Als wir Vögel waren

Buchseite und Rezensionen zu 'Als wir Vögel waren' von Ayanna Lloyd Banwo
3.8
3.8 von 5 (10 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Als wir Vögel waren"

Port Angeles, Trinidad. In den sonnendurchglühten Gassen mischt sich das vielstimmige Geschrei der Händler mit Vogelgezwitscher und Verkehrslärm; es riecht nach Gewürzen und reifen Früchten. Unter stillen, schattigen Bäumen ruht Fidelis, der jahrhundertealte Friedhof der Insel. Hier arbeitet Emmanuel als Totengräber. Der junge Rastafari hat sein Zuhause verlassen, um seinen Vater zu finden. Als er Yejide trifft, hat das Schicksal ihre Wege längst fest miteinander verflochten. Und so beginnt dort, wo das Leben endet, eine magische Liebesgeschichte.

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:304
Verlag: Diogenes
EAN:9783257072242

Rezensionen zu "Als wir Vögel waren"

  1. 4
    05. Aug 2023 

    Magischer Realismus im karibischen Trinidad

    Ayanna Lloyd Banwo entführt den Leser / die Leserin auf die karibische Insel Trinidad. Im Fokus stehen Emmanuel alias Darwin, ein junger Rastafari, sowie die junge Frau Yejide, die einen ungeahnten Einfluss auf Darwins Leben nehmen wird. Die Erzählung wechselt in der Perspektive stetig zwischen Darwin und Yejide, die beide in der großen Stadt Port Angeles wohnen, sich unter normalen Umständen jedoch wohl nie begegnet wären.

    Darwin kommt in die Stadt, als sich dort die Gelegenheit ergibt, eine Arbeit zu finden und damit auch seine Mutter zu unterstützen. Doch ausgerechnet als Totengräber auf dem jahrhundertealten Friedhof Fidelis? Als Rastafari eigentlich undenkbar, und dementsprechend entsetzt reagiert auch seine Mutter:

    "In der Stadt sind nur Tote, Emmanuel. Rastas hüten sich vor den Toten."

    Doch Darwin hat keine Wahl, es findet sich keine andere Arbeit. Und so macht er sich auf den Weg zum Friedhof und beginnt mit seiner Tätigkeit. Er weiß nicht, was er von seinen Kollegen halten soll, die ihm als eingeschworene Gemeinschaft erscheinen. Darwin hat Respekt vor den Toten, und nach und nach enthüllen sich die Geheimnisse um den alten Friedhof. Darwin gerät dabei in eine zusehends ausweglose Lage - wer will er sein und wer soll er nach dem Willen der anderen sein?

    Yejide dagegen lebt nicht direkt in der großen Stadt, sondern oberhalb in den Bergen, abgelegen in einem alten Haus, das von Generation zu Generation zu wachsen scheint. Sie lebt dort mit ihrer Mutter, deren Mann Peter und einigen anderen Menschen, die für den reibungslosen Ablauf des Alltags sorgen. Zwischen Yejide und ihrer Mutter herrscht ein sehr angespanntes Verhältnis, denn die Mutter liebt ihre Tochter offenkundig nicht und schenkt ihr keinerlei Aufmerksamkeit. Die junge Frau hat sich verbittert damit abgefunden, und doch ist der Wunsch geliebt zu werden ein großer. Als die Mutter stirbt, reagiert Yejide sehr gefasst. Doch im Tod weiht die Mutter sie in ihr Erbe ein - von Mutter zu Tochter wird seit Generationen die Gabe der Totenbeschwörung weitergereicht.

    Yejides Perspektive blieb mir über weite Strecken tatsächlich eher fremd. Der magische Realismus dominiert hier sehr offenkundig, und mit vielen Bildern und mythischen Anklängen konnte ich nicht wirklich etwas anfangen. Doch der Atmosphäre, die Ayanna Lloyd Banwo hier kreiert, konnte ich mich letztlich nicht entziehen. Etwas traumartig gleitet man so durch die Erzählabschnitte, die Yejides Perspektive betreffen.

