Am roten Strand (Die Ben-Neven-Krimis, Band 2)

Buchseite und Rezensionen zu 'Am roten Strand (Die Ben-Neven-Krimis, Band 2)' von Jan Costin Wagner
4.5
4.5 von 5 (8 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Am roten Strand (Die Ben-Neven-Krimis, Band 2)"

Gerade hat das Ermittlerteam um Ben Neven und Christian Sandner ein entführtes Kind befreien und einen der Täter fassen können. Allerdings läuft eine interne Untersuchung an, weil Ben dabei einen der Entführer erschossen hat – da wird klar, dass der Fall eine noch weit größere Dimension hat. Die Polizisten finden Hinweise, dass es ein ganzes Netzwerk von Tätern gibt, die sich gegenseitig im Internet austauschen – kurz danach wird einer von ihnen ermordet. Auch der Verdächtige in Untersuchungshaft stirbt auf rätselhafte Art und Weise. Irgendwann wird klar: nicht nur die Polizei, auch frühere Opfer sind wohl auf das Netzwerk gestoßen – und nehmen jetzt Rache. Die Ermittler finden sich in der paradoxen Situation wieder, dass sie einerseits gegen Verbrecher ermitteln, deren Taten in ihnen eine tiefe Verstörung auslösen – und dass sie diese Täter gleichzeitig vor einer unbekannten Bedrohung schützen müssen. Und ausgerechnet der Polizist, in dem viele seiner Kollegen einen Helden sehen, bewahrt ein Geheimnis, vor dem er sich selbst entsetzt …

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:304
EAN:9783869712093

Rezensionen zu "Am roten Strand (Die Ben-Neven-Krimis, Band 2)"

  1. 5
    06. Apr 2022 

    Lesenswert

    Es ist bereits geschehen. Der Ermittler Ben hat in seinem letzten Fall den pädophilen Täter erschossen. Ob es dabei mir rechten Dingen zuging, ob er gemäß den Richtlinien gehandelt hat und den Täter in Notwehr erschossen hat, dass wird von der internen Ermittlung geprüft.

    Während Ben noch mit sich hadert und hofft, dass seinen Schilderungen der Ereignisse Glauben geschenkt wird, kommen die Ermittler mit ihren Recherchen im Netzwerk der Pädophilen weiter. Schnell können sie weitere Täter in Haft nehmen. Dann passiert das Unglaubliche. Ein Täter verstirbt in der Untersuchungshaft. Es stellt sich heraus, dass der Tatverdächtige durch einen Anschlag zu Tode kam. Auch ein weiterer Tatverdächtiger wird vor dem Zugriff durch die Polizei ermordet.

    Interessant und aufschlussreich fand ich die Schreibweise des Autors. Alle Beteiligten kommen in jeweils mitunter sehr kurzen Abschnitten zu Wort. Am Anfang hatte ich ein wenig Schwierigkeiten damit zurecht zu kommen, da permanent neue Leute zu Wort kamen. Aber das gab sich relativ schnell. So gelang es mir aber auch recht schnell Zugang zu den Protagonisten zu bekommen und sehr viel tiefere Einblicke in ihr Seelenleben und ihre Gefühle zu erhalten.

    Das Buch lebt aber auch von der Antipathie gegen die Opfer. Man ist schon geneigt zu hoffen, dass die Polizei die Täter nicht finden wird, da sie den damaligen Opfern durch deren Tod ja späte Genugtuung gegeben haben. Aber es weckt auch Bedenken gegen einzelne Ermittler, die selbst wohl doch nicht so immun gegenüber der Pädophilie sind. Das lässt vermuten, dass hier noch nicht alles zu Ende erzählt ist und das es ein weiteres Buch um das Team geben wird.

    Von mir gibt es eine unbedingte Leseempfehlung und verdiente fünf Lesesterne.

