Aus dem Haus: Roman
In Miriam Böttgers Debütroman „Aus dem Haus“ erzählt die Autorin von einer Familie, die in der Vorstellung lebt, im Leben immer nur Pech gehabt und eine regelrechte „Unglücksprädisposition“ zu haben. Ausdruck dessen ist das Haus der Familie, mit dem sie, obwohl selbst geplant und gebaut nicht nur unzufrieden sind, sondern das ihnen auch weiteres Unheil wie unerklärliche Wasserrohrbrüche beschert. Es steht in der falschen Stadt, dem ungeliebten Kassel, in der Nähe der falschen Menschen, nämlich den Verwandten, zwar in einer angeblich guten Lage, aber dort in der schäbigsten Ecke und bedeutet eine langjährige finanzielle Verpflichtung.
Für die Mutter der Kleinstfamilie, eine „Berufsjugendliche“, die nach dem Auszug der einzigen Tochter eine Art Dolce-far-niente-Lebensstil führt, beginnt mit dem Umzug nach Kassel und den Kauf des Hauses das Unglück. Vom sonnigen Baden-Württemberg ins ungeliebte, kalte Kassel, von den Freunden nun in die Nähe der Familienangehörigen und in ein Leben, das sich nicht mehr um sie als Mittelpunkt dreht. Jene Familienangehörigen werden von der Erzählerin ebenfalls porträtiert, wobei die Frauen der Familie intensiver beschrieben werden, als die Männer, die alle recht farblos erscheinen. Da wäre der Vater, der stets bemüht ist, seine Frau zu bestätigen und zufrieden zu stellen, die als bipolar diagnostizierte Tante, deren seltsames Gebaren nicht etwa Unterstützung und Hilfe, sondern Spott und Ablehnung hervorruft, die herrische Großmutter, deren Vermögen und die Möglichkeit als Erbe benannt zu werden, alle Familienmitglieder Männchen machen lässt, während die Familie auf ihr Ableben wartet. Die Tochter berichtet aus ihrer Perspektive über die besonderen Familienabgründe und Eigenheiten, wobei das Hauptaugenmerk auf der Mutter liegt. Für mich wirkt sie wie eine alternde Diva, die ihrer Jugend und den früheren mondänen Lebensstil hinterhertrauert, immerzu unzufrieden ist und sich selbst besonders stark bemitleidet. Sie lebt ihr Leben unbelastet von den Bedürfnissen anderer, insbesondere ihres Mannes und frönt ihrer eigenen Schwarzmalerei. Selbst ihre eigene Mutter ist ihr verhasst, erst als die alte Dame stirbt, trauert die Egozentrikerin ihr hinterher.
Freilich objektivieren lässt sich das große „Unglück“ der Familie nicht, es drängt sich der Verdacht auf, dass die Mutter nicht nur egoistisch, manieristisch und wohlstandsverwahrlost, sondern auch gemein und ungnädig gegenüber allen anderen Menschen ihres Umfelds ist. Das von ihr beschworene Unglück lässt Menschen mit wirklich existenziellen Krisen nur mit dem Kopf schütteln.
In einer locker-entspannten und eingängigen Art schreibt die Autorin aus der Sicht der namenlosen Tochter über die Eigenheiten der Familie. Und nicht nur die gänzlich unsympathische Mutter und der duckmäuserische Vater kommen nicht gut weg, insgesamt erhielt ich den Eindruck, dass sich die Autorin über alle hier dargestellten Charaktere lustig macht. Eine relevante Entwicklung gönnt sie keiner Figur.
Insgesamt wirkt das Buch eher wie eine Anhäufung kurioser Charaktere, als wie ein harmonisch komponierter Roman über eine anstrengende Familie und ihre ganz eigene Art die Welt zu sehen. Mir fehlte einfach der rote Faden der Handlung. Denn warum das Haus nun so ein Unglück für die Familie und der Verkauf des Hauses dann ein annähernd noch größeres Drama war, bleibt unklar. Woher rührt die chronische Unzufriedenheit der Mutter und die anhaltende Schwarzmalerei und was hält die Eheleute überhaupt zusammen? Auch wenn es sprachlich recht flüssig zu lesen ist transportiert die Sprache nicht die gewünschte Nonchalance und Komik, die das Cover verspricht.
Die Idee der Geschichte hat mir prinzipiell gefallen, leider wird das Buch seinem Klappentext nicht gerecht. Für mich handelt es sich hier um eine Art Episodengeschichte über einige skurrile Charaktere. Zum Schluss werden dann alle in verwandtschaftliche Beziehung zueinander gesetzt, die anstrengendste Person bekommt die Hauptrolle, die Erzählerin die süffisante Beobachterrolle und fertig ist das Buch. Nein, das hat mir wirklich nicht gereicht. Mich beschlich beim Lesen zunehmend das Gefühl, dass die Autorin durchaus in der Lage gewesen wäre, mehr aus dem Buch zu machen. Aber es fehlte aus meiner Sicht an Lust, an Motivation und an grundlegender, handfester Autorenarbeit. Wahrscheinlich hätte dem Buch die eine oder andere Überarbeitung nochmal gut getan.
Ob die Autorin mehr kann werden ihre nächsten Bücher zeigen.