    Darwin dagegen bildet zwar seinen Glauben als Rastafari ab, doch seine Passagen verkörpern auch die harte Realität. Armut, Gewalt, Brutalität, allgegenwärtiger Tod herrschen in der Stadt, wer Skrupel hat, gehört zu den Verlierern. Etwa ab der Mitte des Romans verweben sich die beiden Erzählstränge, nachdem sich Darwin und Yejide auf dem alten Friedhof treffen. Dies hat meinen Lesesog deutlich gesteigert. Darwins zunehmend missliche Lage erhöht die Spannung sukzessive, und schließlich wollte ich unbedingt wissen, wie das Ganze ausgeht. Yeyide und Darwin fühlen sich zueinander hingezogen, aber die Liebe ist keine einfache Angelegenheit - aufgerieben "zwischen den Anforderungen eines alten Matriarchats in den Hügeln und einer Stadt voller Abzocker, Träumer und Toter, die keine Ruhe geben".

    Eine mythische Liebesgeschichte um zwei Außenseiter, die zu sich selbst und zueinander finden wollen - doch ob ihre Liebe eine Zukunft hat, werde ich hier natürlich nicht verraten. Magischer Realismus im karibischen Trinidad - eine mythische Atmosphäre, ein Roman mit einem ganz eigenen Sog, außergewöhnlich...

    © Parden

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  1. Magische Liebesgeschichte

    Die Autorin Ayanna Lloyd Banwo erzählt in ihrem ersten Roman eine ergreifende Liebesgeschichte in Trinidad. Diese in zwei verschiedenen Perspektiven aufgebaut. Emmanuel geht in die Stadt Port Angeles um einen Job als Totengräber anzunehmen. Seine Mutter ist strikt dagegen, denn sich mit den Toten zu beschäftigen verstößt gegen sein Gelübde als Rastafari. Im anderen Handlungsstrang lernen wir Yejide kennen, die beim Tod ihrer Mutter von ihr eine besondere Gabe übernimmt. Beide Charaktere sind sehr unterschiedlich. Emmanuel empfand ich als sehr behütet und zurückhaltend. Yejide dagegen fühlte sich von ihrer Mutter abgelehnt und trotz des wortgewaltigen, teilweise poetischen und ausschmückenden Schreibstils gerade bei ihrem Part wurde ich mit diesem Charakter nicht recht warm.
    Als die beiden das erste Mal aufeinandertreffen, entsteht eine magische Beziehung. Der Plot hat von mehreren Genres etwas in sich, er wechselt zwischen Krimi, Liebesgeschichte und Mystik. Das Ganze ist doch sehr speziell und der Leser muss sich darauf einlassen. Das wunderschön gestaltete Cover fiel mir sofort ins Auge und der Klappentext hat mich neugierig gemacht. Mir war die Geschichte aber dann ein bisschen zu mystisch.

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  1. 5 Sterne inkl. Leseempfehlung!

    Klappentext:

    „Port Angeles, Trinidad. In den sonnendurchglühten Gassen mischt sich das vielstimmige Geschrei der Händler mit Vogelgezwitscher und Verkehrslärm; es riecht nach Gewürzen und reifen Früchten. Unter stillen, schattigen Bäumen ruht Fidelis, der jahrhundertealte Friedhof der Insel. Hier arbeitet Emmanuel als Totengräber. Der junge Rastafari hat sein Zuhause verlassen, um seinen Vater zu finden. Als er Yejide trifft, hat das Schicksal ihre Wege längst fest miteinander verflochten. Und so beginnt dort, wo das Leben endet, eine magische Liebesgeschichte.“