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  1. 5
    30. Mär 2022 

    Täter und Opfer

    ,,Am roten Strand“ ist der 2. Band um das Ermittlerteam Ben Neven und Christian Sandner und schließt direkt an den 1. Band ,,Sommer bei Nacht“ an. In diesem Vorgängerband haben die Ermittler einen entführten Jungen befreien und einen der Täter fassen können. Allerdings hat Ben Neven bei der Befreiungsaktion einen der Täter erschossen, weswegen nun eine interne Untersuchung gegen ihn läuft. Ben gilt seitdem als Held, doch den wahren Ablauf der Ereignisse verschweigt er.
    Nun ergeben sich Hinweise, dass das Netzwerk der Entführer viel weiter reicht, als bisher gedacht. Offenbar tauschen sich die Täter, teils sogar Familienväter, im Internet aus, um die Opfer, manchmal sogar ihre eigenen Kinder anzubieten. Ein Verdächtiger stirbt während der Vernehmung an einer Vergiftung. Ein weiterer Verdächtiger wird während seiner morgendlichen Laufrunde getötet. Offensichtlich nimmt eines der früheren Opfer Rache. Die Ermittler haben nun die äußerst undankbare Aufgabe, gegen die Täter zu ermitteln und sie gleichzeitig schützen zu müssen.
    ,,Am roten Strand“ ist ein komplexer Kriminalroman. Nicht nur sprachlich-stilistisch hebt er sich vom Durchschnittskrimi ab. Auch die Figuren sind besonders gezeichnet, man nähert sich ihnen als Leser nur allmählich an und kann sie zum Teil bis zum Ende nicht ganz fassen. Vor allem Ben Neven spielt eine zentrale Rolle, da er als eigentlich sympathischer Ermittler und Familienvater mit seinen sexuellen Neigungen sehr verstörend auf den Leser wirkt. Auch die Thematik geht unter die Haut, da man den Tätern und den Opfern, trotz der erzählerischen Distanz, nahekommt.
    Ein spannender, aber auch beklemmender (Kriminal)Roman, der nachdenklich macht und noch eine ganze Zeit lang weiter beschäftigt.

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  1. 5
    30. Mär 2022 

    Täter und Opfer

    ,,Am roten Strand“ ist der 2. Band um das Ermittlerteam Ben Neven und Christian Sandner und schließt direkt an den 1. Band ,,Sommer bei Nacht“ an. In diesem Vorgängerband haben die Ermittler einen entführten Jungen befreien und einen der Täter fassen können. Allerdings hat Ben Neven bei der Befreiungsaktion einen der Täter erschossen, weswegen nun eine interne Untersuchung gegen ihn läuft. Ben gilt seitdem als Held, doch den wahren Ablauf der Ereignisse verschweigt er.
    Nun ergeben sich Hinweise, dass das Netzwerk der Entführer viel weiter reicht, als bisher gedacht. Offenbar tauschen sich die Täter, teils sogar Familienväter, im Internet aus, um die Opfer, manchmal sogar ihre eigenen Kinder anzubieten. Ein Verdächtiger stirbt während der Vernehmung an einer Vergiftung. Ein weiterer Verdächtiger wird während seiner morgendlichen Laufrunde getötet. Offensichtlich nimmt eines der früheren Opfer Rache. Die Ermittler haben nun die äußerst undankbare Aufgabe, gegen die Täter zu ermitteln und sie gleichzeitig schützen zu müssen.
    ,,Am roten Strand“ ist ein komplexer Kriminalroman. Nicht nur sprachlich-stilistisch hebt er sich vom Durchschnittskrimi ab. Auch die Figuren sind besonders gezeichnet, man nähert sich ihnen als Leser nur allmählich an und kann sie zum Teil bis zum Ende nicht ganz fassen. Vor allem Ben Neven spielt eine zentrale Rolle, da er als eigentlich sympathischer Ermittler und Familienvater mit seinen sexuellen Neigungen sehr verstörend auf den Leser wirkt. Auch die Thematik geht unter die Haut, da man den Tätern und den Opfern, trotz der erzählerischen Distanz, nahekommt.
    Ein spannender, aber auch beklemmender (Kriminal)Roman, der nachdenklich macht und noch eine ganze Zeit lang weiter beschäftigt.

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  1. Thema geht an die Nieren

    Thema geht an die Nieren

    Hier handelt es sich um den zweiten Band, der an die Handlung des ersten Bandes “Sommer bei Nacht" anknüpft.
    Das Ermittlerteam hatte im Vorgängerband ein entführtes Kind befreit, wobei Ben Neven den Täter erschossen hat. Nun muss er sich einer Untersuchung unterziehen.
    Bei näherer Betrachtung wird klar, dass es die Beamten mit einem größeren Fall zu tun haben. Eine Plattform im Internet bietet Kinderpornografie bis hin zur Möglichkeit des Missbrauchs an. Familienväter sind dort teilweise mit ihren eigenen Kindern vertreten. Der vermeintliche Chef und Gründer dieser Organisation , sitzt bereits in U-Haft. Ein anderer potentieller Täter stirbt in Haft an einer Vergiftung, die er sich nicht dort zugeführt haben kann. Nach kurzer Zeit deutet alles darauf hin, dass es jemanden gibt, der sich an den Tätern rächen möchte.