"Aus dem Haus" portraitiert das Leben der Eltern einer namenlosen Erzählerin. Beide sind stets unzufrieden mit dem was ist und mit dem was war, doch je ferner die Erinnerung zurück liegt, desto besser war sie dann doch. Im Mittelpunkt des Unmuts steht das HAUS, das sie errichten ließen, das ihnen von Anfang an nicht genügte, das nur Unglück mit sich brachte.
Der Schreibstil von Miriam Böttger ist grundsätzlich eingänglich und gut zu lesen. Trotzdem ist es mir immer wieder passiert, dass ich ganze Seiten wiederholt lesen musste. Einerseits aufgrund einer gewissen Belanglosigkeit des Erzählten, andererseits weil die vielen Schachtelsätze nicht unanstrengend sind. Die Geschichte könnte lustig sein und sich auch so lesen, wäre es nicht so unendlich traurig, dass eine Existenz scheinbar alleinig auf dem Unzufriedensein beruht. Die Mutter - die zentrale Figur in diesem Buch - ergibt sich ihrem Unglück mit leidenschaftlichem Enthusiasmus und gesteht mit ihrer snobischen und durchaus herrischen Art ihrem Ehemann kein Eigenleben ein. Wenn nicht explizit mehrfach auf die von der Hauptfigur so bitterlich gehassten Stadt Kassel hingewiesen worden wäre, könnte man meinen, es wird in dem Buch eine österreichische Familie karikiert (bei uns in Österreich nennt man diese sehr typische Verhaltensweise "Sudern").
Doch es gibt auch einen ernsten Hintergrund - die Mutter dürfte an einer psychischen Erkrankung leiden, vermutlich einer Depression, die es ihr oft nicht ermöglicht das Bett zu verlassen oder sich an etwas zu erfreuen. Da sie mit ihrer negativen Art ihr ganzes Umfeld vergiftet, ist es mir allerdings nicht gelungen, Mitleid mit ihr zu empfinden. Der Vater hingegen scheint gefangen von dem weit geworfenen Schatten seiner Frau und entwickelt kaum ein Eigenleben. Ihn musste ich bedauern, was aber dem klischeehaften Bild der hysterischen Frau in die Hände spielt. Über die Erzählerin erfahren wir kaum etwas, nur einzelne Häppchen werden den Lesenden vor die Füße geschmissen, ein richtiges Mahl wird daraus aber bis zum Schluss nicht.
Am Ende bleibt das "Warum". Warum war das HAUS so falsch und warum wollten sie dann doch nicht ausziehen? Warum kann es nur sein, dass jemand so unzufrieden ist? Warum trennten sich "die Hohepriesterin des Unglücklichseins und ihr stets williger Gehilfe", wie sie die Autorin auf S. 218 selbst benennt, bei all dem Elend ihrer Ehe nicht? Und generell: Warum wurde dieses Buch geschrieben? Warum war ich nicht permanent genervt?Warum hat es mir doch ein bisschen gefallen es zu lesen? Ich weiß es nicht. Um mit dem Schlusssatz der Autorin zu enden: "Es ist, was es ist."
Vorab eine Triggerwarnung für alle Kasseler: Wollen Sie diesen Roman lesen, müssen Sie sehr stark sein. Die zentrale Figur des Romans ist die Mutter der Erzählerin, die mit ihrer Negativität und ihrer offenkundigen, wenn auch undiagnostizierten bipolaren Störung die Stimmung der Familie setzt. Diese Mutter ist eine erklärte Kassel-Verächterin.
„Niemand ist freiwillig in Kassel, lass dir das von mir gesagt sein. […] Diese Stadt lähmt die Leute, so wie manche Insekten, die ihren Opfern irgendein Gift spritzen. Sie sind dann noch am Leben, können sich aber nur noch ganz langsam bewegen, bevor sie qualvoll verenden.“
Aber bald ist klar: Sie hätte jede andere Stadt ebenso leidenschaftlich gehasst und für ihr Unglück verantwortlich gemacht. Worin aber besteht dieses Unglück? Angeblich ist es – neben Kassel - das selbst konzipierte und erbaute HAUS. Aber nach dem ersten Romandrittel weiß man, dass es keinen konkreten Grund dafür gibt. Zwar wird versucht, das Verhalten der Mutter psychologisch zu unterfüttern – in Kassel geboren, als Kind einsam und emotional verwahrlost, Glücksphase in Süddeutschland, dann zurück in das verletzende Ursprungsmilieu – aber das überzeugt nicht ganz.
Der ironisierende Erzählton ist dafür zu übersteuert und verhindert Mitgefühl. Dabei hat die durchaus gut dargestellte Lebensuntüchtigkeit etwas Tragisches, denn das daraus resultierende Unglück erscheint durchaus real. Jede:r von uns dürfte Menschen kennen, die niemals die Verantwortung für ihr Handeln übernehmen, sondern die Ursache allen Übels im Außen suchen. Ich fühlte mich an einen Sachbuchbestseller aus den 80ern erinnert, Paul Watzlawick, „Anleitung zum Unglücklichsein“.
