02 Keine sieben Tage

Renie

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19. Mai 2014
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renies-lesetagebuch.blogspot.de
Die Geschichte erinnert mich an ein Märchen. mir fällt nur nicht ein, welches. Aber ich komme bestimmt noch darauf.

Eigentlich wirkt die Geschichte zunächst ganz harmlos: aus der Sicht eines Kindes erzählt, das sich mit den üblichen Problemen eines Kindes auseinander setzen muss, also Schule, Eltern etc. Wenn da nicht Hinweise und Andeutungen wären, die den Leser aufhorchen lassen. Was passiert hier? Warum bricht bei allen Personen an diesem Ort eine Angst aus, die für den Leser fast körperlich spürbar ist? Hier entsteht auf einmal eine enorme Anspannung, die ihr Ventil zunächst in unverhältnismäßigen Gewaltausbrüchen sucht. Zum Ende passiert das, was passieren muss, der Alltag kehrt zurück und lässt mich ein wenig ratlos "im Regen stehen". Was genau ist da jetzt passiert? Wie können die Personen so weiter leben als ob nichts vorgefallen wäre? Warum machen sie dieses Spielchen alle Jahre wieder aufs Neue mit? Merkwürdig :rolleyes:
 

Kassandra

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19. Mai 2015
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Eigentlich wirkt die Geschichte zunächst ganz harmlos: aus der Sicht eines Kindes erzählt, das sich mit den üblichen Problemen eines Kindes auseinander setzen muss, also Schule, Eltern etc. Wenn da nicht Hinweise und Andeutungen wären, die den Leser aufhorchen lassen. Was passiert hier? Warum bricht bei allen Personen an diesem Ort eine Angst aus, die für den Leser fast körperlich spürbar ist? Hier entsteht auf einmal eine enorme Anspannung, die ihr Ventil zunächst in unverhältnismäßigen Gewaltausbrüchen sucht. Zum Ende passiert das, was passieren muss, der Alltag kehrt zurück und lässt mich ein wenig ratlos "im Regen stehen". Was genau ist da jetzt passiert? Wie können die Personen so weiter leben als ob nichts vorgefallen wäre? Warum machen sie dieses Spielchen alle Jahre wieder aufs Neue mit? Merkwürdig :rolleyes:

Ging mir ähnlich. Nur ist der Alltagin diesem Dorf meiner Meinung nach eben nicht so "alltäglich", schließlich schwebt eine Art Damokles-Schwert über dem Ort, das immer mal wieder zuschlägt. Bei der Frage nach dem "Warum" oder besser "Woher" musste ich irgendwie an alte heidnische Opferrituale denken... :rolleyes:

Interessant ist auch, dass immer dieses Lied im Hinterkopf da ist. Martin kann sich selbst nicht erklären, was es mit dem Gesang auf sich hat und versucht ihn zu vergessen, aber immer wieder taucht er auf, oft nur ganz leise und im Hintergrund, so auch im Text. Kleine Hinweise, Halbsätze, die mich als Leser daran erinnert haben, dass da noch etwas im Unterbewusstsein schlummert.
 

Kassandra

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19. Mai 2015
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@Boris, ist jetzt vielleicht eine komische Frage, aber warum haben die Jungs an einer Stelle in Deiner Geschichte Spielkarten zwischen den Fahrradspeichen?
 

VincentVoss

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Die Spielkarten zwischen den Speichen haben so laut geknattert, dass es sich wie ein Motor angehört hat. Außerdem war es ... coool!

Zumindest war es bei mir so. Vielleicht hat Boris ja auch was anderes bezweckt ...
 
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Boris Koch

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Vincent trifft es ziemlich genauch: Karten in den Speichen waren einfach cool :cool:

Darüber hinaus geht es hier zwar nicht um "Schicksal", aber in dem Alter der Jungs werden alle möglichen Alltagsdinge als bedeutsam eingeschätzt; ich mochte bestimmte Farben der Kartenspiele lieber als andere (Eichel und Pik), unabhängig von ihrem Wert im Spiel. Aber ich habe mir auch die Bilder angesehen, mochte den Eichelunter in meinem Spiel sehr, fand aber den Schellunter mit dem erhobenem Krummschwert in den meisten anderen Spielen cooler. Karten haben nicht nur Geräusche gemacht, sie passten auch zu einem oder nicht.
Und in diesem Sinn habe ich sie für die Geschichte ausgewählt. Thomas nimmt das Ass der höchsten Farbe für sich in Anspruch, Kuhni nimmt gleich zwei Karten, noch dazu Joker, also die Gestalten, die zu keiner Farbe dazugehören, die aber alles sein können.
Martin dagegen hat keine Karte - sei es, weil er glaubt, das Klappern bremst und verlangsamt ihn beim Radeln oder weil er seine Kartenspiele nicht durch das herausnehmen einer einzigen Karte "kaputtmachen" wollte oder weil er sich nicht für eine entscheiden konnte oder weil er es einfach vergessen hat. Das Fehlen der Karte ärgert ihn, und es unterscheidet ihn von den anderen; irgendwie ist sein Rad "unvollständig". Und wie Kuhni kann man ihn nicht einer Farbe zuordnen. Das aber aus Unentschlossenheit, nicht weil er sich für einen Joker entschieden hat.