    Die Ermittler Ben Neven und sein Kollege Christian Sandner sind ein interessantes Team. Der Autor Jan Costin Wagner hat sich sehr viel Mühe gegeben seinen Charakteren etwas außergewöhnliches mitzugeben. Ben hat sexuelle Neigungen, er fühlt sich von Jungen sexuell erregt, die im Polizeidienst nichts zu suchen haben. Dieser Drahtseilakt aus Lust und schlechtem Gewissen und Angst vor Entdeckung ist spannend zu verfolgen, es löst aber auch ein sehr ungutes Gefühl beim lesen aus.
    Aber nicht nur Ben verbirgt etwas, auch ein anderer Kollege scheint etwas zu verheimlichen. Bei ihm liegt die Vermutung nahe, dass er selbst schreckliches erlebt hat. Ein Aspekt der hoffentlich im nächsten Band aufgeklärt wird.
    Christian Sander hat eine Beziehung zu Anne, die mir stellenweise sehr merkwürdig vorkam. Sie war selbst Opfer dieser Organisation und scheint keine normale Beziehung führen zu können. Doch Christian gibt sein bestes, um ihr die nötige Sicherheit zu vermitteln. Aber auch hier bin ich auf weitere Teile der Reihe gespannt, um mir ein besseres Bild machen zu können.
    Erwähnenswert ist bei dem Buch auch einer der ehemaligen Ermittler, Landmann, der Ben immer noch mit Rat und Tat zur Seite steht. Er hat einen schlimmen Schicksalsschlag erlitten, und bereichert die Handlung ebenfalls in meinen Augen.

    Mir hat der Roman sehr gut gefallen, allerdings wäre es ratsam gewesen, den ersten Band im Vorfeld zu kennen.
    Die Handlung war spannend, die Weiterentwicklung der Protagonisten macht unheimlich neugierig auf Fortsetzungen.
    Lediglich an den Schreibstil musste ich mich erst gewönnen, da es mir erst sehr knapp und abgehackt vorkam, das gab sich aber sehr schnell.

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  1. Geht unter die Haut

    Gerade erst hatten die Ermittler Ben Neven und Christian Sandner ein entführtes Kind retten können, doch Neven hat den Täter erschossen und muss daher eine interne Ermittlung über sich ergehen lassen. Doch niemand macht ihm wirklich Vorwürfe, da keiner es mag, wenn sich Männer an Kindern vergreifen. Doch bei der Aufarbeitung zeigt sich, dass die Dimensionen viel größer sind als vermutet. Dann wird einer der Verdächtigen getötet und ein anderer stirbt unter mysteriösen Umständen bei der Vernehmung. Jemand will Rache.
    „Am roten Strand“ ist der zweite Band um das Ermittlerteam Ben Neven und Christian Sandner. Auch wenn es genügend Informationen gibt, was zuvor geschehen ist, so hätte ich wohl besser vorher den Vorgängerband „Sommer bei Nacht“ gelesen. Der Schreibstil ist ungewöhnlich, distanziert und wertet nicht, manches wurde nicht auf Anhieb deutlich.
    Es ist ein spannender Roman, der mir aber auch sehr unter die Haut gegangen ist. Es ist ja nicht das erste Mal, dass ich über Kinderpornografie und Missbrauch an Kindern gelesen habe, doch dieses Mal habe ich mich besonders schwergetan. Das lag wohl an der Person Ben Neven, der mit seinen eigenen Dämonen zu tun hat und in seiner Funktion völlig fehl am Platz ist. Bei ihm ist die Einsicht da, dass es nicht richtig ist, was er fühlt und tut, doch es fehlt das entsprechende Handeln, so baut sich eine Spirale auf, die nur in einer Katastrophe enden kann. Aber auch die anderen Charaktere haben alle ihre Ecken und Kanten, ich wurde mit niemandem richtig warm.
    Ich kann nachvollziehen, wenn Menschen, die so missbraucht wurden, Rachegelüste haben. Doch Selbstjustiz ist dennoch unentschuldbar. Schlimm muss es für Polizisten sein, die Täter dann auch noch schützen müssen.
    Es ist eine komplexe, spannende und sehr verstörende Geschichte, die einen nachdenklich macht.

