Wird Tolino japanisch?

Helmut Pöll

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Die Tolino-Allianz war die erste große gemeinsame Initiative führender Marktteilnehmer, um dem übermächtigen Konkurrenten Amazon im E-Book-Markt Paroli zu bieten. Die Buchhändler Club Bertelsmann, Hugendubel, Thalia und Weltbild gründeten sie 2012 gemeinsam mit der Deutschen Telekom die Tolino-Allianz. Die Marke Tolino kam schließlich innerhalb weniger Jahre auf Augenhöhe mit den Kindle-Lesegeräten aus dem Hause Amazon.

Mit dieser Allianz könnte es in der bisher bekannten Form in Kürze vorbei sein. Hinter dem unscheinbaren Aktenzeichen B6-82/16, das das Bundeskartellamt in seiner Auflistung der laufenden Verfahren veröffentlichte, bahnt sich eine spektakuläre Übernahme an.

Das unscheinbare Kürzel steht für den Wunsch des japanischen E-Commerce-Konzerns Rakuten die Vermögensteile der Deutschen Telekom AG des Tolino eReading Service zu übernehmen. Rakuten gehört zu den 10 größten Internetunternehmen der Welt und kaufte 2011 den Buchhändler und E-Reader-Hersteller Kobo.

Ob Rakuten nach einer erfolgreichen Übernahme die Produktion von Tolino-Lesegeräten weiterführt, oder auf die eigene Kobo-Familie setzt, ist bislang ungeklärt. Das Budeskartellamt hat nun einen Monat Zeit zur Prüfung der Übernahme.

Quelle:
Bundeskartellamt - Laufende Verfahren

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Tolino – Wikipedia
Rakuten – Wikipedia
Kobo (Unternehmen) – Wikipedia
 

Frank1

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Soweit ich das sehe, ist Tolino (bisher) eher ein regionaler Markt, der sich auf deutschsprachige eBooks konzentriert. Alleine das ist aber doch schon ein Nachteil gegenüber Amazon, wo dem Leser auch die unendliche Masse englischer (und anderssprachiger) Literatur offensteht. Der Einstieg Kobos könnte gerade dieses Problem lösen - und Kobo andererseits den Einstieg auf den deutschen Markt ermöglichen. Welche von beiden Reader-Produktlinien dann weiterverfolgt wird, halte ich für nebensächlich. Das Format ist doch in beiden Fällen .epub. Außerdem dürfte der Telekom-Anteil doch wahrscheinlich nur eine Minderheitenbeteiligung sein?
 

Helmut Pöll

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Das stimmt schon, was Du sagst, @Frank1 . Andererseits hat Kobo in den letzten Jahren kein glückliches Händchen bewiesen und konnte sich auf dem Markt nicht so recht gegen Amazon behaupten. Der Tolino-Allianz ist das hingegen geglückt, vielleicht auch deshalb, weil es gerade regionale Mitstreiter waren wie die großen Buchhandelsketten, die den hiesigen Markt viel besser kennen.

Ich könnte mir auch vorstellen, dass sich doch einige Tolinno-Käufer für den Tolino entschieden aben, weil es doch ein bekanntes Produkt hiesiger Anbieter wie der Telekom ist. Ob die Wahl genauso ausfallen würde, wenn sie sich zukünftig zwischen einem Kindle und dem Produkt eines japanischen Konzerns entscheiden müssen, da bin ich mir nicht so sicher.

Außerdem dürfte der Telekom-Anteil doch wahrscheinlich nur eine Minderheitenbeteiligung sein?
Die Telekom ist für die Lesegeräte und die technische Plattform zuständig.
 

Sakuko

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Ich könnte mir auch vorstellen, dass sich doch einige Tolinno-Käufer für den Tolino entschieden aben, weil es doch ein bekanntes Produkt hiesiger Anbieter wie der Telekom ist. Ob die Wahl genauso ausfallen würde, wenn sie sich zukünftig zwischen einem Kindle und dem Produkt eines japanischen Konzerns entscheiden müssen, da bin ich mir nicht so sicher.

Ich denke den meisten Verbrauchern ist das relativ egal, wo die Produkte herkommen. Auf dem Tolino stand vorher auch nichts von der Telekom drauf, also denke ich nicht, dass sich das Bild der Käufer da großartig ändert.
Die Anbindungen des Tolino an den lokalen Buchmarkt werden ja wohl so bleiben, wie sie sind und ich halte das für die relevantere Marketingstrategie.