    Die Geschichte „Als wir Vögel waren“ las sich einfach magisch und fulminant! Die Geschichte wurde von Ayanna Lloyd Banwo verfasst. Lloyd Banwo befasst sich in ihrem Buch nicht nur mit ihrer Heimat Trinidad (Schauplatz ist hier genauer der fiktive Ort Port Angeles) sondern auch mit den Riten und Gebräuchen ihrer Kultur. Was für viele Leser als Humbug und totaler Schwachsinn zu verbuchen war, ist es aber eigentlich nicht, wenn man sich ein wenig mit der Kultur der Örtlichkeiten befasst. Lloyd Banwo nimmt uns in ihrem Buch mit auf eine spannende und gruselige Reise gleichermaßen mit, auf der wir Geistern begegnen, schlechten Menschen, bösen Träumen, vererbten Fähigkeiten aber auch in die Fänge der Totengräber geraten. Hauptfigur in ihrem Buch ist Darwin Emmanuel (ein Rastafari) sowie seine spätere Liebe Yejide. In Lloyd Banwos Buch ist nichts an den Haaren herbeigezogen, denn selbst Kleinigkeiten haben ihre ganz eigene tiefe Bedeutung! Die Liebesgeschichte der Beiden beginnt etwas holprig und beide haben ihre bösen Geistern auf ihren Schultern zu tragen. Vieles scheint ausweglos, bis aber die Macht der Liebe ins Spiel kommt. Ayanna Lloyd Banwo spielt nicht nur mit ihrer Kultur und legt sie dem Leser auf besondere Art näher, sie spielt auch mit Namen und eben der Magie selbst! Der Totenkult u.a. auf den karibischen Inseln ist ein besonderer und ganz ehrlich, für uns Europäer scheint er völlig abwegig und verrückt aber für die Menschen dort, bedeutet er alles! Da geht es um Vodoo, bunte Farben, Mumifizierungen, laute Feste (siehe Mexiko) uvm.. Die Welt ist auch „bunt“ wenn es um den Tot geht und genau darum geht es hier! Lloyd Banwo beschreibt in einer Geschichte nicht nur den Umgang/ Zeremonien damit, sondern auch was es für die Menschen bedeutet und zu was es führen kann. Und „Rastafari“ ist eine ganze Menge mehr als nur Bob Marley, der Konsum von Cannabis oder Dreadlocks! Hier geht es um eine besondere Religion der schwarzen Bevölkerung, die eben ihren ganz eigenen Rhythmus dabei hat. Dann wählte Lloyd Banwo auch noch besondere Namen für ihre Geschichte! „Emmanuel“ - „der Mächtige“ oder auch „Gott“ aus dem hebräischen übersetzt - das passt für diese Geschichte mehr als perfekt wenn man darauf achtet und lässt viele Gedankengänge und Erzählungen sowie Visionen von unserem Protagonisten in besonderem Licht erscheinen. Auch bei Yejide sieht es nicht anders aus! Bedeutet ihr Name „sie ist wie die Mutter“ - das passt einerseits auf die Liebesbeziehung der beiden perfekt, denn Yejide stützt Emmanuel auf besondere Art und Weise mit ihrer Liebe zu ihm. Sie gibt ihm Halt und Schutz und schlussendlich die Kraft, einen eigenen Weg zu gehen. Aber es passt auch bezüglich der „Fähigkeit“ die Yejide von ihre Mutter geerbt hat! Sie ist halt wie ihre Mutter!

    Der Schreibstil der Autoren ist unheimlich sphärisch. Sie nagelt uns Leser regelrecht fest mit ihrem Style - ähnlich einer Wahrsagerin die einem mit ihren Worten komplett fesselt und den Verstand vernebelt. Sie nebelt uns ein und lässt uns in völlig andere Welten abtauchen und schafft es dennoch immer gekonnt und stilistisch stark die Geschichte zu halten. Alle benannten Figuren erhalten immer und immer wieder gekonnte Auftritte und füllen die Geschichte mit viel Farbe aus. Der Hauptort Friedhof wird einerseits zum Schauplatz seltsamer Dinge aber er ist eben auch der Totenplatz - ein Ort der Trauer, der Stille, der Ruhe. Hier webt ein wenig Krimi, ein wenig Thriller, ein wenig Liebesroman und eben viel Lokalkolorit aus Trinidad mit ein, welches schlussendlich eine geniale Mischung hermacht und dem Leser ein besonderes Leseerlebnis bietet. Sicherlich bedarf es hier doch an so manchem Hintergrundwissen um eben vieles besser zu verstehen aber fest steht, es lohnt sich, sich damit auseinander zu setzen! 5 Sterne inklusive Leseempfehlung von mir!