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  1. Interessant, wirft viele Fragen auf

    "Während sie einerseits gegen die Täter im "Fallkomplex Jannis" ermitteln, müsyen sie ab sofort ihr Augenmerk auf die Frage richten, wie sie dieselben Täter schützen können." (Zitat Seite 192)

    Inhalt
    Der Ermittler Ben Neven hat im Einsatz Marko Gerhardt erschossen, der gemeinsam mit Anton Holdner den kleinen Jannis entführt hatte. Doch dies war nur der Anfang gewesen, denn inzwischen sind Ermittler bundesweit mit den Aufdeckungen in diesem "Fallkomplex Jannis" und einem seit Jahren aktiven Pädophilenring beschäftigt, der vor zwei Jahren aktualisiert und ins Darknet gestellt wurde. Doch plötzlich sterben kurz hintereinander zwei der Hauptverdächtigen und es war kein natürlicher Tod. Nun muss das Ermittlerteam unter der Leitung von Marlene Kramer, Ben Neven und Christian Sandner in zwei sehr unterschiedliche Richtungen ermitteln.

    Thema und Genre
    Ein brisanter Roman in Anlehnung an bekannte Fakten über im Darknet sehr aktive Kinderpornografie-Gruppen und Missbrauch von Kindern.

    Charaktere
    Die Stärke dieses Romans liegt in den unterschiedlichen Figuren, ihren jeweiligen sehr realistischen Konflikten und Problemen, deren Komplexität viel Stoff zum Nachdenken bietet.

    Handlung und Schreibstil
    Die Ereignisse werden in kurzen, rasch wechselnden Szenen geschildert, bei jeweils unterschiedliche Figuren im Fokus stehen. So erhält man als Leser immer mehr Einblicke und weitere Details, ist teilweise im Wissen den Ermittlern einen Schritt voraus, ohne jedoch alle Zusammenhänge zu kennen. Dadurch bleibt das Leseerlebnis packend. Obwohl Band zwei einer Serie, gibt es zu Beginn genügend Hinweise für alle, die den ersten Teil nicht gelesen haben. Der Schreibstil des Autors beobachtet und schildert auch Nuancen der persönlichen Konflikte und Verhaltensweisen seiner Figuren.

    Fazit
    Ein Roman mit interessanten, facettenreichen Figuren, starken psychologischen Elementen und brisanten, zeitlos aktuellen Themen.

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  1. Mutiger Krimi, der Grenzen auslotet

    Dieses ist der zweite Band mit dem Ermittlerteam Ben Neven/Christian Sandner. Man kann ihn aber ohne Kenntnis des ersten Bandes lesen, alles Wesentliche wird erwähnt. Doch auch den ersten Fall „Sommer bei Nacht“ möchte ich herzlich zur Lektüre empfehlen, in dem rund um eine Kindesentführung im Pädophilenmilieu ermittelt wird. Schauplatz dort ist eben jenes hier titelgebende Seecamping-Gelände namens „Am roten Strand“. Am Ende des Romans wird ein vermeintlicher Täter von Ben im Wald erschossen.

    Überraschend nahtlos setzt die Handlung in diesem zweiten Band ein: Ben Neven muss sich für diese Schüsse in einem Ermittlungsverfahren verantworten. Es stellt sich heraus, dass der Täterkreis weit größer ist als zunächst angenommen. Man stößt auf schockierende Gesprächsforen im Darknet, wo Väter ihre Kinder für private Stelldichein feilbieten oder verbotene Bilder veröffentlicht werden. Umfangreiches Film- und Datenmaterial wird bei Durchsuchungen beschlagnahmt. Mit der Sichtung wird Ben beauftragt. Parallelen zu aktuellen realen Missbrauchsfällen der vergangenen Jahre wie z.B. im westfälischen Lügde dürften nicht zufällig sein. Was sich im ersten Band bereits andeutete, nimmt hier konkretere Formen an: Dem Polizisten Ben Neven fällt es schwer, seine eigene pädophile Neigung im Zaum zu halten. Er kämpft dagegen bis zum Selbsthass an, seine Zerrissenheit wird überaus deutlich, lotet beim Leser aber auch moralische Grenzen aus.