Die Erzählerin ist eine gnadenlos ehrliche und genaue Beobachterin, die aus der zeitlichen Distanz auf ihre Familie schaut. Kapitelweise richtet sie ihr Vergrößerungsglas auf verschiedene Mitglieder ihrer Familie, meist auf die Frauen, und ihre Schwächen und Seltsamkeiten. Davon gibt es reichlich. Die männlichen Figuren bleiben blass und schwach. Exemplarisch dafür ist der Vater, der seiner aparten, flippigen Frau hilflos und ohne Gegenwehr ergeben ist. Man hat bestenfalls Mitleid mit ihm, in das sich eine Spur Verachtung mischt. Auch sprachlich bleibt für Böttger noch Luft nach oben. Dem verschachtelten Satzbau mangelt es an Eleganz, und nicht jede Metapher und jeder Vergleich sitzt. Auch wird nicht jede:r über den slapstickhaften, oft bloßstellenden Humor lachen können.
Der Roman beginnt und endet mit dem Tod des Vaters. Aber trotz dieser inhaltlichen Klammer wollen die Kapitel sich am Ende nicht zu einem Ganzen fügen – der rote Faden, das HAUS, hält sie nicht zusammen. Als das HAUS endlich verkauft ist und damit das Unglücksnarrativ wegfällt, an dem die Familie sich festgehalten hat, scheint das Chaos programmiert, denn die Eltern sind mit dem Umzug massiv überfordert. Der aber – über das ganze Buch hinweg antizipiert - bleibt im Ungefähren und geht, ohne dass wir Details erfahren, wie von selbst vonstatten. Der Roman endet ebenso abrupt, die Lücken werden nicht geschlossen. Über den aus meiner Sicht sinnfreien Schlusssatz des Romans konnte ich nur den Kopf schütteln.
In einem Interview berichtete die Autorin, dass sie den Roman schon vor längerer Zeit begonnen und aus einzelnen Episoden zusammengesetzt hat, die zu sehr unterschiedlichen Zeiten geschrieben wurden. So liest er sich auch.
Schlussendlich wüsste ich nicht zu sagen, welchen Gewinn ich aus der Lektüre gezogen hätte. Insgesamt ein wenig inspiriertes Debüt.
Nicht nur ein Zeitproblem, sondern gar eine richtige Zeitkrankheit unterstellt die Ich-Erzählerin und Tochter ihrer Mutter, die bis zum Tod des Ehegatten und Vaters doch eine Berufsjugendliche war. Nun ist sie schockgealtert und die Tochter erinnert sich an ihre Kindheit und Jugend mit ihren Eltern.
Das Haus, das im scheinbaren, weil titelgebenden, Zentrum und zugleich im hässlichen und versnobten Kassel liegt, ist vordergründig schuld an allem Übel, das diese Familie wie Pech unentrinnbar umschließt. Ein finanzielles Desaster, ein paar Rohrbrüche und das nagende Gefühl an dieses Haus für immer gebunden zu sein, lässt alle Hoffnung auf Anerkennung in der Gesellschaft, bzw Änderung der Situation ersticken.
Es fällt mir schwer, diesen Roman zu beschreiben, denn es ist nicht das Haus, oder gar der feste Glauben an das Unglück dieser Familie, das hier mit anfangs durchaus witzigen Euphemismen umschrieben wird. Schnell kristallisiert sich hier eine respektlose und wenig amüsante Beschreibung des erweiterten Familienkreises, inclusive der Stadt Kassel heraus, die einem feinfühligeren Leser das Lächeln aus dem Gesicht treibt. Eine Mutter, die sich in ihrer Vorstellungswelt verliert, ein Vater, der verzweifelt ihren Ansprüchen zu genügen versucht, Großmütter, deren Erben sehnsüchtig auf ihren Tod warten und Tanten, deren schrullige Schreie nach Aufmerksamkeit ignoriert werden... für einen Familientherapeuten wäre es wohl eine Lebensaufgabe gewesen.
Für eine Satire hatte es zu wenig Humor, für eine Aufarbeitung eines Familiendramas zu wenig Tiefgang, für eine Schreibtherapie zu wenig Reflexion und wenn es der berühmte Spiegel ist, der dem Leser hier vorgehalten werden soll, kann ich nur empört rufen: Never ever!
Das Zeitproblem der Mutter überträgt sich auf die Leserin (in meiner Person), die sich nach ein paar Lesestunden verwundert fragt, ob sie hier nicht ihre Zeit verschwendet hat. Und wenn dies durchaus als Beleidigung aufgefasst werden kann, dann ist es aber auch ein Wink mit dem Zaunpfahl, ob sich ein paar Familienmitglieder der Autorin und Kasselaner nicht auch durch dieses Buch beleidigt fühlen.
Ich scheue mich, nur einen Stern zu vergeben, denn es ist ein Debüt und es waren, trotz Bandwurmsätzen, keine auffälligen Fehler im Text. Abgesehen von den Zeitsprüngen, die das Leseverständnis kurzzeitig aus dem Takt brachten (plötzlich war man wieder in einem anderen Haus, aber immer schön mit Kapiteln getrennt), gab es keine wirklichen Logikfehler.
Mein Lese-Eindruck:
Eine Tochter stellt ihre Familie vor: ihre Eltern, die Großeltern, Tante und Onkel. Sie stellt sie vor – und zerlegt sie dabei gleichzeitig, sowohl die einzelnen Personen als auch die Familie an sich. Gnadenlos stellt sie die Absurditäten vor allem ihrer Eltern vor. Es ist vor allem die Mutter, die im Blickpunkt steht. Sie gehört zu dem misanthropischen Menschentypus, der sich als lebenslangen Unglücksraben sieht und der jedes Unglück anzieht, und so ist sie mit allem und jedem ständig unzufrieden.