Zu Sonjas Aussagen bezüglich des Alters mache ich jetzt besser keine Aussage :)
 

Kassandra

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19. Mai 2015
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Danke für die sehr ausführliche Antwort :)
Ich hab trotzdem noch eine Frage... :)
Warum hat eigentlich der Stadtrat genau 7 Tage Zeit, einen "Unglücklichen" auszusuchen, obwohl die 7 doch eher eine Glückszahl ist?
 
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Boris Koch

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@Kassandra: Bitte, dafür sind wir Autoren ja hier :)

Die Sieben habe ich zum einen gewählt, weil es eine sehr symbolische Zahl ist. Glückszahl für viele, ja, aber es gibt auch sieben Todsünden, sieben Zwerge, usw.
Entscheidend war für mich in diesem Zusammenhang aber die Verbindung zu Zeiträumen, sprich: Sieben Tage sind einmal eine Einheit, in der unser Kalender funktioniert, sprich: eine Woche, dann beginnen die Tage wieder von vorn.
Und zum anderen hat die Erschaffung der Welt nach christlicher Mythologie (und die Story ist im christlichen Kulturraum angesiedelt) sieben Tage gedauert, zumindest wenn man den abschließenden Ruhetag mitrechnet ;)
Ich fand es spannend, diese Zeiträume gleich zu setzen, weil in ihnen eigentlich völlig Gegensätzliches geschieht: Dauer der Schöpfung hier, Tod eines Menschen da.
 

Kassandra

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ManfredsBücherregal

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Ich fand es es vor allem spannend wie sich das ganz langsam und unerwartet und fast schon unbemerkt von einer Abenteuergeschichte in eine Horrorgeschichte wandelt.
Ich grübele natürlich darüber nach was würde wohl passieren wenn die Gemeinde das Opfer nicht bringt und vorallem was ist der Grund dafür das gerade diese Gemeinde ein Opfer bringen muß. Da läßt ja die Fantasie viele Möglichkeiten zu.
PS das mit den Karten am Fahrrad habe ich selbst auch gerne und oft gemacht.
 
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ManfredsBücherregal

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15. April 2014
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Dies ist ja schon die zweite Geschichte bei der viele Fragen offen bleiben. Ich denke mal als Autor wird man sich ja Gedanken machen, wie z.B. bei dieser Geschichte, warum es diesen Fluch gibt. Ist man dann aber nicht in der Versuchung dies in die Geschichte mit einfließen zu lassen?
 
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Sonja Rüther

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21. April 2015
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@ManfredsBücherregal Das mag ich an Kurzgeschichten so: Man springt in eine Geschichte rein und steigt nach einigen Seiten wieder aus. Anders als bei einem Roman muss hier nicht alles erklärt werden. Wenn man so will, ist es wie per Anhalter vom Buchanfang bis zum Ende bei unterschiedlichen Fahrern mit einzusteigen. Man bekommt auf den Strecken mit, woher sie kommen und wo sie hinwollen, aber es bleibt nie genug Zeit, alles zu erfahren.

Die Fragen, die am Ende übrig bleiben, sollten allerdings nicht unbefriedigend sein. Wenn sie zum Nachdenken anregen, die Fantasie beleben und zu Gesprächen inspirieren, sind es gute Fragen.
 

Boris Koch

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Ziemlich genau, was @Sonja Rüther sagt; nur würde ich nicht ganz so konsequent zwischen Roman und Kurzgeschichte unterscheiden. Und insbesondere bei unheimlicher Literatur halte ich "Unwissen" für einen wichtigen Faktor, weil das die Phantasie anregt. Wichtig ist aber, dass der Autor weiß, warum etwas geschieht, was der Hintergrund ist, usw., damit er Dinge bewusst offen lassen kann, nicht, weil er sie selbst nicht weiß ;)

In dieser Geschichte kommt noch hinzu, dass sie aus der Perspektive eines Kindes erzählt wird, und seine Wahrnehmung ist entsprechend "unwissend".
 

Boris Koch

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Außerdem lässt es Raum für eventuelle Fortsetzungen ;)

:).
Aber im Ernst: Das war für mich noch nie Grund, etwas zurückzuhalten. Erst muss diese Story / dieser Roman / diese Trilogie möglichst rund gemacht werden, dann sehe ich weiter. Wenn ich dann Lust auf eine Fortsetzung habe, finde ich schon einen Grund, bzw. einen Anknüpfungspunkt sie zu schreiben ;)