Rezension Rezension (5/5*) zu Hool: Roman von Philipp Winkler.

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Buchinformationen und Rezensionen zu Hool von Philipp Winkler
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Gibt es einen Ausweg?

Heiko Kolbe lebt für seine Freunde, Kai, Ulf und JoJo, den Hannoveraner Hooligans. Er arbeitet im Gym seines Onkels, der auch die Fäden bei den Hools in der Hand hält. Nur bei den Matches fühlt Heiko sich als ganzer Mensch, er wird von Vorfreude gepackt und geht im Kampfgetümmel regelrecht auf.
Seine Familie ist zerrüttet, der Vater Trinker, die Mutter vor vielen Jahren abgehauen. Manuela, seine Schwester hat den Absprung geschafft, leidet aber trotzdem unter dem fehlenden Familienzusammenhalt.Normalität und Geborgenheit kennt Heiko nicht. Er kann seine Gefühle nicht zum Ausdruck bringen, da er dies nie vorgelebt bekommen hat.
Sein Lebensinhalt beschränkt sich auf die Arbeit im Gym und den geplanten Matches. Die Beziehung zur Morphiumsüchtigen Krankenschwester Yvonne ging in die Brüche, aber Heiko scheint keine Absicht zu haben dies zu ändern.
Da er zu Hause nicht mehr bleiben wollte, lebt er nun schon längere Zeit bei Arnim. Dieser lässt ihn umsonst bei sich wohnen, mit der Auflage seine Tiere zu versorgen, wenn er unterwegs ist. Arnim hält sich Kampfhunde und einen Geier, um Kämpfe auszutragen und verdient so illegal sein Geld. Heiko scheint dies alles Schnuppe zu sein, wie so ziemlich alles andere auch.

Philipp Winkler hat mit Hool einen sehr authentischen und interessanten Roman geschaffen. Er ließ mich in eine Welt eintauchen, die ich nur durch Berichte aus dem Fernsehen ansatzweise kenne. Er räumt auf mit einigen Vorurteilen, die aus Hooligans oft auch gleichzeitig Nazis machen. Zum einen zog er mir mit seinen brutalen Schilderungen den Boden unter den Füßen weg, zum anderen keimte auch Hoffnung in mir auf. Den bei vielen ist es nur eine Phase, und die normalen Dinge nehmen irgendwann wieder einen Platz im Leben desjenigen ein. Winkler hat mir eine Tür in eine Welt geöffnet, die ich nicht betreten möchte, aber es war sehr interessant für eine kurze Zeit vom heimeligen Sofa aus, daran teilzuhaben.

Durch die Erzählperspektive in der Ichform und die angepasste Ausdrucksweise bekam ich das Gefühl, das Heikos Leben neben mir abgespult wird. Einige Sprüche Sind sehr derb, passen aber absolut zu dem was Heiko Kolbe darstellt.
Winkler deutet nur wenig direkt an, der Leser muss sich Informationen erarbeiten, aber dies erhöhte den Reiz der Geschichte. Ich musste am Ball bleiben, damit die meisten Teile an ihren Platz rücken konnten. Am Ende des Buches lässt der Autor dem Leser sehr viel Raum für eigene Interpretationen. Es ist wie im wahren Leben, dort gibt es auch keinen Leitfaden der auf jede Frage eine Antwort parat hält.

Hool hat mich vollends überzeugen können. Dieser Roman ist etwas anderes, wirkt anfangs etwas gewagt, mutiert aber zu einer sehr tiefgründigen Geschichte, die ich zu Beginn so nicht erwartet hätte.

von: Johanna Sebauer
von: Dirk Gieselmann
von: Bonnie Garmus
 
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