Und bessere englische (und gerne auch japanische) Angebote sind genau das, was der Tolino mmn nach braucht. Ich finde die Hardware besser, und nutze ja trotzdem einen Kindle, weil ich da an die Bücher komme, die mich interessieren.
 

Helmut Pöll

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Allmählich sickert ein wenig mehr an Information durch. Nach einer Information von Buchreport will Rakuten - vorausgesetzt das Kartellamt winkt den Deal durch - die Marke Tolino beibehalten.

"Auch an der Marke Tolino wollen die Partner in der neuen Konstellation festhalten. Die Tolino-Reader werden fortgesetzt und die bisherigen Geräte weiter technisch unterstützt".

Rakuten Kobo wird Mitglied der Tolino-Allianz - buchreport
 
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wal.li

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Darüber habe ich gestern einen Artikel gelesen. Ich hatte mal einen Kobo-Reader, der sich nach einem update nicht mehr starten ließ. Das war natürlich nicht so begeisternd. So gerne lasse ich mich auf diese Weise nicht zwingen, ein neues Gerät anzuschaffen. Ich habe mir dann einen Tolino gekauft. Da bin ich dann wieder, wo ich schon mal war. Ich schaue mal, wie es sich weiter entwickelt.
:)
 

Helmut Pöll

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Das Handelsblatt hat sich heute in seiner Printausgabe mit dem Thema auseinandergesetzt. Autor Hans-Peter Siebenhaar warnt vor einer gefährlichen Abhängigkeit.
Siebenhaar schreibt:
[zitat]Tolino droht als Anti-Amazon-Reader zu scheitern, wenn das deutsche Lesegerät nur noch zu einer Sonderausgabe des Rakuteneigenen E-Readers Kobo wird[/zitat]

Das sind auch meine Bedenken. Ich befürchte das ist alles wieder zu kurzfristig gedacht. Der Tolino läuft, enige der Mitglieder der Tolino-Allianz haben keine rechte Lust mehr und wollen nicht noch mehr Geld und Energie in das Projekt stecken. Was ist naheliegender als einen japanischen Konzern ins Boot zu holen und den Versprechen zu glauben, dass alles so bleiben wird wie bisher?

Man muss nicht Einstein sein um auf die Idee zu kommen, dass Rakuten langfristig doch überhaupt kein Interesse hat das Konkurrenzprodukt zu ihrem eigenen Reader Kobo am Leben zu lassen. Es wäre nicht die erste Übernahme, um ein lästiges Konkurrenzprodukt langfristig loszuwerden.
Ich betätige mich mal als Orakel: in drei Jahren werden wir die Schlagzeile lesen, dass Rakuten aus Effizienzgründen den Tolino einstellt und nur noch die Kobo-Geräte weiterführt - zum Vorteil der Leser natürlich.

Eine ähnliche Blauäugigkeit des hiesigen Buchmarktes gab es schon mal. Vor über zehn Jahren haben Verlage aus Bequemlichkeit dankbar die Logistik von Amazon für Bestellung und Versand ihrer Bücher in Anspruch genommen, anstatt sich eine eigene Lösung zu überlegen, nur um dann 10 Jahre später festzustellen, dass sie abhängig sind und Amazon ihnen die Margen diktieren kann. Wie jeder Konzern hat Amazon eigene Pläne. Rakuten hat sie auch.
 
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Frank1

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Dass die auf Dauer 2 getrennte Produktlinien pflegen, glaube ich auch nicht. Eher dass die bisherigen Tolinos auf dem Markt bleiben und die nächste Generation des Kobo in Deutschland unter dem Namen "Tolino" vertrieben wird. Aber wäre das denn so negativ? Ich kenne die Kobo-Reader nicht und die Tolinios kaum. Ist die Tolino-Reihe technisch denn in irgendeiner Hinsicht deutlich überlegen? Meiner Ansicht nach ist das Wichtige doch, dass sowohl Tolino als auch Kobo .epub-Reader und somit eine Gegengewicht zu Amazons Kindles sind.
 
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Sebastian

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Ich weiß auch nicht, ob es so schlimm wäre, wenn aus dem Tolinos umgelabelte Kobos werden. Ich kenne die deutschen Geräte zwar nur "passiv", weiß aber, dass die Kobos klasse sind. Gute Einstellungsmöglichkeiten und vor allem auch mittels Ini-Hacks schnell und einfach auf persönliche Bedürfnisse (wie zum Beispiel das Startmenü) anpassbar.