Das Unglück und die Unzufriedenheit dieser Familie manifestiert sich in dem Haus, auch (zu) locker „Scheißhaus“ genannt, das sie allerdings selber gestaltet haben. Dass dieses Haus auch noch in dem grässlichen Kassel steht, wo die Eltern sich nicht um ihre Kinder kümmern und der Lebenszweck des Einwohners sich im Führerschein erschöpft – das vergrößert das Leiden ins Unerträgliche.
Der Blick der Erzählerin auf ihre Familie ist scharf, und in Endlosschleifen erzählt sie von dem „Negativitätstaumel“ der Mutter. Ihr eigenes Verhalten hinterfragt die Erzählerin jedoch nicht. Sie ist offensichtlich in diesem Negativitätstaumel befangen wie ihre Eltern auch. Sie wurde so sozialisiert, das ist klar, aber eine Reflexion oder nur ein wenig Selbstironie hätte der Erzählerin vielleicht eine Entwicklung ermöglicht und dem Roman etwas Tiefe gegeben. Aber so bleibt die Erzählerin gefangen im erlernten Verhalten und erhebt sich, wie ihre Mutter auch, ironisch und teils sarkastisch über ihre Familienmitglieder. Sie tritt anmaßend und belehrend auf, ihr Verhalten wirkt oft arrogant und selbstgerecht. Und leider findet sie auch nichts dabei, sich z. B. über die beginnende Demenz ihrer verwitweten Mutter oder das Verhalten ihrer manisch-depressiven Tante lustig zu machen.
Damit bedient sie eine Art von Humor, der mir persönlich nicht liegt. Dieser Humor hat keinen Witz, sondern ist klamaukig und teilweise grob geschnitzt. Und das wiederum passt nicht zum durchaus ernsten Inhalt.
Und von dem Inhalt wiederum bleibt vieles offen. Einige Szenen erschließen sich nicht, weil die Hintergründe fehlen oder weil der Kontext nicht ersichtlich ist. Das Buch wirkt daher zusammengestöpselt. Zudem entsteht dadurch der Eindruck, dass die Autorin mit einem oberflächlichen Klamauk zufrieden ist. Zu dem Eindruck tragen ihre eigenwilligen und durchaus witzigen Formulierungen bei. Immer wieder zeigt sich die sprachliche Flexibilität und der Erfindungsreichtum der Autorin, sei es in einzelnen Formulierungen oder auch in ihren langen Sätzen. Aber durch die fehlende inhaltliche Unterfütterung verpufft die Sprache und wird zum bloßen Wortgeklapper, auf vordergründigen Klamauk bedacht.
Von der Gesamtstruktur her hat mir der Roman nur bedingt gefallen. Der Bezug von Anfang und Schluss ist zwar sehr geschickt gewählt, aber die Episodenstruktur führt zu vielen Wiederholungen, und sie lässt vor allem eine innere Stringenz vermissen.
Enttäuschend.
"Aus dem Haus" ist das Debüt der Autorin Miriam Böttger. Das berücksichtige ich bei meiner Beurteilung des Buches mit und gebe dem Buch - schwankend zwischen 2 und 3 Sternen - nun doch 3 Sterne.
Wie komme ich zu dieser Beurteilung?
Zuerst einmal: für mich war das kein angenehmes Buch zu lesen und ich habe mich trotz der kurzen Kapitel streckenweise so gelangweilt, dass ich es vermutlich abgebrochen hätte, wenn ich es nicht im Rahmen einer Leserunde gelesen hätte. Es geht um eine Familie und diese ist, wie aus einem Interview mit der Autorin zu erkennen und auch aus der Lektüre des Buches zu vermuten ist, wohl die eigene Herkunftsfamilie der Autorin, und deren notorische Depressivität und Unzufriedenheit mit dem Leben.
Eigentlich ist es eine materiell gut gestellte Mittelstandsfamilie und es passiert außer der inneren Einstellung der Charaktere kein existenzielles Unglück, dennoch wird nur gejammert, genörgelt und alles durch die negative Brille betrachtet, ob nun das (300 Quadratmeter große und selbst geplante und in Auftrag gegebene) Eigenheim in Kassel, Kassel selbst und die dort lebenden Menschen, sämtliche anderen Menschen usw.
Das passiert insbesondere durch die Mutter (so wie wir sie aus Sicht der Tochter kennen lernen), aber auch durch die Tochter/Erzählerin, durch deren Blickwinkel auch so ziemlich alle anderen Charaktere (z.B. diverse weitere Verwandte) und Umstände im Buch negativ erscheinen. Der einzige Kontrastpunkt dazu ist die Vergangenheit, die jeweils verklärt wird: viele Jahrzehnte lang ist das das zurück gelassene Leben in Süddeutschland, später aber auch, sobald man es nicht mehr hat, das für alles Unglück verantwortlich gemachte Haus in Kassel.
Für alles sonst, was in der Gegenwart jeweils positiv sein könnte - ein recht hoher materieller Wohlstand, Zuwendungen anderer Menschen etc. - scheint es keinerlei Dankbarkeit oder Wertschätzung der Charaktere zu geben. Der Vater bleibt eher blass gezeichnet, sich den Launen der Mutter und Tochter hingebend und still leidend.