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  1. 4
    14. Mai 2023 

    Alle unsere Lebenden und alle unsere Toten(-gräber)

    In ihrer mythischen Liebesgeschichte, die in einer imaginären Stadt, Port Angeles, auf der karibischen Insel Trinidad spielt bringt die 1980 auf Trinidad geborene Autorin Ayanna Lloyd Banwo zwei Menschen auf einem holprigen Weg zusammen, die kaum zueinander zu passen scheinen. Beide, sowohl Yejide als auch Darwin, tragen eine große familiäre Verantwortung und es wird im Verlauf das Buches immer klarer, dass sie dieser nur zusammen gerecht werden können.

    Yejide treffen wir an, als ihre Mutter im Sterben liegt. Nach und nach erfahren wir, dass das ehemalige Plantagengebäude, in dem die Nachkommen ehemaliger Sklaven – die Familie Yejides und weitere Bewohner seit vielen Generationen leben, stets durch ein Matriarchat von Yejides Familie geführt wurde. Da nun ihre Mutter auf der Schwelle zum Tod steht, muss Yejide entscheiden, ob sie diese Bürde annehmen und dem Auftrag ihrer Vorfahren folgen kann. Denn es geht hier nicht nur um die Hausverwaltung, es geht um das spirituelle Erbe. Alle weiblichen Vorfahren von Yejide waren dazu bestimmt, die Sterbenden auf ihrer Reise ins Jenseits und darüber hinaus zu begleiten. Die Transition würde Yejide einfacher fallen, wenn nicht die Beziehung zur Mutter von jeher gestört gewesen wäre. So hadert sie auf mystischer wie auch auf psychologischer Ebene mit sich und ihrem Erbe.

    Darwin hingegen ist mit den Ritualen der Rastafari-Religion aufgewachsen, hat gelernt, dass die Lebenden nicht einmal einen Blick auf die Toten werfen dürfen. Nach einem Aufwachsen mit Ressentiments der Umwelt sich selbst und seiner alleinerziehenden Mutter gegenüber aufgrund ihrer Religion, muss er nun schweren Herzens die wichtige Regel der Trennung von Lebenden und Toten brechen. Um seine Mutter und sich ernähren zu können, muss er einen Job als Totengräber auf dem großen Friedhof Port Angeles‘ „Fidelis“ annehmen.

    Beide Wege kreuzen sich nun auf Fidelis, ein Friedhof, auf welchem viele ruhelose Seelen - tot und lebendig - umherirren.

    Mich hat dieser Roman um Mythen, Bräuche, indigene Schöpfungsgeschichten, Märchen und von den Sklaven aus Afrika mitgebrachte Traditionen in der Karibik immer stärker eingewickelt und in die Geschichte gesogen. Dies war mein erster intensiverer Kontakt außerhalb von popkulturellen Verweisen mit der Rastafari-Religion, ihren christlichen Ursprüngen und alttestamentarischen Bezügen. Hinzu kommen die afrikanischen Mythen, die durch Yejides Familie vermittelt werden. Vieles, besonders zur Rastafari-Religion wird im Buch nur angedeutet, weckt aber dadurch das Interesse, sich ausführlicher mit dem Thema zu beschäftigen.

    Der Plot des Romans wird von einer zunächst sehr ruhigen Einführung in die Geschichten der beiden Hauptcharaktere bestimmt und entwickelt sich im Verlauf zunehmend zu einem spannenden Pageturner mit viel Geisteraction aber auch einer ungewöhnlichen Liebesgeschichte. Neben diesen Themen werden durchgängig auch die Fragen nach einer Übernahme von Familientraditionen, dysfunktionalen Mutter-Tochter-Beziehungen, Erbe, Klassenunterschiede und der schmale Grat zwischen Leben und Tod verhandelt.

    Insgesamt ist das Buch gut geschrieben. Die Übersetzerin Michaela Grabinger (no pun intended) hat gute Arbeit geleistet bei der Übertragung des Textes aus dem trinidad-kreolischen Englisch, indem sie gerade Darwin eine eher lasche, dezent Umgangssprache gegeben hat, um die Formulierungen ins Deutsche zu bringen. Unabhängig von diese gewollten Umformulierungen und Verkürzungen der Sprache hat jedoch eine signifikant hohe Anzahl an Tippfehlern den Weg ins Buch gefunden, weshalb ein genaueres Lektorat diesbezüglich dem Buch gutgetan hätte.