    Die Ermittler sind auf der richtigen Fährte. Schnell kann man den Provider der verbotenen Plattform dingfest machen - da bricht er unvermittelt tot nach einer Vernehmung zusammen. Ein weiterer Verdächtiger wird im Park beim Joggen erstochen. Die Täter werden quasi zu Opfern. Wer steckt dahinter? Eine spannende, psychologisch intensive Suche nach dem Mörder und den Hintergründen beginnt. Moralische Fragen bezüglich Selbstjustiz werden aufgeworfen.

    Jan Costin Wagner baut seinen Roman multiperspektivisch gekonnt auf. Jeder Abschnitt ist mit einer seiner Figuren überschrieben. Dadurch bekommt man intensive Einblicke in die Gedanken- und Gefühlswelt der Protagonisten, auch deren familiäre Verhältnisse sowie ihre Vergangenheit werden ausgeleuchtet. Man hat es mit Menschen aus Fleisch und Blut zu tun - jedoch wirkt niemand überfrachtet, die Balance stimmt. Gleichwohl erhalten Nebenfiguren eine eigene Stimme, auch sie werden mit ihrer teilweise komplizierten Persönlichkeit geschildert.

    Ich liebe die klare, unverschnörkelte Sprache des Autors, dessen prägnante Sätze nichts an Ausdruck und Tiefe vermissen lassen. Die komplette Interaktion der Figuren wirkt glaubwürdig und schlüssig, nichts künstlich oder aufgesetzt. Naturgemäß werden im Verlauf der Geschichte unterschiedliche Fährten gelegt. Nach und nach verdichtet sich das Bild, man kann erste Vermutungen anstellen - mich zumindest hat das Ende dann doch komplett überrascht.

    Mit Ben Neven hat der Autor einen außergewöhnlichen Charakter geschaffen, der bei all seinem Sachverstand höchst kritikwürdige Eigenschaften mitbringt. Insofern ist „Am Roten Strand“ auch weit  mehr als ein Kriminalroman. Er bietet tiefe psychologische Einsichten, über die vielschichtigen Figuren und Handlungsweisen kann man wunderbar nachdenken und diskutieren.

    Jan Costin Wagners „Am roten Strand“ möchte ich breiten Leserschichten empfehlen. Hier müssten sowohl passionierte Krimileser als auch Leser anderer Genres auf ihre Kosten kommen.

    Große Lese-Empfehlung!

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  1. Zwischen Zerrissenheit und Selbsthass

    Kurz nachdem die Ermittler Ben Neven und Christian Sandner den entführten kleinen Jannis befreit haben und einen der Täter verhaften konnten, werden die ganzen Ausmaße des Falles deutlich. Denn es gab ein ganzes Netzwerk an Pädophilen, die im Internet nicht nur Fotos und Videos austauschten, sondern auch reale Treffen mit ihren Kindern oder Enkelkindern anbahnten. Als zwei Verdächtige sterben, sieht sich das Team plötzlich mit einer ganz neuen Situation konfrontiert: Will sich jemand an dem Netzwerk rächen? Hinzu kommt, dass sich auch Bens innere Dämonen wieder zu Wort melden und der Polizist nicht nur äußerlich an seine Grenzen gerät...

    "Am roten Strand" ist der zweite Band um den pädophilen Ermittler Ben Neven und sein Team, dessen Handlung überraschenderweise direkt nach dem ersten Buch "Sommer bei Nacht" von 2020 einsetzt. Jan Costin Wagner beweist darin erneut, dass ihm im Genre des deutschsprachigen anspruchsvollen Kriminalromans derzeit wohl maximal Friedrich Ani und Matthias Wittekindt das Wasser reichen können. Für das bessere Verständnis der Handlung und der Figuren ist es zwar nicht zwingend notwendig, den ersten Band zu kennen, in meinen Augen aber sehr empfehlenswert. Denn viele der inneren Kämpfe der Figuren kann man besser nachvollziehen, wenn man sie bereits in "Sommer bei Nacht" kennengelernt hat und auch der aktuelle Fall bezieht sich direkt auf den Vorgänger.