Unrealistisch finde ich die Figuren nicht, ich kenne solche Menschen und Familiendynamiken durchaus aus meinem eigenen Umfeld und finde sie damit treffend gezeichnet, wenn auch aus einem sehr negativen Blickwinkel heraus und leider ohne Charakterentwicklung. Auch wenn sich die Darstellung der Familie über Jahrzehnte hinzieht, fühlt es sich beim Lesen eher wie eine Momentaufnahme an, als wie eine Geschichte, und es gibt auch keinen wirklichen, interessanten Spannungsbogen.
Das Buch zieht einen beim Lesen in eine sehr düstere, dunkle Wolke einer unglaublich negativen Lebenseinstellung mit hinein. Das macht es so unangenehm... andererseits kommt ein Teil der Sterne, die ich nun doch vergebe (immerhin sind es nicht 0) daher, dass diese Negativität und dieses Unglück durchaus sehr authentisch geschildert werden und zwar so, dass wir beim Lesen diese Gefühle mitempfinden, so unangenehm sie auch sein mögen.
Darin zeigt sich wiederum das schriftstellerische Talent der Autorin, ebenso wie durch vereinzelte extrem treffende und gute Formulierungen (z.B. die im Klappentext erwähnte, dass jede Familie ihre eigene Sekte sei und um irgendeine Vorstellung kreise, bei ihrer Familie sei es die Vorstellung vom Unglücklich-Sein), die aber wiederum stilistisch durch ebenfalls oft vorkommende, mühsam zu lesende, ewig lange Schachtelsätze überschattet werden.
Insgesamt hat das Buch einiges an Potential und hätte mit einer grundlegenden Überarbeitung durchaus ein sehr lesenswertes und gutes Buch werden können. Die Hintergrundthematik, Menschen darzustellen, die so eine negative Lebenseinstellung haben, dass sie durch nichts zufrieden zu stellen sind, ist eine sehr interessante, und das damit verbundene Gefühl zu vermitteln, gelingt der Autorin auf authentische Weise.
Gewünscht hätte ich mir dennoch mehr Charakterentwicklung, mehr Spannung, mehr Handlung, prägnantere Sätze (an manchen Stellen gelingt dies, an anderen weniger) und insgesamt damit ein interessanteres Leseerlebnis. Außerdem entweder vielfältigere Perspektiven oder mehr Informationen über die Tochter/Ich-Erzählerin, die abgesehen von ganz seltenen eingestreuten Details für mich als Figur sehr blass bleibt (vielleicht aber auch ein Stilmittel, um zu zeigen, wie sehr dieses unglückliche Familiensystem sie verschlungen hat).
Die Autorin hat aber zweifellos Talent und ich bin gespannt auf weitere Bücher von ihr, die vielleicht dann über diese Anfangsschwierigkeiten hinausgehen werden.
In diesem Debütroman von Miriam Böttger wird die Ehe zweier finanziell gut situierter Menschen aus der Perspektive der erwachsenen, einzigen Tochter geschildert. Dabei dient ein Haus, als das HAUS benannt, als Dreh- und Angelpunkt der Geschichte.
Der Roman beginnt mit einer Friedhofsszene, in der die Tochter und Ich-Erzählerin mit ihrer Mutter das Grab des Vaters besucht. Die Mutter, von der Tochter stets als "Berufsjugendliche" empfunden, ist nach dem Tod des Vaters "schockgealtert". In Rückblenden erfährt der Leser, dass die Familie in früheren Jahren ein glückliches Leben im süddeutschen Weinheim führte. Bis der Vater beruflich aufstieg und man nach Kassel, der Geburtsstadt der Eltern, zurück zog.
In Kassel wird schließlich das HAUS, das man nach eigenen Wünschen von einem Bauträger errichten ließ, bezogen. Das HAUS jedoch ist ein Unglücksort, in dem insbesondere die Mutter niemals glücklich zu werden glaubt. Diese Mutter ist ein schwieriger Charakter, sieht stets nur das Negative in allem und jedem, ist von depressiven Stimmungen geplagt. Sie, die teure Designerkleidung, schnelle Autos, gehobenes Wohnambiente und luxuriöse Urlaubsreisen liebt, sich für einen Freigeist, eine Bohemien hält, betrachtet sich im spießigen Kassel und insbesondere in dem HAUS als erledigt.
Die Autorin, die hier teilweise eigene Erfahrungen verarbeitet hat, schildert die Ehe der Eltern in einem ironischen, flapsigen Ton, den ich zu Beginn des Romans als durchaus komisch und witzig empfunden habe, der aber im Verlauf der Geschichte immer mehr ins Tragikomische abgleitet. Das hat mir gefallen, liest es sich doch unterhaltsam und lässt hinter der ironischen Sprache ein Ehedrama aufscheinen.
Der Vater scheint seiner Frau in abgöttischer Liebe zugetan zu sein, die Ehefrau hingegen sieht nur sich als Mittelpunkt der Welt und macht ihn und das HAUS für ihre Unzufriedenheit verantwortlich. Warum trennen die beiden sich nicht ? Zumindest psychiatrische Hilfe wünscht man der reichlich gestört erscheinenden Mutter.
