosen geben Rätsel auf. Der Mann war psychisch schwer krank und trotzdem deutet einiges darauf hin, dass er in jungen Jahren bei geheimen Operationen mitgemischt haben könnte.

    Im ersten Band um Victor Lessard, der manchmal auf sein Bauchgefühl achtet, und Jacinthe Taillon, die durch ihre freche und polterige Art auffällt. Beide sind ein eingespieltes Team, was man auf den ersten Blick nicht annehmen möchte. Doch sie ergänzen sich bestens. In diesem rätselhaften Fall kommen sie erstmal nicht richtig voran. Irgendwie landen sie meist in Sackgassen und sei es nur deshalb, weil sie die zu Vernehmenden mitunter nur tot auffinden oder diese ganz und gar verschwunden sind. So konzentrieren sie sich zunächst auf den Selbstmörder, dessen Vergangenheit mehr Geheimnisse birgt als man annehmen konnte.

    Zu Beginn ist dieser Kriminalroman tatsächlich etwas schwierig. Man bekommt den Eindruck, alles geht ein wenig durcheinander und es tauchen mehr Spuren auf als man erfassen kann. Hier mag möglicherweise ein Printexemplar durchaus einen Vorteil gegenüber einem ebook haben, da man dort schnell nochmal blättern kann. Kurz bevor die Frage aufkommt, ob man weiterlesen möchte, beginnen die Hinweise sich zusammenzufügen und es wird richtig spannend. Die Ermittler kommen einem Skandal auf die Spur, der sich gewaschen hat. Und als Leser will man irgendwann einfach nur noch hinter das letzte Geheimnis kommen. Auch das Ermittlerteam ist nach einer Gewöhnungsphase gewinnend gezeichnet, ohne zu kaputt zu wirken mit authentischer Tiefe.

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