    Der Sprachstil Wagners ist packend und gleichzeitig beklemmend. Die Dialoge wirken authentisch und nie aufgesetzt. Die Handlung erscheint erschreckend aktuell und lässt einen sofort an die Fälle in Lügde und Münster denken. Durch die Zerrissenheit der Figuren in Verbindung mit dem traurigen Kriminalfall verströmt "Am roten Strand" eine intensive und bedrohliche Atmosphäre, die immer durch eine gewisse Melancholie untermalt wird.

    Die interessanteste Figur ist dabei wie schon im Vorgänger Ben Neven selbst, der stets auf dem schmalen Grat zwischen Selbsthass und innerer Zerrissenheit wandelt. Jan Costin Wagner hat mit dem mit seiner sexuellen Neigung kämpfenden Ben einen Protagonisten erschaffen, der noch mehr als im ersten Teil die Leserschaft spalten wird. Ein gewagter und kühner Schritt, mit dem es der Autor gar nicht darauf anlegt, von allen gemocht zu werden. Und auch wenn er Neven nicht verurteilt, wahrt er doch immer eine Distanz zu ihm und beschönigt nichts. Die Verurteilung überlässt er lieber Ben Neven selbst.

    Insgesamt sind die Charaktere psychologisch wunderbar austariert. Jede Geste, jeder Blick hat eine Bedeutung. Jeder Zweifel und jedes leichte Flackern in den Augen. Die Perspektive der Figuren wechselt dabei ständig und lässt selbst in kürzesten Beiträgen auch die vermeintlichen Nebenfiguren nicht außer Acht.

    Jan Costin Wagner ist eine Wohltat für die deutsche Kriminalliteratur, die zu oft mit Regionalkrimis und blutrünstigen Psychothrillern nur noch zu langweilen weiß. Denn "Am roten Strand" ist viel mehr als nur ein Krimi. Es ist eine genre- und grenzüberschreitende mutige Melange, die schon jetzt neugierig macht auf den dritten Band um Ben Neven und sein Team.

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  1. 4
    15. Mär 2022 

    Die Zeugenvernehmung

    Ein Kind wurde gerettet und ein mutmaßlicher Täter verhaftet. Doch dieser schweigt zu seinen Taten und dem Netzwerk. Das Computernetzwerk wurde von einem anderen betrieben und modernisiert, der jünger ist. Doch auch er schweigt, angeblich weiß er von nicht. Allerdings gibt es Aufzeichnungen, die den Verdacht gegen ihn bestätigen. Er wird vor den Augen seiner Familie verhaftet. Schon am Anfang des ersten intensiven Verhörs stirbt der Verdächtige. Die Polizisten sind entsetzt und ratlos. Was ist passiert? Vieles deutet auf eine Vergiftung hin. Eine Vergiftung in Polizeigewahrsam ist eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren.

    Dieser zweite Fall von Ben Neven und Christian Sandner schließt direkt an den ersten an. Es gibt genügend Hinweise zum Geschehen, so dass es wohl nicht zwingend ist, den ersten Fall zu kennen. Es könnte aber durchaus hilfreich sein. Auch diese Ermittlung hat es in sich. Mit schwer traumatisierten Opfern müssen die Beamten behutsam umgehen, mit Tätern dafür umso energischer. Und auch ihr eigenes Inneres dürfen die Polizisten nicht außer Acht lassen. Auch da können ungeahnte Risiken lauern und so mancher muss ein Gefecht mit seinen inneren Dämonen ausführen.

    Diesem Roman gibt die Art der Darstellung zwar eine gewisse Distanz, aber auch eine große Spannung. Das Thema ist allgegenwärtig in der Presse und alles andere als leicht zu ertragen. Es gibt einfach Dinge, von denen man lieber nicht wüßte, dass Menschen dazu fähig sind. Dennoch ist die Darstellung gelungen, da den Opfern mit viel Empathie und sehr behutsam begegnet wird. Die inneren Kämpfe einzelner Beamter kann man als wahrheitsgetreue Darstellung empfinden, denn wahrscheinlich stellen die bei der Polizei Tätigen einen Querschnitt der Gesellschaft dar. Ob einem dieser Ansatz gefällt, muss man halt entscheiden. Möglicherweise erscheint einem die Reihe des Autors um Kimma Joentaa etwas gelungener, aber dennoch hat man hier einen packenden Krimi mit einem folgerichtigen Finale.

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