Die Autorin gibt mit diesem Roman m. E. einen mutigen und ehrlichen Einblick in Teile ihrer eigenen Biographie und das in einem humorvollen und nicht jammernden Ton. Ich habe diesen Roman mit einem lachenden und einem weinenden Auge gelesen, ahnt man doch, dass hier eine Familie beschrieben wird, wie man sie unter etlichen, sogenannten normalen, Familien wiederfinden könnte. Wie die Autorin in einem Interview berichtet, hat sie den Kernteil der Geschichte quasi in einer Nacht runtergeschrieben, was man dem Roman insofern anmerkt, als eine differenziertere Ausarbeitung der Charaktere und der Vor- und Nachgeschichte um das HAUS, dem Roman gut getan hätte, denn es blieb nicht der einzige Wohnort der Eltern.
Ich vergebe 4 Sterne.
Quälend langweilig, unwahrscheinlich, Widersprüchlichkeiten - Episoden aus einer Familie, die nur unglücklich sein will
Der Titel des Buches und auch der Klappentext erwecken den Eindruck, dass der Umzug aus einem Haus einiges zutage bringt, eine gute Idee mit vielen Möglichkeiten. Tatsächlich aber lese ich ein Sammelsurium von Erinnerungen, langweilig geschilderten Personendarstellungen, allen voran die durch und durch unglückliche Mutter. Sie wird so beschrieben, dass es ihr Lebensinhalt ist, in allem das Schlechte und nur Unglück zu sehen. Mit nichts ist sie zufrieden, glücklich schon gar nicht, obwohl die Familie finanziell gut da steht.
Das Ganze wird aber nicht in Episoden geschildert, die die Eigenschaften der Personen verdeutlichen, sondern die Ich-Erzählerin, die Tochter, beobachtet und beurteilt die Eltern und andere Verwandte, was sie letztlich aber nicht wirklich wissen, sondern nur vermuten kann. Viele Verallgemeinerungen und abfällige Bemerkungen, z.B. über die Bewohner von Kassel, haben mir das Lesen verleidet.
Vieles ist so widersprüchlich, dass es unglaubwürdig wirkt. Man lässt sich ein Haus bauen und findet dann den Grundriss idiotisch...
Vieles bleibt unklar – oder wie soll ich folgendes verstehen, dass sich auf die vermittelnden Bemühungen um die streitenden Eltern bezieht: 'Diese diplomatische Vergangenheit hat bei mir zu einer charakterlichen Flexibilität geführt, die mich manchmal selbst erschreckt.' (148 u.) Das ist nur ein Beispiel für die vielen unklaren Behauptungen und Beurteilungen.
Jammern auf hohem Niveau, wenn man aus einem 300-qm-Haus in so eine kleine Wohnung zieht, nur 100 qm. Falls das alles slapstickartig oder humorvoll sein will … kann ich das leider nicht nachvollziehen.
Fazit
Mir hat das Buch ganz und gar nicht gefallen: zu viele Widersprüchlichkeiten, zu vieles nur angerissen, ständige Jammerei, keine Handlung, einfach nur langweilig.
Kurzmeinung: Ob das Leben gelingt, hängt auch von der Lebenseinstellung ab.
Ich weiß nicht mehr genau, was drin stand, außer dem Titel habe ich nichts Spezielles von dem Kurzgeschichtenbüchlein Ephraim Kishons behalten, doch sein Titel „Dreh dich nicht um, Frau Lot“ enthält eine tiefe Lebensweisheit. Wer seinen Lebensblick immerzu nach hinten richtet, das Vergangene verklärt und ihm nachtrauert, wird in der Gegenwart nicht heimisch.
Die Eltern der unbenannten Icherzählerin haben ihre Umsiedlung aus dem beseelten schwäbischen Weinheim nach Kassel nie verkraftet, obwohl das Familienoberhaupt beruflich einen Aufstieg in einem Kasseler Autowerk erlebt und deshalb reichlich Geld zur Verfügung steht. Aber es ist nicht genug, um mit der Haute Volée Kassels mitzuhalten, aber zuviel, um mit dem „gemeinen Volk“ Umgang zu pflegen. Mit diesen Gegebenheiten können sich die Protagonisten von Miriam Böttgers Debütroman nicht abfinden. Weil sie sich weigern, das Gute in ihrem Leben zu genießen, bleiben die Bewohner des in Kassel neu gebauten Hauses ewig isolierte, unzufriedene, rückwärts gewandte undankbare Menschen, bis sich diese Lebenseinstellung auf alle Erscheinungsformen des täglichen Lebens auswirkt.
Der Kommentar und das Leseerlebnis:
Die geballte Undankbarkeit der Protagonisten gegenüber dem Leben sowie ihr Unwillen, sich rechtzeitig von geplatzten Lebensträumen zu verabschieden, zusammen mit ihrem Dünkel, ihrer Egozentrik und Selbstbespiegelung, ist schwer zu ertragen. Sie haben nicht vor, die Zitronen, die ihnen vom Schicksal gereicht werden, auszupressen, um Limonade daraus zu machen, im Gegenteil, ihr Motto lautet: „Ich bin vom Unglück verfolgt, wo ich gehe und stehe … wahrscheinlich lastet sogar ein Fluch auf mir“. Wenn man eine solche Lebenseinstellung tatsächlich verinnerlicht, hat das Leben keine Chance, sich durchzusetzen.
Fazit: Ich hätte darüber lachen können, wenn der Roman sich dafür entschieden hätte, richtige Comedy zu sein, aber das ist nicht der Fall. Es fehlt die Leichtigkeit und der Esprit, zu viel Bitterkeit ist im Spiel. Und einem Drama tut Lächerliches und überspitzte Bosheit nicht gut. So ist das Ganze weder Fisch noch Fleisch.
