6. Diskussionen bis Schluss

Renie

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19. Mai 2014
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Essen
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Die letzten Seiten habe ich fast fieberhaft gelesen. Alles deutete auf ein Showdown hin. Ich habe ja mit allem gerechnet, am meisten, dass Heiko bei der Klopperei gegen die Braunschweiger draufgeht. Stattdessen bekommt das Ende etwas Hoffnungsvolles.
Ist euch mal aufgefallen, wie genial die Entwicklung der Charaktere dargestellt ist? Anfangs konnte ich die Personen kaum auseinanderhalten. Sie wirkten auf mich wie hirnlose Prügelheinis ohne Sinn und Verstand. Mit der Zeit kristallisierten sich die einzelnen Individuen heraus, jede Person mit einem anderen Hintergrund und auf ihre eigene Art besonders. Und auf einmal stand nicht mehr die Klopperei im Vordergrund sondern die einzelnen Charaktere. Und wo man vorher angewidert und verständnislos den Kopf geschüttelt hat, nahm man auf einmal die Schlägereien hin (ohne sie gutzuheißen) und fing an die Charaktere besser zu verstehen und Mitgefühl zu zeigen. Diese Entwicklung hätte ich zu Beginn des Romanes nicht erwartet.

Am Ende bleibt für mich jedoch eine Sache ungeklärt: was hat die Brüder Axel und Hans auseinander getrieben? Und warum hat sich Heiko an seinen Onkel gehängt?
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Das Ende habe ich mir doch anders vorgestellt. Wie @Renie schon schreibt, man hat berechtigte Hoffnung das Heiko sich fängt. Dies deutete sich während des Kampfes schon an, als Heiko schildert das ihm der Kitzel fehlt den er sonst immer verspürt. Dennoch ist noch sehr viel offen. Wird er Kais Angebot annehmen und gemeinsam mit ihm nach London gehen?
Wie ist das Treffen mit der Mutter im Krankenhaus verlaufen? Auch wenn Heiko sich gegen ein Treffen entschieden hat, hätte ich gern gewusst wie es für die anderen war. Mie beispielsweise liegt mir sehr am Herzen, wie war es für sie. Manuela wird den Schock, das Heiko ihren Mann geschlagen hat vielleicht verwinden. Vielleicht. Im Grunde lässt Winkler mir am Ende sehr viel Spielraum für eigene Phantasien. Auf der einen Seite mag ich das, anderseits hätten ein paar Infos auch gut getan.

Fazit: Das Buch verschaffte mir einen sehr glaubhaften Einblick in diese Welt. Es hat mir gut gefallen. Winkler schreibt sehr dicht an der Person, so dass ich ihm fast alles abgekauft habe, alles, bis auf den Tiger:-;
 

Querleserin

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30. Dezember 2015
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Wadern
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@Renie : Einerseits wird ja angedeutet, dass es im Streit zwischen den Brüdern um Geld geht, von wegen der Ältere und du musst zurückstehen. Vielleicht sind die Kämpfe selbst aber auch ein Streitpunkt.
Ich denke, dass sich Heiko an Axel gewandt hat, da er ihm als "Gewinner" erschienen ist. Sein arbeitsunfähiger Vater, der ihm eine ungewollte Ersatzmutter "mitgebracht" hat, konnte kein Vorbild sein. Axel mit seinem Fitnessstudio hat ihm die Möglichkeit eröffnet, seine Aggressionen in den Kämpfen abzubauen und ihm in Aussicht gestellt, ihn zu "beerben."
Das Ende ist in der Tat offen, wobei ich die Szene mit dem Hund wirklich klasse fand. Da musste ich wirklich lachen, als ich mir das bildlich vorgestellt habe, wie der Hund da seelenruhig auf den Beifahrersitz springt. Für mich auch ein Zeichen dafür, dass Heiko den Absprung schaffen wird, da er nun einen Begleiter hat. Eine Aufgabe, sich um dieses Tier zu kümmern. Die Affinität zu den Tieren zieht sich ja wie ein roter Faden durch den Roman. Auch wenn er den Tiger erschießt, ist das letztlich ein humaner Akt, denn er wollte nicht, dass der Tiger im Zoo vegetiert.
Das Ende lässt viel Raum für eigene Spekulationen, das gefällt mir.
 

Momo

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10. November 2014
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Den Schluss mit dem Hund fand ich auch klasse. Und dass Heiko sich für die Tiere eingesetzt hat. Ob Siegried seine Freiheit noch ergreifen wird? Ich sehe es auch wie Sassenach, dass nicht alles geklärt ist und uns viel Spielraum für eigene Ideen bleibt.
 