    Diese Geschichte die den magischen Realismus Südamerikas mit den Mythen Afrikas verbindet hat mir sehr gut gefallen und sorgt dafür, dass die junge Autorin nach diesem Debütroman definitiv auf dem Radar bleibt.

    4/5 Sterne

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  1. Magisch -poetischer Ausflug in eine andere Welt

    Yejide und Darwin sind zwei junge Menschen in Trinidad, denen große Veränderungen bevorstehen. Während Yejide aus einer Familie stammt, deren Frauen als Mittlerinnen zwischen den Toten und den Lebenden fungieren, ist Darwin ein Rastafari, der einst ein Gelübde abgelegt hat. Als Rastafari darf Darwin nicht mit Toten in Kontakt kommen. So kommt er in einen großen Konflikt, als der einzige ihm angebotene Job auf einem Friedhof ist. Als Yejide das Erbe ihrer nun gestorbenen Mutter antritt und Darwin erstmals begegnet, ist dies eine Begegnung der besonderen Art.

    Die Autorin Ayanna Lloyd Banwo hat mit diesem Roman ihr Debüt vorgelegt. Sie selbst ist in Trinidad geboren und lebt in London. Sehr schön, bildhaft und poetisch ist die Sprache. Von Anfang an hat mich die Autorin in den Bann der Geschichte gezogen. Beide Charaktere – Yejide und Darwin – werden ausführlich vorgestellt. Mir gefallen die kulturellen und traditionsreichen Hintergründe dabei sehr – aber auch über die familiären Gegebenheiten und jeweiligen Lebenssituationen der beiden werde ich als Leserin informiert. Mir fällt auf, dass Familie (egal, ob biologisch oder selbst gewählt) offenbar einen großen Stellenwert hat und dass Zusammenhalt und Fürsorge groß geschrieben werden.

    Das Leben in Trinidad wird unglaublich anschaulich beschrieben. Die Schauplätze, die „Nebendarsteller*innen“, die Lebenssituationen der Menschen, all das hat die Autorin bildhaft und liebevoll in Szene gesetzt.

    Erst in der Mitte des Romans begegnen sich Yejide und Darwin- spätestens bei dieser Begegnung merkt man, dass die Autorin im Genre des „magischen Realismus“ unterwegs ist. Das ist sicher nicht für jede*n etwas, und es ist auch nicht sofort erkennbar. Ich persönlich habe mich darauf eingelassen und habe es nicht bereut. Allein die Magie und Poesie im Roman haben mich sehr fasziniert. Die Liebesgeschichte und insbesondere auch eine kleine enthaltene Krimistory sind für meinen Geschmack zuweilen ein wenig „drüber“, dennoch mag ich sie.

    Fazit: für mich ein schöner Ausflug in eine fremde Kultur mit spannenden Traditionen und gleichzeitig eine besondere, magische, zart-poetische Liebesgeschichte. Schön!

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  1. Leider Potential verschenkt

    In diesem Buch geht es um zwei Protagonisten um Darwin, der ein Rasta- Mann ist und gegen seiner religiösen Überzeugung auf dem Friedhof arbeitet und Yejide, die ihre Mutter verloren hat und diese auf dem Friedhof bestatten möchte.

    Die Geschichte fängt in meinen Augen sehr vielversprechend an. Darwin benötigt einen Job und möchte nicht mehr seine Mutter auf der Tasche liegen. Er erhält den Job bei der Jobvermittlung als Totengräber. Seine Mutter ist dagegen, da dies gegen die Religion verstösst und sie die Befürchtung hat, dass ihr Sohn in der Großstadt auf Abwege gelangt. Darwin entscheidet sich für den Job und es wird sehr gut die tägliche Arbeit, seine Kollegen und das Miteinander beschrieben.

    Auf der anderen Seite ist da Yejide, die ihre Mutter verloren hat. Ihre Mutter hat ihr die Fähigkeit weiter gegeben den Tod bei den anderen Menschen zu erkennen. Als ihre Mutter stirbt sieht sie im Drogenrausch??? dass sie mit einem Mann zusammen kommt, der so aussieht wie Darwin.

    Als beide sich zum ersten Mal sehen ist es um sie geschehen. Alles ist mystisch miteinander verwebt. Die Liebesgeschichte, die Anziehung wirkt auf mich schmonzettenhaft. Die Liebesgeschichte wird idealisiert und die Liebesszene empfand ich eher als schlecht geschrieben.

