Athen, Paradiesstraße: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Athen, Paradiesstraße: Roman' von Sofka Zinovieff
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4 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Athen, Paradiesstraße: Roman"

Format:Taschenbuch
Seiten:424
Verlag: Dtv
EAN:9783423144209

Rezensionen zu "Athen, Paradiesstraße: Roman"

  1. 4
    26. Okt 2020 

    Griechische Zeitgeschichte und zwei starke Frauen

    Griechenland, das Land am Südostrand der EU lockt uns mit einer fantastischen Inselwelt, wunderschönen Stränden, klarem, warmem Meerwasser und verlockenden Tavernen mit frischem Essen und guten Weinen. Da vergisst man sehr leicht und schnell die Vergangenheit dieses scheinbar so heiteren Landes. Sofka Zinovieff hat mit ihrem Roman „Athen, Paradiesstraße“ so bei mir auf spannende Art und Weise eine Wissenslücke aufgegriffen und gefüllt, die mir bis dato so gar nicht präsent war. Es geht um den griechischen Bürgerkrieg in den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts, in dem die Zukunft Griechenlands zwischen den Mächten des Westens und Ostens auf die Zerreißprobe gestellt wurde und viele Familien und Freundschaften im Kampf der politischen Mächte zerrissen und zerrrieben wurden.
    Wir werden in diese Zeit entführt anhand der Lebensgeschichte zweier Frauen: Maud, einer Engländerin, die einen Griechen heiratete und seitdem in Athen lebt, sowie ihrer Schwiegermutter Antigone, die in den Wirren des Bürgerkriegs nicht nur das Land verlassen musste, sondern auch ihren damals 3-jährigen Sohn zurückließ. Seitdem lebt sie in Moskau und hat nie wieder griechischen Boden betreten.
    Dieser 3-jährige Sohn nun ist genau der Grieche, den Maud Jahrzehnte später geheiratet hat, der sie nach Griechenland geholt hat und der nun, im Jahr 2008 – das Land brodelt gerade angesichts der Finanzkrise des Landes – bei einem Autounfall ums Leben kommt. Zum ersten Mal überhaupt treten Schwiegertochter und Schwiegermutter in Kontakt und begegnen sich aus Anlass der Beerdigung, die Antigone nach Jahrzehnten zurück nach Athen führt. Maud versucht, besser die Vergangenheit ihres Mannes zu verstehen, zu verstehen, warum es keinen Kontakt zur Mutter gab, zu verstehen, woher der tiefe Hass zwischen Antigone und ihrer Schwester rührt. Und so tauchen wir mit Maud und ihren aufgedeckten Informationen sowie mit Antigone und ihrem langsamen, zögerlichen, schmerzlichen Erinnern ein in die griechische Welt des Weltkrieges und dem anschließenden Zerren verschiedener Mächte an diesem Land und dem Schicksal seines Volkes. Wir erfahren die ganz persönlichen Auswirkungen dieser politischen und geschichtlichen Wirren auf die Protagonisten des Romans und geraten so in ein weitgehend vergessenes Kapitel unserer europäischen Zeitgeschichte.
    Mein Fazit:
    Ich habe mit Spannung dieses Buch gelesen und das Eintauchen in dieses mir unbekannte Kapitel der Nachkriegswirren genossen. Es wurde mir lesend leicht gemacht, da sowohl Maud als auch Antigone wirklich interessante und vielfältige Frauencharaktere sind, denen ich in ihrem Erinnern und Nachforschen gern zugehört habe. An einigen Stellen allerdings geriet mir der Roman etwas zu dokumentarisch, es fehlte das literarische Element und lieferte der Roman bloße Fakten und Informationen fast wie in einem Sachbuch. Und doch: ein wichtiges Buch, um dieses Land besser verstehen zu können. Ein Buch, dem ich wirklich mehr Leser wünsche! 4 dicke Sterne!

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