Helmut Pöll

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9. Dezember 2013
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Auf den letzten 50 Seiten erfährt man als Leser wirklich noch einmal sehr viel, auch über die Befindlichkeit von Heiko. Bei seinem letzten Besuch bei den Seidels etwa bemerkt Heko (S. 262):
"Sie schenkt mir ein warmes mütterliches Lächeln. Das hat mir früher schon immer gefallen, auch wenn ich mir das natürlich nie eingestanden hätte. So was kannte ich von zu Hause auch nicht."

In diesen wenigen Sätzen spiegelt sich das ganze Elend und die Lieblosigkeit in der Familie Kolbe wider. Vater Hans war sicher nicht alleine dafür verantwortlich. Auch die Mutter war wohl nicht so, wie man sich eine Mutter vorstellt Da passt natürlich ins Bild, dass sie sich davon macht und die Kinder zurück lässt.

Beim Besuch im Krankenzimmer wird Heiko noch zu Schwester und Vater sagen: "Ihr seid doch alle völlig verrückt".

Seine ganze Welt geht zu Ende, liegt schließlich in Trümmern. Arnim wird Opfer der Machenschaften, die eingefädelt hat. Die Familie, die Manuela immer wieder und wieder reparieren will, hat es im Grunde nie gegeben. Die Freunde gehen ihren Weg, weil sie einsehen, dass sie diesen Weg zu Ende gegangen sind. Es ist die Realität, die ihn einholt. Und Heiko macht sich keine Illusionen mehr. Das kann gesund für ihn sein. Winkler lässt es ja offen. So kann man nur hoffen, dass er wirklich die Kurve kriegt.
 
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Reaktionen: Renie und Querleserin

wal.li

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1. Mai 2014
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Bei dem Schluss war ich sehr unschlüssig. Heiko weiß, dass seine Welt nicht mehr existiert, aber aufgeben kann er sie auch (noch) nicht. Und dass dann gerade einer der Hunde, vor denen er immer Angst hatte, sich ihm anschließt. Und gemeinsam fahren sie in den Sonnenaufgang. Ich muss allerdings zugeben, dass mir ein offenes Ende generell nicht liegt. Das hat dann nicht so viel mit diesem Buch zu tun. Insgesamt hat mir Hool aber ausgesprochen gut gefallen, womit ich bei meinem anfänglichen Widerwillen gegenüber der Thematik überhaupt nicht gerechnet hatte. Aus der Sicht war das Buch eine der größten Überraschungen des Jahres und eine sehr positive.
:)
 

parden

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13. April 2014
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Insgesamt hat mir Hool aber ausgesprochen gut gefallen, womit ich bei meinem anfänglichen Widerwillen gegenüber der Thematik überhaupt nicht gerechnet hatte. Aus der Sicht war das Buch eine der größten Überraschungen des Jahres und eine sehr positive.
:)

Ich muss ehrlich gestehen, dass mir das Buch nicht ganz so gelegen hat, wie den meisten hier. Abgesehen mal von der Gewalt und der Gefühllosigkeit ist es die Einsamkeit und die Sprachlosigkeit bezüglich der wesentlichen Dinge im Leben, die mir wirklich zugesetzt haben. Tatsächlich konnte ich immer nur einige Seiten am Stück lesen und war dann froh, das Buch wieder weglegen zu können. Mir ging es da eher andersherum als @wal.li. Anfangs war ich sehr offen der Thematik gegenüber, letztlich bin ich eher froh, dass das Buch endlich ein Ende hat. Dabei übersehe ich aber nicht die sprachliche Geschicklichkeit des Autors, der manchmal nur ein Wort benötigte, um eine Situation kippen zu lassen und oft sehr aussagekräftige Bilder schuf.
 

parden

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13. April 2014
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www.litterae-artesque.blogspot.de
Das offene Ende scheint in Richtung Hoffnung zu deuten - allerdings ohne erkennbaren Plan von Heiko. Er lässt nur sein bisheriges Leben offensichtlich hinter sich. Ich bin mir auch nicht sicher, ob er bei dem letzten Kampf nicht doch eine Grenze überschritten hat oder ob seine Kumpel ihn daran gehindert haben, den Blonden mit dem Seitenscheitel und der Warze zu erschlagen. Die Wut war so allmächtig, dass Heiko offensichtlich nicht mehr wusste, was er tat. Und diese Wut wird er ja nicht deshalb los, weil er sich nun womöglich anderen Wegen zuwendet. Er ist jetzt ja nicht der Typ, der sich einen Therapeuten sucht und sich seinen Problemen auf diese Art stellt. Aber - wünschen wir ihm und dem Hund jetzt mal alles Gute. Sie dürfen fahren, wohin sie wollen, von mir aus auch nach Togo - aber ohne mich... ;)