    Eigene Meinung:

    Leider rutschte die Geschichte ins schmonzettenhafte, banale. Das Ende war sehr wohlwollend geschrieben. Die mystischen Szenen empfand ich einfach nur furchtbar. Jedoch kann die Autorin andererseits auch mit Sprache und Bildern umgehen, aber für mich war es einfach zuviel des Guten und auch sehr wirr,, ausufernd. Daher nur 3 Sterne.

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  1. Magische Liebe

    "Als wir Vögel waren" ist so magisch und exotisch, wie das Cover des Buches. Als Leser:innen tauchen wir tief in die Kultur, Religion und Mystik Trinidads ein und erleben gesprickt mit magischem Realismus eine Liebesgeschichte, die von Tod und Leben zusammengehalten wird.

    Yejide und Emmanuel sind unsere Protagonisten und die Treiber der Geschichte. Wer eine Geschichte mit schneller Handlung sucht, die das Buch vorantreibt wird hier enttäuscht. Die ersten zwei Drittel des Buches werden wirklich lediglich von den Personen vorangetrieben und objektiv betrachtet passiert nicht viel. Dennoch will man dranbleiben und weiterlesen, wie es um die beiden bestellt ist, die so unterschiedlich sind wie Leben und Tod und trotzdem verbunden. Das schafft eine Liebesgeschichte, die sich nicht aufdrängt und die ich so noch nie gelesen habe. Sie definiert in einem kulturellen Kontext komplett neu, was es heißt, füreinander bestimmt zu sein.

    Gleichzeitig ist das ganze Thema Tod so interessant behandelt. Man lernt wie gesagt sehr viel über Kultur und Mythen und hinterfragt gleichzeitig den eigenen Umgang mit Tod. Gleichzeitig kam mir das Buch an keiner Stelle morbide vor. Auch die Frauen in diesem Buch sind unheimlich stark, gerade Yejide kommt aus einer matriarchalen Familie und den Stellenwert dieser Frauen in Fragen des Todes zu sehen macht es noch spannender.

    An manchen Stellen kommt mich das Buch allerdings nicht komplett abholen. Ich finde der Klappentext z.B. passt nur zu 80% und ist tatsächlich schneller im Erzählstil als das Buch selbst. An manchen Stellen fühlt es sich außerdem etwas unfertig an, vor allem bei den Nebensträngen. (Diese hätte es für mich teilweise auch gar nicht gebraucht). Für die Hauptgeschichte lohnt sich dieses Buch aber auf jeden Fall und bekommt von mir 3,5*.

    Eine Empfehlung für alle, die in kalten Herbstnächten in eine andere Welt abtauchen wollen, mystische Elemente lieben und eine Liebesgeschichte lesen wollen, die so selbstverständlich ist, dass sie keinen Kitsch braucht.

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  1. 3
    26. Apr 2023 

    Magisch-märchenhafte Love Story ohne Tiefgang

    Reichlich karibisches Flair gibt es in diesem Debütroman. In der Übersetzung hat man zwar auf den Versuch verzichtet, das karibische Englisch des Originals, das grammatisch ziemlich eigenwillig ist, in deutschen Dialekt zu übertragen oder sich eine Kunstsprache auszudenken. Dennoch kam mir der Sound des Textes sehr authentisch vor.

    Banwo lässt ihre Protagonisten aus sehr unterschiedlichen Welten kommen. Yejide stammt aus einem wohlhabenden alten Matriarchat, deren Oberhaupt im Tod die Macht weitergibt, zwischen der Welt der Toten und der Lebenden zu vermitteln. Als ihre Mutter stirbt, muss Yejide entscheiden, ob sie dieses Vermächtnis annehmen will. Darwin ist ein Rastaman, dem seine Religion verbietet, sich den Toten zu nähern. Als der einzige Job, den er nach verzweifeltem Bemühen ergattern kann, ausgerechnet der eines Totengräbers in Fidelis ist, dem größten und ältesten Friedhof der Insel, entscheidet er sich gegen den Willen seiner frommen Mutter, die Arbeit anzunehmen. Beim Begräbnis von Yejides Mutter lernen sich Darwin und Yejide kennen – ein nicht ganz klassischer Fall von Liebe auf den ersten Blick, denn sie sind sich schon einmal in einer Traumsequenz begegnet.