Kategorie: Unterhaltung.
Verlag: Galiani Berlin, 2024
Das Cover zeigt das weiße, stilistisch moderne Haus der Eltern in Kassel. Um dieses Gebäude und seinen Verkauf windet sich die eigene Familiengeschichte mit Rückbesinnung auf zeitlos bunt aneinander gereihte Episoden z.B. über Großeltern, die Tante, den Kirchenchor, den Besuch eines früheren Arbeitskollegen. Im Vorfeld des Umzugs porträtiert die Ich-Erzählerin besonders ihre Mutter als unglückliche, einsame Außenseiterin, mit einer überwiegend negativen Sichtweise auf ihr gesamtes Umfeld während schwerer Depressionen. Der Schreibstil in oft langatmig aneinander gereihten Halbsätzen schafft es nur beschränkt, die deprimierende Retrospektive humorvoll wiederzugeben. Ihre Mutter, die Hohepriesterin des Unglücklich-Seins und ihr stets williger Ehemann als recht hilfloser Gehilfe sind zwei Soziallegastheniker, voller Snobismus und Lamentieren. Für die Ich-Erzählerin war das Zusammenleben mit ihren Eltern sicher nicht einfach.
Leider fügen sich die einzelnen Episoden nicht zusammen zu einem harmonischen Ganzen mit durchgängigem rotem Faden. Durch die Beschreibung von massiver familiärer Prädisposition hinsichtlich Pech und Unglück in deren Leben wirken die Hauptcharaktere unsympathisch.
Ihr Elternhaus, das idiotische selbst gebaute Haus, in das sie gezogen sind, als sie vierzehn war. Nichts unterstreicht die gesamte Familientragödie besser, als dieses Scheißhaus, in dem sich ein Wasserschaden an den nächsten reiht.
Sie waren vom fröhlichen Süddeutschland ins kühle Kassel, mit den distanzierten Menschen gezogen, wo der Privatwagen alles über den finanziellen Stand des Menschen auszusagen scheint. Wer keinen Führerschein hat gilt als mental minderbemittelt. Die Kinder finden ihren Wert, indem sie sich mit den Berufen der Väter brüsten.
Mit der Entscheidung nach Kassel zurückzuziehen, nahm das familiäre Unglück eine Rundung, die famos ins Rollen kam. Zuerst das Grundstück, das nicht ihr eigenes war. Es gehört der Stiefmutter des Vaters, die, die immer ein wenig wunderlich und zutiefst religiös war. Dann das HAUS, das von außen einen gediegenen Anschein macht, es aber in sich hat. Außerdem die Baufirma, die ihren Eltern viel mehr Geld abknöpfte, als vereinbart.
Sie hatte die Mutter einmal gefragt, warum sie das HAUS nicht verkaufen, jetzt da es abbezahlt war. Doch die Vorstellung, jemand könnte sich ernsthaft für dieses Objekt interessieren, war vollkommen abwegig. Und die Eltern waren mit den Kräften am Ende, erledigt, es war zu spät, sie konnten nicht mehr, sagte die Mutter, die die größte Schwarzseherin war, neben ihrem Mann, dem besten Realitätsverweigerer.
Wenn der Vater die Mutter verärgert, warum weiß er nicht, schließt die sich tagelang in ihrem Zimmer ein und sieht fern. Die Tochter war während ihres Studiums noch jedes Wochenende nach Hause gefahren, was bei ihrer Mitbewohnerin zu resigniertem Kopfschütteln geführt hatte. Heute beobachtet sie ihre Eltern aus der Ferne, ein wöchentlicher Anruf muss genügen, bei dem die Tochter auf die subtilen Zwischentöne der Eltern lauscht, ob der sich anbahnenden neusten Katastrophe.
Fazit: Die Autorin lässt ihre Ich erzählende Protagonistin gekonnt ihre Herkunftsfamilie beschreiben. Das familiäre Bild ist ironisch überzeichnet. Die Mutter leidet frustriert unter der Andersartigkeit ihres Mannes, der sich unter ihrer Zickigkeit wegduckt und geduldig auf baldige Gesprächsbereitschaft wartet. Das Leben scheint ihnen jede Fülle vorzuenthalten und sie gnadenlos benachteiligt zu haben. Die Lebensfreude sinkt proportional mit der Zunahme der Unstimmigkeiten. Beide kreisen pessimistisch in ihrer kleinen Welt um Dramen. Veränderung ist angstbesetzt, denn, nicht auszudenken, wenn alles noch schlimmer wird. Eine amüsante Geschichte über ganz normale Menschen mit Unzulänglichkeiten, die ich gerne gelesen habe.
Die Ich-Erzählerin in Miriam Böttgers Debütroman wählt DAS HAUS ihrer Familie, in dem sie Jahre ihrer Kindheit und Jugend verbracht hat, um anhand von thematischen Ausflügen ein Porträt ihrer Familie und Verwandtschaft zu erstellen.