    Banwos magisch-realistische Welt ist tropisch und düster. Sie evoziert Farben, Texturen und Gerüche, die Hitze, die Feuchtigkeit, den Regen auf einem Blechdach. Sie bevölkert ihren Roman mit einer Unzahl von Lebenden und Toten, mit Mythen und Märchen. Klar wird, dass in Banwos Welt – der fiktiven wie der realen - den Vorfahren ein großer Einfluss auf das Leben ihrer Nachfahren zugestanden wird.

    Insofern haben wir es hier mit einem Entwicklungsroman zu tun - sowohl Darwin wie auch Yejide müssen einen Weg finden, das familiäre Erbe mit dem Wunsch nach einem selbstbestimmten Leben zu vereinbaren. Das erscheint beiden zunächst unmöglich, aber im Verlauf des Romans nähern sich diese Sphären ebenso an wie die beiden so gegensätzlichen Protagonisten. Am Ende muss Darwin sich gar entscheiden, ob er das Recht der Toten verteidigen will, womöglich auf Kosten des eigenen Lebens und Fortkommens.

    Figuren, Bildhaftigkeit und Atmosphäre des Romans gefielen mir wirklich gut; auch den Einblick in die karibische Kultur fand ich durchaus gelungen. Allerdings ist die Thematik der Toten für meinen Geschmack zu sehr ausgeufert. Etwas mehr Verankerung in der realen, sicher weit nüchterneren karibischen Lebenswelt hätte dem Roman gutgetan. Auch der dünne Plot hat mich nicht überzeugt: Die Auflösung am Ende erfolgt – dank Yejides Magie – etwas zu glatt und die erdachte Familienmythologie schien mir unplausibel. Die idealisierte Liebesgeschichte jenseits allen Liebesalltags war mir zu flach und hat mich gelangweilt, von einer unsäglich verquasten, völlig überflüssigen Sexszene gar nicht zu reden. Das langsame Erzähltempo, das auch im Showdown nur unwesentlich anzieht, trug ebenfalls zur Länge bei – es dauert bis zur Hälfte des Romans, bis die Protagonisten sich endlich begegnen. Viel Raum nimmt dagegen ein krimihafter Unterplot ein, aus dem man einen eigenen Crime noir hätte machen können – schade drum.

    Fazit: Ich habe dieses Debüt aus der Karibik nicht ungern gelesen, allerdings ist Banwos Roman wohl eher etwas für ausgewiesene Romantiker:innen.

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  1. Eine magische Geschichte über Tod und Leben

    Mein Lese-Eindruck:

    “No one but the corbeaux know that inside their bodies the souls of the dead transform and release.”

    Der Roman entführt seine Leser in die Karibik, nach Morne Marie auf Trinidad. Die Großmutter erzählt ihrer Enkelin eine Geschichte: In einem vorzeitlichen Paradies lebten einmal riesig große Papageien, die sich nach einer Art Sintflut veränderten. Die einen werden zu den kleinen bunten Vögeln, wie sie die Enkelin täglich beobachten kann, die anderen aber verwandeln sich in die schwarzen „Corbeaux“, in Aasfresser, in deren Körper sich die Seelen der Toten verwandeln und bereit werden für den Übergang in eine andere Welt.

    In Morne Marie begegnen sich die beiden jungen Menschen, deren Geschichte der Roman erzählt. Da ist Darwin, ein junger Rastafari, der dringend eine Arbeit sucht, um seiner Mutter Medikamente kaufen zu können. Dafür übertritt er seine Glaubensgebote und stutzt sich Haare und Bart, und obwohl ihm sein Glaube den Umgang mit Toten verbietet, nimmt er die harte Arbeit als Totengräber auf dem großen Friedhof Fidelis an.

    Und da ist Yejide, eine junge Frau aus einer alten Familie, die in einem großen ehemals herrschaftlichem Plantagen-Haus wohnt. Sie ist Traditionen auch in anderer Weise verbunden. Ihre Ahnenreihe wird bestimmt durch Frauen, und jeweils eine Frau in jeder Generation wird die Fähigkeit und die Aufgabe vererbt, Seelen nach dem Tod auf dem Weg in die andere Welt zu begleiten und sie so zu erlösen. In ihrer Generation ist es nun Yejide, die sich schweren Herzens dieser Gabe und dieser Aufgabe bewusst wird, auf die sie die Großmutter mit der Sage von den Rabenvögeln, den "Corbeaux" schon vorbereitet hatte.

    Beide hadern mit ihrer Situation, und der Friedhof ist es, auf dem sie zusammentreffen. Hier in dieser Totenstadt kreuzen sich die Wege der Lebenden und der Toten, auch der lebenden Toten, die sich materialisieren und mit den Lebenden in Verbindung treten. Der Autorin mischt die beiden Welten zu einer einzigen Welt zusammen. Darwin ist trotz seiner Arbeit und seiner Situation lebensfroh, während Yejide sich aufgrund ihrer Gabe den Toten näher fühlt. Sie unterscheidet dabei zwischen „Neutoten“, die sich in ihr Schicksal nicht fügen wollen und „Arbeit machen“, und „Alttoten“, die zwar schon weitergezogen sind, aber immer noch an ihren Knochen hängen.

    Diese Vermischungen von Leben und Tod zeigen sich in wunderschönen, fast märchenhaften Bildern, aber auch in furchterregenden und bedrohlichen Wirbelstürmen und Sturmfluten. Die Autorin vermischt auch die Realitätseben und schafft für ihren Leser eine magische Welt, die aber zugleich sehr realistisch ist (z. B. Darwins Jugend) und im Hier und Heute existiert.

    Dazu trägt auch die realistische Sprache entscheidend bei. Das Original wurde geschrieben im trinidad-kreolischen Englisch und von Michaela Grabinger adäquat übersetzt, sodass die Sprache erfrischend aktuell ist.

    Eine wunderbare Geschichte! Ein Märchen, eine Liebesgeschichte, ein Krimi, eine Geistergeschichte, eine Geschichte über soziale Probleme, über paranormale Phänomene, über Traditionen und Familienwurzeln, bunt und farbig wie das Cover.

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  1. ...mehr Dinge zwischen Himmel und Erde

    Die Geschichte von Emmanuel und Yejide:

    Emmanuel, ein Rastafari, bricht sein nasiräisches Gelübde, das ihm verbietet, sich jemals die Haare zu scheren, oder einen Toten zu sehen. Er begeht dieses größte Sakrileg aus Not, denn er hat nur eine Arbeit, ausgerechnet als Totengräber gefunden. Er ist selbst entsetzt darüber. Er hat es für seine Mutter getan, doch kann er gerade deswegen nicht mehr bei ihr leben, weil sie ebenfalls eine Rastafari ist und nach den Gesetzen der Religion lebt.

    Yejide, eine Kreolin, die einer stark matriarchalischen Familie angehört, hat die Gabe und Verpflichtung geerbt, mit den Toten zu leben, sie zu rufen und sie zu ehren, sie sieht und spürt den Tod im Voraus.
    Beide lernen sich auf dem Friedhof Fidelis auf der Insel Trinidad kennen.
    Yejide sagt zu Emmanuel:" ...was Sie über Gräber wissen und was ich über Gräber weiß, ist nicht dasselbe."
    Trinidad ist ein Völker- und Sprachengemisch, wo sich viele alte Rituale, mitgebracht aus den jeweiligen Ursprungsländern erhalten haben

    Die Geschichte der beiden Liebenden ist ein furioses Drama, das sich in der Welt der Lebenden und in der Welt der Toten abspielt, geschrieben in der starken Sprache der Autorin.

    Den Schlüssel zum Verständnis dieses Werkes liefert sie uns in dem beigefügten Interview, das dem Leser klar macht, dass sie kein Geistermärchen geschrieben hat, sondern selbst in dieser Realität lebt.
    Für einen Leser aus der nüchternen Atmospäre der westlichen Welt, kann dieses Buch verstörend wirken, oder auf Unverständnis stoßen.

    Moses: Die Beschäftigung mit Toten, ist Gott ein Gräuel.

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