Zusammen mit dem ansprechenden Klappentext des Buches könnte man nun eine witzig-selbstironische Betrachtung der Eigenheiten einer Familie erwarten. Leider erfüllt der Roman von Böttger dieser Erwartung nicht. Es fehlt dem Text eindeutig am nötigen Humor bzw. an der Selbstironie, um diese Nabelschau interessant zu gestalten. Auf hohem Niveau wird sich in dieser Familie über ihr HAUS und das Unglück im Allgemeinen beschwert. Bei dem HAUS handelt es sich um ein 300 Quadratmeter großes Herrenhaus, welches die Familie in Kassel bauen ließ, nachdem sie in einer echten Luxusvilla zur Zwischenmiete wohnte. Nun ist alles schlechter als man es sich wünscht, die Mutter leidet an einer depressiven Verstimmung und Kassel muss man auch noch ertragen.
Warum die Autorin hier als Rahmenhandlung eine nur kurz angedeutete Gegenwart wählt, in der – wir erfahren es gleich zu Beginn – bereits der Vater der Erzählerin verstorben ist und die Mutter scheinbar vorzeitig gealtert, nur um dann für den Haupttext wieder zurück in die Zeit des Wohneigentums zurückzuspringen und dort unglaublich viele Anekdoten und Befindlichkeiten zu präsentieren, bleib mir unerschlossen. Geärgert hat mich am Text, dass dieser so beliebig wirkt und Belanglosigkeit an Belanglosigkeit reiht. Menschen, die keinen Grund haben sich zu beschweren und es trotzdem durchweg tun, sind, wenn sie nicht mit ebenjener erwähnten Selbstironie ausgestattet werden oder so zumindest beschrieben werden, unglaublich nervtötend.
Hätte es sich hierbei nicht um ein Rezensionsexemplar gehandelt, ich hätte es nach spätestens 40 Seiten abgebrochen und ich hätte nichts weiter verpasst.
Man sollte sich inhaltlich auf 225 Seiten von dem gefasst machen, was hier im Text selbst sogar umschrieben wird:
„Erst allmählich ist mir klar geworden, wie luxuriös und verschwenderisch und wie schön es manchmal war, sein leben in diesem Negativitätstaumel zu verbringen und sich über all die Unzulänglichkeiten zu mokieren, die eigenen, die der anderen und die des Lebens überhaupt, als hätten wir etwas viel besseres verdient, als wäre es unser gutes Recht, uns mit dem, was wir hatten, nicht zufriedenzugeben und unsere Zeit mit Unglücklichsein zu vertun, als stünde uns unbegrenzt Zeit zur Verfügung.“
Diese Versuche der Betrachtung aus Distanz, die hier die Ich-Erzählerin anstellt, führen leider nicht dazu, all diesen Negativitätstaumel besser zu ertragen. Es bleiben leider alle Figuren sehr fern. Diese allgegenwärtige Unzufriedenheit, obwohl es an objektiven Gründen dafür zu fehlen scheint, lässt sich für mich nicht ergründen und bleibt nur auszuhalten.
Da das Buch grundsätzlich recht solide geschrieben ist, bekommt es von mir 2 Sterne. Erreichen konnte es mich kein bisschen. Ich würde es nicht einmal als unterhaltsam bezeichnen, da es mich kaum unterhalten konnte sondern größtenteils nur genervt hat. Sehr schade, war doch der Klappentext und die Leseprobe recht vielversprechend.
2/5 Sterne
Sehr viel negative Energie
Aus dem Haus" ist das Debut der Autorin Miriam Böttger, die, wie ich anhand eines Interviews von ihr erfahren habe, anscheinend einiges aus ihrem eigenen Leben in diesem Roman verwoben hat. Was genau blieb mir unklar.
Die Icherzählerin beschreibt hier wie sie ihr Leben mit den Eltern erlebt hat. Der größte Aufreger und Grund für das meiste ist ein Haus, in Kassel. Kassel kommt bei allem übrigens gar nicht gut weg, aber das nur am Rande. Der Fokus liegt tatsächlich auf dem Haus. Vor allem die Mutter hadert mit allem, es ist nie gut genug, und natürlich würde es ihr besser gehen, wenn das Haus die Erwartungen, die sie an ein solches Haus hat, auch erfüllen würde. Zum Verständnis muss ich erwähnen, dass es ein solides Haus in gehobener Klasse zu sein scheint, was für die Familie eigentlich sogar zu groß erscheint. Schlecht geht und ging es der Familie wohl nie, es dreht sich halt einfach nur darum einen Grund zum lamentieren zu finden. Ausserdem machten sie sich die meisten Probleme selbst. Nicht einmal Besuch war am Ende noch erwünscht, schrecklich. Sicherlich hätte die Mutter vor vielen Jahren bereits professionelle Hilfe gebraucht, denn dieses Verhalten ist nicht mehr rational zu erklären. Es gibt pessimistische Menschen, aber hier ging es mir definitiv zu weit.
Solche Menschen gibt es, natürlich, doch hier wurde es mir einfach zu viel. Die Autorin kreist wiederholt um dieselbe Problematik. Der Vater bleibt neben der Mutter sehr blass, die Tochter kann die Dinge zwar beim Namen nennen, aber kommt auch nicht aus ihrem Hamsterrad. Auch wenn sie schon längst aus dem Haus ist, schaut sie tatenlos zu, wie die Eltern genau so weitermachen, als endlich der Tag näher kommt und das Haus verkauft wurde, was jetzt natürlich das schönste war, was sie je besessen haben.
Der Roman regte mich größtenteils sehr auf, da ich weder bei den Personen noch bei der Problematik eine Entwicklung beobachten konnte. Ich habe etwas lockeres, ja heiteres erwartet, bekommen habe ich eher etwas deprimierendes. Schade.